Godenholm reloaded

Es ist ein kleines Ritual: Einmal im Jahr, meist zur Zeit der Rauhnächte, lese ich, in harzig-würzige Räucherschwaden gehüllt, „Besuch auf Godenholm“ – jene kurze, 1952 erschienene Schrift Ernst Jüngers, in der er schildert, wie zwei grundverschiedene konservative Charaktere die Reise zu den Urgründen ihres Selbst und des Universums antreten.

Lutz Meyer

Lutz Meyer kommt aus der linksanarchistischen Szene, seine Themen findet er auf der Straße.

Der eine, Molt­ner, ist der durch Wis­sen­schaft und Tech­nik gepräg­te intel­lek­tu­el­le Typus – ein Zyni­ker und Zweif­ler, dem die Welt grau gewor­den ist. Der ande­re, Einar, ist auch ein Wis­sen­schaft­ler, aber einer, der die Boden­haf­tung nicht ver­lo­ren hat. Als wei­te­re zen­tra­le Figu­ren tre­ten der scha­ma­nisch agie­ren­de Magi­er Schwar­zen­berg (aus ande­ren Wer­ken Jün­gers auch als Nig­ro­mon­tan bekannt), Gas­par, ein als Fak­to­tum beschäf­tig­ter und mit allen Was­sern gewa­sche­ner ehe­ma­li­ger Frem­den­le­gio­när, die Wirt­schaf­te­rin Erd­mu­the (unschwer als Erd­mut­ter zu deu­ten) und Ulma, eine Toch­ter des Lan­des, auf. Die Erzäh­lung schil­dert, wie Einar, Ulma und Molt­ner sich in den Sit­zun­gen mit Schwar­zen­berg zu den Wur­zeln des Lebens zurück­be­ge­ben und mit neu­er Kraft ver­se­hen in das zurück­keh­ren, was man etwas pro­sa­isch als All­tag bezeich­nen könn­te. Dass bei die­sen Geist­rei­sen Dro­gen eine nicht unwe­sent­li­che Rol­le spie­len, ist nicht allein den pri­va­ten Lei­den­schaf­ten Ernst Jün­gers geschul­det (erin­nert sei an sein gro­ßes Werk „Annä­he­run­gen – Dro­gen und Rausch“), son­dern ver­weist auf die Tat­sa­che, dass in fast allen gro­ßen reli­giö­sen Begeg­nun­gen Rausch­zu­stän­de eine bedeu­ten­de Rol­le spiel­ten (das dem Rausch abhol­de spä­te Chris­ten­tum aus­ge­nom­men). Ort der Hand­lung ist eine Insel hoch im Nor­den – die­se Insel Goden­holm ist das, was heut­zu­ta­ge gern als „Kraft­ort“ bezeich­net wird.

Man spürt: Dies ist nicht ein­fach irgend­ei­ne Geschich­te. Es geht dar­um, nach den gro­ßen Kata­stro­phen zu den Quel­len, den Urgrün­den, den Wur­zeln zurück­zu­fin­den. Es ist ein Pro­zess der Selbst­fin­dung, der Selbst­ver­ge­wis­se­rung und Selbst­ver­or­tung. Und genau das wäre auch heu­te ein wich­ti­ges Anlie­gen – nicht weni­ger wich­tig als poli­ti­sche Aktio­nen, viel­leicht sogar noch wich­ti­ger, eben weil es an die Wur­zeln geht. Dar­in liegt – radix! – die eigent­li­che Radi­ka­li­tät und die ent­schie­de­ne Sezession.

Ein Ein­wand hier wird lau­ten: „Für so was haben wir kei­ne Zeit, wir befin­den uns im Aus­nah­me­zu­stand. Wir müs­sen han­deln, müs­sen uns weh­ren, müs­sen etwas tun!“ Was aber, wenn alles Han­deln und Tun blind und im Wesent­li­chen fol­gen­los wäre, wenn alle gut­ge­mein­te Akti­on sich im Aktio­nis­mus erschöpf­te, eben weil die Rei­se zu den Wur­zeln unterblieb? 

Denn sieht es nicht so aus: Wir kon­ser­va­ti­ven oder rech­ten Wider­stän­di­gen der west­li­chen Welt ste­hen nicht nur in der Wahl ihrer Mit­tel skru­pel­lo­sen, büro­kra­tisch gestütz­ten und tech­no­lo­gisch hoch­ge­rüs­te­ten Macht­ha­bern gegen­über, son­dern auch einem durch reli­gi­ös ver­wur­zel­te Todes­ver­ach­tung gepräg­ten Ter­ro­ris­ten­ty­pus vom Schla­ge der alten Ass­as­si­nen. Die­se haben ihren „Alten vom Ber­ge“, jenen in Brüs­sel und Ber­lin ihren Moloch (im ursprüng­li­chen Wort­sinn). Was haben wir dem ent­ge­gen­zu­set­zen? Der eine oder ande­re hier ist christ­lich-jüdisch oder auf ande­re Art tra­di­tio­na­lis­tisch geprägt, wie­der ande­re suchen die Rück­bin­dung an die Wanen und Asen, ein wei­te­rer rech­ter Typus ist tech­no­kra­tisch-nihi­lis­tisch allein an Macht­fra­gen inter­es­siert – ohne eini­gen­des geis­ti­ges Band, erst recht ohne im Leben ver­or­te­ten Bund. Also jeder für sich, Gott für uns alle?

Eine der für mich zen­tra­len Stel­len in Jün­gers „Goden­holm“ ist die Visi­on, die Einar hat, wäh­rend drau­ßen die wil­de Jagd vorüberzieht:

„Das Ech­te lag für ihn im Anfang, in grau­en Ver­gan­gen­hei­ten (…) Das Schick­sal des Rei­ches hat­te ihn in der Tie­fe  getrof­fen – wie vie­le der Jun­gen hielt er den Unter­gang für schon ver­kün­det; ein kur­zer Auf­schub trenn­te noch vom Voll­zug. Die Nie­der­la­ge emp­fand er als eine Wun­de, die sich nicht schlie­ßen will. (…) Er trau­er­te wie ein Krie­ger, des­sen Stamm ver­nich­tet wor­den ist, und des­sen Grä­ber der Feind beschmutzt. Erst hier, im phan­tas­ma­go­rischen Lan­de, hat­te er sich erholt. (…) Die Hei­mat des Lebens ahn­te er in den grö­ße­ren Krei­sen, und daher fühl­te er den Anhauch des Todes nicht gegen die Per­son gerich­tet (…). Nun hat­te Ulma ihn an der Hand gefasst Sie führ­te ihn einen Berg hin­an. Er sah die Ster­ne, die über der fla­chen Kup­pe leuch­te­ten. (…) Bald stan­den sie auf dem Gip­fel, der einem Helm­dach glich. (…) Der Hügel war jetzt deut­lich, ja glänz­te aus dem Inne­ren her­auf. (…) Einar erkann­te, daß er auf einem der gro­ßen Grä­ber stand (…). Er kann­te die­se gro­ßen Ring­wäl­le. Das Volk schrieb sie den Hünen zu. Sie muß­ten sowohl als Hei­lig­tü­mer und Ahnen­grä­ber wie als Volks­bur­gen errich­tet wor­den sein, längst vor der bekann­ten Zeit. Immer noch woben Sagen von Schät­zen, von Toten und alten Heer­fürs­ten um ihren Ort. Doch waren namen­los gewor­den, deren Waf­fen aus Bron­ce, deren Schmuck aus Gold und Bern­stein man in der Tie­fe fand. Sie stie­gen den Wall­gra­ben hin­un­ter, der sich noch immer, wie in der Vor­zeit, scharf aus der Feld­mark abzeich­ne­te. Der Grund war dun­kel; hier fühl­te Einar sich berührt.“

