Demokratie von rechts

PDF der Druckfassung aus Sezession 60 / Juni 2014

von Martin Grundweg

Im Januar 1925 hielt der Historiker Friedrich Meinecke einen Vortrag vor dem Demokratischen Studentenbund zu Berlin, einer studentischen Organisation der DDP. Meinecke sprach als Konvertit, denn er habe – so erklärte er – erst allmählich und innerhalb von drei Jahrzehnten lernen müssen, daß nicht die Konservativen und Monarchisten, sondern die Liberalen und Demokraten die geeigneten Rezepte zur Bewältigung der gegenwärtigen »Not des Vaterlandes« besäßen.

Die Mon­ar­chie habe sehr viel für Preu­ßen und für Deutsch­land geleis­tet, aber das Fest­hal­ten dar­an unter den ver­än­der­ten Umstän­den zei­ge ledig­lich, daß Kon­ser­va­ti­ve sich ent­ge­gen eige­nen Behaup­tun­gen eher von Gefüh­len als von der Ver­nunft lei­ten lie­ßen. Letz­te­re jeden­falls lege nahe, daß einer sich immer wei­ter par­la­men­ta­ri­sie­ren­den Mon­ar­chie wie der deut­schen bis 1918 eine »Repu­blik mit star­ker Exe­ku­tiv­ge­walt« ein­deu­tig vor­zu­zie­hen sei. Jeder Ver­such einer Restau­ra­ti­on müs­se zudem das ohne­hin zer­rüt­te­te deut­sche Volk noch wei­ter schwä­chen, da die Mon­ar­chie nach ihrem Nie­der­gang ihren größ­ten Vor­zug – näm­lich den der Über­par­tei­lich­keit – ein­ge­büßt habe und nun zu einer Par­tei­an­ge­le­gen­heit der Rech­ten gewor­den sei.

Die »Staats­rä­son« dage­gen gebie­te die kon­struk­ti­ve Mit­ar­beit an der Erhal­tung und Stär­kung der Repu­blik: »Auch ich bin nicht aus ursprüng­li­cher Lie­be zur Repu­blik, son­dern aus Ver­nunft und vor allem aus Lie­be zu mei­nem Vater­lan­de Repu­bli­ka­ner gewor­den. … War­um soll­te es nicht ein­mal mög­lich sein, daß sich eine repu­bli­ka­nisch-kon­ser­va­ti­ve Par­tei bil­de, die inner­halb der end­gül­tig aner­kann­ten Repu­blik alle wirk­lich guten Wer­te und Tra­di­tio­nen der alten Zeit, die mit ihr ver­ein­bar sind, pflegt?«

Meine­cke konn­te sich durch­aus auf eine kon­ser­va­ti­ve, jeden­falls nicht­lin­ke demo­kra­ti­sche Tra­di­ti­on in Deutsch­land beru­fen, die er bis auf die Erhe­bung von 1813 zurück­führ­te. Die poli­ti­schen Vor­stel­lun­gen eines Fich­te oder Arndt moch­ten in ihrer Zeit zwar libe­ral oder sogar revo­lu­tio­när wir­ken, aber sie waren doch nicht wie bei der Lin­ken von irgend­wel­chen abs­trak­ten Prin­zi­pi­en gelei­tet, son­dern von dem Stre­ben nach einer frei­en und geein­ten deut­schen Nation.

Die Impul­se, die aus der »Deut­schen Bewe­gung« (Her­man Nohl) her­vor­gin­gen, fan­den in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts eine Fort­set­zung zum einen in der völ­ki­schen Bewe­gung, zum ande­ren im Natio­nal­li­be­ra­lis­mus. Wäh­rend die Vor­stel­lun­gen der Völ­ki­schen auf­grund ihrer fak­ti­schen Gleich­set­zung von eth­nos und demos selbst dort noch einen »gefühls­de­mo­kra­ti­schen« Zug besa­ßen (Max Sche­ler), wo man sich an dem zur idea­len Ord­nungs­form erho­be­nen Füh­rer­prin­zip ori­en­tier­te, zogen die Natio­nal­li­be­ra­len die klü­ge­ren Kon­se­quen­zen aus dem Schei­tern der Revo­lu­ti­on von 1848: Weder ging man in die Radi­ka­li­tät, noch bau­te man wei­ter an sei­nen Wol­ken­ku­ckucks­hei­men, son­dern man ent­deck­te statt des­sen die »Real­po­li­tik« (August Lud­wig von Roch­au) für sich.

