Klonovskys reaktionäre Tage, zugespitzt: »Bitte nach Ihnen«

Als Acta diurna führte der seinerzeitige Consul Iulius Caesar die Frühform...

Nils Wegner

Nils Wegner ist studierter Historiker, lektorierte 2015–2017 bei Antaios, IfS und Sezession und arbeitet als Übersetzer.

der tages­po­li­ti­schen Ereig­nis­an­schlä­ge ein. Micha­el Klo­novs­ky führt die­se Sit­te auf sei­ner Netz­prä­senz fort, indem er neben sei­nen gewohnt bis­si­gen Apho­ris­men unter eben die­ser Über­schrift das Tages­ge­sche­hen poin­tiert kommentiert.

Wer nun aber glaubt, es gin­ge dabei nur ein­mal mehr um Selbst­mit­leid und blind­wü­ti­ges Zer­re­den, wie es so vie­le klei­ne Web­logs und Kom­men­tar­spal­ten zele­brie­ren, der irrt sich gewal­tig: Klo­novs­ky, den die Zeit unfrei­wil­lig als “bös­ar­ti­gen Apho­ris­ti­ker” adel­te, wahrt sei­ne abge­klär­te Distanz und weist den­noch höh­nisch auf all die Schwä­chen und Irr­sin­nig­kei­ten unse­res tages­po­li­ti­schen Trau­er­spiels hin. Mit Bit­te nach Ihnen. Reak­tio­nä­res vom Tage: Acta diur­na 2012–2014 ist nach der Bon­mot­samm­lung Apho­ris­men und Ähn­li­ches nun eine Aus­wahl sei­ner Betrach­tun­gen lieferbar.

Wäh­rend Klo­novs­kys Aper­çus sich – der lite­ra­ri­schen Gat­tung gemäß – stets auf Grund­sätz­li­ches rich­ten, das in Form kon­kre­ter Bei­spie­le behan­delt (und in der Regel demon­tiert) wird, ver­hält es sich bei sei­nen tages­ak­tu­el­len Gedan­ken anders. Hier wer­den sprach­li­che, rhe­to­ri­sche und aller­lei ande­re Zumu­tun­gen, mit denen der poli­tisch-media­le Kom­plex der Bun­des­re­pu­blik sein Kon­su­men­ten­volk über­schüt­tet, auf­ge­spießt. In ihrer Gesamt­heit bil­den die Sen­ten­zen so das Mosa­ik unse­rer selt­sa­men Gesell­schaft in ihrer selt­sa­men Zeit ab, so wie eben auch his­to­ri­sche Selbst­zeug­nis­se für eine men­ta­li­täts­ge­schicht­li­che Unter­su­chung weit­aus inter­es­san­ter sind als nüch­ter­ne Sachverhaltsdarstellungen.

Ange­sichts des Aus­wurfs von Print­me­di­en, Rund­funk und Fern­se­hen die­ser Tage feh­len oft die Wor­te, um die kogni­ti­ve Dis­so­nanz zwi­schen eige­ner Wahr­neh­mung und mei­nungs­bild­ne­ri­schem Tages­pro­gramm auf den Punkt zu brin­gen. Ein Stu­di­um der Ein­las­sun­gen Micha­el Klo­novs­kys ver­mag hier, Abhil­fe zu schaf­fen und das Arse­nal der Stand­punk­te gehö­rig auf­zu­mu­ni­tio­nie­ren. Gera­de auch, weil der Autor zur Zeit auf­grund ander­wei­ti­ger Vor­ha­ben eine ver­hält­nis­mä­ßi­ge Pau­se bei den digi­ta­len Tages­be­trach­tun­gen ein­legt, lohnt sich Bit­te nach Ihnen – sowohl für Ken­ner von Mensch und Werk (“auf solch geschlif­fe­ne Art erz­re­ak­tio­när”, wie­der­um Zeit) als auch für vom all­ge­gen­wär­ti­gen Phra­sen­brei ange­wi­der­te Interessierte.

Micha­el Klo­novs­ky: Bit­te nach Ihnen. Reak­tio­nä­res vom Tage: Acta diur­na 2012–2014. Wal­trop: Edi­ti­on Son­der­we­ge bei Manu­scrip­tum, 472 S., 22,80 €. Hier bestel­len!
ders.: Apho­ris­men und Ähn­li­ches. Wien: Karo­lin­ger, 125 S., 18,90 €. Hier bestel­len!

Nils Wegner

Nils Wegner ist studierter Historiker, lektorierte 2015–2017 bei Antaios, IfS und Sezession und arbeitet als Übersetzer.

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