Der Staatsdiener vor dem König der Deutschländer

An Thilo Sarrazin gefällt mir am besten, daß er aufgrund seiner halbseitigen Gesichtslähmung nicht lächeln kann.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Anstel­le des han­dels­üb­li­chen Wahl­pla­kat­grin­sens die­se knor­ri­ge Stur­schä­del­vi­sa­ge, die sich so leicht kari­kie­ren und iko­ni­sie­ren läßt.  Dage­gen ist Chris­ti­an Wulff schon rein phy­sio­gno­misch das glat­te Gegen­teil, mit sei­nem kon­tur­lo­sen Milch­bu­bi-Gesicht – ich muß dabei immer an das sin­gen­de Woll­knäu­el aus einem alten Sketch (auf Minu­te 1:30) der bri­ti­schen Sati­re­show Spit­ting Image den­ken -, und die­sem oppres­si­ven opti­mis­ti­schen “Sie-können-mir-vertrauen”-Vertreterlächeln, des­sen Anblick mich jedes­mal von Neu­em in eine tie­fe, flaue, graue Resi­gna­ti­on stürzt, wenn mal wie­der die Wähl­mi­chs an jeder Stra­ßen­ecke kleben.

Auch cha­rak­ter­lich ist Wulff der Anti­po­de des Sara­ze­nen: ein strom­li­ni­en­för­mi­ges, unauf­fäl­li­ges (Schirr­ma­cher: “inexis­ten­tes”) Lebe­we­sen, das Sen­ten­zen über die Lip­pen bringt à la “Deutsch­land muß noch bun­ter und viel­fäl­ti­ger wer­den.” Es ver­steht sich von selbst, daß sich Wulff in der Cau­sa Sar­ra­zin von Anfang an, wohl reflex­ar­tig, zur Maul­korb­frak­ti­on hin­neig­te, was jedoch in der kri­ti­scher gewor­de­nen Öffent­lich­keit nicht all­zu gut ankam. Daß Wulff zu die­sem Zeit­punkt auch nur eine Zei­le von Deutsch­land schafft sich ab gele­sen hat­te, ist nicht anzu­neh­men. Das wäre zumin­dest typisch für sei­ne Kas­te. In der FAZ vom 20. Sep­tem­ber wirft (der seit Wochen am hohen Seil hin- und her­ba­lan­cie­ren­de) Frank Schirr­ma­cher Mer­kel und Kon­sor­ten genau die­se Igno­ranz vor:

Der Autor ist wegen der Buch­kri­tik der Kanz­le­rin und des Bun­des­bank­chefs und der Win­ke des Bun­des­prä­si­den­ten mitt­ler­wei­le arbeits­los, gewiss das Maxi­mum an Bestra­fung in einer bür­ger­li­chen Welt. Und jetzt, drei Wochen danach, erklärt die Bun­des­kanz­le­rin fast stolz, dass sie das Buch, um des­sent­wil­len sie die Abset­zung des Ban­kers betrieb und das ihr Staats­volk zutiefst spal­tet, immer noch nicht gele­sen hat, son­dern nur aus Vor­ab­dru­cken kennt.

In die­ser Lage bin ich wohl nicht der ein­zi­ge, der am liebs­ten in die Tisch­kan­te bei­ßen Sar­ra­zins Rück­zie­her als ver­paß­te Chan­ce sieht, die­sen  kri­mi­nell ver­ant­wor­tungs­lo­sen Hau­fen an die Wand knal­len zu las­sen. Denn die Chan­ce dazu hät­te er alle­mal gehabt. Nun sti­li­siert er sein frei­wil­li­ges Aus­schei­den aus der Bun­des­bank zur “preu­ßi­schen” Tat, und wer weiß wie­vie­le Kon­sis sich davon beein­dru­cken lassen:

Sar­ra­zin beton­te: „Wenn ich sage: Die über­wie­gen­de Rechts­mei­nung hät­te mei­ne Abbe­ru­fung als rechts­wid­rig ein­ge­stuft, dann ist das eher eine Unter­trei­bung. Bei mir stand das Tele­fon nicht still vor lau­ter Verfassungsrechtlern.“ (…)

Der schei­den­de Bun­des­bank­vor­stand Thi­lo Sar­ra­zin wer­tet sei­nen frei­wil­li­gen Rück­zug aus dem Amt als Akt staats­bür­ger­li­cher Ver­ant­wor­tung. „Wäre ich stur geblie­ben, hät­te das den Bun­des­prä­si­den­ten – weil er sich so weit vor­ge­wagt hat­te – und das Staats­amt beschä­digt“, sag­te Sar­ra­zin der „Bild“-Zeitung. Das habe er nicht gewollt.

