100 Jahre Julikrise (20.–27.VII.)

Berlin, den 26. Juli 1914 [Telegramm, vermutlich am Folgetag eingegangen] – Der Reichskanzler Bethmann Hollweg an den Botschafter in Petersburg

Nachdem Graf Berchtold Rußland erklärt hat, daß Österreich keinen territorialen Gewinn in Serbien beabsichtige, sondern nur Ruhe schaffen wolle, hängt Erhaltung europäischen Friedens allein von Rußland ab.

Wir ver­trau­en auf Frie­dens­lie­be Ruß­lands und unse­re alt­be­währ­ten guten Bezie­hun­gen, daß es kei­nen Schritt unter­nimmt, wel­cher den euro­päi­schen Frie­den ernst­lich gefähr­den würde.

[Ähn­lich lau­ten­de Tele­gram­me dahin­ge­hend, man hof­fe auf mäßi­gen­de Ein­wir­kung in Rich­tung Peters­burg, wur­den nach Paris und Lon­don zur Über­mitt­lung an die dor­ti­gen Regie­run­gen geschickt; Anm. d. Red.]

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[Ent­wurf eines nicht abge­sand­ten Tele­gramms des Kai­sers an den Zaren, Über­set­zung aus dem Englischen]

Du wirst sicher mit mir dar­in über­ein­stim­men, daß der öster­rei­chisch-ser­bi­sche Kon­flikt nur Öster­reich und Ser­bi­en angeht, und da0 man es bei­den Län­dern über­las­sen soll­te, die­se Ange­le­gen­heit unter sich zu regeln. Die in Ser­bi­en seit Jah­ren betrie­be­ne gewis­sen­lo­se Agi­ta­ti­on hat zu dem abscheu­li­chen Ver­bre­chen geführt, dem Franz Fer­di­nand zum Opfer gefal­len ist. Es ist mein und Dein und über­haupt aller Mon­ar­chen gemein­sa­mes Inter­es­se, daß die­ses Ver­bre­chen und alle Per­so­nen, die mora­lisch dafür ver­ant­wort­lich sind, die ver­dien­te Stra­fe erhal­ten. Öster­reich muß freie Hand gewährt wer­den, das Übel bei der Wur­zel zu fas­sen und die revo­lu­tio­nä­re Bewe­gung in Ser­bi­en zu ersti­cken, die auf ande­re Län­der über­grei­fen und eines Tages Dei­nen wie mei­nen Thron gefähr­den kann. Der Geist, der die Ser­ben ihren eige­nen König und sei­ne Gemah­lin mor­den ließ, herrscht immer noch im Lan­de. Es wäre unse­rer­seits Tor­heit und Selbst­mord, ihnen irgend­wie die ver­wirk­te Stra­fe zu ersparen.

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Lon­don, den 27. Juli 1914 [Tele­gramm, im Aus­wär­ti­gen Amt sel­ben Tag ein­ge­gan­gen] – Der Bot­schaf­ter in Lon­don Lich­now­sky an das Aus­wär­ti­ge Amt

Sir E. Grey ließ mich soeben kom­men und bat mich, Ew. Exzel­lenz nach­ste­hen­des zu übermitteln.

Der ser­bi­sche Geschäfts­trä­ger habe ihm soeben den Wort­laut der ser­bi­schen Ant­wort auf die öster­rei­chi­sche Note über­mit­telt. Aus der­sel­ben gehe her­vor, daß Ser­bi­en den öster­rei­chi­schen For­de­run­gen in einem Umfan­ge ent­ge­gen­ge­kom­men sei, wie er es nie­mals für mög­lich gehal­ten habe; bis auf einen Punkt, der Teil­nah­me öster­rei­chi­scher Beam­ter an den gericht­li­chen Unter­su­chun­gen, habe Ser­bi­en tat­säch­lich in alles ein­ge­wil­ligt, was von ihm ver­langt wor­den sei. (…)

Begnü­ge sich Öster­reich nicht mit die­ser Ant­wort, bzw. wer­de die­se Ant­wort in Wien nicht als Grund­la­ge für fried­li­che Unter­hand­lun­gen betrach­tet, (…) so sei es voll­kom­men klar, daß Öster­reich nur nach einem Vor­wand suche, um Ser­bi­en zu erdrü­cken. In Ser­bi­en sol­le aber als­dann Ruß­land getrof­fen wer­den und der rus­si­sche Ein­fluß auf dem Bal­kan. Es sei klar, daß Ruß­land dem nicht gleich­gül­tig zuse­hen kön­ne und es als eine direk­te Her­aus­for­de­rung auf­fas­sen müs­se. Dar­aus wür­de der fürch­ter­lichs­te Krieg ent­ste­hen, den Euro­pa jemals gese­hen habe, und nie­mand wis­se, wohin ein sol­cher Krieg füh­ren könnte.

(Lite­ra­tur zur Vor­ge­schich­te des I. Welt­kriegs und zur Kriegs­schuld­fra­ge fin­den Sie im Bücher­schrank I. Weltkrieg.)


