Das war’s. Diesmal mit: Tenenbom in Schnellroda, Lügenpresse und meinen Schwächen

25.4.2017 -- Meine Schwester hat sich in Berlin eine Lesung mit Tuvia Tenenbom („Allein unter Flüchtlingen“) angeschaut. „Absolut kultig!“, ihr Kommentar zu ihrer Begleitung.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Da schal­te­te sich ein älte­res Ehe­paar so unauf­ge­for­dert wie herz­lich ein: „Ja! Und wie er die Rech­ten vor­führt! Das ist ja das Tol­le! Das macht der so mit links!“- „Echt?“, frag­te mei­ne Schwes­ter nach. Sie habe das über­haupt nicht als Vor­füh­rung ver­stan­den. Der set­ze sich doch ganz ernst­haft mit „denen“ auseinander.

Glo­cken­hel­les Lachen! Das sei ja das Geschick­te! Die­ser gespielt nai­ve Zugang! Tenen­boms Trick sei, den Ver­s­teh­on­kel zu mar­kie­ren. Damit errei­che er, daß die Rech­ten sich voll­ends ent­blö­ßen. „Damit gelingt dem, wor­um sich unse­re Jour­na­lis­ten seit Jah­ren erfolg­los bemü­hen: Den Rech­ten die Mas­ke vom Gesicht zu reißen!“

Nun ja. In der Tat fährt Erfolgs­au­tor Tenen­bom gera­de die lin­ke Tour. Anfang Mai liest er zunächst bei der Rosa-Luxem­burg-Stif­tung in Mag­de­burg, dann im lin­ken Sze­ne­treff Con­ne Island in Leip­zig. Und dann?

Biegt er wie­der­um ab. Am 6. Mai wird er in Schnell­ro­da sein, zum „Lite­ra­ri­schen Früh­schop­pen“ ab 10 Uhr. Anmel­dun­gen wer­den ab sofort ange­nom­men, am bes­ten per mail an anmeldung[at]schnellroda oder tele­fo­nisch unter 034632–904396. Hun­dert Kar­ten sind zu ver­ge­ben, der Ein­tritt kos­tet 5 €.

Und wir? Wir gehen der­weil wie­der in die Mas­ke. Soll ja auch Spaß machen, allen!

26.4.2017 – Hat­te nun eine Zeit­lang wie­der täg­lich die FAZ. Wirt­schaft ist nicht gera­de mein Kern­be­reich, aber die Cau­sa Klein­feld hab ich doch ver­folgt, aus drei Grün­den: Ers­tens, weil die Sache in der FAZ die­ser Tage gera­de­zu über­prä­sent war. Zwei­tens, weil mich Gen­der­fra­gen inter­es­sie­ren. Drit­tens, weil hier, also in der FAZ, eine Stel­lung­nah­me von Prof. em. Ulrich Oever­mann eine Rol­le spielt.

Mit Oever­mann hat­te ich mich in mei­nem Ger­ma­nis­tik­stu­di­um län­ger beschäf­tigt, als ich zu mei­nem Haupt­the­ma Sozio­lin­gu­is­tik forsch­te. Kurz gesagt: Wirt­schaft ist männ­lich kon­no­tiert, Gos­sip, vul­go „Klatsch“, hin­ge­gen weib­lich. Der Abgang des Ex-Sie­mens-Mana­gers Klaus Klein­feld ist nun eigent­lich ein Wirt­schafts­the­ma, wur­de aber in min­des­tens sechs Bei­trä­gen inner­halb weni­ger Tage auf Gos­sip-Niveau rauf und run­ter­ge­nu­delt. Ein ech­tes Gen­der­dings also! 

