Linke Aggregatszustände (1): “Die Linke” stumpf mit dem Kopf gegen die Wand der eigenen Schwächen

von Claus Wolfschlag

Vielgestaltig zeigte sich mir dieser Tage mal wieder die deutsche Linke - von stumpfsinnig über ressentimentgeladen bis geistreich.

An einem ein­zi­gen Tag wur­de ich mit allen drei Aggre­gats­zu­stän­den fast gleich­zei­tig kon­fron­tiert: einer lus­ti­gen Paro­le der Par­tei „Die Lin­ke“ im Brief­kas­ten, von der hier zuerst kurz die Rede sein soll; einem psy­cho­lo­gi­sie­ren­den Arti­kel in der „taz“ und einer bemer­kens­wer­ten Ana­ly­se aus der „Roten Fah­ne“, bei­des zum kürz­lich erfolg­ten Norwegen-Attentat.

Im Brief­kas­ten also die Wer­be­schrift „Klar“ der Par­tei „Die Lin­ke“, gleich auf der Titel­sei­te des inhalt­lich recht schlich­ten Blätt­chens die Paro­le „Zukunft ohne Armut!“ und dann noch „‘Klar´ zeigt, wie DIE LINKE Armut bekämp­fen will!“

Nun, viel erfährt man in dem Blatt dazu dann aber doch nicht, außer den übli­chen sozia­len Ver­spre­chun­gen und der For­de­rung nach sozia­ler Umver­tei­lung: Es soll ein­fach immer mehr Geld aus­ge­ge­ben wer­den. Mehr Geld soll in gebüh­ren­freie Bil­dungs­an­ge­bo­te für Kin­der flie­ßen, es soll eine Grund­si­che­rung für Kin­der geschaf­fen wer­den, Leih­ar­bei­ter und Mini­job­ber sol­len 10 Euro die Stun­de an Lohn erhal­ten (was wohl zu wei­te­rer Betriebs­ra­tio­na­li­sie­rung füh­ren dürf­te), es sol­len höhe­re Ren­ten frü­her aus­ge­zahlt wer­den. Wie all das finan­ziert wer­den soll, woher der gro­ße Beschäf­ti­gungs- und Pro­duk­ti­ons­schub kom­men soll, dar­über erfährt man wenig. Von einer Mil­lio­närs­steu­er ist irgend­wo die Rede, als ob damit die maro­den öffent­li­chen Finan­zen saniert wür­den. Nein, ange­sichts der anrol­len­de Kri­se soll­te eine “Lin­ke” eigent­lich neue, krea­ti­ve und selbst­ver­ständ­lich sozia­le Model­le prä­sen­tie­ren, statt nur abge­latsch­te und unglaub­wür­de For­de­run­gen ohne Rea­li­sie­rungs­kon­zept in den Raum zu werfen.

Als ich mit der Zeit­schrift in der Hand an den Schreib­tisch zurückstapf­te, dach­te ich über einen Ver­gleich der „Lin­ken“ mit einem Ama­teur-Fuß­ball­ver­ein nach. Ich dach­te, wie viel klü­ger zum Bei­spiel der SV Rau­en­thal agiert.

Denn in einer Sache war die poli­ti­sche Lin­ke bis­lang seit jeher schlecht: Der „Bekämp­fung von Armut“. Das konn­te man bei allen sozia­lis­ti­schen Expe­ri­men­ten der Ver­gan­gen­heit zu Genü­ge sehen, etwa auch anhand der ver­fal­le­nen, grau­en Häu­ser am Ende der DDR-Geschich­te. Am Ende lin­ker Wirt­schafts­len­kung waren bis­lang stets alle arm, außer viel­leicht eini­gen Par­tei­funk­tio­nä­ren, die etwas weni­ger arm waren.

Viel­leicht soll­te die „Lin­ke“ also vom SV Rau­en­thal ler­nen, der zur Zeit in der Kreis­ober­li­ga Rhein­gau-Tau­nus spielt. Der Fuß­ball­club ver­spricht auf sei­ner Web­sei­te nicht voll­mun­dig „Mit uns zum deut­schen Meis­ter­ti­tel“ oder „Mit SV Rau­en­thal von Sieg zu Sieg“. Dafür hat man es eben in der 85-jäh­ri­gen Ver­eins­ge­schich­te ein­fach nicht weit genug gebracht. Statt des­sen betont der Ver­ein sei­ne Stärke:

Ins­ge­samt bie­tet der SV Rau­en­thal sei­nen Mit­glie­dern und Besu­chern eine gemüt­li­che und kame­rad­schaft­li­che Atmo­sphä­re bei der aber auch der sport­li­che Erfolg nicht zu kurz kommt!

Das ist doch geschickt. Der SV Rau­en­thal wirbt pri­mär mit sei­ner Gemüt­lich­keit und Kame­rad­schaft­lich­keit. Auf die­sem Gebiet mag er sogar den FC Bay­ern Mün­chen schla­gen kön­nen. Viel­leicht könn­te er auch die land­schaft­li­che Schön­heit sei­nes Trai­nings­ge­län­des, das Grün sei­nes Rasens beto­nen, und damit gegen­über der Alli­anz-Are­na punk­ten. Und der FC Bay­ern wie­der­um kann natür­lich mit Recht hin­sicht­lich sei­ner fuß­bal­le­ri­schen Leis­tun­gen offi­zi­ell die Losung “Von Beginn an erfolg­reich” ver­kün­den. Hier ist der Rekord­meis­ter in sei­nem Ele­ment. Ver­eins­füh­rung und Mann­schaf­ten kämen indes nicht auf die Idee, sich nun als Exper­ten­team zur Euro-Kri­se dar­stel­len zu wollen.

Von der “Lin­ken” ist der­zeit also, außer ein paar popu­lis­ti­schen For­de­run­gen, offen­kun­dig kei­ne funk­tio­nie­ren­de Alter­na­ti­ve, kei­ne Lösung der anste­hen­den öko­no­mi­schen Pro­ble­me zu erwar­ten. Statt somit immer wie­der stumpf die Berei­che zu beto­nen, in denen man offen­kun­dig ver­sagt hat (also etwa die „Armuts­be­kämp­fung“), soll­te die Par­tei bes­ser ver­su­chen, eige­ne Stär­ken zu for­mu­lie­ren. Viel­leicht nicht gera­de: „Schau­en Sie, wie DIE LINKE mehr Demo­kra­tie, Frei­heit und Mensch­lich­keit ver­wirk­licht“. Das wäre wohl eben­so pro­ble­ma­tisch hin­sicht­lich einer glaub­haf­ten cor­po­ra­te iden­ti­ty. Aber zum Bei­spiel „Schau­en Sie, wie DIE LINKE die lus­tigs­ten Som­mer­fes­te orga­ni­siert“ oder „Wir zei­gen Ihnen, wie man mit Impro­vi­sa­ti­ons­ta­lent jede Kri­se bes­ser meis­tert“ oder „Ler­nen Sie mit uns, auch als Por­sche­fah­rer zufrie­den und im Ein­klang mit sich selbst zu leben“. Der Phan­ta­sie sind eigent­lich kei­ne Gren­zen gesetzt. Man muß nur die eige­nen Stär­ken fin­den und dann auch beto­nen. Dann wird sich der Erfolg irgend­wann schon einstellen.

Foto:  Rai­ner Sturm  / pixelio.de
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