Open access

Mit OA, wie die Fachleute sagen, ist der freie Zugang zu wissenschaftlicher Literatur im Internet gemeint.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Dar­über wird gestrit­ten seit es das Inter­net in der heu­ti­gen Form gibt. In den Print­me­di­en scheint man sich gleich­sam par­tei­über­grei­fend einig zu sein, daß OA des Teu­fels ist. Jeden­falls haben sowohl FAZ und taz in den letz­ten Wochen Arti­kel gebracht, die das behaupten.

Im Febru­ar griff Roland Reuß, Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­ler an der Uni Hei­del­berg, in der FAZ die “klamm­heim­li­che tech­no­kra­ti­sche Macht­er­grei­fung” an, die OA sei­ner Mei­nung nach dar­stellt. Er führt dafür urhe­ber­recht­li­che (der Autor wird ent­rech­tet), finan­zi­el­le (OA ist teu­rer als Zeit­schrif­ten dru­cken) und kul­tu­rel­le (das Set­zen und Dru­cken geht ver­lo­ren und Ver­la­ge ein) Grün­de an. Dafür hat er natur­ge­mäß aus dem Netz mas­si­ven Wider­spruch erhal­ten. In einem Kom­men­tar heißt es:

das ist der lah­me Auf­stand einer ver­bie­der­ten Manu­fac­tum-Gene­ra­ti­on, die sich in ihrer woh­li­gen Alst­stadt-Ruhe gestört fühlt 🙂

In der taz hat Rudolf Wal­ter Reuß’ Argu­men­ta­ti­on um einen Aspekt erwei­tert, der zeigt, daß die Manu­fac­tum-Gene­ra­ti­on mit ihren Vor­lie­ben für das soli­de Werk­stück nicht grund­sätz­lich falsch liegt, weil es in die­sem Fall doch um mehr als Ästhe­tik geht:

Wie lan­ge erhal­ten und les­bar bleibt, was im Netz steht, ist völ­lig offen – 5 Jah­re, 50 Jah­re, 500 Jah­re, “ewig”? Das heißt, die Gesell­schaft, die ihre wis­sen­schaft­li­chen und kul­tu­rel­len Her­vor­brin­gun­gen allein im Netz spei­chert, läuft Gefahr, ihre Geschich­te, ihr Wis­sen und ihre Kul­tur eines Tages über Nacht ganz zu ver­lie­ren oder stück­wei­se zu ver­ges­sen. Datei­en aus der ers­ten PC-Gene­ra­ti­on – kei­ne 30 Jah­re alt – sind nicht mehr oder nur mit gewal­ti­gem Kos­ten­auf­wand les­bar zu machen. Kein Mensch weiß momen­tan, wie groß die Gefahr ist, dass eines Tages zwar 3.000 Jah­re alte ägyp­ti­sche Hie­ro­gly­phen noch les­bar sind, aber 50 Jah­re alte Tex­te nicht mehr.

Für wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis­se, die neben dem Autor noch drei ande­re For­scher inter­es­sie­ren, ist OA der rich­ti­ge Weg. Und die ein oder ande­re Dis­ser­ta­ti­on über Schar­nier­funk­tio­nen und Grau­zo­nen ist das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurde.

Ein guter wis­sen­schaft­li­cher Text von all­ge­mei­nem Inter­es­se fin­det sich im Netz nur sel­ten, viel­leicht gera­de weil alles umsonst ist. Hin­zu kommt, daß, um die Publi­ka­ti­ons­lis­te auf­zu­blä­hen, auch das ver­öf­fent­licht wird, was lie­ber ver­bor­gen geblie­ben wäre. Der Pro­zeß, der zum gedruck­ten Text hin­führt, ist anders. Er for­dert vom Autor ein höhe­res Maß an Kon­zen­tra­ti­on, denn jeder Feh­ler bleibt nach dem Druck an sei­ner Stel­le – und wird von Lesern gefun­den, die für das Buch bezahlt oder den Weg in die Biblio­thek auf sich genom­men haben.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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