Michael Paulwitz: Was sich ändern muß

Die Wochenzeitung Junge Freiheit ist das unentbehrliche Mutterschiff all jener deutschen Konservativen,...

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

denen der Zeit­geist noch nicht das Rücken­mark aus­ge­so­gen hat. Wäh­rend sich nun die belieb­te Rol­le der Kas­san­dra mit­ten auf der sin­ken­den Euro- und Deutsch­land-Tita­nic qua­si wie von selbst spielt, ist es umso schwie­ri­ger, ein posi­ti­ves Gegen­bild zu entwickeln.

Zum Jubi­lä­um der 1000. Aus­ga­be der JF hat Micha­el Paul­witz den Ver­such eines sol­chen “Mani­fests” unter­nom­men. Das Ergeb­nis scheint mir sehr gelun­gen und ver­nünf­tig zu sein. Es demons­triert neben­bei, daß in Zei­ten, in denen sich die Welt in eine Gum­mi­zel­le mit DSL-Anschluß ver­wan­delt hat, offen­bar tat­säch­lich Köp­fe nötig sind, die das Rad noch ein­mal neu erfin­den müssen.

Immer­hin: auch das radi­ka­le Infra­ge­stel­len des Rades und des Wagens kann dazu zwin­gen, daß man des­sen Bau­plan wie­der gründ­lich über­denkt und dadurch einen theo­re­ti­schen Vor­sprung gewinnt. Paul­witz hat kein noch so klei­nes Detail ver­ges­sen, und zum Zei­chen mei­ner Zustim­mung set­ze ich hier­mit mei­nen vir­tu­el­len Franz-Joseph darunter.

Hier also der vol­le Text zur wei­te­ren Dis­kus­si­on und Verbreitung:

1     Deutsch­land ist der Staat der Deut­schen. Sei­ne Räson ist die inne­re und äuße­re Sou­ve­rä­ni­tät der Nati­on, des poli­tisch orga­ni­sier­ten Vol­kes. Poli­ti­ker und Beam­te sol­len ers­te Die­ner des Staa­tes sein. Ihr Auf­trag ist, den Fort­be­stand von

2    Volk und Nati­on in Einig­keit, Recht und Frei­heit zu sichern. Der Natio­nal­staat ist der Rah­men der Demo­kra­tie, der Volks­herr­schaft. Sie ver­langt, daß von allen ent­schie­den wird, was alle betrifft: Nie­mand darf über zen­tra­le Sou­ve­rä­ni­täts­rech­te ver­fü­gen, ohne den Sou­ve­rän in einer Volks­ab­stim­mung zu fra­gen. Wer die Auf­lö­sung des deut­schen Staa­tes in einem euro­päi­schen „Super­staat“ betreibt und ihn zur Zahl­droh­ne von unkon­trol­lier­ba­ren Kol­lek­ti­ven und Finanz­märk­ten macht, zer­stört die

3     Einig­keit. Die Ein­heit der Nati­on beruht auf dem Bewußt­sein des Staats­vol­kes als Sprach‑, Abstam­mungs- und Schick­sals­ge­mein­schaft. Die­se Gemein­schaft ist nicht sta­tisch; sie kann Ein­wan­de­rer auf­neh­men und zu bei­der Vor­teil inte­grie­ren, wenn Ein­wan­de­rung nicht schran­ken­los und unge­steu­ert statt­fin­det, son­dern Neu­an­kömm­lin­ge sorg­fäl­tig nach ihrer Bereit­schaft und ihrem Wil­len aus­ge­wählt wer­den, sich ohne Vor­be­halt mit Staat und Nati­on zu iden­ti­fi­zie­ren. Eth­nisch-kul­tu­rel­le Par­al­lel­ge­sell­schaf­ten dage­gen unter­mi­nie­ren Ein­heit und

4     Recht. Ein Staat ohne Recht, so Augus­ti­nus, ist nicht mehr als eine Räu­ber­ban­de. Das Gesetz muß für alle Bür­ger gleich gel­ten. Wo Regie­rung und Ver­wal­tung das Recht, sei es natio­na­les oder euro­päi­sches, nach Belie­ben beu­gen und bre­chen, wo ein­zel­ne oder gan­ze Bevöl­ke­rungs­grup­pen Son­der­rech­te bean­spru­chen und erhal­ten, wo Rich­ter nicht mehr nach indi­vi­du­el­ler Schuld und dem Buch­sta­ben des Geset­zes urtei­len, son­dern nach eth­ni­scher Her­kunft, Gesin­nung oder Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keit, geht die

