Chemnitzer Freie Presse

Sachverhalte in denunziatorischer Absicht falsch darzustellen mag im politischen Geschäft gang und gäbe sein - für eine...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Zei­tung ist es unan­ge­mes­sen. Heu­te hat die Chem­nit­zer Freie Pres­se einen Arti­kel gebracht, der sich zum einen mit der Pro­test­ak­ti­on im Stadt­par­la­ment, zum ande­ren mit einer Buch­prä­sen­ta­ti­on beschäf­tigt, die Felix Men­zel und ich vor­ges­tern in Chem­nitz durchführten.

Von der Chem­nit­zer Frei­en Pres­se war kein Ver­tre­ter vor Ort. Die Infor­ma­tio­nen stam­men aus zwei­ter Hand, und was Felix Men­zel ges­tern selbst dem Jour­na­lis­ten Alex­an­der Din­ger am Tele­fon erzäh­len konn­te, fand kei­ne Auf­nah­me in den Text.

Lesen Sie also den Bei­trag und dann das, was ich zu kor­ri­gie­ren habe: Wir müs­sen die Kulis­sen weg­rü­cken, die das wirk­li­che Leben ver­de­cken, und ich möch­te grund­sätz­li­ches vor­aus­schi­cken: Selbst ohne Ver­zer­rung hät­te es für die Chem­nit­zer Freie Pres­se genug Inter­es­san­tes und – aus ihrer Sicht – Bedenk­li­ches über den Vor­trags­abend zu berich­ten gege­ben. Man kann ja als Organ jeder­zeit einen eher lin­ken Blick auf das Gesche­hen wer­fen, und wenn ich mich ein­mal hin­ein­ver­set­ze in einen Alex­an­der Din­ger etwa, dann hät­te ich fol­gen­des beob­ach­ten und beschrei­ben können:

- Etwa 65 Leu­te sind zur Buch­prä­sen­ta­ti­on in einem Hör­saal der Chem­nit­zer Uni­ver­si­tät erschie­nen, davon waren geschätzt 25 von der Anti­fa und von lin­ken Grup­pen. Sie hat­ten rote und lila Luft­bal­lons dabei, die sie vor und wäh­rend der Ver­an­stal­tung auf­blie­sen. Eini­ge tru­gen Son­nen­bril­len, um  nicht erkannt zu werden.
– Es gab kei­ne Tür­ste­her: Der Ver­an­stal­ter, ein Stu­dent, stand an der Tür und begrüß­te die Hörer.
– Von den übri­gend Zuhö­rern waren rund 10 optisch als eher hand­fest “rechts” ein­zu­stu­fen. Die­ser Anteil erhöh­te sich wäh­rend der ers­ten Vier­tel­stun­de des Vor­trags: zwei Drei­er­grup­pen aus dem Kame­rad­schafts-Milieu dräng­ten ver­spä­tet in den hin­te­ren Teil des Raumes.
– Wir foto­gra­phier­ten aus­gie­big. Man­che Anti­fas dreh­ten sich weg oder ver­deck­ten ihre Gesichter.
– Der Ver­an­stal­ter, ein Poli­to­lo­gie-Stu­dent, sprach in sei­ner Begrü­ßung die Anti­fa direkt an, zeig­te, daß er eini­ge von den mög­li­chen Stö­rern kann­te, for­der­te Ruhe und wies auf sein Haus­recht hin.
– Ich selbst stell­te als Ver­le­ger mei­nen Autor Felix Men­zel vor und for­der­te mit Hin­weis auf die Uni­ver­si­tät als Ort eine gern hef­ti­ge, jedoch gewalt­lo­se Dis­kus­si­on. Alles ande­re sei in den Räu­men einer Uni­ver­si­tät völ­lig unangemessen.
– Danach trug Men­zel in zwei Tei­len sei­ne Gedan­ken zu Medi­en­ri­tua­len und zur Iko­ni­sie­rung vor. Die Dis­kus­si­on war leb­haft und kri­tisch, und die Anti­fa ver­ließ in Grup­pen bis auf einen Rest von viel­leicht fünf Leu­ten vor­zei­tig den Raum.
– Irgend­wann gegen Ende des Vor­trags kamen zwei Poli­zei­be­am­te ziem­lich pol­te­rig in den Raum, setz­ten sich für ein paar Minu­ten und zogen wie­der ab. Geru­fen wor­den waren sie nicht von uns, son­dern von einer Stu­den­tin, “aus Angst”, wie sie angab.
– Die Ver­an­stal­tung ging ruhig zu Ende.