Ganz kurz für die­je­ni­gen, die es nicht mit­be­kom­men haben: Klein­feld stand zuletzt dem ame­ri­ka­ni­schen Metall­un­ter­neh­men Arco­nic vor. Ein 72jähriger US-ame­ri­ka­ni­scher Inves­tor namens Paul Sin­ger hat­te Arco­nic zuletzt ordent­lich zuge­setzt. Sin­ger gilt als kal­ter Zocker, er soll (in Süd­ame­ri­ka) gan­ze Län­der in die Bre­douil­le gebracht haben. Es heißt, von Sin­ger instru­ier­te Detek­ti­ve hät­ten Klein­felds Müll­ton­nen durch­wühlt, Nach­barn befragt; was man halt so tut, um sein Aller­wer­tes­tes zu retten.

Nun ist ein Brief ans Tages­licht gekom­men, den Klein­feld an den ihm per­sön­lich unbe­kann­ten Sin­ger schrieb. Klein­feld schick­te Sin­ger einen „offi­ci­al match ball of the FIFA World Cham­pi­on­ship 2006 (cal­led „Team­geist“)” und schrieb sinn­ge­mäß, daß er sich dar­an erin­ne­re, wie gut sich Sin­ger damals nach Aus­sa­gen Drit­ter in Deutsch­land amü­siert habe. Er spielt auf die offen­bar exal­tier­te Fei­er­lau­ne von Sin­ger an: Der habe damals mit auf­ge­setz­tem India­ner-Kopf­schmuck in einem Stadt­brun­nen „Sin­ging in the rain“ intoniert.

Die­ses Schrei­ben mag man mit guten Grün­den als erpres­se­risch wer­ten. Die FAZ hat­te den Klein­feld-Brief über Tage nun bereits in ver­schie­de­nen Spra­chen doku­men­tiert und mehr­fach kom­men­tiert. Jetzt durf­te Herr Oever­mann, sei­nes Zei­chens „Erfin­der einer Metho­de zur Inter­pre­ta­ti­on von Tex­ten, die objek­ti­ve Her­me­neu­tik genannt wird“, uns den Brief auslegen.

Drei Stel­len fand ich beson­ders, ha, „objek­tiv“!

Ers­tens: Oever­mann sieht im Schrei­ben Klein­felds „unbe­wuss­te Gegen­sät­ze“ „zwi­schen einer jüdi­schen Kul­tur und einer ten­den­zi­ell anti­se­mi­ti­schen Ein­stel­lung“ zur Spra­che gekom­men. Wie das? Ich lese den Brief ein drit­tes Mal. Kapie­re das „objek­tiv Her­me­neu­ti­sche“ noch immer nicht. Oever­mann klärt auf: „Man muß nicht unbe­dingt wis­sen, daß der Ange­grif­fe­ne Paul Sin­ger Jude ist. Der Name legt es nahe. Der Name Klein­feld legt nahe, dass der kein Jude ist. [?] Sin­ger steht für eine ame­ri­ka­ni­sche Manage­ment­kul­tur, die ten­den­zi­ell jüdisch und aggres­siv ist. Davon gren­ze Klein­feld sich ab.“ Man muß hier den Brief wirk­lich nach­le­sen, um fest­zu­stel­len, wer hier mit anti­jü­di­schen Kli­schees hantiert!

Zwei­tens, Oever­mann: „Der Schrei­ber unter­stellt, dass Sin­ger meh­re­re Wochen in Ber­lin war und sich dort mit einer schwu­len Halb­star­ken­ban­de ver­gnügt haben muß.“ Wer mir nun einen Hin­weis auf die­se „Unter­stel­lung“ gibt, erhält einen druck­fri­schen Band Das war’s als Preis.

Drit­tens, Oever­mann abschlie­ßend, um neben unter­stell­tem Anti­se­mi­tis­mus, unter­stell­ter Homo­pho­bie auch noch die Sexis­mus­keu­le raus­zu­ho­len und damit bedroh­lich zu han­tie­ren: „Frau­en als gleich­be­rech­tig­te Part­ne­rin­nen von Män­nern kom­men hier nicht vor, nur als Gespie­lin­nen und Aus­gleich zum domi­nant schwu­len Milieu.“

Eine gan­ze Sei­te hat die FAZ dafür her­ge­ge­ben. Manch­mal kommt mir das Wort von der „Lügen­pres­se“ als viel zu harm­lo­ser Begriff vor.

