Konservative Ökologie – Konrad Adam über den Kampf gegen die Natur

(Rezension aus Sezession 52 / Februar 2013)

Wer mit historischen Befunden auf sein Recht pocht, verkennt, daß dieses...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Pochen unge­hört bleibt, wenn es bloß argu­men­ta­tiv erfolgt. Recht bekommt, wer die Macht hat, es sich zu ver­schaf­fen, ern­ten kann, wer das Feld besetzt hält. Dies gilt vor allem auf dem Feld der Poli­tik, das wie kaum ein ande­res dem Besitz­an­spruch unter­wor­fen ist und die his­to­ri­sche Gerech­tig­keit nicht kennt.

Der Ver­lust der urkon­ser­va­ti­ven Idee des Umwelt­schut­zes an die radi­kal lin­ken Grü­nen ist ein Lehr­bei­spiel für poli­ti­sche Okku­pa­ti­on, und alles Kla­gen hei­mat­be­wuß­ter Öko-Urge­stei­ne hilft nichts: Die Kron­ju­we­len sind geraubt, und mit Fuku­shi­ma, Kli­ma­wan­del und der umwelt­be­wuß­ten Art des Kon­su­mie­rens wer­den Wah­len gewonnen.

Kon­rad Adams Warn­schrift ist ein gutes Bei­spiel dafür, war­um es einem ech­ten Kon­ser­va­ti­ven nicht gelin­gen kann, jene Ver­bie­gun­gen mit­zu­ma­chen, die den Grü­nen von heu­te so mühe­los gelin­gen: Tech­nik- und Wis­sen­schafts­kri­tik im eigent­li­chen Sinn ist vor allem der radi­ka­le Ver­zicht auf das Mach­ba­re. Die­ses Mach­ba­re näm­lich bleibt nicht im Sta­di­um sei­ner Mög­lich­keit, son­dern wird stets orga­ni­siert und erprobt. Adam zitiert scho­ckie­ren­de Äuße­run­gen jener Wis­sen­schaft­ler, die den Abwurf der Atom­bom­ben auf Hiro­shi­ma und Naga­sa­ki vor­be­rei­te­ten und jede Ver­ant­wor­tung dafür der Poli­tik zuscho­ben, und gelangt zu einem muti­gen Fazit: »Als tech­ni­sches Pro­blem betrach­tet, das Kos­ten mit Nut­zen ver­gleicht, erscheint nicht Ausch­witz, son­dern Hiro­shi­ma als die Untat, die dem Jahr­hun­dert sein Geprä­ge gab.«

Wel­che Untat wird die nächs­te sein? Oder sind wir längst Zeu­gen und Opfer eines schlei­chen­den Fre­vels – jenem gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Umbau in eine Öko­dik­ta­tur, die dem Kon­su­men­ten das gute, CO2-neu­tra­le Gewis­sen zurück­ge­ge­ben hat? Wie weit weg ist das alles von jenen Gesel­len, die sich Ende der Sieb­zi­ger ihre Pul­lis sel­ber strick­ten und am liebs­ten gar nichts mehr gekauft hät­ten? Adam hat recht, wenn er den urkon­ser­va­ti­ven Begriff des »Lebens« gegen die Mach­bar- und Mani­pu­lier­bar­keit in Stel­lung bringt, wenn er von Respekt und Behut­sam­keit, Anschau­ung und Rück­sicht­nah­me schreibt. Sein Buch ist klug – und hilf­los wie jeder Ver­such, macht­los auf das Recht zu pochen.

Und lei­der gibt Adam den Kon­ser­va­ti­ven nicht ein­mal die eige­nen, grü­nen Wur­zeln zurück: Zwar ruft er das berühm­te Meiß­ner-Tref­fen des Wan­der­vo­gels von 1913 in Erin­ne­rung – jener radi­ka­len Anti-Indus­tria­li­sie­rungs­be­we­gung, die einen ande­ren, deut­schen Weg in die Moder­ne such­te. Aber aus uner­find­li­chem Grund knüpft er nicht an jene Tech­nik- und Wis­sen­schafts­kri­tik an, die von kon­ser­va­ti­ver Sei­te bereits aus­for­mu­liert war: Fried­rich Georg Jün­gers Per­fek­ti­on der Tech­nik und Mar­tin Heid­eg­gers Die Tech­nik und die Keh­re kom­men nicht vor. Das ist kaum zu glauben.

Kon­rad Adam: Kampf gegen die Natur. Der gefähr­li­che Irr­weg der Wis­sen­schaft, Ber­lin: Rowohlt 2012. 272 S., 19.95 €

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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