„Ich bin Staats­bür­ger und war jahr­zehn­te­lang Staats­die­ner. Ich woll­te nie­man­den in eine aus­weg­lo­se Situa­ti­on trei­ben“, ver­si­cher­te Sar­ra­zin. Er habe sei­ne Ehre ret­ten wol­len und das sei ihm gelungen.

Nun: ich weiß nicht, was hier hin­ter den Kulis­sen abge­lau­fen ist, aber die­ses Ethos wäre nur dann gerecht­fer­tigt gewe­sen, wenn sich der besag­te “König” sel­ber wie ein “ers­ter Die­ner sei­nes Staa­tes” ver­hal­ten wür­de, hät­te, täte, wol­len wür­de. Aber im Gegen­teil: da haben wir einen scham­lo­sen, imkom­pe­ten­ten Deutsch­land-Abschaf­fer ers­ten Ran­ges vor uns, und gera­de der Autor des Buches Deutsch­land schafft sich ab soll­te sei­ne Pap­pen­hei­mer bes­ser ken­nen, in deren unwür­di­gen Hän­den das Schick­sal des Lan­des fahr­läs­sig ver­spielt wird. War­um hat er die­se Chan­ce zie­hen las­sen? Wie ernst ist es ihm denn nun sel­ber, wirk­lich etwas zu bewegen?

Indes­sen: hät­te es den König denn nun wirk­lich das Gesicht gekos­tet, auf einen Raus­schmiß des Sara­ze­nen zu ver­zich­ten? Nach­dem er das (unter nor­ma­len Umstän­den völ­lig über­flüs­si­ge) Opfer gnä­dig ent­ge­gen­ge­nom­men hat, kann er nun natür­lich gro­ße Töne spucken:

Wulff wies Kri­tik an sei­nem Ver­hal­ten zurück. „Wich­tig ist mir, dass wir jetzt eine sub­stan­zi­el­le und sach­li­che Debat­te über eine bes­se­re Inte­gra­ti­on in Deutsch­land füh­ren. Dar­um geht es“, sag­te er der „Thü­rin­ger Allgemeinen“.

Nun ist in der Zwi­schen­zeit eine ande­re Inter­es­sens­grup­pe an den Königs­thron her­an­ge­tre­ten und bit­tet unter­tä­nigst um Pro­tek­ti­on. Das klingt dann so, und ich möch­te das in vol­ler Län­ge zitieren:

“Sie sind unser Präsident”

Offe­ner Brief deut­scher Mus­li­min­nen und Mus­li­me an den Bun­des­prä­si­den­ten Chris­ti­an Wulff.

Sehr geehr­ter Herr Bundespräsident,

 

als Sie vor zwei Mona­ten Ihr Amt antra­ten, konn­ten Sie dies gewiss nicht ahnen: Dass ein (ehe­ma­li­ger) Bun­des­bank­vor­sit­zen­der eine Debat­te in Gang set­zen wür­de, in der sich all­ge­mei­ne Beden­ken gegen eine ver­fehl­te Inte­gra­ti­ons­po­li­tik mit bio­lo­gis­ti­schen Annah­men über min­de­re Intel­li­genz ver­men­gen. Dass in sämt­li­chen Nach­rich­ten­ma­ga­zi­nen, Zei­tun­gen und Sen­dern pau­scha­li­sie­rend über etwa­ige intel­lek­tu­el­le, cha­rak­ter­li­che, sozia­le und pro­fes­sio­nel­le Defi­zi­te des mus­li­mi­schen Bevöl­ke­rungs­an­teils dis­ku­tiert wer­den wür­de. Dass von Mus­li­min­nen und Mus­li­men – egal ob sie deut­sche Staats­bür­ger sind oder auch hier gebo­ren wur­den – gene­ra­li­sie­rend als “Migran­ten” gespro­chen wür­de und wir sogar im öffent­lich-recht­li­chen Fern­se­hen die offi­zi­el­le Rück­kehr des Wor­tes “Aus­län­der” erleben.