5     Frei­heit ver­lo­ren. Die Frei­heit der Rede, der Pres­se und der Mei­nung ist bedroht, wenn sich poli­tisch-kor­rek­te Gesin­nungs­wäch­ter zu Zen­so­ren auf­schwin­gen und im Zei­chen eines „Kampfs gegen Rechts“ einem Teil des eige­nen Vol­kes der ideo­lo­gi­sche Bür­ger­krieg erklärt wird; die poli­ti­sche Frei­heit ist ein­ge­schränkt, wenn unter die­sen Bedin­gun­gen das frei­heit­lich-kon­ser­va­ti­ve Mei­nungs­spek­trum in den Par­la­men­ten und im öffent­li­chen Dis­kurs ver­drängt wird. Vor­aus­set­zung für Frei­heit ist die

6     Sicher­heit, die nur gewähr­leis­tet ist, wenn der Staat sein Gewalt­mo­no­pol nach innen und außen wahrt: mit einer Armee, die nicht allein gut gerüs­tet und fest im Volk ver­an­kert sowie von den Bür­gern geach­tet ist, son­dern auch nur im natio­na­len Inter­es­se ein­ge­setzt wird; und mit Sicher­heits­kräf­ten, die Gesetz und Ord­nung ohne Anse­hen der Per­son und Gesin­nung durch­set­zen und nicht weg­se­hen oder zurück­wei­chen, wenn in poli­tisch-media­ler Kom­pli­zen­schaft Ver­tre­ter miß­li­e­bi­ger Mei­nun­gen in ihren Rech­ten beschnit­ten wer­den, wäh­rend extre­mis­ti­sche Bür­ger­kriegs­ar­meen zum Faust­recht grei­fen und Scha­ria-Gläu­bi­ge sich einen Staat im Staa­te mit eige­nen Geset­zen schaf­fen. Die

7     Ver­ant­wor­tung des ein­zel­nen für sich und für das Gemein­we­sen ist unteil­bar. Der Sozi­al­staat muß sub­si­di­är und soli­da­risch sein: Er soll Not ver­hin­dern und nur in Anspruch genom­men wer­den, wenn der ein­zel­ne sich nicht mehr selbst hel­fen kann; und er ist nur in bezug auf die Nati­on als Soli­dar­ge­mein­schaft denk­bar. Ein bevor­mun­den­der Umver­tei­lungs­staat, der statt Bür­gern nur noch Betreu­ungs­fäl­le kennt, ein Schul­den- und Steu­er­staat, der die­je­ni­gen, die den Wohl­stand erwirt­schaf­ten, immer hem­mungs­lo­ser schröpft, um ihr Geld in alle Welt zu ver­tei­len, besei­tigt die wirt­schaft­li­che Frei­heit und zer­stört nicht zuletzt die Exis­tenz­grund­la­ge der

8     Fami­lie als Keim­zel­le von Volk und Nati­on. Ohne eige­ne Kin­der kei­ne Zukunft. Vor­ran­gi­ge Auf­ga­be des Staa­tes ist weder die Begüns­ti­gung von Abtrei­bung und die Pri­vi­le­gie­rung von Rand­grup­pen-Lebens­sti­len zu Las­ten der Fami­li­en noch die Ent­mün­di­gung von Eltern durch Krip­pen­pro­gram­me und ande­re Ein­mi­schun­gen in per­sön­li­che Lebens­ent­schei­dun­gen. Fami­lie muß staats­frei­er Raum sein. Fami­li­en brau­chen auch kei­ne staat­li­chen Almo­sen, die Abhän­gig­kei­ten schaf­fen, son­dern ein Steu­er- und Sozi­al­sys­tem, das sie nicht dis­kri­mi­niert und nicht erdrückt. Denn Erzie­hung ist eben­so Eltern­recht wie

9     Bil­dung. Schu­len müs­sen Orte des Ler­nens und der Leis­tung sein – weder Tum­mel­platz von Gen­der-Ideo­lo­gen und Gesell­schafts­in­ge­nieu­ren noch zwangs­kol­lek­ti­vier­te Inte­gra­ti­ons­an­stalt. Nicht die Ganz­tags-Ein­heits­schu­le wird den unter­schied­li­chen Bega­bun­gen am bes­ten gerecht, son­dern ein dif­fe­ren­zier­tes Schul­sys­tem, das umfas­sen­de Bil­dung und nicht nur zweck­ori­en­tier­te Aus­bil­dung ver­mit­telt und in dem auch

10     Erbe und Iden­ti­tät einen ange­mes­se­nen Platz haben. Die deut­sche Geschich­te ist kein Ver­bre­cher­al­bum. Sie umfaßt die gan­ze Nati­on in all ihren Höhen und Tie­fen. Auf unse­re Frei­heits­tra­di­ti­on in Schwarz-Rot-Gold kön­nen wir stolz sein – und mit die­sem Stolz jeden Neu­bür­ger anstecken.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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