 

Ich ken­ne die­ses Gefühl genau, das sich ein­stel­len kann, wenn man etwa ein selbst gefun­de­nes Flint- oder Bron­ze­beil in Hän­den hält – die Gegen­wart ist plötz­lich sehr fern, das sehr Alte hin­ge­gen sehr nah. Es ist ein gutes Gefühl, das einem Kraft gibt. Es muss auch nicht immer das ganz Alte sein. An Nebel­ta­gen oder wenn es stürmt, hal­te ich mich gern in einer nahe gele­ge­nen Flieh­burg aus dem 5. nach­christ­li­chen Jahr­hun­dert auf. Es han­delt sich um eine der größ­ten ihrer Art im nord­west­deut­schen Raum. Meh­re­re Wäl­le umge­ben den eigent­li­chen kreis­run­den inne­ren Burg­wall. Die Erd­wäl­le sind zwar durch die Jahr­hun­der­te wäh­ren­de Ero­si­on abge­tra­gen,  an man­chen Stel­len jedoch immer noch ihre gut sechs Meter hoch. Vor­ma­lig waren sie durch Pali­sa­den gekrönt. In der Mit­te des inne­ren Walls soll ein Turm gestan­den haben, des­sen Stei­ne in spä­te­ren Zei­ten für den Bau der nahen Dorf­kir­che genutzt wur­den (auch ein Zei­chen von Deka­denz, oder?). 

Ich schät­ze die Ein­sam­keit die­ses Ortes und ver­set­ze mich dann gern geis­tig in jene Zei­ten der ele­men­ta­ren Unsi­cher­heit zurück. Sol­che Flieh­bur­gen waren nicht dau­er­haft bewohnt, son­dern wur­den von den Bewoh­nern der im Umkreis von viel­leicht 10 Kilo­me­tern lie­gen­den Höfe genutzt, wenn maro­die­ren­de, brand­schat­zen­de und plün­dern­de frem­de Hor­den das Land unsi­cher mach­ten. Die äuße­ren ein­ge­frie­de­ten Bezir­ke der Wall­burg nah­men das Vieh auf, die inne­re Burg die Men­schen. Am Ran­de des Walls ent­springt ein klei­ner Bach. Fast über­kommt mich ein wenig Neid, wenn ich an jene gewis­se nicht unge­fähr­li­chen und ent­beh­rungs­rei­chen Zei­ten ohne war­me Dusche und Zen­tral­hei­zung den­ke, in denen aber ein ein­fa­cher Erd­wall Sicher­heit geben konn­te – moch­te der Feind auch im Land ste­hen, die Burg blieb eine letz­te Sicher­heit. Doch auch die Höfe selbst waren durch­aus wehr­haft. Ich mei­ne, es war Her­mann Löns, der das undurch­dring­li­che Sys­tem aus Schleh­dorn und ande­rem Strauch­werk beschrieb, das ein­sa­me west­fä­li­sche und nie­der­säch­si­sche Gehöf­te umgab und zu klei­nen Fes­tun­gen mach­te. Da kann kein alarm­an­la­gen­ge­si­cher­tes Eigen­heim mithalten.

Die Kern­fra­ge heu­te lau­tet eigent­lich: Was sind unse­re Bur­gen, wo sind unse­re Mau­ern, unse­re Dor­nen­he­cken? An Gren­zen oder Bau­wer­ke brau­chen wir gar nicht erst zu den­ken – jeder Mensch, gleich wo er sich auf­hält, kann heu­te jeder­zeit getö­tet wer­den. Der heu­te mög­lich gewor­de­ne töd­li­che Zugriff aus der Fer­ne macht jede klas­si­sche Form der Abwehr sinn­los. Unse­re Bur­gen wer­den wohl eher geis­ti­ger Natur sein müs­sen, ein wenig wie Luthers „Ein fes­te Burg ist unser Gott“. Aber viel­leicht doch ganz anders.

Lutz Meyer

Lutz Meyer kommt aus der linksanarchistischen Szene, seine Themen findet er auf der Straße.

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Kommentare (39)

Rheinländer

10. Dezember 2015 10:53

Neben "Vertrauen: Verlust und Gewinn" m.E. der derzeit beste Beitrag von Lutz Meyer auf SiN.

Die "Reise zu den Wurzeln" halte ich sogar für wichtiger als das rein faktische Aufklären unserer Mitbürger über die derzeitig katastrophalen Mißstände.

Denn ohne eine innere Resonanz zum Eigenen verpuffen solche Aufweckversuche früher oder später.

Ich sehe hier sogar eine wechselseitige Dynamik vonnöten, vergleichbar mit kommunizierenden Röhren:

Je mehr Fremde ins Land gelassen werden, je häufiger Politiker Forderungen gegen das Eigene und zu Gunsten des Fremden aufstellen - desto mehr müssen wir uns auf diese Wurzelarbeit einlassen.

Ich stelle mir das so vor, daß wir damit - metaphorisch gesprochen - Kraftinseln aufbauen, die alleine durch das Vorhandensein wirken.

Dies mag für Manchen esoterisch anmuten, aber wer einmal Menschen begegnet ist, die tief von einer Sache überzeugt waren, dies lebten und ausstrahlten - wird nicht leugnen können, welch anziehende Wirkung das hat.

Ich werde die kommenden Rauhnächte jedenfalls für ausgedehnte Wanderungen im Siebengebirge nutzen und diesen Fragen in Ruhe nachspüren.

Andreas Törner

10. Dezember 2015 11:45

Danke für diesen Artikel, der beiläufig kurz und knapp klar macht, vor welchen Problemen wir eigentlich stehen - sowie vor allem große Lust, das Bändchen auch wieder mal aus dem Regal zu ziehen!

"Der Plan, die Lage in kleinen Gruppen zu erwägen und in Versuchen ihre Grenzen anzutasten, war nicht so unsinnig. Das war nichts Neues, sondern immer während der großen Wenden der Fall gewesen - in Wüsten, Klöstern, in Einsiedeleien, in stoischen und gnostischen Gemeinden, um Philosophen, Proheten und Wissende herum. Immer gab es ja ein Bewußtsein, eine Einsicht, die dem historischen Zwang überlegen war. Sie konnte anfangs nur in ganz Wenigen gedeihen, und doch war hier die Marke, von der aus dann das Pendel in neuer Richtung schwang. Dem mußte der geistige Akt, der darin lag, das Pendel anzuhalten, vorausgegangen sein." (Godenholm, S. 15f)

"Um Inseln zu finden, mußte man Insel sein." (Godenholm, S. 100)

Ein Fremder aus Elea

10. Dezember 2015 12:40

Ich besitze Besuch auf Godenholm nur auf Französisch (Visite à Godenholm) und bin deswegen immernoch nicht durch, stecke immernoch bei der Ankunft und den zum Trocknen aufgehängten Fischernetzen fest, ist auch länger her, daß ich mich mit einem Wörterbuch bewaffnet durchgequält habe, aber das Büchlein liegt hier vor mir und ich habe mich gestern auch kongenialerweise mit dem Ganz Alten beschäftigt, genauer gesagt mit der evolutionären Verzweigung in Synapsiden und Sauropsiden, und auch dabei geht es um Schutz und dergleichen, siehe
https://bereitschaftsfront.blogspot.com/2015/12/entwicklungsprinzipien-am-beispiel-der.html
[Synapsiden und Sauropsiden],
nur gehen meine Gedanken bei aller Ähnlichkeit des Sujets andere Wege, einen Bezug zu Ihrem Kommentar, Herr Meyer, gibt es indes nicht, auch wenn ich meinen Beitrag erst heute veröffentlicht habe.

Nunja, vielleicht ist es die Jahreszeit.