Paris, den 24. Juli 1914 [Tele­gramm; im Aus­wär­ti­gen Amt am 25. Juli ein­ge­gan­gen] – Der Bot­schaf­ter in Paris, Schoen, an das Aus­wär­ti­ge Amt

(…) Fran­zö­si­sche Regie­rung tei­le auf­rich­tig Wunsch, daß Kon­flikt loka­li­siert blei­be,* und wer­de sich in die­sem Sin­ne im Inter­es­se der Erhal­tung des euro­päi­schen Frie­dens bemü­hen. Sie ver­heh­le sich dabei frei­lich nicht, daß es einer Macht wie Ruß­land, die mit pan­sla­wis­ti­schen Strö­mun­gen zu rech­nen habe, nicht leicht fal­len könn­te, sich voll­stän­dig zu des­in­ter­es­sie­ren, nament­lich dann, wenn Öster­reich-Ungarn auf sofor­ti­ger Erfül­lung aller For­de­run­gen bestehen soll­te, auch sol­chen, wel­che mit ser­bi­scher Sou­ve­rä­ni­tät schwer ver­ein­bar oder mate­ri­ell nicht sofort aus­führ­bar. Fran­zö­si­sche Regie­rung fin­de es selbst­ver­ständ­lich, daß Ser­bi­en in über­zeu­gen­der Wei­se Genug­tu­ung geben und Bes­tra­gung von Ver­bre­chern und Ver­hin­de­rung von Ver­schwö­run­gen gegen Öster­reich-Ungarn zusi­chern müs­se. Man habe hier auch den Ser­ben gera­ten, so weit wie irgend mög­lich nach­zu­ge­ben. Man sei aber auch der Ansicht, daß Öster­reich-Ungarn gut tue, falls etwa Ser­bi­en nicht alle For­de­run­gen sofort erfül­le, son­dern über ein­zel­ne Punk­te zu dis­ku­tie­ren** wün­sche, die­se Wün­sche nicht ohne wei­te­res abzu­wei­sen, vor­aus­ge­setzt, daß im gan­zen der gute Wil­le Ser­bi­ens nicht zwei­fel­haft.***

[Rand­be­mer­kun­gen des Kaisers:

* „Quatsch“

** „Ulti­ma­ta erfüllt man oder nicht! aber man dis­ku­tiert nicht mehr! Daher der Name!“

*** „das ist er!“

[unter dem Text:] „Ver­klau­su­lier­tes Blech!“]

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Wien, den 24. Juli 1914 [Tele­gramm, im Aus­wär­ti­gen Amt am 25. Juli ein­ge­gan­gen] – Der Bot­schaf­ter in Wien Tschirsch­ky an das Aus­wär­ti­ge Amt

Um Ruß­land gegen­über sei­ne guten Dis­po­si­tio­nen zu doku­men­tie­ren,* hat Graf Berch­told heu­te vor­mit­tag den rus­si­schen Geschäfts­trä­ger zu sich gebe­ten, um ihm ein­ge­hend den Stand­punkt Öster­reich-Ungarns Ser­bi­en gegen­über aus­ein­an­der­zu­set­zen. (…) Öster­reich wer­de kei­ner­lei ser­bi­sches Ter­ri­to­ri­um bean­spru­chen.** In glei­cher Wei­se sei in der an Ser­bi­en gerich­te­ten Note sorg­sam jede Demü­ti­gung Ser­bi­ens ver­mie­den worden. (…)

Es lie­ge ihm wei­ter fern, eine Ver­schie­bung der bestehen­den Macht­ver­hält­nis­se am Bal­kan und in Euro­pa her­bei­füh­ren zu wollen.*** (…)

[Rand­be­mer­kun­gen des Kaisers:

* „gänz­lich über­flüs­sig! wird Ein­druck der Schwä­che erwe­cken und Ein­druck der Ent­schul­di­gung her­vor­ru­fen, was Ruß­land gegen­über unbe­dingt falsch ist und ver­mie­den wer­den muß. Öster­reich hat sei­ne guten Grün­de, hat dar­auf hin den Schritt gethan, nun kann er nicht hin­ter­her qua­si zur Dis­kus­si­on gestellt werden!“

** „Esel! Den Sand­schak muß es wie­der­neh­men, sonst kom­men die Ser­ben an die Adria.“

*** „Die kommt ganz von selbst und muß kom­men[.] Öster­reich muß auf dem Bal­kan präpon­der­ant wer­den den Ande­ren klei­ne­ren gegen­über auf Kos­ten Ruß­lands; sonst gie­bts kei­ne Ruhe.“]

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Lon­don, den 24. Juli 1914 [Tele­gramm, im Aus­wär­ti­gen Amt am 25. Juli ein­ge­gan­gen] – Der Bot­schaf­ter in Lon­don Lich­now­sky an das Aus­wär­ti­ge Amt

