Kein deutscher König

54pdf der Druckfassung aus Sezession 54 / Juni 2013

Was in anderen europäischen Ländern seit jeher zum Alltag gehört, gibt es in Deutschland nicht mehr und ist zudem mit einem Stigma behaftet: einen König oder wenigstens eine Königin.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Das Stig­ma bezieht sich auf den vor­de­mo­kra­ti­schen Ursprung der Insti­tu­ti­on, König kann schließ­lich nicht jeder wer­den. Im kras­sen Gegen­satz dazu steht die Beliebt­heit von Hoch­zei­ten in könig­li­chen Häu­sern oder Inthro­ni­sie­run­gen, jüngs­tes Bei­spiel sind die Nie­der­lan­de. Frü­her war das ein Betä­ti­gungs­feld der Bou­le­vard­pres­se, heu­te über­tra­gen auch ver­meint­lich seriö­se Sen­der sol­che Ereig­nis­se live. Kaum vor­stell­bar ist, daß Hoch­zei­ten von Indus­tri­el­len und Poli­ti­kern jemals ein sol­ches Inter­es­se her­vor­ru­fen könn­ten. Am tat­säch­li­chen Ein­fluß kann es also nicht lie­gen, viel eher am Ausschließlichkeits­charakter der Per­son, um die es geht, und am Abglanz des Gol­de­nen Zeit­al­ters der mon­ar­chi­schen Ordnung.

Wenn heu­te, im Jahr 2013, über die Mon­ar­chie in Deutsch­land gespro­chen wird, klingt das bes­ten­falls wie ein Mär­chen aus fer­nen Zei­ten. Auch wer­den wir sofort an die unheil­vol­le Rol­le Wil­helms II. erin­nert. In die­sem Zusam­men­hang ist der Best­sel­ler von Flo­ri­an Illies, 1913, bezeich­nend, der den Hin­ter­grund der kul­tu­rel­len Fül­le, die er prä­sen­tiert, völ­lig aus­blen­det. 1913 war eben auch das Jahr des 25jährigen Thron­ju­bi­lä­ums Wil­helm II., das Kai­ser­reich blick­te auf eine 40jährige Frie­dens­zeit zurück. Die­ser Kai­ser kommt aber nur an weni­gen Stel­len vor und erscheint in einem wenig schmei­chel­haf­ten Licht. Im kras­sen Gegen­satz dazu steht die Tat­sa­che, daß all das, was danach kam, unmit­tel­bar und mit­tel­bar, dem­ge­gen­über unbe­stän­dig und wenig ver­trau­ens­er­we­ckend war, so daß es sowohl nach 1918 als auch nach 1945 durch­aus ernst­haf­te Bemü­hun­gen gab, die Mon­ar­chie zu erneu­ern, um so wie­der zu einer dau­er­haf­ten Ord­nung zu gelangen.

Das klingt heu­te absurd und so reak­tio­när, daß es schon wie­der als lie­bens­wer­ter Spleen durch­ge­hen kann, kei­nes­falls aber als poli­ti­sche Äuße­rung. Doch auch von alli­ier­ter Sei­te wur­den ähn­li­che Schlüs­se gezo­gen. Der frü­he­re ame­ri­ka­ni­sche Bot­schaf­ter in Mos­kau, Geor­ge Kennan, äußer­te sich bei­spiels­wei­se 1951: »Wir haben zwei Krie­ge geführt, um die Deut­schen zu ver­än­dern und zu erzie­hen. Gäbe es heu­te eine Chan­ce, das Deutsch­land von 1913 wie­der­her­zu­stel­len – ein von kon­ser­va­ti­ven, aber gemä­ßig­ten Leu­ten geführ­tes Deutsch­land, nicht nazis­tisch und nicht kom­mu­nis­tisch, ein kräf­ti­ges Deutsch­land, geeint und nicht okku­piert …, so wür­de eine sol­che Lösung zwar nicht jeder­mann zufrie­den­stel­len; es wür­de aber kei­ne so schlech­te Lösung sein.«