Erin­nern wir uns zwei Mona­te zurück: In Ihrer Antritts­re­de sag­ten Sie: “Unse­re Viel­falt ist zwar manch­mal auch anstren­gend, aber sie ist immer Quel­le der Kraft und der Ideen und eine Mög­lich­keit, die Welt aus unter­schied­li­chen Augen und Blick­win­keln ken­nen zu ler­nen. Wir soll­ten neu­gie­rig sein und ins Gespräch kom­men.” Sie erzähl­ten die berüh­ren­de Geschich­te der nie­der­säch­si­schen Sozi­al­mi­nis­te­rin Aygül Özkan und ihres Vaters, die ein Bei­spiel für “so vie­le Erfolgs­ge­schich­ten” sei. Sie spra­chen die wun­der­ba­ren Sät­ze: “Wann wird es bei uns end­lich selbst­ver­ständ­lich sein, dass unab­hän­gig von Her­kunft und Wohl­stand alle gleich gute Bil­dungs­chan­cen bekom­men? (…) Wann wird es selbst­ver­ständ­lich sein, dass jemand mit den glei­chen Noten die glei­chen Aus­sich­ten bei einer Bewer­bung hat, egal ob er Yil­maz heißt oder Krau­se? Mei­ne Ant­wort auf sol­che Fra­gen lau­tet: Wenn wir weni­ger danach fra­gen, wo einer her­kommt, als wo er hin will. Wenn wir nicht mehr danach fra­gen, was uns trennt, son­dern was uns ver­bin­det. Wenn wir nicht mehr danach suchen, was wir ein­an­der vor­aus­ha­ben, son­dern was wir von­ein­an­der ler­nen kön­nen. Dann wird Neu­es, Gutes entstehen.”

Die­se Wor­te wur­den von zahl­lo­sen Mus­li­min­nen und Mus­li­men und von Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund mit gro­ßer Freu­de auf­ge­nom­men, über reli­giö­se und Par­tei­gren­zen hin­weg. Doch was wir momen­tan beob­ach­ten, ist lei­der das Gegen­teil eines sol­chen Pro­zes­ses, in dem Men­schen auf­ein­an­der zuge­hen, damit Gutes ent­steht. Wir erle­ben, wie sich Tei­le der Bevöl­ke­rung von ande­ren abset­zen. Wie Min­der­hei­ten aus­ge­deu­tet und öffent­lich als “Ande­re” mar­kiert wer­den. Die Ton­la­ge ist oft genug nicht neu­gie­rig und gesprächs­be­reit, son­dern aggres­siv und dif­fa­mie­rend. Für Mus­li­min­nen und Mus­li­me ist der­zeit nicht ein­mal der Gang zum Zei­tungs­händ­ler leicht, weil sie nie wis­sen, wel­che Schlag­zei­le, wel­ches ste­reo­ty­pe Bild sie dort erwar­tet. Auch in der Schu­le, bei der Arbeit und am Aus­bil­dungs­platz kann es sein, dass einem Feind­se­lig­keit entgegenschlägt.

Selbst­ver­ständ­lich sind das nicht die ein­zi­gen Erfah­run­gen die­ser Tage. Es gibt auch vie­le freund­li­che Wor­te, viel Soli­da­ri­tät. Zahl­lo­se Deut­sche ohne mus­li­mi­schen oder Migra­ti­ons­hin­ter­grund sind genau­so fas­sungs­los über die Ent­wick­lung der letz­ten Wochen, füh­len sich gleich­sam fremd im eige­nen Land. So wie wir. Denn wie gesagt, auch wir deut­schen Mus­li­me gehö­ren zu Deutsch­land, mit dem­sel­ben Recht wie alle ande­ren reli­giö­sen, eth­ni­schen oder sons­ti­gen Bevöl­ke­rungs­grup­pen. Wir wer­den die­ses Land nicht auf­ge­ben. Die­ses Land ist unse­re Hei­mat, und Sie sind unser Prä­si­dent. Weil wir als Mit­glie­der des Staats­volks in gro­ßer Sor­ge um die Zukunft die­ses Lan­des sind, das Sie reprä­sen­tie­ren, wen­den wir uns an Sie, der Sie so über­zeu­gend sag­ten: “Es gibt unter­schied­li­che Inter­es­sen, es gibt Vor­ur­tei­le gegen­ein­an­der, Bequem­lich­kei­ten und Anspruchs­den­ken. Ich will hel­fen, über all das hin­weg Brü­cken zu bau­en. Wir müs­sen unvor­ein­ge­nom­men auf­ein­an­der zuge­hen kön­nen, ein­an­der auf­merk­sam zuhö­ren, mit­ein­an­der spre­chen.” Wir bit­ten Sie, gera­de in der der­zei­ti­gen ange­spann­ten Stim­mung für die­se Leit­sät­ze einer offe­nen, von gegen­sei­ti­gem Respekt gepräg­ten demo­kra­ti­schen Kul­tur ein­zu­ste­hen und öffent­lich für sie zu werben.