Sir E. Grey ließ mich soeben zu sich bit­ten. Der Minis­ter war sicht­lich stark unter Ein­druck der öster­rei­chi­schen Note, die sei­ner Ansicht nach alles über­trä­fe, was er bis­her in die­ser Art jemals gese­hen habe. Er sag­te, er habe bis­her kei­ne Nach­richt aus Peters­burg und wis­se daher nicht, wie man dort die Sache auf­fas­se. (…) Ein Staat, der so etwas anneh­me, höre doch eigent­lich auf, als selb­stän­di­ger Staat zu zäh­len.* (…) Solan­ge es sich im einen (…) loka­li­sier­ten Streit zwi­schen Öster­reich [und] Ser­bi­en han­de­le, gin­ge ihn, Sir E. Grey, die Sache nichts an,** anders wür­de die Fra­ge aber, wenn die öffent­li­che Mei­nung in Ruß­land die Regie­rung zwän­ge, gegen Öster­reich vorzugehen.

(…) Die Gefahr Gefahr eines euro­päi­schen Krie­ges sei, falls Öster­reich ser­bi­schen Boden betre­te,*** in nächs­te Nähe gerückt. Die Fol­gen eines sol­chen Krie­ges zu vier,**** er beton­te aus­drück­lich die Zahl vier, und mein­te damit Ruß­land, Öster­reich-Ungarn, Deutsch­land und Frank­reich, sei­en voll­kom­men unab­seh­bar. Wie auch immer die Sache ver­lau­fe, eines sei sicher, daß näm­lich eine gänz­li­che Erschöp­fung und Ver­ar­mung Platz grei­fe, Indus­trie und Han­del ver­nich­tet und die Kapi­tal­kraft zer­stört wür­de. Revo­lu­tio­nä­re Bewe­gun­gen wie im Jah­re 1848 infol­ge der dar­nie­der­lie­gen­den Erwerbs­tä­tig­keit wür­den die Fol­ge sein.

[Rand­be­mer­kun­gen des Kaisers:

* „Das wäre sehr erwünscht. Es ist kein Staat im Europ. Sin­ne, son­dern eine Räuberbande!“

** „rich­tig“

*** „das wird sicher kommen“

**** „er ver­gißt Italien“

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Bel­grad, den 24. Juli 1914 [Tele­gramm, im Aus­wär­ti­gen Amt am 25. Juli ein­ge­gan­gen] – Der Gesand­te in Bel­grad Grie­sin­ger an das Aus­wär­ti­ge Amt

(…)

Die Mili­tärs for­dern kate­go­risch die Ableh­nung der Note und Krieg.

Die Mobi­li­sie­rung ist bereits in vol­lem Gange.

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Lon­don, den 25. Juli 1914 [Tele­gramm, im Aus­wär­ti­gen Amt sel­ben Tag ein­ge­gan­gen] – Der Bot­schaf­ter in Lon­don Lich­now­sky an das Aus­wär­ti­ge Amt [Pri­vat­brief an Staats­se­kre­tär v. Jagow

Ich möch­te Sie noch­mals auf die Bedeu­tung des Grey’schen Vor­schlags der Ver­mit­te­lung zu vie­ren zwi­schen Öster­reich und Ruß­land hin­wei­sen. [Der eng­li­sche Außen­mi­nis­ter hat­te vor­ge­schla­gen, das Deut­sche Reich, das Bri­ti­sche Reich, Frank­reich und Ita­li­en als „Unbe­tei­lig­te“ ver­mit­teln zu las­sen; Anm. d. Red.] Ich erbli­cke hier­in die ein­zi­ge Mög­lich­keit, einen Welt­krieg zu ver­mei­den., bei dem für uns alles auf dem Spie­le steht und nichts zu gewin­nen ist. (…)

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Wien, den 25. Juli 1914 [Tele­gramm, im Aus­wär­ti­gen Amt am glei­chen Tag ein­ge­gan­gen] – Der Bot­schaf­ter in Wien Tschirsch­ky an das Aus­wär­ti­ge Amt

(…) Da in der ser­bi­schen Ant­wort meh­re­re Punk­te unbe­frie­di­gend, ist Baron Giesl abge­reist. Seit 3 Uhr nach­mit­tags soll bereits all­ge­mei­ne Mobi­li­sie­rung in Ser­bi­en stattfinden.


Ber­lin, den 23. Juli 1914 [Tele­gramm, ver­mut­lich am Fol­ge­tag zuge­gan­gen] – Der Staats­se­kre­tär des Aus­wär­ti­gen Jagow an den Kaiser

Ew. M. Bot­schaf­ter in Lon­don telegraphiert:

