Klartext über den “zwischentag”? – Eine Sehhilfe für den rbb-Film

Leider - muß ich sagen - ist eine meiner Hoffnungen immer noch nicht gestorben: eines Tages auf ein Film-Team zu stoßen,

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

das der Dif­fe­ren­zie­rung nicht nur fähig ist, son­dern auch Wil­lens, es sich selbst und den Zuschau­ern nicht all­zu leicht zu machen mit der Inter­pre­ta­ti­on eines ihnen frem­den Phä­no­mens. Auf dem “zwi­schen­tag” war der rbb – her­aus­ge­kom­men ist ein Scherbenhaufen.

Und doch – im Gespräch mit den Jour­na­lis­ten Adri­an Bar­to­cha und Hel­ge Oelert dach­te ich wie­der für einen Moment: Die­se Män­ner begrei­fen, daß wir genau und frei den­ken und ange­sichts der Lage im Land dar­an arbei­ten, daß die Fak­ten auf den Tisch kom­men und die Wirk­lich­keit so beschrie­ben wird, wie sie ist. Die­se Män­ner wer­den am Schnei­de­tisch nicht anders kön­nen, als mei­net­hal­ben ein indif­fe­ren­tes Unwohl­sein zum Aus­druck zu brin­gen und die Viel­ge­stal­tig­keit eines Denk­mi­lieus zu beschreiben.

Wie naiv! Es kam erneut ganz anders! Und natür­lich kön­nen die­se Män­ner am Schnei­de­tisch den inne­ren Befehl nicht ver­wei­gern, der ihnen das Gute und das Böse aus­ein­an­der­flüs­tert, seit sie mit­ma­chen dür­fen. Daher: ein paar Seh­hil­fen, die Felix Men­zel und ich heu­te Mor­gen zusammentrugen.

1. Das Anfangs­bild mit Lack­schu­hen auf Fuß­ab­strei­fer und Sprin­ger­stie­feln im Hin­ter­grund gilt als Klas­si­ker der Sug­ges­ti­on: Kampf­sau trifft Stich­wort­ge­ber – ken­ne ich seit zwan­zig Jah­ren. Hat natür­lich mit dem Habi­tus der Mes­se­gäs­te nicht das gerings­te zu tun.

2. Die Anmo­de­ra­ti­on ist bereits jus­ti­zia­bel, wir prü­fen das: Ohne Kon­junk­tiv wird behaup­tet, daß der NSU sich  sei­ne mör­de­ri­sche Ideo­lo­gie aus Ver­satz­stü­cken zusam­men­ge­bas­telt habe, die wir Aus­stel­ler und Orga­ni­sa­to­ren des “zwi­schen­tags” bereit­ge­stellt hätten.

3. Mit Men­zel und mir führ­ten die bei­den Redak­teu­re jeweils ein rund 45-minü­ti­ges Gespräch. Die bei­den kur­zen Stel­lung­nah­men sind Ver­satz­stück­chen, die den Schwer­punkt der Gesprä­che nicht wider­spie­geln. Außer­dem kann man aus jedem län­ge­ren Gespräch drei Aus­sa­gen destil­lie­ren, die sich zur Denun­zia­ti­on eig­nen. Mit dem Kern des Gesprächs hat das dann aber nichts mehr zu tun. Men­zels Kern­bot­schaf­ten waren:
+ Nur wer auf jun­ge Leu­te setzt, kann die Zukunft mitgestalten;
+ Das Deut­sche ste­he an sich unter Gene­ral­ver­dacht (wie­der­um belegt durch die Anmo­de­ra­ti­on und den Beitrag);
+ Den “zwi­schen­tag” orga­ni­siert und in Ruhe ver­an­stal­tet zu haben, sei ange­sichts der poli­ti­schen Atmo­sphä­re eine gro­ße Leistung.

Mei­ne eige­nen Kern­aus­sa­gen lauteten:
+ Der “zwi­schen­tag” und das Denk­mi­lieu, das ihn trägt, soll für tau­sen­de, meta­po­li­tisch inter­es­sier­te Leser eine Nor­ma­li­tät sein und wer­den: tref­fen, prä­sen­tie­ren, zuhö­ren, weiterdenken.
+ Kein Publi­zist (nicht ein­mal die bei­den rbbler) kann letzt­lich mit­ent­schei­den, wer ihn liest, wie er gele­sen wird und was die “Prak­ti­ker” (also CDU-Poli­ti­ker, NSU-Leu­te, Demons­tran­ten o.ä.) aus sei­nen Tex­ten sau­gen und umsetzen.
+ In kei­nem unse­rer Bücher und Auf­sät­ze ist auch nur eine Zei­le zu fin­den, die zur Gewalt auf­rie­fe. Die Ver­tei­di­gung des Eige­nen ist die Aus­ein­an­der­set­zung mit Geg­nern in einem geis­ti­gen Bürgerkrieg.

4. Ins­ge­samt kommt die Mes­se, unser in jeder Hin­sicht gelun­ge­ner “zwi­schen­tag”, in dem rbb-Bei­trag viel zu kurz, obwohl ich dar­über sehr aus­führ­lich berich­te­te. Das Inter­es­se Bar­to­chas und Oelerts rich­te­te sich eben nicht auf die­ses Ereig­nis, son­dern auf die Ver­knüp­fung der kon­ser­va­ti­ven, jun­gen, neu­en Rech­ten mit dem Irr­sinn patho­lo­gi­scher Gewalt.

5. Die­ser Sekun­där-Den­ker aus dem Bun­des­tag (des­sen Name ich mir nicht mer­ken kann) darf der Herr­schaft des Ver­dachts wie­der­ein­mal und wie immer unori­gi­nell aus­spre­chen: Egal, was wir den­ken und egal, was wir sagen – Leu­te wie die­ser Sekun­där-Den­ker blät­tern in ihrem Sekun­där-Buch und quet­schen ihr “Alles ver­däch­tig” hervor.

6. Also, bevors zum Film geht: Lest, Leu­te, lest. Licht­mesz’ Ver­tei­di­gung des Eige­nen eben­so wie Deut­sche Opfer, frem­de Täter, die 50. Sezes­si­on oder den Kon­ser­va­ti­ven Kate­chis­mus – Ihr wer­det stau­nen, wie dif­fe­ren­ziert, genau und rück­sichts­los gegen eige­ne Bequem­lich­kei­ten da gedacht und argu­men­tiert wird.

 

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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