Fjordman im Interview

von Manfred Kleine-Hartlage

Der norwegische Blogger Fjordman gilt vor allem als Islamkritiker. In der Tat hat er sich in einer ganzen Reihe von brillanten Essays...

mit dem gewalt­tä­ti­gen und tota­li­tä­ren Cha­rak­ter der isla­mi­schen Reli­gi­on aus­ein­an­der­ge­setzt. Mitt­ler­wei­le geht er jedoch weit über die­se Feind­be­schrei­bung hin­aus. Das zeigt auch ein Inter­view mit ihm, das ver­gan­ge­ne Woche in der Jun­gen Frei­heit erschie­nen ist.

Wäre die Islam­kri­tik alles, was Fjord­man zu sagen hät­te, es wäre wenig ori­gi­nell: Zu offen lie­gen die nega­ti­ven Sei­ten des Islams zuta­ge, zu drän­gend sind die Pro­ble­me, die sich jetzt schon aus sei­ner Prä­senz in Euro­pa erge­ben, als daß man sie igno­rie­ren könn­te, es sei denn aus ideo­lo­gi­scher Verblendung.

Fjord­man stellt die in die­sem Zusam­men­hang sich auf­drän­gen­de Fra­ge, woher es kommt, daß die­se ideo­lo­gi­sche Ver­blen­dung so gro­ße Tei­le der euro­päi­schen Öffent­lich­keit so fest im Griff hat. Indem er nach den Ver­ant­wort­li­chen fragt, geht er den ent­schei­den­den Schritt über die blo­ße Islam­kri­tik hin­aus. Nur die ers­ten drei von zehn sei­ner in Euro­pa ver­tei­di­gen erst­mals auf Deutsch in Buch­form erschie­ne­nen Essays befas­sen sich noch mit dem Islam. Mehr und mehr rücken Kul­tur- und Glo­ba­lis­mus­kri­tik in den Mit­tel­punkt. Daß der Islam ein Dschi­had­sys­tem ist, das sich aus­brei­tet, wenn man ihm die Gele­gen­heit dazu gibt, ist unter kri­ti­schen Beob­ach­tern Kon­sens. War­um er die­se Gele­gen­heit bekommt: Dar­an schei­den sich die Geister.

Es gibt immer noch Men­schen, die glau­ben, die herr­schen­den Eli­ten, die der isla­mi­schen Inva­si­on Tür und Tor öff­nen, täten dies ledig­lich auf­grund eines Irr­tums; man­che glau­ben auch, man kön­ne die poli­ti­sche Lin­ke von ihrem isla­mo­phi­len Kurs abbrin­gen, indem man ihr vor Augen führt, daß der Islam – vom Anti­se­mi­tis­mus bis zum Gewalt­kult – Alles ver­kör­pert, was die­se Lin­ke in jedem ande­ren Zusam­men­hang ohne wei­te­res „faschis­tisch“ nen­nen wür­de. Es gibt, kurz gesagt, Men­schen, die den Islam kri­ti­sie­ren, aber die vor­an­schrei­ten­de Isla­mi­sie­rung nicht wirk­sam bekämp­fen kön­nen, weil sie sich von deren Ursa­che kei­nen adäqua­ten Begriff machen. Islam­kri­tik bleibt zahn­los, wenn sie nicht die töd­li­chen Schwä­chen einer Kul­tur benennt, die sich trotz ihrer Über­le­gen­heit in nahe­zu allen rele­van­ten Berei­chen – Wirt­schaft, Wis­sen­schaft, Tech­no­lo­gie, Mili­tär – immer wil­len­lo­ser der Zer­stö­rung von außen öff­net. Und vor allem: öff­nen läßt.

Fjord­man hat es in dem sehr lesens­wer­ten Inter­view mit der Jun­gen Frei­heit auf den Punkt gebracht:

Mus­li­me und ande­re Außen­sei­ter unter­wan­dern zwar die west­li­chen Gesell­schaf­ten, indes ist es in der Tat unwahr­schein­lich, das sie dazu imstan­de wären, könn­ten sie nicht den inne­ren Ver­fall und Nie­der­gang des Wes­tens dafür aus­nut­zen. Manch­mal habe ich die Befürch­tung, daß wir in der west­li­chen Welt in einer Art ideo­lo­gi­schem Krieg zwi­schen west­li­chen und sagen wir mal „post-west­li­chen“ Men­schen gefan­gen sind. (…) Das heißt, zwi­schen jenen, die noch eine emo­tio­na­le und prak­ti­sche Loya­li­tat gegen­über tra­di­tio­nel­len euro­päi­schen Kul­tu­ren und Natio­nen haben, und jenen, die die euro­päi­schen Natio­nen abwi­ckeln wol­len, indem sie offe­ne Gren­zen und Mas­sen­ein­wan­de­rung for­dern und för­dern. Streng­ge­nom­men ist der Islam in der Tat ein zweit­ran­gi­ger Spie­ler in die­sem Spiel – aber den­noch ein sehr gefähr­li­cher. Die Ver­fech­ter des kul­tu­rel­len Mar­xis­mus bezie­hungs­wei­se des Mar­xis­mus in all sei­nen For­men haben zum Nie­der­gang des Wes­tens bei­getra­gen, dane­ben sind hier aber auch ande­re Kräf­te am Werk.
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Zum Bei­spiel ein neo­li­be­ra­ler ent­gren­zen­der und entor­te­ter Kapi­ta­lis­mus nebst den ihn pro­pa­gie­ren­den und durch­set­zen­den Eli­ten, über­haupt jene Schicht inter­na­tio­nal ver­netz­ter Ent­schei­dungs­trä­ger aus Poli­tik, Wirt­schaft, Wis­sen­schaft und Medi­en. Man­che von ihnen agie­ren vor, die meis­ten hin­ter den Kulis­sen. Nach dem Ort des all­jähr­li­chen Welt­wirt­schafts­fo­rums könn­te man sie die „Davos-Kul­tur“ nen­nen. Man erkennt sie an ihrem Jar­gon, wie man die Hall­statt-Kul­tur an ihren Fibel­for­men erkennt. Die Davos-Kul­tur wird durch ein ideo­lo­gi­sches Para­dig­ma, in dem mensch­li­che Grup­pen nicht mehr vor­ge­se­hen sind, als Grup­pe, genau­er: als Klas­se zusammengehalten.