Westpreuße

10. Dezember 2015 13:08

Herr Meyer,
feine Arbeit! Insbesondere auch der "Blick zurück" zu unseren Kraftquellen..."eintauchen" in diese...
Da gibt es sicherlich noch einiges zu sagen und zu fragen...
Ergänzend erst einmal das große SPIEGEL - Gespräch 33/1982:

Ein Bruderschaftstrinken mit dem Tod
Der 87jährige Schriftsteller Ernst Jünger über Geschichte, Politik
und die Bundesrepublik
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14347117.html
: Grüße aus Thorn an der Weichsel

Der_Jürgen

10. Dezember 2015 14:04

Obwohl Jünger-Verehrer, muss ich gestehen, dass ich "Godenholm" nicht kenne. Werde es aber im Januar mit allergrösstem Interesse lesen.

Dieser Beitrag von Lutz Meyer ist, wie
@Rheinländer
richtig festhält, sein bisher bester auf diesem Blog. Ich debattiere mit Freunden und Bekannten, die ebenfalls gegen die Einwanderungskatastrophe sind, immer wieder über die Frage, im Namen welcher Werte wir Umvolkung und Islamisierung eigentlich stoppen wollen.

Im Namen von "Demokratie und Grundgesetz", wie z. B. Michael Stürzenberger schreibt? Daraus wird nichts; kaum einer wird für eine Scheindemokratie wie die bundesrepublikanische oder für ein Grundgesetz sterben wollen, das dem Bürger alle möglichen Freiheiten verspricht, in der Praxis jedoch täglich mit Füssen getreten wird.

Im Namen des Rechts auf Abtreibung, des Rechts schwuler Paare auf Adoption von Kindern, des Rechts auf Propagierung von Gender Mainstreaming? Ich zweifle stark daran, ob die Leute von der Grünen Jugend für diese Ideale wirklich in den Krieg ziehen und notfalls ins Gras beissen würden. Die werden sich, wenn sie merken, dass es ihnen in einem islamisierten Deutschland als ersten an den Kragen gehen wird, absetzen, so lange es noch geht.

Mein italienischer Freund Roberto Fiore sagte mir vor einiger Zeit, seinen Ermittlungen zufolge würden sich in Europa ohne weiteres auf Anhieb einige zehntausend Menschen finden, die bereit wären, für ein traditionelles, christliches Europa zu kämpfen und nötigenfalls zu sterben. Wenn sich auch unter den Heiden Freiwillige finden, werden diese christlichen Krieger sicherlich gerne mit denen zusammenspannen. Das Verbindende wird hundertmal stärker als das Trennende sein.

Hesperiolus

10. Dezember 2015 14:21

Ein anderer Rausch in den erzählenden Schriften Jüngers ist die heliopolitanische "Lorbeernacht", auch dort mit theologischen Implikationen. Danach entscheidet sich der "reduzierte" Lucius gegen das zackig handgeschriebene Angebot des Dr. Bekett, selbstverständlich, und gegen die Einladung der mauretanischen Machttechniker, für Pater Foelix und den "Geist der Abfahrt" in jene ätherischen Räume, deren Wahrheit sich "im Unteilbaren verbirgt". Aber das nur nebenbei, ohne die Lage unangemessen zu literarisieren.

Aristoteles.

10. Dezember 2015 14:39

" „Um Inseln zu finden, mußte man Insel sein.“ "

Dazu passend:

https://ahnenreihe.wordpress.com/2015/12/04/bildet-banden/

Wer noch eine Einzelbande ist
und an Gott als Zentrum der Kraft glaubt,
läuft zu Hause vielleicht alleine
während seines Einzelgottesdienstes und Gebets
um seine Heilige Lanze herum:

https://de.wikipedia.org/wiki/Tiwaz

Oder im Garten um seinen Weltenbaum:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ihwa

Das muss gar nicht gegen "Ein feste Burg ist unser Gott"
als Bestandteil der Liturgie sprechen.
Und mit etwas Mut lässt sich vielleicht sogar noch der Herr Zebaoth
der zweiten Strophe integrieren ...

Jan

10. Dezember 2015 15:22

Da war doch vorher ein ganz anderer Beitrag über rechte Perspektivlosigkeit, mit Poussin-Bild, oder spinne ich jetzt schon ? Hatte den angefangen, wollte weiterlesen und dann diesen hier über, naja, nennen wir es Metaphysik. Auch interessant sicherlich, aber wo ist der politische Beitrag ?

Meyer: Poussin? Anderer Beitrag? Von mir? Eine Geisterscheinung? Es wird ja langsam unheimlich...

Der_Jürgen

10. Dezember 2015 15:24

@Hesperiolus

Eine kleine Berichtigung: Der nette Herr mit den rötlichen Haaren, der so gerne Schädel sammelte und die Abteilung für Fremdvölker leitete, hiess Dr. Becker, nicht Dr. Bekett. - Eine "Literarisierung der Lage" ist übrigens durchaus nicht unangemessen, wie Sie befürchten. Das "Heerlager der Heiligen" rüttelt vielleicht manch einen stärker auf als der 100.000 Artikel auf PI über die Ausschreitungen der Kulturbereicherer.

Hesperiolus

10. Dezember 2015 16:01

@ Der_Jürgen

Habe den Vorbehalt des "Unangemessenen" ausschließlich auf meinen Kommentar bezogen.
Ob Becker oder anders sei den Jünger-Philologen überlassen.

Jan

10. Dezember 2015 16:05

@Lutz Meyer

Ja, heute morgen stand hier kurzzeitig ein Beitrag von Ihnen mit Poussin-Landschaft, sinngemäß darüber, wie Linke immer durch eine optimistische Vision angetrieben und Rechte nur reagieren würden. Hätte das gerne zu Ende gelesen. Ich bin doch jetzt nicht tatsächlich von einem verfrühten Rauhnächte-Spuk heimgesucht worden !?

Meyer: Kann man nie wissen... Schicken Sie doch mal Hugin und Munin auf Erkundungsflug hinaus ;-)

Arminius Arndt

10. Dezember 2015 16:13

Ein kleiner Hinweis, wo man die besprochene Schrift von E.J. käuflich erwerben kann, hätte nicht fehlen sollen - ich habe es mal so raus gesucht, dass G.K. sich hoffentlich freuen wird

https://antaios.de/grossist/15607/erzaehlungen

Falls der link nicht funktioniert:

ISBN 9783608963182

über Antaios suchen (Band 18 der sämtlichen Werke, Taschenbuchausgabe).

Ansonsten gibt es das Werk einzeln nur noch antiquarisch zu meist höheren Preisen oder eben enthalten in älteren Werkausgaben (gebunden derzeit nach meiner Kenntnis nur antiquarisch).

niekisch

10. Dezember 2015 17:34

"Was aber, wenn alles Handeln und Tun blind und im Wesentlichen folgenlos wäre, wenn alle gutgemeinte Aktion sich im Aktionismus erschöpfte, eben weil die Reise zu den Wurzeln unterblieb?"

Da bin ich jetzt ziemlich ratlos, wie das Nachfolgende einzuordnen ist:

https://diskuswerfer.wordpress.com/2015/12/10/shitstorm-bitte-iii/

Hartwig

10. Dezember 2015 17:47

Lutz Meyers Artikel enthält eine Textpassage, über die Fliehburg, die ich wortgleich (wenn es denn erlaubt ist, natürlich die Autorenschaft nennend) innerhalb eines Briefes an einen Freund verwenden werde.
Einen Freund? Nicht ganz. Die Bande ward nicht zerrissen, aber ein Abstand wurde nötig. Seine Sicht auf die Dinge war nicht mehr verzeihlich, die nicht nachlassen wollende Infantilität noch weniger.
Jetzt aber klopft er an. Innerlich zerrissen. Fast verstört.
Einen Wurf hat er noch frei.