Was war das? Ein Vor­trag in wenigs­tens zu Anfang recht auf­ge­heiz­ter Stim­mung. Die Anti­fa hat­te mehr vor, kei­ne Fra­ge, sie taxier­te, was man wagen könn­te. Inter­es­sant, daß es ruhig blieb, das wird an einer Mischung aus drei Grün­den lie­gen: 1. Wir waren nicht ein­ge­schüch­tert, son­dern ver­bal angriffs­lus­tig, 2. wir hät­ten ordent­lich hand­fes­te Unter­stüt­zung bekom­men, 3. Men­zels Vor­trag war gut und brach­te Punk­te, die auch für lin­ke Theo­re­ti­ker hoch­in­ter­es­sant sind: Mas­sen­steue­rung durch Iko­ni­sie­rung (bis hin zum Markt­fe­ti­schis­mus nach Marx) war so ein Stichwort.

Als Jour­na­list der Chem­nit­zer Frei­en Pres­se hät­te ich auch auf zwei Din­ge hin­ge­wie­sen: daß es also Rechts­in­tel­lek­tu­el­le gibt, die man weder kör­per­lich noch argu­men­ta­tiv ein­ge­schüch­tert kriegt, mit denen man also rech­nen muß, soll­te das Chem­nit­zer Bei­spiel Schu­le machen; und daß die­se Leu­te ohne Son­nen­bril­le, son­dern mit foto­gra­phier­ba­rem Gesicht und mit vol­lem Namen ihre Sache ver­tre­ten, wäh­rend im Publi­kum der “Geg­ner” gern inko­gni­to blieb – ein Geg­ner übri­gens, der dann einen Red­ner nie­der­brüllt, wenn er weiß, daß es für ihn dabei nicht dra­ma­tisch wird.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (13)

Kicker

30. April 2009 11:01

So ein Artikel kann schon passieren, wenn man sonst Kaffee testet:

https://www.freiepresse.de/FREIZEIT/CHEMNITZER/1476668.html

Martin

30. April 2009 11:44

... es ist wieder klassisch, dass es nicht um irgendwelche Inhalte geht, sondern, dass man jetzt auch noch der Universität vorwirft, für so etwas einen Raum zur Verfügung gestellt zu haben , ergo dort irgendwelche Verantwortliche pauschal einschüchtern will, damit so etwas zukünftig nicht mehr vorkommt ... ein klares Machtspiel also, ohne Inhalte.

Leider gibt es gerade in der Lokalpresse mittlerweile keinerlei Wettbewerb mehr. Die Redaktionen sind meist stramm "links" und der Bürger wird "verarscht". Ich habe das damit quittiert, in dem ich meine Lokalzeitung abbestellt habe, in meinem Empfangsraum dieses Blatt nicht mehr auslege und auch keine Anzeigen für mein Unternehmen darin schalte ... ich kenne genug andere Unternehmer, die ebenso handelten ...

Das Projekt einer "Gegenöffentlichkeit" muss aber weiter vorangetrieben werden. Weitere Aktionen sollte folgen, Flugblätter eingesetzt werden, bei anderen Internetforen und blogs entsprechende Beiträge geschrieben werden etc.