Es fiel die­ser Klas­se nach 1989 nicht schwer, auch Mar­xis­ten zu koop­tie­ren und deren destruk­ti­ven Elan für die Zer­stö­rung gewach­se­ner, nicht markt­kon­for­mer Struk­tu­ren ein­zu­span­nen. Die poli­ti­sche Lin­ke ist heu­te gera­de­zu die Speer­spit­ze jener glo­bal herr­schen­den Klas­se. Ihre sel­ten gewor­de­nen Rück­grif­fe auf klas­sen­kämp­fe­ri­sche Rhe­to­rik haben nicht ein­mal mehr den Charme put­zi­ger Folk­lo­re; sie sind nur noch ver­lo­gen. Sie sind damit das lin­ke Pen­dant jener sen­ti­men­ta­len Phra­sen „kon­ser­va­ti­ver“ Poli­ti­ker, die in ihren Reden bis­wei­len (eben­falls immer sel­te­ner) eine „Hei­mat“ beschwö­ren, an deren Zer­stö­rung sie sich selbst mit beson­de­rer Tat­kraft beteiligen.

Indem Fjord­man den zen­tra­len Kon­flikt als einen zwi­schen west­li­chen im Sin­ne von abend­län­di­schen Men­schen einer­seits, „post-west­li­chen“ Men­schen ande­rer­seits beschreibt, spricht er eine beson­de­re Tie­fen­di­men­si­on an:

Es han­delt sich nicht ein­fach um den Ant­ago­nis­mus ver­schie­de­ner Gesell­schafts­auf­fas­sun­gen und auch nicht nur um einen Klas­sen­kampf von oben. So rich­tig bei­des ist: Im Kern geht es um die Abschaf­fung eines Men­schen­typs und sei­ne Erset­zung durch einen ande­ren. Die Beja­hung des einen oder des ande­ren Men­schen­typs ist das Kri­te­ri­um, nach dem Freund und Feind zu unter­schei­den sind.

Ideo­lo­gien, die sich eman­zi­pa­to­risch nen­nen, sind defi­ni­ti­ons­ge­mäß sol­che, die Bin­dun­gen lösen wol­len, weil sie in Bin­dun­gen nichts als Fes­seln sehen kön­nen. Es ist nicht etwa ein Wort­spiel, son­dern beleuch­tet die Natur die­ses Zusam­men­hangs, dass der aus Bin­dun­gen „gelös­te“ zugleich der „lose“ Mensch ist. Gemein­sa­mer Flucht­punkt libe­ra­lis­ti­scher wie mar­xis­ti­scher Ideo­lo­gien aller Schat­tie­run­gen ist dem­ge­mäß der gott­lo­se, der kin­der­lo­se, der geschichts­lo­se, der vater­lands­lo­se, der ort­lo­se Mensch, der zugleich und eben des­halb der mani­pu­lier­ba­re und beherrsch­ba­re Mensch ist.

Es liegt in der Natur der Sache, daß die­ser post-west­li­che Mensch eine Über­gangs­er­schei­nung ist. Der tran­szen­denz­lo­se Mensch, der alle Eigen­schaf­ten ver­lo­ren hat, derent­we­gen sei­ne Vor­fah­ren in der Lage waren, eine gro­ße Kul­tur zu errich­ten, wird mit­samt die­ser von ihm auf­ge­ge­be­nen Kul­tur ver­drängt und ver­schwin­det aus der Geschichte.

An die­sem Pro­zeß ist nichts „Natür­li­ches“, und er geschieht nicht von selbst. Er ist das Ergeb­nis von Ent­schei­dun­gen, die von benenn­ba­ren Ver­ant­wort­li­chen getrof­fen wor­den sind, und er ist buch­stäb­lich bei­spiel­los. Die his­to­ri­schen Par­al­le­len, nach denen man unwill­kür­lich greift, um die­sen Vor­gang zu beschrei­ben – der Unter­gang Roms etwa – unter­schei­den sich unge­ach­tet aller Ähn­lich­kei­ten von dem, was wir heu­te erle­ben, in einem ent­schei­den­den Punkt:

Nie und nir­gends war der Unter­gang einer Kul­tur das Ergeb­nis einer dar­auf abzie­len­den Poli­tik ihrer eige­nen Eli­ten, nie und nir­gends Ergeb­nis eines mons­trö­sen Ver­rats. Fjord­mans Ver­dienst ist es, die­sen Ver­rat zu beschrei­ben und etli­che der ver­ant­wort­li­chen Kräf­te beim Namen zu nennen.

Hier gehts zum JF-Inter­view und
hier zu Fjord­mans Buch Euro­pa verteidigen.
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