27.4.2017 – Mei­ne Schwä­chen (klei­ne Aus­wahl): Unor­dent­lich­keit. Sich tech­ni­schen Fra­gen ver­wei­gern. Aus die­ser miß­li­chen Kom­bi erwächst ziem­lich regel­mä­ßig eine All­tags­kom­mu­ni­ka­ti­on wie die­se: „Jetzt hab ich so lan­ge am neu­en Pirincci geses­sen, und nun ist er weg!!“

Kubit­schek: „[…]?“

„Na klar! Immer brav gespei­chert! For­mat immer artig umge­wan­delt. Aber das Doku­ment ist weg!“

Klar, es folgt die Fra­ge nach dem wohin, nach dem Ort, dem Pfad. Was weiß ich denn! Auf mei­nem Desk­top tum­meln sich Dut­zen­de Datei­en. Ord­ner und Fächer wur­den mir ein­ge­rich­tet, sie sind mir fremd und wer­den nur spo­ra­disch bestückt. Der Chef schaut nach, er kennt das schon.

Manch­mal schimpft er, das sei­en mei­ne Gene. Ich hal­te das gut aus. Er fragt mich nach Such­be­grif­fen. Hm. Gefragt sind wohl Prä­zi­si­on und Allein­stel­lungs­merk­ma­le des Tex­tes. Nun gut: „Arschrit­ze. Wich­ser. Gefickt.“

„Ist jetzt nicht Ihr Ernst? Sie haben das Ding doch bereits lektoriert?!“

„Ja, schon. Aber dies­mal mit Kor­rek­tur­pro­gramm. Des­halb muß es noch drin sein. Also in rot. Aber die Far­be ist der Maschi­ne doch egal?“ Die Maschi­ne fin­det am Ende alles. Auch das Getilgte.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (17)

Starhemberg

27. April 2017 18:49

Na, da hat man dem Kleinfeld aber die Maske vom Gesicht gerissen! Oder dem Singer? Oder dem Oevermann? Oder der FAZ? Oeverman war doch mal der Assistent vom Habermas Jürgen, dem alten Geschichtsumkneter. Würg. Egal, da lese ich lieber bald den neuen Pirincci, bevor ich es mir wieder hinter meiner Maske gemütlich mache.

Curt Sachs

27. April 2017 20:46

Hinweis: Vermutlich das deutlich herausgestellte "other side (of)". Wenn man diese Idee erstmal als gegeben annimmt, passt dann auch die seltsame Fußballgeschichte, die sonst reichlich skurril wirkte.

Roland W.

27. April 2017 21:03

Guten Abend Frau Kositza,

Danke! Ich liebe Ihre Beiträge!

marodeur

28. April 2017 00:54

Jetzt bleibt leider im Dunkeln, wie sich die Maske genau gelöst hat. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, fragt Tenenbom bei links wie rechts, warum wir plötzlich Moralweltmeister geworden sind. Und am Ende steckte immer Hitler dahinter, ganz egal wen man fragt. Das war in sofern wenig "entlarvend". Seine treffende Beschreibung der arabischen Lügentradition war dagegen äußerst interessant - generell seine Gespräche mit den Asylanten. Was hat Tenenbom denn da nun vorgelesen? (bitte am 6. Mai nachhaken)

Nebenbei: Schade, dass er sein Buch schon beendet hat. Er hätte den Oberleutnant der Bundeswehr besuchen können, der als syrischer Fake-Flüchtling anerkannt wurde.

Und ein letzter kleiner Tipp zur Erhöhung der Auflage: Bieten Sie eine limitierte ungeschnittene Pirincci-Fassung an.

Herr Tisch

28. April 2017 10:16

"Coloful": "Gay" bedeutete ursprünglich auch "bunt" oder "farbenfroh".