Hier wird deut­lich, daß die Hoch­schät­zung der Mon­ar­chie kein Feu­er mehr hat­te, denn es wur­den ratio­na­lis­ti­sche Grün­de ins Feld geführt, die in einem ungüns­ti­gen Span­nungs­ver­hält­nis zu den mythi­schen Begrün­dun­gen ste­hen, die das König­tum eigent­lich hat. Es gibt aber auch in demo­kra­ti­schen Zei­ten die Mög­lich­keit, Mon­ar­chien zu restau­rie­ren, die, wie der Fall Spa­ni­en zeigt, durch­aus funk­tio­nie­ren kön­nen (selbst wenn der Mon­arch durch bür­ger­li­che Eska­pa­den aus der Rol­le fällt).

Daß es nach 1918 in Deutsch­land zahl­rei­che Mon­ar­chis­ten mit ent­spre­chen­den Ver­bän­den und Zeit­schrif­ten gab, kann also nicht ver­wun­dern, obwohl auch damals schon, also unmit­tel­bar nach der Abschaf­fung, eine gewis­se Gleich­gül­tig­keit gegen die Insti­tu­ti­on zu ver­zeich­nen war und man das Abdan­ken der deut­schen Königs­häu­ser recht gelas­sen zur Kennt­nis nahm. Nach 1945 war die Situa­ti­on für die Mon­ar­chie denk­bar schlech­ter. Gesiegt hat­ten, gefühlt jeden­falls, die Demo­kra­tien, auch wenn unter den Sie­ger­mäch­ten eine kom­mu­nis­ti­sche Dik­ta­tur und eine kon­sti­tu­tio­nel­le Mon­ar­chie waren. Für die west­li­chen Besat­zungs­zo­nen sahen die Alli­ier­ten jeden­falls die par­la­men­ta­ri­sche Demo­kra­tie (mit gewis­sen Abstri­chen) vor. Eine Berech­ti­gung der Mon­ar­chie konn­te sich in die­ser Situa­ti­on eigent­lich nur aus der Über­zeu­gung ablei­ten, daß unter dem Kai­ser alles bes­ser gewe­sen sei, daß das Cha­os mit dem Ende der Mon­ar­chie begon­nen hät­te, und schließ­lich, daß sowohl der demo­kra­ti­sche als auch der dik­ta­to­ri­sche Ver­such in Deutsch­land geschei­tert seien.

Es gab also genü­gend Grün­de, für die Mon­ar­chie zu optie­ren, und dem­entspre­chend breit war auch das Spek­trum, das sich zunächst danach auf­spal­te­te, wel­chem ehe­ma­li­gen Herr­scher­haus man die Kro­ne antra­gen soll­te. Neben den Hohen­zol­lern, die natur­ge­mäß die größ­te Anhän­ger­schaft hat­ten, gab es star­ke Bewe­gun­gen für die Habs­bur­ger, die Wit­tels­ba­cher und die Wel­fen. Jedoch waren eigent­lich nur die Hohen­zol­lern ein Herr­scher­haus, das Anspruch auf die gesamt­deut­sche Kro­ne erhe­ben konn­te. Die Habs­bur­ger, mit wesent­lich älte­ren Ansprü­chen aus­ge­stat­tet, hat­ten für den Teil Deutsch­lands, auf dem sich die West­zo­nen befan­den spä­tes­tens seit 1806 an Bedeu­tung ver­lo­ren. Hin­zu kam, daß die Hohen­zol­lern von der unter­grün­di­gen Wert­schät­zung Preu­ßens, die immer noch exis­tier­te, pro­fi­tie­ren konn­ten und teil­wei­se in eins gesetzt wurden.