Nur eines abschließend: Ich persönlich hasse es seit meinen Uni-Tagen, wenn innerhalb einer Universität bei Veranstaltungen Teilnehmer fotografiert werden ... diese "Masche" wurde von linken eingeführt (ich kann mich z.B. gut daran erinnern, Anfang der 90er zig mal abfotografiert worden zu sein, nur weil ich es wagte, einem Vortrag von Jutta Ditfurth ohne Palästinensertuch zu hören zu wollen) ... und die rechte muss nicht eine billige Kopie der Antifa alá Anti-Antifa sein ...
sowas zukünftig bitte nicht mehr!! Das ist für mich sehr schlechter Stil.

Gruß
Martin

Toni Roidl

30. April 2009 12:14

Lustig, dass die unheimlich freie »freie Presse« gleich drei Schreiberlinge daran gesetzt hat, über böööse »Rechte aus der dubiosen Grauzone« zu fabulieren. Auch klasse: Das »entlarvende Interview« von Menzel... Sherlock Holmes kombiniert... Krass wird es aber am Schluss, wenn vorwurfsvoll die Frage gestellt wird, warum die Veranstaltung überhaupt stattfinden konnte. Da wird der Uni-Rektor schon vor dem Tribunal der PC-Taliban zittern. Daran sieht man es: Man muss gar nicht bei der KSA mitwirken, um subversiv zu sein – als Konservativer ist man es sowieso schon. Dann kann man ja auch gleich danach handeln...

waldemar

30. April 2009 13:29

Auch ich kann aus meinen Uni-Tagen in den 90ern bestätigen, daß das Abfotografieren von Teilnehmern nicht pc-konformer Veranstaltungen eine linke Masche ist, die von rechts nun gegen ihre Urheber verwendet wird.
Von der Antifa lernen - heißt siegen lernen!
Oder einfach: Strafe muß sein.

Grau

30. April 2009 14:37

Die "Freie Fresse" als eines der zweckgegründeten DDR-Blätter war schon zu Zeiten, als Chemnitz noch die Stadt mit den 3 O war (Korl-Morx-Stodt"), als Organ der SED-Bezirksleitung kein sonderlich ruhmreiches Blatt. Hat sich wohl, trotz Eignerwechsel, nicht geändert, dieser Zustand.

Rudolf

30. April 2009 18:15

Verleumderische Darstellungen sind doch Alltag, gerade wenn es um Rechte geht.
Dass hier eine Gegen-Publizität hergestellt werden kann, ist erfreulich, dass die "Freie Presse" ihre Praktiken ändert, unwahrscheinlich.

E. Schultz

30. April 2009 22:35

Über eines sollte man sich im klaren sein:

Journalismus mit Qualität läßt sich nicht diktieren. Noch weniger lassen sich bestimmte Anschauungen diktieren, selbst wenn sie auf der Hand liegen.

Das eigentliche Problem ist das Fehlen eines geeigneten Korrektivs in Form eines konkurrierenden Presseorganes auf lokaler Ebene, wie bereits in einem anderen Kommentar erwähnt wurde. Wenn die lokale Berichterstattung von einem Monopolorgan dominiert wird, dann bleibt der Masse der Interessenten keine Wahl die dortigen Darstellungen mit den Berichten in anderen Blättern zu vergleichen. Aber diese Situation ist (leider) nicht zu ändern.

Ansonsten hat jede Medaille zwei Seiten: Es ist ja nicht auszuschließen, daß gerade durch solche Berichte das Interesse von Lesern wächst, über die darin so schlecht Weggekommenen mehr zu erfahren und sich möglicherweise auch ein eigenes Bild zu machen.

Man sollte aber nun auch nicht in eine zu große Schwarz-Weiß-Malerei verfallen: Wenn über einen Zeitraum von mittlerweile fast 10 Jahren im Zuge des "Kampfes gegen Rechts" nicht nur Rechts und Rechtsextrem permanent gleichgesetzt werden, sondern auch das Engagement gegen alles, was nur in den leistesten Verdacht des Rechten gerät, als höchste Form der Zivilcourage deklariert wird, darf man sich über die Folgen nicht wundern. Hier heißt es immer wieder klar Position zu beziehen, gleichzeitig aber auch bloße Trotzreaktionen zu vermeiden.