Sellners Beobachtungen bestätigen sich hier. Und Dank an L.Meyer.

Jan

10. Dezember 2015 18:28

@Lutz Meyer

Dann muß es wohl so sein. Ja, Odins treue Raben... Obwohl meine metaphysische Kraftquelle eher das christliche Abendland als das Pagane ist, so ist es doch schade, daß in germanisch geprägten Ländern die Mythologie nicht so präsent ist wie in keltischen. Ob die geringe Größe und jahrhundertelange identitäre Bedrängtheit der Letzteren da eine Rolle spielt ? Hier denkt man bei Odin und co. jedenfalls an bierselige Rechtsrock-Grölmusik.

Karl Blomquist

10. Dezember 2015 20:05

Zurück zur Einfachheit?
Wo ein einfacher Erdwall Sicherheit geben konnte – mochte der Feind auch im Land stehen, die Burg blieb eine letzte Sicherheit.

Das war zu Zeiten der letzten Völkerwanderung, im 5. Jahrhundert. Heute, 1600 Jahre später erleben wir wieder eine Völkerwanderung, und der Feind steht bereits länger im Land, bewaffnet mit Atomraketen. Aber selbst wenn er die nicht dabei hätte, so würde es genügen, mit Panzerfaust oder Artillerie auf ein Atomkraftwerk zu feuern, und alles ist verwüstet. Extreme Verwundbarkeit.
Die Technik hat einen Stand erreicht, wo der Schuh zu drücken beginnt, und das sagte Ernst Jünger bereits vor Jahrzehnten!

"Unsere Burgen werden wohl eher geistiger Natur sein müssen":
geistige Abwehrbereitschaft ist natürlich notwendig, aber sie muss auch in die Praxis umgesetzt werden, sonst bleibt sie ziemlich wirkungslos.

Die größte Gefahr derzeit ist m.E. nicht die mohammedanisch-afrikanische Invasion, sondern der drohende Krieg gegen Russland, welches von Vasallen der VSA solange provoziert werden soll, bis die VSA einen Vorwand zum großen Krieg haben.
Gegen die Invasion kann man einfach die Arbeits-Leistung herunterfahren, bis für Besatzer und Invasoren nichts mehr übrig ist, und sie zu toben beginnen, dann kann man sie hinauswerfen, oder selbst wieder abziehen.

Aber gegen den großen Krieg der VSA?
Was tun?
Evakuierung, vorübergehend? Um wenigstens die Substanz des Volkes zu bewahren, wenn das Land schon zerstört werden soll?
Oder Teil-Evakuierung? Erwerb eines Hauses oder eines Stück Landes weit weg?

Zurück zur Einfachheit?

Mir fällt da z.B. Bolivien ein, der erste Nationalstaat in Südamerika seit 500 Jahren. Arm, aber für die VSA unknackbar. Regimeaustausch nicht oder nur äußerst schwer möglich. Anders als in Staaten mit kolonialen Strukturen wie Argentinien und Venezuela, wo den VSA gerade zwei Regimewechsel gelungen sind, oder in Brasilien, wo der Regimewechselversuch 2014 zwar abgewehrt wurde, die VSA es aber weiter versuchen.
Kein Wunder, dass sie den Nationalstaat überall zerstören wollen.

Der Gutmensch

10. Dezember 2015 20:58

Ein sehr versöhnlicher Text in einer ziemlich unversöhnlichen Zeit, lieber Kolkrabe, Dankeschön.

Wie man die Sache auch dreht und wendet - am Ende kann meine Generation eine moralische carte blanche in der Hand halten. Wer darüber spottet, braucht sich über politische Keulen nicht mehr zu beklagen und macht sich vielleicht einen einseitigen Begriff davon, worum es in den letzten hundert Jahren ging. Wer meint, wir hätten immer noch zuviel zu verlieren, soll eben jetzt in eine Partei eintreten, um diese Pfründe zu sichern. Alle anderen überlegen, wofür und von wem sie sich gerade jetzt hinterm Ofen hervor locken lassen sollten.

Der Gutmensch.

Eckesachs

10. Dezember 2015 21:21

Herr Meyer,
darf ich Sie fragen, wo diese Wallanlage steht?

Ein Buch möchte ich Ihnen empfehlen:

,,Die Befestigungsweisen der Vorzeit und des Mittelalters"

August von Cohausen

https://www.buch.de/shop/home/artikeldetails/die_befestigungsweisen_der_vorzeit_und_des_mittelalters/august_von_cohausen/ISBN3-88189-478-0/ID3962795.html

Meyer: Sie dürfen fragen, werter Eckesachs. Sie finden die Anlage auf 7°19'55" östl. Länge. Die Breite herauszufinden überlasse ich Ihrem Spürsinn :-) Danke für den Hinweis auf Cohausen!

Werner H.

11. Dezember 2015 02:14

7°19′55″ östl. Länge

Das müsste die Alte Burg (Oldenborg) zwischen Laer und Altenburg sein!? Ein Foto davon:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/65/Oldenborg_-_Rundling.jpg

Von Sachsen etwa gleichzeitig mit Wessex, Sussex und Essex errichtet. Der innere Wall ist aber rund und nicht fünfeckig.

Nicht wirklich ein Zeichen von Dekadenz, wenn die Steine des Turms nach der Eroberung durch Karl den Großen und ggf. Abebben der Wikingerplage für einen Kirchenbau verwendet wurden.

Eveline

11. Dezember 2015 06:17

Von Russophilus ; Aus 445 Verbrechen The Vineyard Saker

........

Ich sprach oft vom Schwert der Wahrheit. Es hat aber einen Grund, dass ausgerechnet Russland die Aufgabe übernahm, die es heute erledigt. Und es hat einen Grund, dass es ausgerechnet das Schwert der Wahrheit einsetzt. Auch im Inneren übrigens.
Der Grund ist auch, dass es in Russland uraltes Wissen gibt, Wissen über die Macht und Wichtigkeit von Wahrheit und Wissen auch über die Brut der Lüge. Ein Putin, ein Shoigu, ein Iwanow, ein Patruschew fahren nicht rein zufällig zur Entspannung in einfache russische Blockhütten, irgendwo in den Tiefen des Landes und sie kommen auch nicht zufällig zum Ladogasee. Ein Putin wird nicht zufällig mit einem zufriedenen Leopardenjungen (das 1 Min. vorher noch die journalisten fast anfiel) auf dem Schoß gesehen, er bringt nicht zufällig Kranichjunge auf den richtigen Weg nach Süden, er reitet nicht zufällig mit nacktem Oberkörper durch die Taiga.

Wir können damit nichts anfangen, weil wir soviel vergessen haben (und weggenommen bekamen) und belächeln es. In Russland aber wird es von sehr vielen verstanden. Und selbst bei vielen von jenen verwestlichten Russen, die es nicht mehr verstehen, spricht es oft noch etwas tief verwurzeltes an und bringt es zum Klingen.

All das sagt eines, immer wieder eines: Mensch und Wahrheit und uralte Gesetzmäßigkeiten der Kraft und seelischen Gesundheit. Wobei mit Mensch das gemeint ist, was Menschen einmal waren und was sie wieder werden könnten. Jedenfalls die noch nicht komplett von den ewigen Lügnern verseuchten.

Diese wiederum, die ewigen Lügner, die ewitschi, sind nicht einfach auf Land und Reichtum aus. Auch, aber das ist nicht das Entscheidende und auch ein Lügenschleier. Sie sind auf die Menschen aus, darauf, dass Urwissen und menschliche Kraft entkernt, torpediert, zersetzt und letztlich in Vergessenheit geraten sollen........