Damit war der Ansatz gege­ben für eine Ver­bin­dung des klas­si­schen Kon­ser­va­tis­mus mit dem klas­si­schen Libe­ra­lis­mus, deren Ver­hält­nis zur Demo­kra­tie kei­nes­wegs ein prin­zi­pi­ell nega­ti­ves war. Erkenn­bar ist das gera­de an dezi­diert kon­ser­va­ti­ven Poli­ti­kern wie Bis­marck oder Dis­rae­li, die »den Tiger rei­ten« woll­ten, also unter den gege­be­nen, zur Demo­kra­tie drän­gen­den Zeit­um­stän­den die best­mög­li­che Ver­wirk­li­chung der eige­nen Prin­zi­pi­en zu errei­chen versuchten.

Aber auch die­se Prin­zi­pi­en selbst stan­den mit der Demo­kra­tie als Staats­form kei­nes­wegs so voll­stän­dig auf dem Kriegs­fuß, wie von sei­ten des poli­ti­schen Geg­ners regel­mä­ßig behaup­tet wur­de. Die kon­ser­va­ti­ve Oppo­si­ti­on gegen die Idea­le der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on rich­te­te sich in einem grund­sätz­li­chen Sin­ne weder gegen die Frei­heit noch gegen die Brü­der­lich­keit, son­dern nur gegen die Gleich­heit, sofern sie in jeder Hin­sicht Gel­tung beanspruchte.

Das bedeu­te­te zwar, daß die Kon­ser­va­ti­ven in der Regel die alte Ord­nung und ins­be­son­de­re die Mon­ar­chie ver­tei­dig­ten, aber gleich­zei­tig spiel­te im kon­ser­va­ti­ven Den­ken auch die von Mon­tes­quieu über­nom­me­ne Vor­stel­lung eine Rol­le, daß um der Sta­bi­li­tät der poli­ti­schen Ord­nung wil­len eine gemisch­te Ver­fas­sung die bes­te sei, die sowohl mon­ar­chi­sche als auch aris­to­kra­ti­sche und demo­kra­ti­sche Ele­men­te enthalte.

Die Kon­se­quenz aus die­ser Über­zeu­gung zog nicht nur Bis­marck mit sei­ner 1871 für Deutsch­land geschaf­fe­nen »Hybrid-Ver­fas­sung« (Chris­to­pher Clark), son­dern auch ein aus­ge­präg­ter Demo­kra­tie­s­kep­ti­ker wie Alexis de Toc­que­ville. Der äußer­te schon in der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts die Über­zeu­gung, daß gegen die all­ge­mei­ne Ten­denz zur Gleich­heit nichts aus­zu­rich­ten sei, daß ein demo­kra­ti­sches Zeit­al­ter unaus­weich­lich bevor­ste­he und daß daher die ein­zi­ge Hand­lungs­op­ti­on dar­in bestehe, inner­halb der Demo­kra­tie frei­heit­li­che – sprich: aris­to­kra­ti­sche – Insti­tu­tio­nen zu ver­an­kern, die eine »demo­kra­ti­sche Frei­heit« anstel­le der dro­hen­den »demo­kra­ti­schen Tyran­nei« gewähr­leis­ten könnten.

Toc­que­ville ließ außer­dem kei­nen Zwei­fel dar­an, daß jedes poli­ti­sche Han­deln zu jeder Zeit vor die­sem Pro­blem der Errich­tung und Sta­bi­li­sie­rung einer guten Ord­nung ste­he, daß es »Gol­de­ne Zeit­al­ter« nie­mals gege­ben habe und daß ins­be­son­de­re das von so vie­len Kon­ser­va­ti­ven sei­ner Zeit zurück­er­sehn­te Anci­en régime kei­nes­wegs ein sol­ches Zeit­al­ter gewe­sen sei.

Prin­zi­pi­el­le, theo­re­ti­sche und prak­ti­sche Ein­wän­de gegen die Demo­kra­tie konn­ten dem­ge­gen­über sach­lich so berech­tigt sein, wie sie woll­ten: Zu einer bes­se­ren poli­ti­schen Ord­nung haben sie letzt­lich nicht bei­getra­gen. Die kon­ser­va­ti­ve Demo­kra­tie­kri­tik konn­te sich ohne­hin eigent­lich bloß auf die nicht­de­mo­kra­ti­sche Tra­di­ti­on Euro­pas beru­fen; im Grund­sätz­li­chen gab es zwar berech­tig­te Vor­be­hal­te gegen lin­ke und libe­ra­le Vor­stel­lun­gen und Ord­nungs­mo­del­le, aber nicht gegen die Demo­kra­tie als solche.

