Auf’s Maul

dem Volke zu schauen, ist das einzige, was an Öffentlichkeitswahrnehmung übrigbleibt, wenn jeden Tag ein weiteres Familienmitglied erkrankt.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

In jedem Zim­mer liegt einer rum, fie­bert und hus­tet zum Gott­er­bar­men. Stak­ka­to­ar­tig und pau­sen­los, da muß selbst das Küchen­ra­dio als Draht zur Welt verstummen.

Die Ärz­tin kennt uns kaum, kern­ge­sund, wie wir sonst zu sein pfle­gen. Ob es das eigent­lich auch in der west­li­chen Welt gibt, daß in War­te­zim­mern kei­ne net­ten Illus­trier­ten her­um­lie­gen, son­dern ein Fern­seh­ge­rät her­um­steht? Hier­zu­lan­de, in Mit­tel- bis Ost­deutsch­land ist das gän­gi­ger Stan­dard. Inter­es­sant bereits die Beob­ach­tung, daß kei­ner zur bereit­lie­gen­den Fern­be­die­nung greift, obwohl das lau­fen­de Pro­gramm anschei­nend kei­nen inter­es­siert. Demo­kra­tie, quo vadis? Auf dem Bild­schirm wird über Papst, Pius­bru­der­schaft und den Unter­gang des Abend­lan­des diskutiert.

Inter­es­sant eigent­lich, wie umfas­send und heiß­blü­tig debat­tiert wer­den kann, selbst wenn alle Teil­neh­mer einer Mei­nung sind. Jür­gen Haber­mas, über­neh­men Sie! Wäh­rend die eige­ne Brut röchelnd, bazil­len­schleu­dernd und mit leicht tyran­ni­schen Absich­ten mit DDR-Lego­stei­nen spielt (näm­lich, daß für ein klei­nes Mons­ter ein aus­bruch­si­che­res Gefäng­nis gebaut wer­den muß), star­ren die war­ten­den Mit­pa­ti­en­ten stur auf die Glot­ze. Dort geht nichts vor­an, immer­hin baut man ver­bal schwe­re Geschüt­ze auf. Letzt­lich (im ech­ten Leben, dem War­te­zim­mer) ein knap­per Kon­sens zwi­schen einer Rol­la­tor-Frau und einem Greis: „Daß die gar nichts über die Lot­to-Gewin­ner brin­gen!“ – „Ja. Ver­steht man nicht.“ Und jetzt sind wir dran.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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