Auch Putin sucht die Entspannung und die Ruhe in der Einsamkeit der Natur.
Lügner vertragen die Stille und die Ruhe nicht.

firenzass

11. Dezember 2015 07:48

"Dass bei diesen Geistreisen Drogen eine nicht unwesentliche Rolle spielen, ist nicht allein den privaten Leidenschaften Ernst Jüngers geschuldet (erinnert sei an sein großes Werk „Annäherungen – Drogen und Rausch“), ..."
Eigentlich wollte ich an dieser Stelle die Lektuere bereits unterbrechen, von welcher Leidenschaft soll denn hier die Rede sein?
In "Annaeherungen" bespricht E. Juenger unnter anderem den Rausch als EINE moegliche Form, appunto, der Annaeherung und reflektiert dabei auch eigene Erfahrungen, die ihm aber eher zufaellig zuteil werden, auch als Apothekerssohn. Der einzige vorsaetzlich herbeigefuehrte Rausch bleibt der fatal verlaufende Selbstversuch mit Kokain in einer hannoverschen Studentenbude, der nicht nach Wiederholung verlangt.
Juengers Erfahrungen zum Thema bleiben als isolierte Begegnungen mit der Droge eben einmalige Erfahrungen, die alle auf die fruehe Jugend beschraenkt sind. Jahrzehnte spaeter, nach WK II, bekommt Juenger ob einer harnaeckigen Bronchitis waehrend eines Spanienaufenthaltes dort unten einen Hustensaft mit einem Anteil Kodein "fuer Pferde" verabreicht.
Das Kodein versetzt ihn "in Laune" und so setzt bei Juenger der Blick zurueck ein, usw.
Die Erkenntnis, dass Juenger aus den ihm zuteil gewordenen Erlebnissen mehr herausholt als ein Junkie vom Fix-Punkt hinterm Amtsgericht Hannover ist banal.//( frei nach)Charles Baudelaire ueber Haschisch, "Waere ich Schlachter haette ich wahrscheinlich Herden von Schlachtvieh gesehen"// Juenger hat nichts hinterlassen, das Rueckschluesse auf irgendeine Leidenschaft zuliesse. Wenn Juenger , neben den "Annaeherungen" und gleichsam mit ein/zwei Nebensaetzen, auch in das "Abenteuerliche Herz" und "Subtile Jagden" ganz kurz beim Thema innehaelt, zeigt mir das nur, dass er den Verweis auf diese persoenlichen Wegmarken nicht mehr richtig unterzubringen bereit war und als ausschmueckendes Beiwerk verwendete.
Die von Ihnen, Herr Meyer, hier postulierte Leidenschaft des Juenger fuer Drogen hat es nie gegeben und bleibt eine in den Raum gestellte Behauptung, an der Sie sich dann abarbeiten moechten, weil Ihnn das gerade mal so in den Kram passt: soll man das jetzt intellektuell unredlich nennen?
Noch schlimmer wird's, wenn man Ihnen unterstellte, dass Sie hier ein Klischee bemuehen,
da waere es dann nur noch ein kleiner Schritt bis zu gewissen gruenen Gesellen, die Henry David Thoreaux fuer sich als Vordenker reklamieren, weil der der Vater des Begriffes, "Ziviler Ungehorsam" waere, und fuer sich vereinnahmen, nur weil der mal was "mit Wald
gemacht" hat, "Walden", und so.

Meyer: Gut, das ist vielleicht etwas salopp formuliert. Ich bin langjähriger und durchaus "leidenschaftlicher" Jünger-Intensiv-Leser und war selbst einschlägigen Experimenten gegenüber nie ganz abgeneigt. Niemals fiele es mir ein, mich selbst oder gar Ernst Jünger auch nur in die Nähe eines Junkies zu rücken. Allerdings wäre es nicht korrekt, die große Bedeutung der Rausch- und Drogenerfahrungen im Werk und Leben Jüngers ausblenden zu wollen - DAS wäre unredlich (nach der Veröffentlichung der "Annäherungen" rückten die biederen, sich als "konservativ" bezeichnenden Saubermänner peinlich berührt von ihm ab, die ihn bis dahin immer gern als einen der Ihren vereinnahmt hatten). Dass Jünger bis ins hohe Alter mit "bewusstseinserweiternden" (oder wie immer man das nennen will) Substanzen experimentiert hat, gehört untrennbar zu ihm und ist weder eine Nebensache noch eine Schande. Nehmen Sie die in einem anderen Kommentar schon erwähnten "Lorbeernächte" aus "Heliopolis" hinzu und betrachten Sie Jüngers in gemeinsamen LSD-Studien ihren Anfang nehmende, Jahrzehnte währende Freundschaft zu Albert Hofmann nicht als etwas, das Jünger gern aus seiner Biographie getilgt hätte. Drogen waren für Jünger immer ein (materieller) Schlüssel zu einer höheren (geistigen) Wirklichkeit - ein metaphysischer Katalysator sozusagen. Der Junkie hingegen, da werden wir uns einig sein, treibt wie auch der banale Lifestyle-Kokser oder -Kiffer Drogenmissbrauch.

firenzass

11. Dezember 2015 09:49

Es war mir nicht darum zutun Sie in einem Detail zu "korrigieren", etwa weil ich meinte, etwas besser zu wissen. Waere ich so drauf waere ich heute noch auf Faznet uterwegs und wuerde auf meine Likes schielen. Nee, stimmt dann auch nicht ganz, Faznet hat mich ja kalt gestellt nachdem ich Nahost Korrespondent Rainer Hermann in einem Kommentar, der nie freigeschaltet wurde, als ein Nichts bezeichnete. /Hermann als Apologet und Fautor der Muslimbrueder und grosser Verheimlicher und Vertuscher des Genozids an den Christen des Orients/---- Das brauche ich alles nicht mehr.
"Jedem Menschen ist's gegeben, seinen Odem zu verschwenden doch irgenwann kommt dann der Tag, wo Plaene und Entwuerfe enden" aus der Erinnerung nach dem King Ping Meh
In diesem Sinne bin ich inzwischen ziemlich kurzatmig und fange sofort an zu husten, wenn sich bei mir auch nur der geringste Verdacht einschleicht. è più forte di me, ich kann nicht ( mehr ) anders. Sie werden mir sicher zustimmen, wenn ich sage, das es nix trostloseres gibt, als nach 30 Seiten ein Buch aus der Hand legen zu muessen, weil man dem ersten Eindruck nicht sofort nachgegeben hat, weil man sich geirrt hat, weil man wieder reingefallen ist. Ich will das alles nicht mehr, nie wieder.
Was jetzt Godenholm reloaded anbetrifft, habe ich mir alle 3 Seiten reingezogen, ohne dass ich mich hinterher geaergert haette. Haben Sie bitte Verstaendnis fuer meinen Raptus, es war, wie gesagt, più forte di me....non potevo fare a meno. Hab' mich jetzt aber wieder eingekriegt.------------------------------------------------------------------------------------
p.s. "Der eine oder andere hier ist christlich-jüdisch oder auf andere Art traditionalistisch geprägt,"
"Der eine oder andere....", koestlich.
Auch Sie,Herr Meyer,stehen in der Nachfolge Christi, ob Ihnen das nun gefaellt oder nicht.