„Sir Edward Grey wird, wie ich ver­trau­lich erfah­re, dem Gra­fen Mens­dorff [öst.-ung. Bot­schaf­ter in Lon­don; Anm. d. Red.] mor­gen erklä­ren, die bri­ti­sche Regie­rung wer­de ihren Ein­fluß dahin zur Gel­tung brin­gen, daß die öster­rei­chisch-unga­ri­schen For­de­run­gen, falls sie gemä­ßigt sei­en und sich mit der Selb­stän­dig­keit des ser­bi­schen Staats ver­ein­ba­ren lie­ßen,* von der ser­bi­schen Regie­rung ange­nom­men wür­den. In ähn­li­chem Sin­ne glau­be er auch, daß Saso­now sei­nen Ein­fluß in Bel­grad gel­tend machen wer­de. Vor­aus­set­zung für die­se Hal­tung sei aber, (…) daß die öster­rei­chisch-unga­ri­sche Regie­rung in der Lage sei, den Zusam­men­hang zwi­schen dem Mord von Sara­je­vo mit den poli­ti­schen Krei­sen Bel­grads unzwei­deu­tig fest­zu­stel­len.** (…) Ich bemü­he mich unter­des­sen, hier dahin zu wir­ken, daß man mit Rück­sicht auf das berech­tig­te Ver­lan­gen Öster­reichs nach einer Genug­tu­ung und end­li­chen Ein­stel­lung der dau­ern­den Beun­ru­hi­gun­gen für eine bedin­gungs­lo­se Annah­me der öster­rei­chi­schen For­de­run­gen ein­tritt, selbst wenn sie der natio­na­len Wür­de Ser­bi­ens*** nicht voll­auf Rech­nung tra­gen soll­ten. (…) Man rech­net mit Bestimmt­heit damit, daß wir mit For­de­run­gen, die offen­kun­dig den Zweck haben, den Krieg her­bei­zu­füh­ren, uns nicht iden­ti­fi­zie­ren wür­den, und daß wir kei­ne Poli­tik unter­stüt­zen, die den Sara­je­voer Mord nur als Vor­wand benutzt für öster­rei­chi­sche Bal­kan­wün­sche und für die Ver­nich­tung des Frie­dens von Bukarest.**** (…)“

Ew. M. Bot­schaf­ter in Lon­don erhält Instruk­ti­on zur Rege­lung sei­ner Spra­che, daß wir öster­rei­chi­sche For­de­run­gen nicht kann­ten, sie aber als inter­ne Fra­ge Öster­reich-Ungarns betrach­te­ten, auf die uns Ein­wir­kung nicht zustän­de.*****

[Rand­be­mer­kun­gen des Kaisers:]

* „dar­über zu befin­den steht ihm nicht zu, das ist Sache S. M. des Kai­sers Franz Josef!“

** „ist ihre Sache!“

*** „gibt es nicht!“

**** „Das ist eine unge­heu­er­li­che bri­ti­sche Unver­schämt­heit. Ich bin nicht beru­fen, a la Grey S. M. dem Kai­ser Vor­schrif­ten über die Wah­rung sei­ner Ehre zu machen!“

***** „rich­tig! Das soll Grey aber recht ernst und deut­lich gesagt wer­den! Damit er sieht, daß ich kei­nen Spaß ver­ste­he. Grey begeht den Feh­ler, daß er Ser­bi­en mit Öster­reich und ande­ren Groß­mäch­ten auf eine Stu­fe stellt! Das ist uner­hört! Ser­bi­en ist eine Räu­ber­ban­de, die für Ver­bre­chen gefaßt wer­den muß! Ich wer­de mich in nichts ein­mi­schen, was der Kai­ser zu beurt­hei­len allein befugt ist! Ich habe die­se Depe­sche erwar­tet und sie über­rascht mich nicht! Echt Brit. Denk­wei­se und her­ab­las­send befeh­len­de Art, die ich abge­wie­sen haben will!“

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 St. Peters­burg, den 23. Juli 1914 [Tele­gramm, dem Kai­ser mit­ge­teilt am Fol­ge­tag] – Der Bot­schaf­ter in Peters­burg Pour­talès an das Aus­wär­ti­ge Amt

[bereits in frü­he­ren, hier nicht abge­druck­ten Doku­men­ten kam die Rei­se des fran­zö­si­schen Prä­si­den­ten Ray­mond Poin­ca­ré nach Skan­di­na­vi­en und Ruß­land zur Spra­che. Befürch­tet wur­den Abspra­chen zwi­schen den bei­den Natio­nen im Hin­blick auf ein gemein­sa­mes Vor­ge­hen gegen Öster­reich-Ungarn und das Deut­sche Reich; Anm. d. Red.]

Die küh­le Auf­nah­me, die Prä­si­dent Poin­ca­ré bei sei­nem hie­si­gen Besu­che gefun­den hat, fällt all­ge­mein auf. Die gro­ße Teil­nahms­lo­sig­keit des Publi­kums ist wohl teil­wei­se auf die Arbei­ter­streiks zurück­zu­füh­ren, die in letz­ten Tagen gro­ße Aus­deh­nung genom­men haben. Über die Hälf­te hie­si­ger Arbei­ter haben Arbeit nie­der­ge­legt. Eine Anzahl Zei­tun­gen konn­te wegen Buch­dru­cker­streik wäh­rend Besuch Poin­ca­rés nicht erschei­nen. Dabei ist es zu bedenk­li­chen Aus­schrei­tun­gen gekom­men, bei denen Poli­zei und Kosa­ken ein­schrei­ten mußten. (…)

Außer in Peters­burg fin­den gegen­wär­tig auch in ande­ren grö­ße­ren Städ­ten Ruß­lands Streiks statt. Sie ver­die­nen als Sym­ptom der in rus­si­schen Arbei­ter­krei­sen herr­schen­den erbit­ter­ten Stim­mung erns­te Beob­ach­tung, wenn ihnen auch vor­läu­fig grö­ße­re Trag­wei­te nicht zuzu­spre­chen ist. Im Fal­le äuße­rer Ver­wick­lung könn­ten sie immer­hin für Regie­rung schwie­ri­ge Lage schaf­fen.

