Die Grünen sind schuld! – Forsa-Chef Manfred Güllner widmet sich den Grünen und ihren Wählern

(Rezension aus Sezession 51 / Dezember 2012)

Wenn der Gründer und Chef des Meinungsforschungsinstituts forsa, Manfred Güllner, ein Buch schreibt,..

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

erwar­tet man gra­phisch auf­be­rei­te­te Stim­mungs­bil­der zum gewähl­ten The­ma. In die­ser Hin­sicht wird der Leser nicht ent­täuscht, Güll­ner för­dert Erhel­len­des über die Grü­nen und ihre Wäh­ler zuta­ge, ohne sei­ne stei­le The­se bele­gen zu kön­nen. Die The­se lau­tet ver­kürzt: Die Grü­nen sind an allem schuld. Etwas dif­fe­ren­zier­ter: Es gibt einen Zusam­men­hang zwi­schen den Wahl­er­fol­gen der Grü­nen und der immer gerin­ger wer­den­den Wahl­be­tei­li­gung. Dar­aus lei­tet Güll­ner eine Gefähr­dung der bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Demo­kra­tie ab. Er geht dabei von einem Ver­gleich mit ande­ren Län­dern aus, in denen es weder eine star­ke grü­ne Par­tei gibt noch einen der­ar­ti­gen Abfall der Wahlbeteiligung.

Güll­ner ver­sucht nicht, sei­ne Abnei­gung gegen die Grü­nen zu ver­ber­gen, son­dern läßt sei­ner Empö­rung frei­en Lauf. Er ver­übelt den Grü­nen, daß ihr gesell­schaft­li­cher Ein­fluß wesent­lich grö­ßer ist, als er es nach ihrem Wäh­ler­an­teil sein dürf­te. Inso­fern wür­de eine Min­der­heit über das Schick­sal der Mehr­heit bestim­men. Er sieht die­se Ten­denz bereits in der Grün­dung der Grü­nen ange­legt: Sie sei­en nicht auf­grund eines Pro­blem­drucks ent­stan­den, den Güll­ner den 68ern frag­los zuge­steht, son­dern aus grund­sätz­li­cher Oppo­si­ti­on gegen das herr­schen­de Sys­tem. Bei der Hoch­schät­zung, die Güll­ner den soge­nann­ten Volks­par­tei­en ent­ge­gen­bringt, ist die­ser Vor­wurf frag­wür­dig, da zumin­dest die SPD einen eben­sol­chen Ursprung hat. Aber nicht nur hier mißt Güll­ner mit zwei­er­lei Maß, son­dern an vie­len Stel­len. Die Schlüs­se, die er dar­aus zieht, sind des­halb sel­ten über­zeu­gend. Pole­misch wird Güll­ner, wenn es dar­um geht, alle Fehl­ent­wick­lun­gen der letz­ten drei­ßig Jah­re den Grü­nen anzu­las­ten. Sie hät­ten einen mora­li­schen Druck auf die Volks­par­tei­en aus­ge­übt, der zu all den Absur­di­tä­ten wie »E10« und Haus­däm­mung geführt habe. Rich­tig ist, daß die Grü­nen über einen gro­ßen Rück­halt in Medi­en und Wis­sen­schaft ver­fü­gen. Ob der jedoch aus­reicht, um die Folg­sam­keit der Volks­par­tei­en zu erklä­ren, darf bezwei­felt werden.

Güll­ner geht es dar­um, aus der Herr­schaft der grü­nen Min­der­heit ein zwei­tes Wei­mar an die Wand zu malen. Die Leu­te wür­den nicht mehr wäh­len gehen, weil sich die Volks­par­tei­en der grü­nen Ideo­lo­gie ange­gli­chen hät­ten. Die näher­lie­gen­de Erklä­rung, daß die Wäh­ler die­ser Par­tei­en­olig­ar­chie, bei der egal ist, wer gera­de regiert, grund­sätz­lich über­drüs­sig sind, dis­ku­tiert Güll­ner nicht ein­mal. Dabei war der Anlaß für die­ses Buch, daß Güll­ner im Sep­tem­ber 2011 über die hohe Wahl­be­tei­li­gung in Däne­mark erstaunt gewe­sen sei. Dazu fiel ihm ein, daß es dort kei­ne mit den Grü­nen ver­gleich­ba­re Par­tei gebe. Daß dort eine wähl­ba­re rech­te Par­tei, die Däni­sche Volks­par­tei, exis­tiert, ver­schweigt er. Es ist wenig über­zeu­gend, den Grü­nen ihre Erfol­ge vor­zu­wer­fen und gleich­zei­tig das Sys­tem, in dem sie die­se errin­gen konn­ten, nicht in Fra­ge zu stellen.

Man­fred Güll­ner: Die Grü­nen. Höhen­flug oder Absturz?, Frei­burg i. Br.: Her­der 2012. 180 S., 16.99 €

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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