Westpreuße

11. Dezember 2015 09:55

Ich kenne mich (relativierend) eher nur "etwas" in Ernst Jüngers Leben und Werk aus; es ist aber doch ganz offensichtlich, daß er zeitlebens ein Interesse an Drogen hatte und diese Erfahrungen suchte...
Er selbst hat dieses Thema doch immer wie einen Berg umkreist. Auch nicht verschwiegen. Drogenerfahrungen waren für ihn existentielle Erfahrungen.Transzendent, weil grenzüberschreitend...
Er hat sie "ausprobiert" ...und literarisch verarbeitet...
Drogen waren für ihn kein Mittel, um sich "zuzudröhnen", sondern um die Tore zu...was auch immer....zu öffnen...und einen Blick zu riskieren...

https://www.youtube.com/watch?v=0Tq--6BRl_0
Albert Hofmann und Ernst Jünger sprechen über ihre LSD-Erfahrungen

Herr Meyer, zu den christlichen Kirchen, die auf den alten Heiligtümern errichtet wurden: DAS war aber allgemein üblich. Bin ich im heutigen Ostdeutschland, also in Mitteldeutschland, sind viele Kirchen und Kirchlein und Kapellen auf den alten slawischen Heiligtümern "aufgepropft":
Eine doppelte Absicht; nämlich als "Siegeszeichen" einerseits, aber auch als "Kontaktaufnahme" zu den alten Göttern: Kraft sollte zu Kraft kommen...
In Nordafrika, das ja weitgehend christlich war, heute muslimisch, habe ich einige muslimische Heiligtümer gesehen, in denen Reste der zerstörten Kirchen zu sehen waren: Ziegelsteine mit dem Kreuz, ein Fischsymbol auch...es tat "irgendwie weh"...

Schade, daß Sie nicht darauf eingegangen sind, daß Ernst Jünger vom Protestantismus zum Katholizismus konvertierte. Kurz vor seinem Tode; es war völlig unbekannt. Man war ja allgemein "berührt" davon, daß Ernst Jünger "katholisch geworden war". Auch erstaunt, teilweise enttäuscht, verwundert...Sein Entschluß sagt "viel" über ihn aus. Würde hier aber jetzt zu weit führen. Erst danach hat man sich mit dieser Seite Jüngers beschäftigt und erstaunliche (übersehene) Dinge bei ihm gefunden:
Blaise Pascal: "Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt."
: Grüße aus Thorn an der Weichsel

Meyer: Vielleicht ist Ernst Jünger einfach nur zur Religion seiner Mutter zurückgekehrt - und damit mehr meinend als nur etwas Sentimentales: Leibliche Mutter - Mutter Gottes - Mutter Erde, das wäre ein Dreiklang, der Jüngers Denken nicht ganz fern gelegen haben dürfte.

Monika

11. Dezember 2015 10:41

Ein schöner Text.
Das klingt sehr heimelig, in Rauhnächten Ernst Jünger zu lesen, Kraftquellen zu suchen, sich auf das Eigene zu besinnen, zu den Wurzeln zurückzufinden.

Bald, so fürchte ich, werden die rauhen Nächte kein Ende mehr nehmen.
Jüngers Waldgang ist dann nur noch ein Spaziergang. Liegt In den Wäldern die Zuflucht ( Walentin Rasputin, gestorb. 2015) oder müssen wir bald ganz Abschied nehmen von einem Land, in dem nichts mehr so ist, wie es mal war ?
Geht es uns wie der alten Darja in Matjora:
https://m.youtube.com/watch?v=4-yOI_YydNQ
Nicht umsonst wird von der Masseneinwanderung ( und der Vermassung überhaupt) wie von einer Naturgewalt gesprochen.
Einem Tsunami, einer Flutwelle.
Riesige Metropolregionen ( etwa Peking und Umland) mit den Einwohnerzahlen der Bundesrepublik Deutschland versinken im Smog.
Und die neuen einzubürgernden jungen Männer werden auch nicht immer Rad fahren wollen ?

Heimat und Natur gehören untrennbar zusammen.
Ist es ein Zufall, dass in diesen heimatvergessenen Zeiten Heidi reloaded wird. Als Weihnachtsfilm.
Mit Bruno Ganz als Almöhi und nahe am Buch von Johanna Spyri.

P.S. Die Terroristen haben m. E. keine religiös verwurzelte Todesverachtung, sondern eine religiös verwurzelte Lebensverachtung.
Es liegen Welten zwischen einem Selbstmordattentäter und einem christlichen Märtyrer. Der eine muß sich berauschen, der andere geht nüchtern und klar den letzten Schritt.

Was haben wir dem entgegenzusetzen ?
Wir können einen Baum oder eine Dornenhecke pflanzen .
Oder mal wieder in der Germanischen Mythologie von Wolfgang Golther lesen. Die ist mir dieses Jahr durch ein Erbe in die Hände gefallen.
Einen be-sinn-lichen Advent noch.
Monika

Kiki

11. Dezember 2015 10:42

Ach ja, die Kraftquellen! Dabei könnte es doch so einfach sein, für den müden Abendländer. Man braucht sich nur in eines der alten Klöster der Traditionsbenediktiner begeben und dem Chorgebet lauschen.

Wer da noch stumpf bleibt und weiterhin keinen blanken Schimmer hat, ist rettungslos verloren.

Die sog. Reformatoren/ Jakobiner/Säkularisten/Bolschewisten usw wußten nämlich sehr genau, warum zuallererst, vor allem und ausnahmslos die alten Klöster vernichtet werden müssen, wenn man denneuenmenschen samt neuerweltordnung herbeiführen will.

Westpreuße

11. Dezember 2015 10:52

Herr Meyer,
Sie liegen damit wohl gar nicht so ferne...
Es erstaunte aber doch sehr. Katholisch im Sinne der Glaubenslehre und der Dogmen wird er wohl nicht gewesen sein. Aber eigentlich, wie sagt man heute, ist das ja "sein Ding" gewesen: Da kann und darf man nicht dran kritteln.
Ich weiß noch, daß ich "fast empört" war: Wie kindisch von mir...
Allerdings hatte ich angenommen, daß er ein "freier Gottgläubiger", in welcher Form auch immer, war...

https://phinau.de/jf-archiv/archiv08/200808021543.htm
JF: Die Konfession des Anarchen

(Das ist ja inzwischen ein eigenständiger kleiner Forschungszweig geworden. Von meiner evangelischen Kirche kenne ich da keine relevante Aussage zu. Sind eben "blinde Blindenführer" geworden).
Jünger beklagte sich ja mal irgendwo darüber, daß heutzutage das (evangelische ?) Christentum sich in Psychologie und Soziologie aufgelöst habe. Es ist wohl ein ganzes Ursachenbündel, vermute ich mal...

: Grüße aus Thorn an der Weichsel

Meyer: Zu Ihrer Empörung angesichts der Konversion noch dies: Ein ebenfalls Jünger lesender Freund kommentierte das damals trocken mit dem Wort "Altersschwachsinn." So weit würde ich wirklich nicht gehen, aber rationale Motive im Sinne einer theologischen Überlegung kann man sicher ausschließen.

W. Wagner

11. Dezember 2015 11:36

Schön! Und damit gehts genau an diese Arbeit ...

Der Gutmensch

11. Dezember 2015 15:00

@Westpreuße

Albert Hofmann und Ernst Jünger sprechen über ihre LSD-Erfahrungen

Kann es sein, dass das versehentlich der falsche link ist?

https://www.youtube.com/watch?v=uqlU45zOW54

Der Gutmensch.

Westpreuße

11. Dezember 2015 16:18

In solchen Momenten, @ Der Gutmensch,

bin ich mir immer schmerzlich meiner Bildungsdefizite bewußt.
Natürlich, Sie haben recht, eindeutig!
Besonders, als Dr. Hofmann ab Minute 0:55 etwa zu Ernst Jünger sagt:
"Bleib ganz locker Baby. Sei einfach du selbst."...
DAS ist doch eine gelungene und "einfühlende, einfühlsame, mitfühlende...", um Empathie zu vermeiden, Kommunikation...
Herzlichen Dank also! Man(n) lernt eben nie aus!
: Grüße aus Thorn an der Weichsel

Konservativer

11. Dezember 2015 18:11

Diejenigen, die das Thema "Ernst Jünger – eine Annäherung an Drogen" interessiert (unter besonderer Beachtung des Buches „Besuch auf Godenholm“), können einen Blick in die Dissertation von Corinna M. O. Coenen werfen:

https://ediss.uni-goettingen.de/bitstream/handle/11858/00-1735-0000-000D-EFAB-0/coenen.pdf?sequence=1

Der Gutmensch

11. Dezember 2015 19:21

Der Dank gebührt ganz der großzügigen Redaktion, die den link freigeschaltet hat, lieber Westpreuße!