Der theo­lo­gi­sche Hin­weis auf die Sünd­haf­tig­keit des Men­schen wie der phi­lo­so­phisch-anthro­po­lo­gi­sche auf des­sen Ris­kiert­heit und der (sozio-)biologische auf sei­ne Irra­tio­na­li­tät konn­ten, bei Lich­te bese­hen, kei­nes­falls bloß gegen, son­dern min­des­tens eben­so­gut auch für eine demo­kra­ti­sche Ord­nung ins Feld geführt wer­den, weil eine sol­che ver­sprach, die Mög­lich­kei­ten des Macht­miß­brauchs durch einen ein­zel­nen oder eine klei­ne Grup­pe wenigs­tens erheb­lich einzuschränken.

Der Sinn für die poli­ti­schen Rea­li­tä­ten führ­te nach dem Zusam­men­bruch von 1918 dazu, daß in Deutsch­land die Mon­ar­chis­ten selbst auf der Rech­ten in der Unter­zahl blie­ben. Zwar gab es erheb­li­che Vor­be­hal­te gegen die von den Fein­den auf­ge­zwun­ge­ne Demo­kra­tie, aber es waren doch nicht nur die ehe­ma­li­gen Libe­ra­len, die sich wie Fried­rich Meine­cke oder Max Weber als »Her­zens­mon­ar­chis­ten« geblie­be­ne »Ver­nunft­re­pu­bli­ka­ner« in DDP und DVP sam­mel­ten, son­dern auch in der Par­tei der klas­si­schen Rech­ten, der DNVP, bil­de­te sich ein »volks­kon­ser­va­ti­ver« Flü­gel, der um ein kon­struk­ti­ves Ver­hält­nis zu den neu­en poli­ti­schen Gege­ben­hei­ten bemüht war.

Der Unter­schied zu dem, was sich Meine­cke vor­stell­te, war mar­gi­nal, da man eben­falls für eine Stär­kung der Macht des Reichs­prä­si­den­ten plä­dier­te, um auf die­sem Weg eine Ver­fas­sungs­re­form in Rich­tung auf ein auto­ri­tä­re­res, aber wei­ter­hin demo­kra­ti­sches Regime in die Wege zu leiten.

Als sich der volks­kon­ser­va­ti­ve Flü­gel 1928 von der DNVP abspal­te­te und eine eige­ne poli­ti­sche For­ma­ti­on bil­de­te, war man mit die­sem Anlie­gen ange­sichts der her­auf­zie­hen­den »Epo­che« des Faschis­mus (Ernst Nol­te) viel­leicht nicht mehr auf der Höhe der Zeit; nicht nur in der Rück­schau aber han­delt es sich doch um die klü­ge­re Kon­zep­ti­on oder zumin­dest um eine gang­ba­re – und demo­kra­ti­sche – Alter­na­ti­ve zur »tota­li­tä­ren Demo­kra­tie« (Jacob Talmon).

Das »Gehei­me Deutsch­land« der Ver­schwö­rer des 20. Juli 1944 hat­te tat­säch­lich auch viel stär­ker mit einer sol­chen Tra­di­ti­ons­li­nie zu tun als mit irgend­wel­chen phan­tas­ti­schen Reor­ga­ni­sa­ti­ons­plä­nen, sei es die Restau­ra­ti­on einer habs­bur­gi­schen Stän­de­ord­nung oder ein »wah­rer« Natio­nal­so­zia­lis­mus. Im Eid der Ver­schwö­rer ist weder vom einen noch vom ande­ren die Rede, dafür aber von dem Wil­len, eine Ord­nung zu schaf­fen, die alle Tei­le des Vol­kes ein­bin­det. Abge­lehnt wird nur die tat­säch­lich jedem kon­ser­va­ti­ven Den­ken wider­spre­chen­de »Gleich­heits­lü­ge«, kei­nes­falls aber jeg­li­che demo­kra­ti­sche Staatsform.

