Wer ist Hannes Stein?

Jemand, der (wie er selbst zugibt) ein "bißchen Philosophie für den Hausgebrauch" studiert hat. Und dieser Jemand, ...

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

… der als (ich muß hier ein­mal zu die­sem Wort grei­fen) Minus­see­le noch sehr vor­teil­haft beschrie­ben wäre, maßt sich ein Urteil über Heid­eg­ger an. Weil er jetzt gemerkt hat, daß eine ande­re Minus­see­le vor Jah­ren ein unglaub­lich schlech­tes Buch über Heid­eg­ger geschrie­ben hat: Emma­nu­el Faye. In der Sezes­si­on 31 schrieb ich dazu fol­gen­de Rezension:

Um die­ses Buch gab es bei Erschei­nen des fran­zö­si­schen Ori­gi­nals (2005) auch in deutsch­spra­chi­gen Feuil­le­tons eine kon­tro­ver­se Debat­te. Des­halb soll­te man eigent­lich dank­bar sein, daß jetzt die Über­set­zung vor­liegt und alle den Grund die­ser Kon­tro­ver­sen erfah­ren. Nach der Lek­tü­re (ich habe es wirk­lich durch­ge­le­sen) gibt es aber nur eine Fra­ge: Wie konn­te die­ses Buch ernst­haft dis­ku­tiert wer­den? Es geht in der Sub­stanz nicht über das hin­aus, was uns Fari­as oder Ott über Heid­eg­ger und den NS bereits gesagt haben. Faye sagt das Bekann­te mit einer, so könn­te man es wohl­wol­lend nen­nen, pole­mi­schen Ver­ve, die ihres­glei­chen sucht: Sie erin­nert an das Niveau, mit dem die SS-Zeit­schrift Das schwar­ze Korps damals Gott­fried Benn (»wider­na­tür­li­ches Fer­kel«) anpö­bel­te. »Wider­lich«, »abscheu­lich«, »ver­ab­scheu­ungs­wür­dig«: Sol­che Wer­tun­gen füh­ren bei Faye ein reges Wim­mel­le­ben. Es sind Wer­tun­gen aus der Spra­che der mora­lisch Recht­schaf­fe­nen, die, je nach Kon­junk­tur, immer auf der rich­ti­gen Sei­te zu fin­den sind. Heu­te ent­steht dann eben Antifa-Prosa.

Und um nichts ande­res han­delt es sich. Daß Heid­eg­ger in den Jah­ren 1932 bis 1934 ein »Nazi« war, daß er Par­tei­mit­glied war, daß er sich mensch­lich nicht immer kor­rekt ver­hal­ten hat: Das alles weiß man. Nun will uns Faye mit sei­nem Buch zei­gen, daß Heid­eg­ger immer »Nazi«, sei­ne gan­ze Phi­lo­so­phie natio­nal­so­zia­lis­tisch war und er der NS-Bewe­gung sogar Schlag­wor­te lie­fer­te. Damit könn­te man es bewen­den las­sen, da ver­mut­lich nur intel­li­gen­te Men­schen Heid­eg­ger lesen, also sol­che, die ver­ste­hen, womit sie es zu tun haben. Aber nein, in bes­ter Anti­fa-Manier wird Gefahr im Ver­zug gese­hen, wor­auf der Autor ein­lei­tend hin­weist: »Wir haben noch nicht im vol­len Aus­maß erfaßt, was die Aus­brei­tung des Natio­nal­so­zia­lis­mus im ›Den­ken‹ bedeu­tet. [Faye natür­lich schon.] Unmerk­lich ergreift er den mensch­li­chen Geist, nimmt ihn wie ein Mahl­strom in Besitz und löscht so im Men­schen jeden Begriff von Wider­stand aus.« Der Sieg der Alli­ier­ten habe dar­an nichts geän­dert. Im Gegen­teil: »Heu­te fin­det eine ande­re Schlacht statt, bei der die Zukunft der Mensch­heit auf dem Spiel steht.« Weil die Heid­eg­gers, Schmitts, Jün­gers und Nol­tes (!) die­ser Welt ihre »Stra­te­gien zur Wie­der­erobe­rung ver­lo­re­nen Ter­rains« ver­fei­nert hät­ten. Aber Faye hat es auf sich genom­men und ist in die »fins­ters­ten Berei­che der Leh­re Heid­eg­gers« vor­ge­drun­gen. Das ist schwie­rig, weil Heid­eg­ger sich natür­lich tar­ne: Wenn er gegen NS-Gemein­plät­ze spre­che, wol­le er den Leser nicht zum Wider­stand ermun­tern, son­dern im Gegen­teil den Leser auf die »Grund­la­gen« des NS ver­wei­sen. Wie die aus­se­hen, wäre eine inter­es­san­te Fra­ge gewe­sen. Statt­des­sen: ein Feu­er­werk auf­ge­bausch­ter »Ent­hül­lun­gen«.