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Wien, den 23. Juli 1914 [am sel­ben Tag ein­ge­gan­gen] – Der Bot­schaf­ter in Wien Tschirsch­ky an das Aus­wär­ti­ge Amt

Graf Szá­pá­ry mel­det, Prä­si­dent Poin­ca­ré habe ihm gegen­über bei neu­li­chem Diplo­ma­ten­emp­fang nach­drück­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, daß Ser­bi­en Freun­de habe, die es nicht im Sti­che las­sen wür­den. Die­se Spra­che sei, wie man mir hier sagt, nicht im Ein­klang mit der Hal­tung Herrn Saso­nows, der sich sehr ruhig und zurück­hal­tend über ser­bi­sche Ange­le­gen­heit aus­ge­spro­chen habe. (…)

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Wien, den 22. Juli 1914 [im Aus­wär­ti­gen Amt am 24. Juli ein­ge­gan­gen] – Der Bot­schaf­ter in Wien v. Tschirsch­ky an den Reichskanzler

Nach den Haa­ger Beschlüs­sen wür­de die Mon­ar­chie gehal­ten sein, evtl. an Ser­bi­en eine förm­li­che Kriegs­er­klä­rung zu rich­ten. Die­se Kriegs­er­klä­rung wür­de nach voll­ende­ter Mobil­ma­chung, unmit­tel­bar vor dem Beginn der mili­tä­ri­schen Ope­ra­tio­nen, zu erfol­gen haben. Nach­dem der k.u.k. Ver­tre­ter in Ser­bi­en Befehl erhal­ten hat, bei unge­nü­gen­der Beant­wor­tung der Note mit dem gesam­ten Per­so­nal sofort Bel­grad zu ver­las­sen, wür­de die Mon­ar­chie spä­ter, zur Zeit der Kriegs­er­klä­rung, kein offi­zi­el­les Organ haben, um die­se in ein­wand­frei­er und siche­rer Wei­se zur Kennt­nis der ser­bi­schen Regie­rung zu bringen. (…)

Die k.u.k. Regie­rung fragt des­halb bei Ew. Exz. an, ob die k. Regie­rung es even­tu­ell über­neh­men wür­de, die von Graf Berch­told unter­fer­tig­te Kriegs­er­klä­rung von Ber­lin aus durch den deut­schen Gesand­ten der ser­bi­schen Regie­rung zu über­mit­teln. Soll­te die k. Regie­rung jedoch Beden­ken tra­gen, die­se Über­mit­te­lung zu über­neh­men, so müß­te irgend­ein ande­rer siche­rer Weg aus­fin­dig gemacht werden.

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Ber­lin, den 24. Juli 1914 [am sel­ben Tag zuge­gan­gen] – Der Staats­se­kre­tär des Aus­wär­ti­gen Jagow an den Bot­schaf­ter in Wien

Es wäre uns erwünscht, wenn Kriegs­er­klä­rung an Ser­bi­en auf direk­tem Wege und nicht durch unse­re Gesandt­schaft erfolg­te. Unser Stand­punkt muß sein, daß Aus­ein­an­der­set­zung mit Ser­bi­en inter­ne öster­rei­chi­sche Ange­le­gen­heit sei, in die uns eben­so­we­nig wie ande­ren eine Ein­mi­schung zustän­de (…). Kriegs­er­klä­rung durch unse­re Gesandt­schaft wür­de aber in der Öffent­lich­keit, nament­lich bei dem mit diplo­ma­ti­schen Gebräu­chen nicht ver­trau­ten Publi­kum, Anschein erwe­cken, als hät­ten wir Öster­reich Ungarn in den Krieg gehetzt.

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Bel­grad, den 24. Juli 1914 [im Aus­wär­ti­gen Amt am sel­ben Tag ein­ge­gan­gen] – Der Gesand­te in Bel­grad an das Aus­wär­ti­ge Amt

Der öster­rei­chi­sche Gesand­te hat ges­tern abend 6 Uhr (…) die Note wegen des Atten­tats in Sara­je­vo über­ge­ben. Sie ist mit 48 Stun­den befris­tet. (…) Die heu­ti­ge Mor­gen­pres­se bezeich­net die Note als sehr scharf und rät der Regie­rung zu ableh­nen­der Haltung.