Nach 1945 waren die poli­ti­schen Mög­lich­kei­ten der deut­schen Rech­ten infol­ge der all­ge­mei­nen Deu­tung des Unter­gangs des Natio­nal­so­zia­lis­mus als Nie­der­la­ge der »Gesamt­rech­ten« dras­tisch beschränkt. Die frü­he Bun­des­re­pu­blik aller­dings hat­te vie­le aus kon­ser­va­ti­ver Sicht aus­ge­spro­chen sym­pa­thi­sche Züge, was nicht zuletzt damit zusam­men­hing, daß nicht alle Kon­ser­va­ti­ven sich resi­gniert zurück­zo­gen, son­dern in den bür­ger­li­chen Par­tei­en trotz aller dabei unver­meid­li­chen Kon­flik­te mit­ar­bei­te­ten. Selbst ein Armin Moh­ler mit sei­ner aus­ge­spro­che­nen Sym­pa­thie für die Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­re der Zwi­schen­kriegs­zeit unter­stütz­te nicht etwa die NPD, son­dern die Strauß­sche CSU und setz­te dann noch ein­mal Hoff­nun­gen in die aus der CSU her­vor­ge­gan­ge­nen Republikaner.

Die Ent­täu­schung die­ser Hoff­nun­gen lag sicher nicht dar­an, daß Fun­da­men­tal­op­po­si­ti­on der bes­se­re Weg gewe­sen wäre, son­dern hat­te eher mit gewis­sen Ver­säum­nis­sen des deut­schen Nach­kriegs­kon­ser­va­tis­mus zu tun, die zu einer all­mäh­li­chen Auf­lö­sung der eige­nen insti­tu­tio­nel­len Grund­la­gen und einem – wegen des man­geln­den Wider­stands gegen die seit den 1960er Jah­ren sich abzeich­nen­den Zer­set­zungs­ten­den­zen erfolg­ten – suk­zes­si­ven Ver­schwin­den kon­ser­va­ti­ver Posi­tio­nen aus der öffent­li­chen Mei­nung führten.

Die Wie­der­ver­ei­ni­gung ließ die Rech­te für kur­ze Zeit noch ein­mal auf eine Ände­rung der Lage hof­fen, zumal sich die Pro­gno­sen der Lin­ken so ekla­tant als falsch, die der Rech­ten als rich­tig erwie­sen hat­ten. Trotz aller gegen­tei­li­gen Behaup­tun­gen des Geg­ners führ­te die Neue Demo­kra­ti­sche Rech­te um Rai­ner Zitel­mann und Karl­heinz Weiß­mann das »demo­kra­tisch« aber kei­nes­wegs als Camou­fla­ge im Namen, son­dern for­der­te tat­säch­lich nichts ande­res als einen »Nor­ma­li­sie­rungs­na­tio­na­lis­mus« (Peter Glotz) und ver­trat Posi­tio­nen, die in allen west­eu­ro­päi­schen Staa­ten selbst­ver­ständ­lich zum poli­ti­schen Spek­trum dazu­ge­hör­ten und in man chen eher der »Mit­te« als der »Rech­ten« zuzu­ord­nen waren.

Das Schei­tern die­ser Bemü­hun­gen führ­te zu einem tak­ti­schen Rück­zug, aber nicht aus dem poli­ti­schen Geschäft über­haupt. Die Grün­dung des Insti­tuts für Staats­po­li­tik etwa erfolg­te mit dem Zweck, die poli­ti­sche Lage aus kon­ser­va­ti­ver Per­spek­ti­ve zu ana­ly­sie­ren und Hand­lungs­op­tio­nen aus­zu­lo­ten. Das Ziel war dabei alles ande­re als rech­te Lager­feu­er­ro­man­tik, son­dern der »kal­te Blick von rechts« (Marc Felix Ser­rao) und die Suche nach rea­lis­ti­schen Wirkmöglichkeiten.

Die­se haben sich in jüngs­ter Zeit unbe­streit­bar erwei­tert, da die poli­ti­sche Lage in Bewe­gung gekom­men ist. Das hat die denk­ba­ren Hand­lungs­op­tio­nen dras­tisch ver­mehrt, und die Fra­ge nach den rich­ti­gen Kon­se­quen­zen ist eben­so unsi­cher wie die Fra­ge der ange­mes­se­nen Lage­ana­ly­se überhaupt.