Insti­tu­tio­nell äußer­te sich das Ein­tre­ten für die Mon­ar­chie vor allem in Par­tei­en und Samm­lungs­be­we­gun­gen, wobei ers­te­re bereits im Lau­fe der fünf­zi­ger Jah­re die Wahr­neh­mungs­schwel­le nicht mehr über­schrei­ten konn­ten. Ins­be­son­de­re aus dem Spek­trum der ehe­ma­li­gen DNVP gab es seit Kriegs­en­de ent­spre­chen­de Par­tei­grün­dun­gen (Deut­sche Kon­ser­va­ti­ve Par­tei, Deut­sche Auf­bau­par­tei, die sich schließ­lich zur Deut­schen Kon­ser­va­ti­ven Par­tei – Deut­sche Rechts­par­tei ver­ei­nig­ten). Hier spiel­ten Rein­hold Wul­le, der in der Mon­ar­chie die natür­li­che Staats­form der Deut­schen sah, und spä­ter Adolf von Thad­den eine Rol­le. Als die Par­tei bei der Bun­des­tags­wahl 1949 in Nie­der­sach­sen 8,1 Pro­zent errei­chen konn­te, waren die mon­ar­chis­ti­schen Bestre­bun­gen aller­dings bereits in den Hin­ter­grund getre­ten. In der Früh­pha­se der Par­tei for­der­te man die Ein­füh­rung eines sozia­len und kon­sti­tu­tio­nel­len König­tums und hoff­te damit nicht zuletzt auf Sym­pa­thien bei den bri­ti­schen Besat­zern, die aller­dings aus­blie­ben. Der Tod Wul­les 1950 setz­te der Initia­ti­ve ein Ende.

Bei den Samm­lungs­be­we­gun­gen, die den Spa­gat der Par­tei­en zwi­schen mon­ar­chi­scher Gesin­nung und demo­kra­ti­scher Legi­ti­mie­rung nicht zu machen brauch­ten, gab es die kurz­le­bi­ge »Volks­be­we­gung für Kai­ser und Reich« und die bis heu­te exis­tie­ren­de Ver­ei­ni­gung »Tra­di­ti­on und Leben«, die 1949 von Hein­rich von Mas­sen­bach, der schon in den drei­ßi­ger Jah­ren als Mon­ar­chist gewirkt hat­te, als Briefrei­he und Zeit­schrift ins Leben geru­fen wur­de. Bald gab es Vor­trags­ver­an­stal­tun­gen (vor allem im rhei­ni­schen Raum), die immer grö­ße­ren Umfang annah­men, so daß es 1959 zur Grün­dung der »Arbeits­ge­mein­schaft zur För­de­rung des mon­ar­chi­schen Gedan­kens – Tra­di­ti­on und Leben« (TuL) kam. Ent­schei­dend für den rela­ti­ven Erfolg waren das Wohl­wol­len, das der Thron­prä­ten­dent Lou­is Ferdi­nand dem Ver­ein ent­ge­gen­brach­te, und das uner­müd­li­che Wir­ken von Mas­sen­bach, so daß des­sen Tod 1962 eine Zäsur bedeu­te­te. Mit­te der sieb­zi­ger Jah­re kamen zuneh­mend jun­ge Leu­te zu TuL, die die Pro­pa­gan­da für den mon­ar­chi­schen Gedan­ken dyna­mi­sier­ten und modernisierten.

Hin­zu kamen eini­ge Licht­bli­cke wie ver­schie­de­ne Umfra­gen im Vor­feld der 1969er-Bun­des­prä­si­den­ten­wah­len, die bis zu 55 Pro­zent Zustim­mung für Lou­is Fer­di­nand brach­ten. Das war natür­lich rein sym­bo­lisch zu ver­ste­hen, weil kei­ner der Befrag­ten den Prä­si­den­ten wäh­len durf­te. Auch insti­tu­tio­nell wei­te­te sich TuL durch die Vor­trags­ver­an­stal­tun­gen im Rah­men des Zol­lern­krei­ses und des Preu­ßen­in­sti­tuts, eines »Insti­tuts zur För­de­rung der preu­ßi­schen Staats­auf­fas­sung sowie des Geschichts- und Kul­tur­be­wußt­seins«, aus. Jedoch ver­lor auch hier die Bin­dung an den mon­ar­chi­schen Gedan­ken an Kraft, und man ver­leg­te sich all­ge­mein auf eine Pfle­ge der kon­ser­va­ti­ven, preu­ßi­schen Staatsauffassung.