Fatih Akin, Film­re­gis­seur

Hati­ce Akyün Autorin

Prof. Dr. Kata­jun Amir­pur Islamwissenschaftlerin

Gabrie­le Boos-Nia­zy für das Akti­ons­bünd­nis mus­li­mi­scher Frau­en in Deutsch­land e. V.

Chris­ti­an Abdul Hadi Hoff­mann, stellv. Vors. der Mus­li­mi­schen Aka­de­mie Deutschland

Lamya Kad­dor für den Libe­ral-Isla­mi­schen Bund e. V.

Prof. Dr. Yase­min Kara­ka­so­glu Erzie­hungs­wis­sen­schaft­le­rin und Tur­ko­lo­gin Ali Kizil­ka­ya für den Islam­rat e. V.

Hali­ma Krau­sen für die Initia­ti­ve für Isla­mi­sche Stu­di­en e. V.

Aiman Mazy­ek für den Zen­tral­rat der Mus­li­me in Deutsch­land e. V.

Hami­deh Mohag­heghi, Theo­lo­gin

Sher­min Lang­hoff, Inten­dan­tin

Aylin Sel­cuk für die Deu­ki­sche Gene­ra­ti­on e. V.

Hil­al Sez­gin, Schrift­stel­le­rin und Journalistin

Fer­idun Zai­mo­g­lu, Schrift­stel­ler

Was ist es nun, was mir an die­sem sülz­trie­fen­den Schmei­chel­brief am selt­sams­ten vor­kommt? Daß bei­nah alle Unter­zeich­ner Tür­ken sind, ohne sich als sol­che zu bezeich­nen? Daß unter ihnen sovie­le libe­ra­le, lin­ke, grü­ne, säku­la­re Vor­zei­ge­inte­grier­te sind, die sich plötz­lich als “Mus­li­me und Mus­li­min­nen” dekla­rie­ren, zum Teil wohl um eth­ni­sche Selbst­be­zeich­nun­gen zu umge­hen?  Daß sich unter ihnen etwa ein Fatih Akin fin­det, der sich in sei­nen Deutsch­län­der-Fil­men für nichts als für sein Tür­ken­tum inter­es­siert, der in einem Inter­view gesagt hat, daß “in Deutsch­land kei­ne Inte­gra­ti­on” statt­fän­de, und in einem ande­ren sei­ne tie­fen  völ­ki­schen Gefüh­le inklu­si­ve Tür­ken­genen offen­bart hat:

Die Tür­kei ist das Land mei­ner Eltern, frü­her war es für mich Urlaubs­land, aber wenn man dort arbei­tet, wird man Teil des Lan­des, zumin­dest Teil der Stadt Istan­bul, es gibt ein urba­nes Zuge­hö­rig­keits­ge­fühl. Und mein Groß­va­ter, mein gan­zer gene­ti­scher Pool stammt aus dem Dorf, wo der Film endet. Wenn ich dort in die Gesich­ter der Men­schen schaue, sehe ich mei­ne eige­ne Phy­sio­gno­mie, das ist völ­lig ver­rückt, ich bin ja auch mit vie­len die­ser Men­schen um fünf­zig Ecken ver­wandt. Inso­fern füh­le ich mich über­haupt nicht fremd.

Was irri­tiert noch? Daß hier Leu­te schrei­ben, die sehr wohl um ihr Anders­sein gegen­über der Mehr­heit wis­sen, und das sonst auch ger­ne beto­nen, nun aber behaup­ten, sie wür­den erst von “Ande­ren” zu “Ande­ren” gemacht? Daß wie völ­lig selbst­ver­ständ­lich davon aus­ge­gan­gen wird, daß die ange­stamm­ten Deut­schen in Deutsch­land nicht mehr als eine “Bevöl­ke­rungs­grup­pe” unter ande­ren sind und ihre Kul­tur nicht mehr als eine Kul­tur unter ande­ren? Zeigt die­se wenig über­zeu­gen­de rhe­to­ri­sche Nega­ti­on des real­exis­tie­ren­den Spalts den­sel­ben nicht umso deutlicher?