Ange­sichts der nun schon seit eini­gen Jah­ren lau­fen­den Debat­te über »Post­de­mo­kra­tie« und auch ange­sichts des Erfolgs von Polit­se­ri­en wie Bor­gen und vor allem House of Cards, die man als Ankün­di­ger eines neu­en Zynis­mus ver­ste­hen könn­te, wäre es auf den ers­ten Blick durch­aus denk­bar, den bis­her ins­be­son­de­re vom IfS ver­folg­ten demo­kra­tisch-rech­ten und »volks­kon­ser­va­ti­ven« Weg zu ver­las­sen und eine rech­te Alter­na­ti­ve zur Demo­kra­tie zu entwerfen.

Wer sich dafür ent­schei­det, soll­te aber nicht außer acht las­sen, wie wenig aus­sichts­reich jeder aus­drück­li­che Bezug auf »rech­te« Ideen ist – mit nach wie vor stei­gen­der Ten­denz – und wem gegen­wär­tig eine Äch­tung des Mehr­heits­wil­lens tat­säch­lich nützt.

Die jüngs­ten Ver­schie­bun­gen der poli­ti­schen Lage kön­nen außer­dem nicht iso­liert betrach­tet wer­den, son­dern sind nur vor dem Hin­ter­grund der erwähn­ten jahr­zehn­te­lan­gen Zer­set­zungs­ten­den­zen ange­mes­sen zu deu­ten. Auf das Prin­zip der Eli­te näm­lich konn­ten sich die kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­tio­nä­re der Zwi­schen­kriegs­zeit oder auch ein Stauf­fen­berg nur des­halb mit gutem Gewis­sen beru­fen, weil man das Vor­han­den­sein einer real exis­tie­ren­den Gegen­eli­te vor­aus­set­zen konnte.

Dies aber ist heu­te unmög­lich: Nicht nur wird die gegen­wär­ti­ge poli­ti­sche Eli­te regel­mä­ßig und zu Recht als poli­ti­scher Geg­ner jedes Kon­ser­va­tis­mus mar­kiert, son­dern das­sel­be gilt auch für alle denk­ba­ren Gegen­eli­ten aus dem wirt­schaft­li­chen Bereich. Gera­de dort befin­den sich die vehe­men­tes­ten Befür­wor­ter – und Vor­be­rei­ter – einer post­de­mo­kra­ti­schen Plu­to­kra­tie, deren künf­ti­ge Eli­te alle Befürch­tun­gen einer »schö­nen neu­en Welt« noch in den Schat­ten stel­len wird.

In die­ser Situa­ti­on wird nie­mand mit Aus­sicht auf Erfolg eine rech­te Gegen­eli­te auf­bau­en kön­nen. Die ein­zig rea­lis­ti­sche Alter­na­ti­ve bestün­de dage­gen in der Erkennt­nis, daß, wenn über­haupt, dann in der Stär­kung des Mehr­heits­prin­zips noch Wider­stands­re­ser­ven gegen die mas­si­ven staat­li­chen Selbst­zer­stö­rungs­ten­den­zen zu fin­den sind.

Dazu aber ist nicht nur eine ein­deu­ti­ge Par­tei­nah­me für die Demo­kra­tie erfor­der­lich, son­dern auch die Bereit­schaft, »anknüp­fend« zu agie­ren. Denn wo außer in einer Mobi­li­sie­rung der »Mit­te«, im Namen des gesun­den Men­schen­ver­stan­des, wäre es heu­te noch mög­lich, Mehr­hei­ten für eine ande­re Poli­tik zu fin­den? Vor allem die UKIP in Groß­bri­tan­ni­en und die AfD in Deutsch­land sind der­zeit die­je­ni­gen poli­ti­schen For­ma­tio­nen, die die­sen Weg beschreiten.

Man kann die dabei gewähl­ten Mit­tel und Wege wenig bunt fin­den, sich im Ein­zel­fall mehr Deut­lich­keit wün­schen und man­che Posi­tio­nie­run­gen aus rechts­in­tel­lek­tu­el­ler Per­spek­ti­ve als naiv kri­ti­sie­ren. An die­sem gan­zen, auf einer lan­gen kon­ser­va­ti­ven Tra­di­ti­on beru­hen­den Ver­such einer prin­zi­pi­ell kon­struk­ti­ven Arbeit für den Erhalt der staat­li­chen Ord­nung führt aber kein Weg vor­bei. So viel meta­po­li­ti­sche Klug­heit, so viel Rea­lis­mus soll­te schon sein.

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