In all den zuletzt­ge­nann­ten Insti­tu­tio­nen war zeit­wei­se Hans-Joa­chim Schoeps anzu­tref­fen, der sicher der ori­gi­nells­te Ver­tre­ter des mon­ar­chis­ti­schen Gedan­kens in der frü­hen BRD gewe­sen ist. Das hängt nicht nur mit sei­ner außer­ge­wöhn­li­chen Bio­gra­phie und sei­ner expo­nier­ten Stel­lung im Wis­sen­schafts­be­trieb zusam­men, son­dern auch mit sei­nem Talent, sich durch das kon­se­quen­te Ver­tre­ten von Min­der­hei­ten­mei­nun­gen zwi­schen alle Stüh­le zu set­zen. War schon sei­ne gleich­zei­ti­ge Beto­nung des Jude- und Preu­ße­seins für vie­le schwer nach­voll­zieh­bar, so war sein Enga­ge­ment, das er kurz nach sei­ner Rück­kehr aus dem schwe­di­schen Exil für Mon­ar­chie und Preu­ßen ent­fal­te­te, für die Krei­se, denen er sich äußer­lich zurech­nen durf­te – Pro­fes­so­ren und Exi­lan­ten –, eine ana­chro­nis­ti­sche Mischung.

Öffent­li­che Auf­merk­sam­keit erreg­te er, als er am 18. Janu­ar 1951 eine Rede zum 250. Geburts­tag des König­reichs Preu­ßen hielt, die als Bro­schü­re auf gro­ße Reso­nanz traf. Unter Bezug­nah­me auf die preu­ßi­schen Hoch­kon­ser­va­ti­ven ver­tei­dig­te er Preu­ßen gegen den Vor­wurf des Mili­ta­ris­mus und stell­te es als Rechts­staat dar. Dabei ging er auch an der Bedeu­tung der Mon­ar­chie nicht vor­über: »Was die Mon­ar­chie aber posi­tiv bedeu­tet hat und was wir mit der Ent­thro­nung des Hau­ses Hohen­zol­lern wirk­lich ver­lo­ren haben, das kön­nen wir erst heu­te, 32 Jah­re nach dem Ende der Mon­ar­chie in Preu­ßen und Deutsch­land, ganz ermes­sen und gerecht beur­tei­len.« Das König­tum von Got­tes Gna­den sei dem Bewußt­sein der moder­nen Mas­sen unver­ständ­lich, weil dahin­ter das preu­ßi­sche Prin­zip als kon­sti­tu­tio­nel­le Bin­dung zwi­schen Herr­scher und Volk ste­he: »Nicht das Volk ist sou­ve­rän, son­dern der Mon­arch; nicht das Volk regiert, son­dern der König.

Erst dann sind näm­lich im tiefs­ten Sin­ne die Rech­te des Vol­kes garan­tiert und die Frei­hei­ten gesi­chert. Es ist nicht wahr, daß die Demo­kra­tie end­gül­tig die Men­schen­rech­te gesi­chert und die Frei­hei­ten ver­grö­ßert hät­te.« Mit dem Prin­zip der Volks­sou­ve­rä­ni­tät hät­ten die Natio­nal­staa­ten gesiegt und mit ihnen ein Revo­lu­ti­ons­prin­zip, das zu kei­ner dau­ern­den Ord­nung fähig sei. Das aber sei eine wesent­li­che Leis­tung der preu­ßi­schen Köni­ge gewe­sen, die bis heu­te die Anzie­hungs­kraft die­ser Zeit aus­ma­che. Abschlie­ßend plä­diert Schoeps für eine Spit­ze, die auto­ri­tär und kon­sti­tu­tio­nell sei, weil sich nur so die Gefahr der Volks­de­mo­kra­tie, sich einem Füh­rer hin­zu­ge­ben, abge­wen­det wer­den kön­ne. Das sei eben die Kro­ne, unab­hän­gig von den Par­tei­en: »Das preu­ßi­sche König­tum hat dem gan­zen Reich gedient und es reprä­sen­tiert mit dem Zie­le, könig­li­chen Wil­len und Volks­wil­len in der Staats­len­kung ein­an­der durch­drin­gen zu lassen.«