Maiordomus

28. April 2017 11:49

Tuvia Tenenbom, von dem ich glaubte, dass es sich um eine Frau handle, Magnus Klaue, TUMULT:  man lernt nie aus, selbst wenn man noch daran ist, die langfristigen Autoren zu Ende zu lesen. Auch ich "liebe" die Beiträge von Frau Kositza, halte sie für die begabteste Feuilletonistin im hier publizierenden Autorenteam, im Sinne des älteren Feuilleton-Begriffs = "Blättchen". Sehr viel bedeutete mir auch ihr Buch "Tristesse Droite".

destijl

28. April 2017 15:44

Und noch ein Liebesbekenntnis von meiner Seite. Freue mich über jeden neuen Kositza-Beitrag. Humor kann man sich weder kaufen noch antrainieren. Kein Wunder auch, dass Tenenbom und Kositza sich gegenseitig schätzen. 

Seneca

28. April 2017 16:34

Na ja, der Brief von Kleinfeld ist auch bei wohlwollender Auslegung mehr als fragwürdig. Erpressung mit Offenlegung von Bildmaterial steht da zwischen, über und unter den Zeilen im Raum. Kleinfeld müsste allein wegen so viel Dämlichkeit den Hut nehmen. Bei Siemens hat den USA-Liebhaber auch keiner vermisst. Jetzt hat ihn seine Liebe eingeholt.

Ralf Kaiser

28. April 2017 19:49

Ein reichlich dubioses Subjekt hat sich da eine Einladung nach Schnellroda ergattert. Erst diese Woche war Tenenbom bei der 3sat-Kulturzeit zu Gast:

youtube.com/watch?v=G39RBeC5XdQ

Da behauptete er, die jüngsten Asylanten in Deutschland "wurden schlimmer als Tiere behandelt", was für ihn rassistische Ursachen hat, denn "Millionen von Briten ... wären viel besser behandelt worden". Die Maßgabe, nach der nun nicht mehr alle hereingelassen werden, steht in seinen Augen unter dem Motto "Laßt die anderen sterben!".

Außerdem verglich er die Funktionäre der Organisation "Breaking the Silence", mit denen sich Gabriel gerade in Israel treffen wollte, allen Ernstes mit RAF-Terroristen.  

Pfeiffer

29. April 2017 00:42

Hallo Herr Kaiser,

Danke für die youtube URL.

Aber warum finden Sie Herrn Tenenbom ein "dubioses Subjekt"?  Und wieso hat er sich die Einladung ergattert? Könnte es vielleicht sein, dass sich auch die Betreiber von Schnellroda  freuen, dass Tenenbom kommt?

Ihr Vorwurf, Tenebom würde "Breaking the Silence" mit RAF Leuten vergleichen ist ziemlich gewagt. Er hat (laut deutscher Übersetzung, das originale Englisch ist leider kaum zu hören) von "Baader-Meinhof" geredet, und in diesem Interview offensichtlich allgemein Leute gemeint, die in harter Opposition zu Deutschand stehen, also beispielsweise auch Leute, die Deutschland als Nazistaat bezeichnen. Und solche Leute hat er - zu Recht - verglichen mit "Breaking the Silence", aus der heraus Zahal (die Israelische Armee) auch schon mal als Nazi Armee bezeichnet wurde. Zugegeben, die Frau mit dem Nazi-Vergleich ist dann anscheinend gegangen. Nur: wer sich anschaut, was "Breaking the Silence" sonst so treibt, darf sich wundern, dass Gabriel sich ausgerechnet mit denen treffen wollte ..

Wie auch immer:  Ich freue mich, dass Tuvia Tenenbom in Schnellroda sein wird. Leider kann ich nicht dabei sein - die Reise dorthin ist für mich etwas zu lang.

Grüße nach Schnellroda

Solution

29. April 2017 02:10

Tenenbom ist keiner von uns. 

Kositza: Das meine ich auch, bspw. als Frau. Da ist er keiner von "uns". Von "uns Rechten" sicherlich auch nicht. Ich hab dauernd mit leuten zu tun, die nicht "von uns" sind. macnhe mag ich trotzdem gern, von anderen kann ich was lernen.