Liebe Monika,

"In den Wäldern die Zuflucht" steht auch in meinem Bücherregal, muss ich da mal gestehen. Natürlich nicht freiwillig! Sondern das erlebte in bestimmten Ostberliner Kreisen (meinetwegen können Sie auch gerne Millieu dazu sagen) so Anfang der 90er Jahre nochmal eine düstere Renaissance (Ende der 80er Jahren war es übrigens "Und morgen war Krieg" von Boris Wassiljew, das man halt irgendwie überstanden haben musste, um bei den coolen Jungs mit der prinzipiell deprimierten Miene punkten zu können). Bloß mit der Hütte in der Taiga ist es dann irgendwie nichts geworden. Aber wenn die Investoren irgendwann weiter gezogen sind ... wer weiß, was dann noch hier übrig geblieben sein mag. Deserteure welcome!

Ihr Gutmensch.

Stil-Blüte

11. Dezember 2015 21:16

Burg, Wald, uralter Baum, Dornröschen, Dornenbusch, Efeu - ich gehe davon aus, daß nicht wenigen unter uns diese Magie einer sich umschlingenden Natur und Kultur aus Stein und jahrhunderteralter Pflanze schon begegnet ist. Ja, man will es gar nicht glauben, sogar die Grünen haben mit dem Horrorszenario des sterbenden Waldes 'le Waldsterben' die Welt für eine Zeit lang in Atem gehalten.

Die Verwandtschaft zu Heideggers/Jüngers Waldgang/Waldgänger ist nicht von ungefähr. Bis hin zu Alexandras Lied: 'Mein Freund der Baum oder die Pudys 'Alt wie ein Baum möchte ich werden' oder Bäumchen rüttle dich, Bäumchen schüttle dich' oder O Tannenbaum, o Tannenbaum... Ganz pathetisch ausgedrückt - Mein Freund, der Baum.... Das ist wirklich elementar. Nicht zu vergessen - C. D. Friedrich , der Kathedralen, alte Eichen, Klosterruinen dieselbe Struktur gegeben hat. Eichendorff hier noch zu erwähnen, klingt wohl oberlehrerhaft, sei's drum.

Auch nach tausend Jahren sind Kloster-, Burgruinen einfach schön anzusehen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das mit Glas- Stahlkonstruktionen geschehen könnte. Wir sehen das mit den Betonruinen in den Nahoststaaten. Die übelsten Werkzeuge der Gegenwart sind nicht nur Schnellfeuerwaffen und Bomben, sondern Kettensägen, Bagger, Laubbläser, auch, liebe Männer hergehört, Rasenmäher.

Zurück zum Thema Jünger: Was für ein grandioser Stilist! In der Literatur wie im Leben. Vielleicht, weil er kühl bis in die Herzkranzgefäße? Für das weibliche Gemüt nicht so ohne weiteres zugänglich; zu Recht exemplarisch für das, was Mann und Frau trennt und anzieht.

Für gute Orte gib es im Lateinischen eine stimmige Bezeichnung: Genius loci. In diesem Sinne von Meyer: Besuchen wir diese Orte und noch besser - nehmen wir sie wieder in unseren Besitz, sofern man sie besitzen kann, da sie ja eigentlich den Göttern gehören.

Th.R.

12. Dezember 2015 12:19

@Lutz Meyer

"Die Kernfrage heute lautet eigentlich: Was sind unsere Burgen, wo sind unsere Mauern, unsere Dornenhecken? An Grenzen oder Bauwerke brauchen wir gar nicht erst zu denken –..... Unsere Burgen werden wohl eher geistiger Natur sein müssen, ein wenig wie Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“. Aber vielleicht doch ganz anders."

Jawohl. Geistige Trutz- und Schutzburgen. Aber eben auch geistige Kasernen, Exerzier- und Manöverplätze, wo die Rekruten und Diener "unserer" Sache ihre geistige Prägung, geistigen Drill, Schliff und Zuversicht erhalten.

Eine neue Priesterkaste als Medium einer neuen Offenbarung, deren geistiges Feldwebeltum unser Volk hindurch führt durch die unberechenbaren chaotischen Stromschnellen dieser Zeit und die es taub zu halten versuchen gegenüber dem Sirenengeheul und den verdorbenen Verlockungen der modernen Zeit.

Geistige Bergführer - geistige "Heer-zöge" - , die dem orientierungslosen Volk DEN Weg mit dem festem Grund weisen, auf dem es sich, von der vergangenen Ewigkeit kommend, durch die Gegenwart hindurch der kommenden Ewigkeit entgegen mit festem sicheren Schritt wandeln läßt.
Nämlich dem "Ziel" entgegen (Und der Weg ist das Ziel!).
Und ohne unterzugehen, - sofern der gewiesene Pfad beibehalten und nicht abgeirrt wird.

Und die Offenbarung an sich, das muss ein wirkmächtiges sittliches Betriebssystem sein, das psychologisch so beschaffen sein muss, dass es bis in die tiefsten Seelengründe des Einzelnen vor- bzw. hinabzudringen vermag, um sich dort festzusetzen und zu verankern: - Deshalb muss sie theistisch beschaffen sein; bzw. den Anspruch erheben, theistischen Ursprungs zu sein.

Doch wie? Wie und womit den Anfang setzen?

Hmm. Warum nicht ansetzen bzw. sich orientieren an dem, was sich bereits andernorts bewährt hat? Warum das Rad neu erfinden? Jede religiöse Neuerscheinung ist/war schließlich eine (synkretistische) Weiterentwicklung oder Abwandlung einer älteren Version. Warum also nicht bewährte alte Erscheinungen heranziehen, diese auf nützliche und verwertbare Bestandteile abklopfen und solcherart Fundstücke in die neue eigene hinübernehmen?

Was die psychologische Durchdringungskraft betrifft, halte ich den Koran beispielsweise für geradezu genial. In psychologischer Hinsicht ein Meisterwerk. Dass man die koranische Gottesvorstellung als stark suggestiven psychologischen Kernreaktor immer noch nicht in seiner ganzen Dimension erkannt hat, sowie außerdem das daraus resultierende Potential, Willensenergie im Einzelnen zu generieren, wundert mich.

Und genau das würde ich vorschlagen wollen: Den Koran in einem iterativen Prozess von allen spezifisch orientalischen Kultur- und Sittenelementen entkernen. Bis die bloße nackte Vorstellung von Gott in ihrer Reinform übrig bleibt. - Und daran anknüpfend dann das Neue auf dieser Grundlage aufbauen; also unsere Vorstellung von Sitte und Kultur drumherum bauen.

Im Übrigen möchte ich noch einmal auf Rudolf Ottos Buch, "Das Heilige", verweisen, das in verblüffender Weise die jüdische und islamische Gottesvorstellung psychologisch nachzeichnet. (Übrigens sind diese auch nur bloße Weiterentwicklungen der zarathustrischen Gottesvorstellung (Obwohl Ahura Mazda freilich wohl noch nicht als über- und allmächtiger Gott im herkömmlichen klassischen Sinne verstanden wurde. Aber er war eine Vorstufe.))

- Material ist also als Grundlage vorhanden, um eine neue germanische Gottesvorstellung zu erschaffen. - Letztlich ist alles nur angewandte Psychologie/ Suggestion.