Nur am Rande: Das Fotographieren einzelner Teilnehmer an Diskussionsveranstaltungen ohne wirklich handfeste Gründe halte ich generell für eine Unsitte und lehne es ab. Ein grundsätzliches Vermummungsverbot für jede Person, die an einer Veranstaltung teilnehmen will, ist dagegen eigentlich etwas Selbstverständliches.

Thorsten

1. Mai 2009 12:17

Es ist wie zu DDR-Zeiten. Ich kenne niemand mehr, der der Zeitung Glauben schenkt. Die Medien sind nur noch Geist und Stimme der typischen Gutmenschen: Ein Kartell aus BRD-hörigen Politikern, Wirtschaftsvertretern, Kirchenleuten und ihrer jeweiligen Fangruppe, zuzüglich der Medienleute selbst. Die Dümmsten und Verachtenswertesten unseres Volkes also. Die die die Volksschädigung bewußt betreiben, und die anderen die das nicht verstehen.

Schön aber, der stille Dank an das "Kameradschafts-Milieu". Für Konservative gar nicht selbstverständlich.

Martin

1. Mai 2009 22:34

... und es geht weiter:

https://de.wikipedia.org/wiki/Benjamin_Jahn_Zschocke

da wird aber wieder ganze Arbeit gemacht ! Nach dem übertünchen, jetzt das Löschen bei Wiki ....

rjaeck

2. Mai 2009 00:34

Ja ja, die mainstream-lastige Lokalpresse, mit der habe ich auch schon Erfahrungen à la Chemnitz machen können. Neulich besuchte ich eine Veranstaltung zum Thema "grüne Gentechnik". Eingeladen hatten die Linken und die Grünen unserer Stadt - war ja klar, wie der Tenor der Veranstaltung war. Ich argumentierte, daß in den von der Allgemeinheit konsumierten Medien in dieser Sache vor allem durch dramatisierende Wortwahl viel Angst verbreitet und wenig aufgeklärt und sachlich berichtet wird.
Am übernächsten Tag war in der Lokalen Presse zu lesen, daß der Anbau von "Monsterpflanzen" in unserer Region einhellig abgelehnt worden sei.

Das ist zwar inhaltlich ein anderes Thema, bestätigt aber die Aussage des Mitkommentators E. Schultz zu Reaktionen der Lokalpresse auf kontroverse Diskussionen.

Thorsten

2. Mai 2009 15:52

Schließe mich übrigens der Kritik an der Fotografieraktion an. Von der Antifa lernen, heißt nicht siegen lernen, sondern Überzeugungen und Ideale aufzugeben.

Wird wohl nicht wieder vorkommen. Wer zur Tat schreitet, darf auch Fehler machen.

Weitermachen. Ist ja alles hoffentlich erst Vorgeplänkel.

icke

3. Mai 2009 15:48

Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Der Zeitungsbeitrag ist offenbar ein Hintergrundbericht, der mehrere Ereignisse zusammenfasst und in einen Kontext stellt. Zudem sind die Ereignisse durch weiterführende Recherche angereichert worden, zB mit der Einordnung durch den Politikwissenschaftler. Was ist daran illegitim? Schließlich ist Herr Menzel - wenn auch nur in indirekter Rede - zitiert, nämlich zu seiner offenkundigen Äußerung im Stern. Er darf bestreiten, dass er das so gesagt hat. Linke Propaganda sieht nun wirklich anders aus.

waldemar

4. Mai 2009 15:48

Ich meine hingegen, wer nicht bereit ist, seinen Standpunkt mit "offenem Visier" zu vertreten und Zuflucht zur Vermummung sucht, sollte ruhig mit der kleinen und stets greifbaren Digitalkamera abgelichtet werden. Wer nichts zu verbergen hat bzw. nichts Illegales im Schilde führt, braucht sich davor nicht zu fürchten. Kubitschek stand ja auch offen und ehrlich auf dem Podium.

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