Wir Trampel

Hoppla! Gerade ist mir etwas ganz ähnliches passiert wie jüngst Carol Thatcher. Manchmal sind wir Frauen eben verdammt unsensibel. Thatcher, Journalistin beim BBC und Tochter einer noch berühmteren Mutter, soll in Hörweite von zwölf Mitarbeitern geäußert haben, daß sie das Aussehen eines aus dem Kongo stammenden französischen Tennisspielers an die einst überaus populäre Mohrenpuppe Golliwog erinnere.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

So ein Gol­li­wog mit Grin­se­mund, Kul­ler­au­gen und schwar­zem Zau­se­haar lag vor 34 Jah­ren auch in mei­nem Kin­der­wa­gen; eine Nach­ba­rin hat­te ihn selbst genäht und (in hun­dert­pro­zen­tig uniro­ni­scher, lau­te­rer Absicht) her­ge­schenkt. Ich hat­te ihn wohl eini­ger­ma­ßen lieb und kann mich beim bes­ten Wil­len nicht erin­nern, daß da Mit­leid oder Höf­lich­keit eine Rol­le gespielt hät­ten. That­chers Chef jeden­falls fand ihren Ver­gleich der­ma­ßen unko­misch, daß er sie vor die Tür setz­te. Dort nun wird sie als Hard­core-Ras­sis­tin geschol­ten, ein gefun­de­nes Fres­sen auch für deut­sche Medi­en von BILD bis WELT.

Und nun hier: Mich muß der Teu­fel gerit­ten haben, als ich halb­laut anläß­lich merk­wür­di­ger Win­ter­klei­dungs­mo­den bemerk­te, die Brief­trä­ge­rin habe „auch nicht gera­de eine Bar­bie-Figur“. Ohren­zeu­gen: Fünf Ver­lags­mit­ar­bei­ter, eine Putz­kraft, eine Min­der­jäh­ri­ge. Ein Rau­nen ging durch den Raum. Dann erho­ben sich zwei Stim­men gleich­zei­tig: „Frau P. sah doch put­zig aus heu­te!“ und: „Bar­bie ist doch eh´ gro­tesk!“ Man hat dann beschlos­sen, in der nächs­ten Mit­ar­bei­ter­kon­fe­renz zu ent­schei­den, wo Sexis­mus beginnt und wo er endet, was sag­bar ist, was nicht und ob man­che „Figu­ren“ öffent­li­chen Lebens ein­fach als sakro­sankt zu gel­ten haben. Dabei hat­te ich´s doch gut gemeint: Ich fin­de Bar­bie auch nicht schön und die Brief­trä­ge­rin schon, naja, eher. (Darf man Bar­bie eigent­lich gro­tesk fin­den, oder ist man dann links?) Selbst die Putz­kraft, an die wir uns gleich hil­fe­su­chend wand­ten, war rat­los ob mei­ner Bemer­kung. Dabei ist sie Hobby-Semiotikerin.

Gott­sei­dank gel­te ich mei­nem Chef als unver­zicht­bar, er wird’s so oder so wie­der durch­ge­hen lassen.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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