Meier Pirmin

13. Dezember 2015 02:50

"Ein Einwand hier wird lauten: 'Für so was haben wir keine Zeit, wir befinden uns im Ausnahmezustand. Wir müssen handeln, müssen uns wehren, müssen etwas tun!' Was aber, wenn alles Handeln und Tun blind und im Wesentlichen folgenlos wäre, wenn alle gutgemeinte Aktion sich im Aktionismus erschöpfte, eben weil die Reise zu den Wurzeln unterblieb?"

Fallls ich gelegentlich an den Aktivisten etwas kritisierte, war es genau dies.

Waldgänger

13. Dezember 2015 13:18

Lutz Meyer greift hier sein zuletzt behandeltes Thema wieder auf: Wie und wo finde ich das nötige Urvertrauen angesichts der dramatischen Vertrauenskrise und angesichts des immer beispielloseren Verrats unserer Funktionseliten.

Von übermächtigen Gegnern in der eigenen Handlungsfreifeit stark beschränkt, bleibt der von Jünger an mehreren Orten immer wieder neu umkreiste Gedanke des Rückzugs in nicht einnehmbare Positionen.
Gewiss, es sind, es müssen geistige Positionen sein. Und auch nur bei einer derart bewahrten inneren Freiheit sind zu gegebenem Zeitpunkt auch wieder Einwirkungen auf die uns umgebende Welt möglich.

Unsere „Burgen“, unsere „Dornenhecken“ und unsere Kraftquellen finden wir gewiss in der Geisteswelt, der Kultur oder an geschichtsträchtigen Orten – einem Dom, einer Fliehburg – aber doch auch in der physisch-geographischen Natur unseres Landes.
In der Natur offenbart sich uns etwas Echtes, etwas Wahres – und das ist ja schon viel wert in einer Zeit, da Lüge und Verdrehung so sehr Konjunktur haben.
In den „Marmorklippen“ beschäftigt sich Jüngers namenloser Held mit Blumen und Botanik. Auf „Godenholm“ sind es die Steine, Felsen und Hügel. Jünger selbst liebte lange Spaziergänge durch Wald, Moor und Feld, beschäftigte sich mit den Insekten.
Und auch Meyers Fliehburg hat gewiss nicht nur ihre Bedeutung als geschichtsträchtige Stätte, sondern auch als stiller Naturraum.

Und es ist bezeichnend, dass unser Land – als physisch-geographische Gegebenheit – den vielen Einwanderern recht fremd bleibt, und zwar sogar solchen, die schon weit länger hier leben. Man bemerkt das auf Wanderwegen in den kleinen und größeren Gebirgen, in der Lüneburger Heide oder im Siebengebirge. Man bemerkt es an der Nordseeküste ebenso wie im Spreewald, in der Eifel ebenso wie im Nationalpark Unteres Odertal.
An solchen Orten ist man auf einmal wieder unter sich … Erinnerungen an Kindheitstage. Ein weitgehend rein deutsches Umfeld. Na ja, ein paar Japaner sind vielleicht dabei, aber die haben zu Naturphänomenen ein ähnlich starkes Verhältnis wie wir Deutsche.

Die Eingedrungenen sind entweder ohnehin Stadtmenschen gewesen oder es zieht sie in unsere Städte, weil sie sich dort weniger fremd fühlen als in einem nordisch-rauen Naturraum.
Natürlich kann man auch sagen, dass sie die Städte bevorzugen, weil es dort mehr von Ihresgleichen gibt, weil es mehr Verdienstmöglichkeiten gibt (welche auch immer) und weil dort mehr los ist. Ja, stimmt alles – und doch erklärt es nicht zur Gänze diese angedeutete Gleichgültigkeit und jenes Fremdheitsgefühl der Südländer gegenüber unserem Naturraum … Wald, Heide, Dünen, Acker, Moor, Berggipfel. In Schweden soll dieser Zusammenhang noch ausgeprägter sein und schon zu Unmutsäußerungen von Eindringlingen geführt haben!

Uns Einheimischen, Autochthonen hingegen gibt die Natur unseres Landes oft sogar dann Kraft, wenn wir es als moderne Großstädter gar nicht bemerken oder nicht mal wahr haben wollen.
Für solche, die es in die Natur zieht, offenbart sich viel ... da ist dann auch die Grenze zum Kraftquell des Metaphysischem eher durchlöchert ... auch ganz ohne Drogen.
Und wer weiß – vielleicht ist doch etwas dran an jenen alten Gedanken, dass es das Land ist, das seine Bewohner bildet und beeinflusst … zumindest jene, die sich der Natur aussetzen und nicht in der virtuellen Realität der Städte leben.

Das Land, als physisch-geographische Gegebenheit, das ist etwas Beständiges – zumindest im Rahmen der Menschenzeit.
Ich finde, das ist ein gewisser schwacher Trost.

Eveline

13. Dezember 2015 15:32

T.R fragt

@Lutz Meyer
„Die Kernfrage heute lautet eigentlich: Was sind unsere Burgen, wo sind unsere Mauern, unsere Dornenhecken? An Grenzen oder Bauwerke brauchen wir gar nicht erst zu denken –….. Unsere Burgen werden wohl eher geistiger Natur sein müssen, ein wenig wie Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“. Aber vielleicht doch ganz anders.“

Unsere Burgen werden wohl geistiger Natur sein?

Ein Boxkampf oder ein Schachspiel, jeder Spieler /Kämpfer geht doch mit einer Gewissheit in die Arena : Ich siege, ich gewinne.
Sie haben alle Motivationstrainer.

Die heutige Welt ist so, heißt nicht, das es immer so bleiben muß.

Das ist der geistige Kampf, der ruhig auch im Sessel oder in der Natur geschehen kann, aber dieser innere Kampf muß geführt werden.

Urwinkel

13. Dezember 2015 16:33

Ernst Jünger sprach wie jeder "Normale" besonders dem Alkohol zu. Das fiel hier bislang etwas kurz. Als Solitär, Eremit und Anarch konnte er im Gegensatz zu den Schwachen, den schnell Austickenden und Dummschädeln damit umgehen. In Vino Veritas. Jeden Abend mindestens eine Flasche Wein; das war traditioneller Usus bei den Jüngers. Soweit ist das zwischen seinen Tagebuchzeilen überliefert (ich war nicht dabei).

Auch aus seinen Tagebuchaufzeichnungen (müßte aus "Siebzig Verweht" sein) ist bekannt, daß Jünger mit Ernst Herhaus, einem kaum bekannten BR-deutschen Autor der 1970er, im Briefwechsel stand. Kurze Frage dahingehend: Hat jemand eine Leseempfehlung zu E. Herhaus? Herhaus bezeichnete die Lektüre der "Annäherungen" als eine Art Offenbarung und Anregung zum eigenen, längst fälligen Alk-Entzug. Er soll ein wüster Trinker gewesen sein.

Und noch kürzer: das langjährige Online-Archiv godenholm.de ist derzeit offlein. Dort gab es viele Buchseiten-Scans heute nur noch schwer zugänglicher Schriften u.a. aus dem Widerstandsverlag. Hatte immer mal gern darin geschmökert. Die Website hatte Format; d.h. sie war übersichtlich, funktional und informativ. Gute zehn Jahre war diese Website online - es muß doch hier einen Mitleser geben, der das wieder-herstellen kann...?

Taurec

13. Dezember 2015 17:40

Hallo, Urwinkel!

Probieren Sie es im Internetarchiv:
https://web.archive.org/web/20140715000000*/https://godenholm.de

Dort gibt es einige Spiegelungen der Seite.

(Übrigens auch vom bedauerlicherweise geschlossenen Ernstfall.org zusammen mit allen Kommentaren.)

Gruß
Taurec

Lutz Meyer

14. Dezember 2015 06:43

Meyer: Feierabend und Dank an alle - besonders aber an @Der Gutmensch für den Hinweis auf dieses wirklich sensationelle Filmdokument ;-)

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