Patricius

29. April 2017 12:49

Tenenbom ist in der Tat kein Sprachrohr der Neuen Rechten in Deutschland. Geradezu pathologisch erscheint mir bspw seine Antisemitismusriecherei bei Allem und Jedem. Aber das ist doch kein Grund, ihn nicht nach Schnellroda einzuladen. Zumindest sein für hiesige Verhältnisse geradezu spektakuläres Verweigern der gängigen Diskursregeln (du darfst nicht eine Bühne bieten, jenen die da reden wider den Geist der Zeit...) und seine erfrischende Auffassung vom Berufsethos des Journalisten (informieren!) macht ihn allemal zu einem interessanten Gesprächspartner.

Der Feinsinnige

29. April 2017 15:42

@ Ralf Kaiser

„Ein reichlich dubioses Subjekt hat sich da eine Einladung nach Schnellroda ergattert.“

Tuvia Tenenbom ist schwer einzuordnen. Das Buch „Allein unter Flüchtlingen“ empfinde ich als großen Wurf. Er teilt nach allen Seiten aus, bekundet aber auch für verschiedenste Protagonisten Sympathien, bezüglich derer der durchschnittlich durch den „mainstream“ sozialisierte Leser es eher nicht erwarten würde, und zwar insbesondere für Götz Kubitschek und Ellen Kositza, auch für Akif Pirincci und Frauke Petry. Dagegen werden Personen wie Volker Beck (im Gegensatz zu Gregor Gysi, der gut wegkommt) regelrecht vorgeführt. So habe ich Tuvia Tenenbom jedenfalls verstanden. Eine von Tenenboms Kernaussagen ist meines Erachtens:

„Offen gestanden kann ich keinen großen Unterschied zwischen den rechten Deutschen und den linken Deutschen erkennen, zwischen denen, die gegen Flüchtlinge demonstrieren, und denen, die die größten „Flüchtlinge willkommen!“-Plakate in die höchsten Bäume hängen. Beiden liegen die Flüchtlinge ungefähr so am Herzen wie mir König Ludwig II.“ (S. 232).

Dieser Satz folgt auf die drastische Zusammenfassung der Zustände in den Massenunterkünften, die Tenenbom auch im Interview bei 3-sat beschrieben hat, nur daß er dort (möglicherweise aus Höflichkeit gegenüber dem Sender?) den soeben zitierten Zusatz weggelassen hat. Tenenbom hat in seinem Buch (bezogen auf sein Gespräch Lutz Bachmann) sogar geschrieben:

„Wenn ich Lutz so reden höre, fühle ich mich an den typischen New Yorker erinnert, ganz zu schweigen vom typischen Einwohner Montanas. Die meisten Amerikaner, egal ob Republikaner oder Demokraten, würden mehr oder weniger dasselbe über die Immigranten in den USA von sich geben.“ (S. 100).

Tenenbom legt immer wieder den Finger in die Wunde: Die derzeitige deutsche Politik ist vergangenheitsbezogen, von unehrlichem schlechten Gewissen geprägt und eine Art Betteln um internationale Anerkennung, wie gut wir Deutschen heute doch seien. Und noch ein Hinweis meinerseits: Das Kapitel über Pirincci ist so etwa das härteste, was ich jemals über die geradezu ekelhafte Selbstgerechtigkeit des deutschen Gutmenschentums gelesen habe.

Meines Erachtens ist es goldrichtig, Tuvia Tenenbom nach Schnellroda zu einer Buchvorstellung einzuladen – und es ist ein großer Gewinn, daß er zugesagt hat. Ich bin gespannt, wie der politische Gegner reagiert: Werden jetzt die im obigen Artikel erwähnten Veranstaltungen in der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Magdeburg und in Conne Island in Leipzig abgesagt, weil der Autor bereit ist, sein Buch auch bei den „falschen“ Leuten in Schnellroda vorzustellen? So etwas könnte passieren. Oder wird man Tuvia Tenenbom zu nötigen versuchen, die Veranstaltung in Schnellroda abzusagen? Ich schätze Tuvia Tenenbom so ein, daß er sich einem Versuch solcher Einflußnahme nicht beugen würde. Ich bin zudem der Überzeugung, daß eine Veranstaltung in Schnellroda mit einem Autor eines so etablierten Verlages wie Suhrkamp, egal wo genau der Autor nun steht, in jedem Fall ein Gewinn ist und die Lage in unserem Sinne weiter voranbringen wird.