Auf die­se Pas­sa­gen hat es zahl­reich posi­ti­ve Zuschrif­ten an Schoeps gege­ben, so daß sich die­ser der Fra­ge der Wie­der­ein­füh­rung der Mon­ar­chie ernst­haft wid­me­te und die recht­li­chen Mög­lich­kei­ten über­prüf­te. Dazu wand­te er sich mit einem Brief an Ernst Rudolf Huber, den er offen­bar aus jugend­be­weg­ten Krei­sen kann­te und der als Schmitt-Schü­ler eini­ges zur kon­sti­tu­tio­nel­len Mon­ar­chie ver­öf­fent­licht hat­te. Er bat Huber, zwei mög­li­che Wege zu prü­fen: ein­mal den der Volks­ab­stim­mung oder den der ple­bis­zi­tä­ren Wahl des Bun­des­prä­si­den­ten, für den dann Lou­is Fer­di­nand über­par­tei­lich auf­ge­stellt wer­den soll­te. Huber ver­warf die­se bei­den Mög­lich­kei­ten und sah die staats­recht­li­chen Pro­ble­me als sekun­där an, weil die Ver­fas­sung (respek­ti­ve das Grund­ge­setz) genau das, die Wie­der­ein­füh­rung der Mon­ar­chie, aus­schließt. Als ein­zig lega­len Weg erkann­te er die Wie­der­ver­ei­ni­gung Deutsch­lands, die das Grund­ge­setz obso­let machen und eine »legi­ti­mie­ren­de und auto­ri­täts­be­grün­den­de his­to­ri­sche Leis­tung« dar­stel­len wür­de. Huber äußer­te aber auch grund­sätz­li­che Zwei­fel an einer Restau­ra­ti­on, weil sie der geis­ti­gen Wand­lung bedür­fe. Eine Restau­ra­ti­on durch »lega­le Über­lei­tung« oder fak­ti­sche Macht­er­grei­fung wür­de nicht genü­gen. Er sah in dem Bedürf­nis, durch den König den Plu­ra­lis­mus zu neu­tra­li­sie­ren, eine »bloß tech­nisch-ratio­na­le Moti­va­ti­on«: »Wenn die­se nicht von irra­tio­na­len Ener­gien durch­drun­gen und ver­wan­delt wird, wäre das Ergeb­nis im Grund kein König­tum, son­dern eine Art Erb- oder Wahlpräsidentschaft.«

Schoeps hat sich dadurch nicht abschre­cken las­sen und sein Ziel wei­ter­ver­folgt. Es kam zu zwei Tagun­gen, jeweils im Janu­ar 1952 und 1953, zu denen sich ein recht illus­trer Kreis von Mon­ar­chis­ten ver­sam­mel­te, dar­un­ter Hans-Joa­chim von Mer­katz, damals Staats­se­kre­tär, spä­ter Bun­des­mi­nis­ter, und Erik Reger, der ein­fluß­rei­che Mit­her­aus­ge­ber und Chef­re­dak­teur des Ber­li­ner Tages­spie­gel. Auch Lou­is Fer­di­nand sah Schoeps’ Wir­ken wohl­wol­lend, schloß aber eine direk­te Betei­li­gung aus. Die bei­den Tagun­gen hat­ten kei­ne kon­kre­ten Fol­gen und ver­lie­fen unbe­frie­di­gend. Schoeps ent­schloß sich jedoch zur publi­zis­ti­schen Offen­si­ve, hielt zahl­rei­che Vor­trä­ge und ver­öf­fent­lich­te die Bro­schü­re Kommt die Mon­ar­chie? Der Unter­ti­tel deu­tet an, daß es nicht um die Mon­ar­chie als Selbst­zweck ging, son­dern um »Wege zu neu­er Ord­nung im Mas­sen­zeit­al­ter«, das Schoeps von Nivel­lie­rung und Tech­ni­sie­rung geprägt sah.