 


St. Peters­burg, den 21. Juli 1914 [im Aus­wär­ti­gen Amt ein­ge­gan­gen am 23. Juli] – Der Bot­schaf­ter in Peters­burg, Pour­talès, an den Reichskanzler

Herr Saso­now [Dimi­t­ri Sas­so­now, russ. Außen­mi­nis­ter 1910–1916; Anm. d. Red.] (…) ist (…) recht ner­vös wegen der Bezie­hun­gen zwi­schen Öster­reich-Ungarn und Serbien.

Er erzähl­te mir, daß er sehr alar­mie­ren­de Berich­te aus Lon­don, Paris und Rom erhal­ten habe, wo über­all die Hal­tung Öster­reich-Ungarns wach­sen­de Besorg­nis ein­flö­ße (…), daß die Stim­mung in Wien gegen Ser­bi­en immer schlech­ter werde.

Der Minis­ter ergriff die Gele­gen­heit, um sei­nem Groll gegen die öster­rei­chisch-unga­ri­sche Poli­tik wie­der in gewohn­ter Wei­se frei­en Lauf zu las­sen. Daß Kai­ser Franz Joseph und auch Graf Berch­told fried­lie­bend wären, woll­te Herr Saso­now zwar zuge­ben, es sei­en aber sehr mäch­ti­ge und gefähr­li­che Ein­flüs­se an der Arbeit, die in bei­den Reichs­hälf­ten immer mehr an Boden gewän­nen und die vor dem Gedan­ken nicht zurück­scheu­ten, Öster­reich in einen Krieg zu stür­zen, selbst auf die Gefahr hin, einen all­ge­mei­nen Welt­brand zu entfesseln. (…)

Ich ent­geg­ne­te Herrn Saso­now, sei­ne maß­lo­sen, gegen die öster­rei­chisch-unga­ri­sche Poli­tik gerich­te­ten Vor­wür­fe schie­nen mir durch sei­ne all­zu gro­ßen Sym­pa­thien für die Ser­ben stark beein­flußt und in kei­ner Wei­se gerecht­fer­tigt. Man kön­ne bil­li­ger­wei­se nicht umhin, die von dem Wie­ner Kabi­nett seit dem Atten­tat in Sara­je­vo beob­ach­te­te maß­vol­le Zurück­hal­tung anzu­er­ken­nen. (…) Nach allem aber, was schon jetzt bekannt sei, kön­ne man kaum dar­an zwei­feln, daß die groß­ser­bi­sche Agi­ta­ti­on von Ser­bi­en aus unter den Augen der ser­bi­schen Regie­rung geschürt wer­de, und daß auch das schänd­li­che Atten­tat in Ser­bi­en vor­be­rei­tet wor­den* sei. Ein gro­ßer Staat kön­ne aber auf Dau­er unmög­lich an sei­nen Gren­zen eine Pro­pa­gan­da dul­den,** durch die sei­ne Sicher­heit direkt bedroht wer­de. Soll­ten daher, wie es aller­dings den Anschein habe, durch den Pro­zeß gegen die Urhe­ber des Atten­ta­tes wirk­lich Fäden auf­ge­deckt wer­den, wel­che von Ser­bi­en aus­gin­gen, und soll­te bewie­sen wer­den, daß die ser­bi­sche Regie­rung gegen­über den gegen Öster­reich gerich­te­ten Machen­schaf­ten eine bedau­er­li­che Kon­ni­venz gezeigt habe, so sei die öster­rei­chisch-unga­ri­sche Regie­rung zwei­fel­los berech­tigt, in Bel­grad eine erns­te Spra­che zu füh­ren.*** Ich könn­te mir nicht den­ken, daß in die­sem Fal­le sol­che Vor­stel­lun­gen des Wie­ner Kabi­netts bei der ser­bi­schen Regie­rung dem Wider­spruch irgend­ei­ner Macht begeg­nen könnten.

Der Minis­ter hielt die­sen Aus­füh­run­gen gegen­über auf­recht, daß eine Unter­stüt­zung der groß­ser­bi­schen Pro­pa­gan­da in Öster­reich-Ungarn von Ser­bi­en aus oder gar von der ser­bi­schen Regie­rung kei­nes­wegs erwie­sen sei.**** Man kön­ne für die Taten Ein­zel­ner kein gan­zes Land ver­ant­wort­lich machen. (…) Das Wie­ner Kabi­nett habe nicht den gerings­ten Grund, sich über die Hal­tung der ser­bi­schen Regie­rung zu bekla­gen, die­se beneh­me sich viel­mehr voll­stän­dig***** kor­rekt.

(…)

Herr Saso­now bemerk­te dar­auf, daß die­je­ni­gen, wel­che in Öster­reich einem Vor­ge­hen gegen Ser­bi­en das Wort rede­ten, sich anschei­nend nicht mit Vor­stel­lun­gen in Bel­grad begnü­gen woll­ten, son­dern daß ihr Ziel die Ver­nich­tung Ser­bi­ens sei.****** Ich erwi­der­te, daß ich immer nur von einem Zie­le hät­te reden hören, näm­lich: der „Klä­rung“ des Ver­hält­nis­ses Öster­reich-Ungarns zu Serbien.