Pfeiffer

30. April 2017 04:06

In meinem Text vom 28. April 2017 22:42 ist ein Fehler:

"Breaking the Silence" hat die Israelische Armee IINM nicht explizit als Nazi Armee bezeichnet: sie hat versucht hr Kriegsverbrechen anzuhängen ...

Monika L.

30. April 2017 09:37

Tuvia Tenenbom tut weh. Weil er Recht hat, weil er das sagen und schreiben kann, was unsereins denkt und fühlt. Kommt nett und locker rüber:

https://www.google.de/search?q=spiegel+interview+tuvia+tenenbaum&ie=UTF-8&oe=UTF-8&hl=de&client=safari

Seit der sog. ' Flüchtlingskrise' habe ich drei Freunde/Bekannte verloren. Redete in etwa so, wie Tenenbom in dem Spiegel-Interview. Von Zahlen, Fakten, sogar von Wahrheiten. Locker, ruhig beginnend. Plötzlich wurde mit der Moralkeule auf mich eingeschlagen. Irgendwas Böses wurde mir unterstellt. Ich sei gegen Demokratie, wolle eine Mauer bauen, gar schießen, usw.  Und es gäbe keine Alternative zur Masseneinwanderung und der Bewältigung der Folgen. Koste es was es wolle. Und sei es das Leben. ( Da zur falschen Zeit am falschen Ort)...

Das war die Antwort auf meine Frage: Wie hältst Du es mit den Einzelfällen?Wenn es Deinen Sohn oder Deine Tochter trifft. Ja, da ist man leider zur falschen Zeit am falschen Ort.......Und überhaupt, ob man sich denn für etwas Besseres halte...

Und deshalb tut Tenenbaum weh. Er darf das alles sagen. Das hat Unterhaltungswert. Und ich möchte einfach nicht mehr unterhalten werden !!! Sondern verstanden. Ein bißchen vielleicht. So wie von Pierre in Burgund, katholisch, dreimal bei manif pout tous, Raspail-Leser, Fillon-Wähler, humorvoll, Weinliebhaber usw.

"Was macht ihr Deutschen da, spinnt Merkel, wieso protestiert niemand gegen die Masseneinwanderung, wo soll das hinführen..... und, und....

"Ja, was wäre denn die Alternative" (  meine Gegenfrage) . "Zur Not schießen", sagte der nette Pierre  mit einer Seelenruhe. Bevor ich Einspruch erheben konnte, stellte er ruhig lächelnd fest: " Dafür sind wir zu katholisch".

Santé....

Ralf Kaiser

30. April 2017 13:55

@ Pfeiffer

Für Ihre Unterscheidung zwischen Baader-Meinhof und RAF bin ich offenbar nicht feinsinnig genug. 

Natürlich freut man sich in Schnellroda auf Tenenboms Besuch. Steht das im geringsten Widerspruch zu meinen Worten? Die vom @ Feinsinnigen erwähnten Sympathiebekundungen sind nach meinem Eindruck eher eine Masche, durch die Tenenbom mit solchen Leuten ins Gespräch kommen will, denen er dann verfängliche Äußerungen entlocken zu können meint. Das 3sat-Gespräch zeigt doch eindeutig, daß er die Befürworter dichtgemachter Grenzen für Rassisten hält.

Was die Sache in Israel betrifft, so meint Tenenbom im Interview doch auch, Gabriel hätte im Sinne der Ausgewogenheit ebenfalls die jüdischen Siedler besuchen sollen. Dieses Argument ist fadenscheinig, denn deren Position wird ja von Netanjahu repräsentiert, den Gabriel durchaus treffen wollte.

Monika L.

3. Mai 2017 09:13

Da zieht jemand den Schwanz ein:

https://www.conne-island.de/termin/nr5011.html

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