Im Zuge sei­ner For­schun­gen (die von den Heid­eg­ger-Apo­lo­ge­ten natür­lich behin­dert wor­den sei­en), hat Faye zwei­fel­los eini­ge Ent­de­ckun­gen gemacht und neue Doku­men­te mit ein­be­zo­gen. Beson­ders stolz ist er auf den Fund, daß Ernst Forst­hoff 1938 in einem Sam­mel­band einen Aus­zug aus Heid­eg­gers Rek­to­rats­re­de von 1933 zusam­men mit den Zwölf The­sen »Wider den undeut­schen Geist« der Deut­schen Stu­den­ten­schaft abge­druckt hat. Er ist dar­auf so stolz, daß er die betref­fen­den Sei­ten im Anhang sogar fak­si­mi­liert hat. Die Inter­pre­ta­ti­on lau­tet: Weil Heid­eg­ger in sei­ner Rede von der »deut­schen Stu­den­ten­schaft« spricht, zei­ge das, daß er mit die­sen The­sen über­ein­stim­me und sie gleich­sam als Denk­vor­aus­set­zung akzep­tiert habe. Der Abdruck ist für Faye der Beweis. Nun scheint Faye offen­bar nicht klar zu sein, daß es im Deut­schen ein Unter­schied ist, ob ich von der »deut­schen Stu­den­ten­schaft« (womit all­ge­mein die deut­schen Stu­den­ten gemeint sind) oder von der »Deut­schen Stu­den­ten­schaft« (womit kon­kret der ab 1932 natio­nal­so­zia­lis­tisch domi­nier­te stu­den­ti­sche Dach­ver­band gemeint ist) spreche.

Sol­che etwas frei­en Inter­pre­ta­tio­nen bemüht Faye an vie­len Stel­len des Buches. Wenn Heid­eg­ger die Wor­te »Ras­se, Stamm, Geschlecht« ver­wen­det, sug­ge­riert Faye, daß Heid­eg­ger Anti­se­mit sei, weil die­se Wor­te »alle­samt zum geläu­fi­gen Wort­schatz des natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Anti­se­mi­tis­mus« gehör­ten. Wenn er von einem »Füh­rer« redet, sei immer Hit­ler gemeint und wenn Heid­eg­ger ein Kreuz­mo­dell gebraucht, bezie­he er sich auf das Kru­cken­kreuz von Lie­ben­fels. Eini­ge Stel­len habe Heid­eg­ger sogar aus Mein Kampf abge­kup­fert. Heid­eg­gers »Zu-künf­ti­ge« erin­nern Faye an die »Zeit­schrift Die Kom­men­den des Bun­des der Art­a­ma­nen« »aus deren Umkreis Himm­ler kam«. Für Faye steht fest: »Die Ver­wen­dung des Wor­tes ›Neger­kral‹ bringt einen tief ver­wur­zel­ten Anti­se­mi­tis­mus zum Aus­druck.« Faye kann also nicht geschicht­lich den­ken und hat vom Kon­text der von ihm unter­such­ten Schrif­ten nicht die gerings­te Ahnung. So weiß er natür­lich auch nicht, was das Wort »Ras­se« bei Speng­ler bedeutet.

Der Mora­list müß­te ent­rüs­tet sagen: Mit die­sem Mach­werk haben sich Autor und Ver­lag von jedem Gespräch ver­ab­schie­det. Aber: So sind sie halt, die Men­schen, wenn Sie hof­fen, ihr gutes Gewis­sen in klin­gen­de Mün­ze ver­wan­deln zu können.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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