Der Minis­ter fuhr erregt fort, auf jeden Fall dür­fe Öster­reich-Ungarn, wenn es durch­aus den Frie­den stö­ren wol­le, nicht ver­ges­sen, daß es in die­sem Fal­le mit Euro­pa zu rech­nen habe.******* Ruß­land wür­de einem Schritt in Bel­grad, der auf eine Ernied­ri­gung Ser­bi­ens abse­he, nicht gleich­gül­tig zuse­hen kön­nen. Ich bemerk­te, ich ver­möch­te in erns­ten Vor­stel­lun­gen, in wel­chen Ser­bi­en an sei­ne völ­ker­recht­li­chen Pflich­ten erin­nert wür­de, noch kei­ne Ernied­ri­gung******** zu erblicken. (…)

[Rand­be­mer­kun­gen des Kaisers:]

* „ja“

** „rich­tig“

*** „ja – gut“

**** „echt Russisch“

***** „Don­ner­wet­ter!“

****** „wäre auch das Beste!“

******* „nein! Ruß­land ja! als den Thä­ter und Ver­tre­ter des Fürstenmordes!“

******** „rich­tig“

 


Ber­lin, den 22. Juli 1914 [im Aus­wär­ti­gen Amt am sel­ben Tag ein­ge­gan­gen] – Der stell­ver­tre­ten­de Chef des Admi­ral­stabs, Kon­ter­ad­mi­ral Behn­cke, an das Aus­wär­ti­ge Amt

Wenn mit der Mög­lich­keit einer unmit­tel­bar bevor­ste­hen­den Kriegs­er­klä­rung Eng­lands gerech­net wer­den muß, so ist vom mili­tä­ri­schen Stand­punkt aus auch mit Sicher­heit mit einem Über­fall unse­rer Flot­te durch die eng­li­sche Flot­te zu rechnen.

Unse­re Flot­te darf bei ihrer gro­ßen nume­ri­schen Unter­le­gen­heit die­ser Mög­lich­keit kei­nes­falls aus­ge­setzt werden.

(…)

 


 

Ber­lin, den 20. Juli 1914 [Tele­gramm, ver­mut­lich am Fol­ge­tag ein­ge­gan­gen] – Der Staats­se­kre­tär des Aus­wär­ti­gen v. Jagow an den Bot­schaf­ter in Wien v. Tschirschky

Der ser­bi­sche Geschäfts­trä­ger such­te mich heu­te auf, um mir zu sagen, die ser­bi­sche Regie­rung wer­de alles tun, um die Bezie­hun­gen zu Öster­reich-Ungarn zu bes­sern und zu befes­ti­gen (…) und den For­de­run­gen der k.u.k. Regie­rung betref­fend Ver­fol­gung der Mit­schul­di­gen am Atten­tat von Sara­je­vo, wenn sol­che fest­ge­stellt wer­den soll­ten, ent­ge­gen­kom­men. Sie wür­de nur sol­che For­de­run­gen, die gegen die Wür­de und Unab­hän­gig­keit des ser­bi­schen Staa­tes gin­gen, nicht erfül­len kön­nen. Die ser­bi­sche Regie­rung bäte uns, in Wien im Sin­ne der Ver­söhn­lich­keit zu wirken.

Ich habe mich dar­auf beschränkt zu erwi­dern, daß ich die Demar­che des Geschäfts­trä­gers in Wien zur Kennt­nis brin­gen wür­de. Im übri­gen habe ich den Geschäfts­trä­ger dar­auf auf­merk­sam gemacht, daß die ser­bi­sche Regie­rung bis­her, trotz der Lang­mut und der ver­söhn­li­chen und fried­li­chen Hal­tung Öster­reich-Ungarns wäh­rend der Bal­kan­kri­se und trotz unse­rer fort­ge­setz­ten dahin­ge­hen­den Rat­schlä­ge, nichts getan habe, um ihr Ver­hält­nis zur benach­bar­ten Mon­ar­chie zu bes­ser, und daß ich es wohl begrei­fen kön­ne, wenn man jetzt dort ener­gi­sche­re Sai­ten aufzöge. (…)

 


 

Ber­lin, den 19. Juli 1914 [Pri­vat­brief, Zugangs­da­tum unbe­kannt] – Der Staats­se­kre­tär des Aus­wär­ti­gen v. Jagow an den Bot­schaf­ter in Lon­don Fürst Lichnowsky

[Ver­trau­li­che Ant­wort auf des­sen Kri­tik an der öster­rei­chi­schen Poli­tik:] (…) ob wir bei dem Bünd­nis mit dem sich immer mehr zer­set­zen­den Staa­ten­ge­bil­de an der Donau ganz auf unse­re Rech­nung kom­men, läßt sich dis­ku­tie­ren, aber ich sage da mit dem Dich­ter – ich glau­be, es war Busch –: „Wenn Dir eine Gesell­schaft nicht mehr paßt, such’ Dir eine ande­re, wenn Du eine hast“. Und zu einem vol­len Erfolg bie­ten­den Ver­hält­nis zu Eng­land sind wir lei­der noch immer nicht gekom­men, konn­ten nach allem, was vor­aus­ge­gan­gen, auch gar nicht dazu kom­men – wenn wir über­haupt je dazu kom­men können.