Dazu muß ange­merkt wer­den, daß Schoeps 1953 von einem Kri­sen­sze­na­rio aus­ging, das so nicht ein­trat. Ins­be­son­de­re pro­phe­zei­te er ein bal­di­ges Ende des Wohl­stands und damit das der fra­gi­len Ord­nung der BRD. Die von ihm beschrie­be­nen Män­gel (Ver­ant­wor­tungs­lo­sig­keit und Gleich­gül­tig­keit) waren und sind zwar rich­tig erkannt, tra­ten aber noch nicht offen zuta­ge. Die Mon­ar­chie sei dage­gen in der Lage gewe­sen, alle gesell­schaft­li­chen Grup­pen auf ein Drit­tes, die Kro­ne, hin zu ord­nen, was ihnen die Frei­heit gege­ben habe, für das Gan­ze ein­zu­ste­hen. Als Schoeps dann dazu über­ging, die rea­len Chan­cen für eine Mon­ar­chie zu beur­tei­len, konn­te er aller­dings nur das wie­der­ho­len, was Huber schon aus­for­mu­liert hat­te (aller­dings ohne die­sen zu nen­nen). Obwohl er sich des Legi­ti­mi­täts­man­gels einer erneu­er­ten Mon­ar­chie bewußt war, sah er in der rein zweck­ra­tio­na­len Bezie­hung kein grund­sätz­li­ches Problem.

Schoeps’ letz­ter kon­kre­ter Ver­such für die Wie­der­errich­tung der Mon­ar­chie war die Über­re­dung Lou­is Fer­di­nands, sich im Janu­ar 1954 als Kan­di­dat für die Bun­des­prä­si­den­ten­wahl auf­stel­len zu las­sen. Der zeig­te sich nicht abge­neigt, woll­te sich aber nicht expo­nie­ren. Das führ­te zu den gehei­men Pla­nun­gen zur Grün­dung eines »Volks­bunds für Mon­ar­chie«, der den Thron­prä­ten­den­ten qua­si per Akkla­ma­ti­on auf­ru­fen soll­te. Da die Pla­nun­gen durch die Sekre­tä­rin von Schoeps dem Spie­gel zuge­tra­gen wur­den, der dar­aus eine Ent­hül­lungs­ge­schich­te über mon­ar­chis­ti­sche Umtrie­be mach­te, zer­schlug sich das Gan­ze. Schließ­lich resi­gnier­te Schoeps und stell­te nach der Wie­der­wahl von Theo­dor Heuss alle dies­be­züg­li­chen Akti­vi­tä­ten ein. Auch wenn er wei­ter von der Über­le­gen­heit der Mon­ar­chie über­zeugt war: an eine ech­te Chan­ce der Restau­ra­ti­on hat er nicht mehr geglaubt.

Ob es die­se Chan­ce über­haupt ein­mal gege­ben hat, ist frag­lich. Das betrifft weni­ger die ver­fas­sungs­recht­li­chen Fra­gen, weil die sich, wie 1933 gezeigt hat, schnell erle­di­gen kön­nen, son­dern die grund­sätz­li­chen Bedin­gun­gen einer Restau­ra­ti­on. »Eine restau­rier­te Mon­ar­chie kann nur durch einen star­ken Ruck nach rechts ins Leben tre­ten. Sie wird sofort zum Magnet für alle reak­tio­nä­ren Hoff­nun­gen und Inter­es­sen« (Fried­rich Meine­cke). Eine kon­ti­nu­ier­li­che Mon­ar­chie wird grund­sätz­lich, bei aller Kri­tik, auch von ihren Geg­nern akzep­tiert, weil sie eben über die not­wen­di­ge Legi­ti­mi­tät und Tra­di­ti­on ver­fügt. Die Fas­zi­na­ti­on, die davon immer noch aus­geht, kann kaum unter­schätzt wer­den. Aller­dings folgt aus dem Inter­es­se der Mas­sen an einer könig­li­chen Hoch­zeit noch kein poli­ti­sches Bekennt­nis zur Mon­ar­chie, ins­be­son­de­re dann nicht, wenn es einen Rechts­ruck voraussetzt.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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