Daß hier aus jeder Zei­le kla­re eth­ni­sche Eigen­in­ter­es­sen spre­chen, die nur müh­sam mit einer libe­ra­len Nebel­pra­che kaschiert wer­den, damit ein “inexis­ten­ter” Deut­scher wie Wulff einer ist, noch fol­gen kann und freu­dig anbeißt? Daß sich die Ver­fas­ser trotz all dem ver­lo­ge­nen Gefa­sel von wegen “Neu­gier” und “Gesprächs­be­reit­schaft” offen­bar einen feuch­ten Dreck dar­um sche­ren, wie sich die Deut­schen füh­len, wenn sie all­mäh­lich aus dem eige­nen Land gedrängt wer­den, täg­lich Über­frem­dung, Gewalt und Beschimp­fun­gen erle­ben müs­sen, die über den furcht­ba­ren see­li­schen Schmerz von ein paar “ste­reo­ty­pen Schlag­zei­len” in der BZ weit hin­aus­ge­hen? (Him­mel: Wir kön­nen nicht ein­mal lesen, was so tag­täg­lich vor unse­ren Augen in der Hür­ri­y­et ver­brei­tet wird!)

Wo ist hier auch nur ein ein­zi­ger Fun­ken von auf­rich­ti­gem Good­will, vor Respekt vor dem Land, das sie und ihre Väter mehr als groß­zü­gig auf­ge­nom­men hat, und vor sei­nen Men­schen und sei­ner ange­stamm­ten Kul­tur? Statt­des­sen sehe ich nichts als Ansprü­che, Anma­ßun­gen und For­de­run­gen, und den erklär­ten Wil­len, die bis­her erlang­te Macht und den okku­pier­ten öffent­li­chen Raum nicht mehr abzugeben:

Denn wie gesagt, auch wir deut­schen Mus­li­me gehö­ren zu Deutsch­land, mit dem­sel­ben Recht wie alle ande­ren reli­giö­sen, eth­ni­schen oder sons­ti­gen Bevöl­ke­rungs­grup­pen. Wir wer­den die­ses Land nicht auf­ge­ben. Die­ses Land ist unse­re Hei­mat, und Sie sind unser Prä­si­dent. Weil wir als Mit­glie­der des Staats­volks in gro­ßer Sor­ge um die Zukunft die­ses Lan­des sind…

Wenn das nicht dreis­te Heu­che­lei und Unauf­rich­tig­keit ist, dann ist es eine gran­dio­se Ver­blen­dung, die von der fahr­läs­si­gen Inte­gra­ti­ons- und Iden­ti­täts­po­li­tik der deut­schen Eli­ten mas­siv begüns­tigt wur­de. Aber wenn es nun bloß Ver­blen­dung ist (was ich für den Groß­teil der Unter­zeich­ner nicht glau­be), dann fra­ge ich mich, wie die Inte­gra­ti­ons­pro­ble­me gelöst wer­den sol­len, wenn die Par­tei­en nicht ein­mal zu einer ehr­li­chen Unter­schei­dung von “Mein” und “Dein”, vor “Ihr” und “Wir” imstan­de oder auch nur bereit sind.

Man kann den selt­sam schwam­mi­gen Appell an Wulff (der sich als der oppor­tu­nis­ti­sche und eit­le Mensch, der er nun­mal ist, davon garan­tiert ein­sei­fen läßt) auch dahin­ge­hend ver­ste­hen, er möge doch die Inter­es­sen sei­nes ursprüng­li­chen, immer­hin immer noch die Mehr­heit stel­len­den “Staats­vol­kes” wei­ter­hin negie­ren, ver­wi­schen, igno­rie­ren, rela­ti­vie­ren und Unru­he­stif­ter wie Sar­ra­zin an die Lei­ne legen.  Wie auch immer: es zeich­net sich schon jetzt ab, daß all dies “böse enden” (Robert Hepp in der JF) wird – so oder so. Und dann wird irgend­wann wie­der irgend­ein Lin­ker aus den rau­chen­den Rui­nen gekro­chen kom­men, und sagen: “Wir habens ja immer schon gesagt! Hät­te man bloß auf uns gehört! Weh­ret den Anfän­gen! Weh­ret den Brandstiftern!”

Wie könn­te nun ein Brief an den unwür­di­gen König Wulff lau­ten, in dem die deutsch­stäm­mi­gen, christ­li­chen Unter­ta­nen ihr Leid kla­gen, ihre Inter­es­sen ein­for­dern, um Schutz bitten?

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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