Öster­reich, wel­ches durch sei­ne man­geln­de Akti­ons­kraft mehr und mehr Ein­bu­ße an sei­nem Anse­hen erlit­ten hat, zählt schon jetzt kaum mehr als voll­wer­ti­ge Großmacht. (…)

Öster­reich will sich die ser­bi­sche Minier­ar­beit nicht mehr gefal­len las­sen, eben­so­we­nig die fort­ge­setzt pro­vo­ka­to­ri­sche Hal­tung des klei­nen Nach­barn in Bel­grad. (…) Wäh­rend der gan­zen Bal­kan­kri­se [1. und 2. Bal­kan­krieg 1912/13; Anm. d. Red.] haben wir mit Erfolg im Sin­ne des Frie­dens ver­mit­telt, ohne Öster­reich dabei in kri­ti­schen Momen­ten zur Pas­si­vi­tät gezwun­gen zu haben. (…) Wir haben auch jetzt Öster­reich nicht zu sei­nem Ent­schluß getrie­ben. Wir kön­nen und dür­fen ihm aber nicht in den Arm fal­len. Wenn wir das täten, könn­te Öster­reich (und wir selbst) uns mit Recht vor­wer­fen, daß wir ihm sei­ne letz­te Mög­lich­keit poli­ti­scher Reha­bi­li­tie­rung ver­kehrt haben. (…) Öster­reichs Erhal­tung, und zwar eines mög­lichst star­ken Öster­reichs, ist für uns aus inne­ren und äuße­ren Grün­den eine Not­wen­dig­keit. Daß es sich nicht ewig wird erhal­ten las­sen, will ich gern zuge­ben. Aber inzwi­schen las­sen sich viel­leicht Kom­bi­na­tio­nen finden.

(…) Eini­ges Gepol­ter in Peters­burg wird zwar nicht aus­blei­ben, aber im Grun­de ist Ruß­land jetzt nicht schlag­fer­tig. (…) In eini­gen Jah­ren wird Ruß­land nach aller kom­pe­ten­ten Annah­me schlag­fer­tig sein. Dann erdrückt es uns durch die Zahl sei­ner Sol­da­ten, dann hat es sei­ne Ost­see­flot­te und sei­ne stra­te­gi­schen Bah­nen gebaut. (…) die Regie­rung in Ruß­land, die heu­te noch fried­lie­bend und halb­wegs deutsch­freund­lich ist, wird immer schwä­cher, die Stim­mung des Sla­wen­tums immer deutsch­feind­li­cher. (…) Ich will kei­nen Prä­ven­tiv­krieg, aber wenn der Kampf sich bie­tet, dür­fen wir nicht kneifen.

Ich hof­fe und glau­be auch heu­te noch, daß der Kon­flikt sich loka­li­sie­ren läßt. Eng­lands Hal­tung wird dabei von gro­ßer Bedeu­tung sein. Ich bin voll­stän­dig über­zeugt, daß die öffent­li­che Mei­nung dort sich nicht für Öster­reichs Vor­ge­hen begeis­tern wird, (…) [aber] von Sym­pa­thie und Anti­pa­thie bis zur Ent­fa­chung eines Welt­bran­des ist doch noch ein wei­ter Weg. (…)

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The­ra­pia, den 19. Juli 1914 [im Aus­wär­ti­gen Amt am 20. Juli ein­ge­gan­gen] – Der Bot­schaf­ter in Kon­stan­ti­no­pel, Wan­gen­heim, an das Aus­wär­ti­ge Amt

[Aus einer Erör­te­rung der Bünd­nis­kon­stel­la­tio­nen auf dem Bal­kan:] Falls die Tür­kei mit Grie­chen­land sich ver­bün­det und Bul­ga­ri­en sich inzwi­schen Öster­reich bzw. dem Drei­bund ange­schlos­sen hat, so könn­te der Fall ein­tre­ten, daß Bul­ga­ri­en gleich­zei­tig mit Öster­reich Ser­bi­en angreift, wobei Grie­chen­land Ser­bi­en Hil­fe brin­gen müß­te, dann wäre der casus foe­de­ris für die Tür­kei gege­ben, die ihrer­seits gegen den Bun­des­ge­nos­sen Bul­ga­ri­ens Öster­reich, also auch gegen uns, mar­schie­ren müß­te. Dazu wür­de sie sich aber nur ent­schlie­ßen, wenn das grie­chisch-tür­ki­sche Bünd­nis vor­her unter den Schutz Ruß­lands bzw. der Tri­ple-Entente gestellt wäre. (…)

 

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