“Große Gesundheit”

von Heino Bosselmann

Angesichts der zunehmenden „Verhausschweinung“ (K. Lorenz) des europäischen Menschen...

der Mit­te wäre es an der Zeit für ein radi­ka­les ästhe­ti­sches Pro­gramm, Zeit also für die Absa­ge an Dis­coun­ter-Qua­li­tä­ten im wei­tes­ten Sin­ne, an das Dau­er­lä­cheln der Mode­ra­to­ren wie an die alles und jeden inklu­die­ren­de Ein­heits­bil­dung der als Ret­tungs­pro­jekt geprie­se­nen Ganz­tags­schu­len mit ihrer hei­len Welt hin­ter Glas.

„Pro­jek­te“ sind Insze­nie­run­gen; sie hal­ten das stets dra­ma­ti­sche Leben fern. Die um sich grei­fen­de geis­tig-sprach­li­che Leg­asthe­nie, ein­her­ge­hend mit zuneh­men­der kör­per­li­cher Dege­ne­rie­rung, führ­te bis­lang in die sozia­len Betreu­ungs­pro­gram­me der Trans­fer-Gesell­schaft und in die Dia­ly­se-Zen­tren des medi­zi­nisch-indus­tri­el­len Kom­ple­xes. Nach dem vor­läu­fi­gen Ende der Ideo­lo­gien ist die rich­ti­ge Ein­stel­lung offen­bar nur noch eine phar­ma­zeu­ti­sche Fra­ge. Der euro­päi­sche Mensch scheint schon der Form nach am Ende, ansehn­lich noch in sei­ner Kari­ka­tur als Spie­ler, etwa in Trend­sport­ar­ten. Aller­dings bleibt er auch als sol­cher häu­fig in einem erschre­cken­den Infan­ti­lis­mus gefan­gen, dem der Impuls des Erwach­sen­wer­dens fehlt, weil Erleb­nis und Bewäh­rung feh­len. Was mag etwa für ein Zei­chen dar­in zu sehen sein, daß immer mehr ADHS dia­gnos­ti­ziert wird. Einer­lei, ob die Dia­gno­sen stim­men, han­delt es sich um ein kul­tu­rel­les Phänomen.

Ver­mut­lich wäre im wei­tes­ten Sin­ne har­tes Trai­ning nötig, auf­zu­fas­sen in der Bedeu­tung des aus­ster­ben­den Begrif­fes der Ertüch­ti­gung, also das Bele­ben der pur­pur­nen Flüs­se, der Neu­start der Hir­ne, das Wie­der­ent­de­cken von Leis­tungs­ver­mö­gen und die Erfah­rung, daß viel mehr geht, als man gemein­hin denkt, ja sogar daß mit der Pla­cke­rei der Genuß erst beginnt.

„Es bedürf­te zu jenem Zie­le einer ande­rer Art Geis­ter, als gera­de in die­sem Zeit­al­ter wahr­schein­lich sind: Geis­ter, durch Krie­ge und Sie­ge gekräf­tigt, denen die Erobe­rung, das Aben­teu­er, die Gefahr, der Schmerz sogar zum Bedürf­nis gewor­den ist; es bedürf­te dazu der Gewöh­nung an schar­fe hohe Luft, an win­ter­li­che Wan­de­run­gen, an Eis und Gebir­ge in jedem Sin­ne, es bedürf­te dazu einer Art sub­li­mer Bos­heit selbst, eines letz­ten selbst­ge­wis­ses­ten Mut­wil­lens der Erkennt­nis, wel­cher zur gro­ßen Gesund­heit gehört, es bedürf­te, kurz und schlimm genug, eben die­ser gro­ßen Gesund­heit!“ (Nietz­sche, Zur Genea­lo­gie der Moral. Eine Streit­schrift.)

Was dar­an meta­pho­risch sein mag, wäre zu über­le­gen. Nicht alles jeden­falls. Man wird ein sol­ches Ansin­nen sogleich als faschis­tisch dif­fa­mie­ren, inso­fern Nietz­sche selbst von den all­zu schnell Erschro­cke­nen oder all­zu Wohl­mei­nen­den als Proto­fa­schist ange­se­hen wur­de. Abge­se­hen davon, daß der Phi­lo­soph min­des­tens in der phi­lis­trö­sen Anhän­ger­schaft der Dik­ta­tu­ren des vori­gen Jahr­hun­derts eher den letz­ten Men­schen, den Mas­sen­men­schen, gese­hen hät­te, darf man sich den Vor­wurf, Faschist zu sein, mitt­ler­wei­le eher als die Aus­zeich­nung gefal­len las­sen, in der Kri­tik an den Umstän­den in etwa schon rich­tig zu liegen.

Begin­nend mit dem Her­an­wach­sen: Die soge­nann­ten Gym­na­si­en, einst Garan­ten des Höchs­ten, was Schul­bil­dung zu bie­ten hat­te, quan­ti­fi­zie­ren dienst­leis­tend die Talent­ar­men, weil die kaum mehr zu qua­li­fi­zie­ren sind, und las­sen wegen hohen sozi­al­päd­ago­gi­schen Auf­wan­des die weni­gen Talen­tier­ten im Stich. Abschlüs­se wer­den aus poli­ti­schen Inten­tio­nen her­aus eher dekla­riert, als daß sie noch errun­gen wer­den müß­ten. Abi statt Rei­fe­prü­fung, Job statt Beruf. Soviel 1,0‑Schnitte wie noch nie! Wes­halb den­noch Kom­pe­tenz­man­gel? Nicht allein, daß das ele­men­ta­re Ver­mö­gen zu lesen, zu schrei­ben und zu rech­nen immer mehr Absol­ven­ten, selbst sol­chen mit „Hoch­schul­rei­fe“, fehlt, nein, die Schu­le hilft aus sys­te­mi­schen Grün­den kaum mehr dabei, aus Per­so­nen hand­lungs­fä­hi­ge und urteils­kräf­ti­ge Men­schen zu erzie­hen, derer die Demo­kra­tie bedürf­te, um ihre eige­nen Ansprü­che erfül­len zu kön­nen. Mit Hegel: „Der Mensch ist selbst frei, über­haupt im Besit­ze sei­ner selbst, nur durch Bil­dung.“ (Hegel, Grund­li­ni­en, § 57N)

Statt ver­ord­ne­ter Inklu­si­on wäre in maß­geb­li­chen Berei­chen Selek­ti­on ange­zeigt, nicht allein äußer­lich über ver­bind­li­che For­de­run­gen, son­dern eben­so durch Ver­tie­fung, Kon­zen­tra­ti­on, Muße, Kon­tem­pla­ti­on – zuguns­ten der­je­ni­gen, die dafür die Ver­an­la­gung, die Dimen­si­on und den Impe­tus mit­brin­gen. Mög­lichst her­aus­hal­ten aus dem Markt, über­haupt aus den über­leb­ten Struk­tu­ren, Bil­dung im Abseits, gar für sich, gege­be­nen­falls in zu bil­den­den Zir­keln jener, die sich noch ein Ziel zu geben ver­ste­hen. Das klingt nach kul­tu­rel­lem Wider­stand. Aber was wäre anre­gen­der als das? – Eben gera­de nicht jeden dort abho­len, wo er steht, wie ein päd­ago­gi­scher Lap­sus das aus­drückt, son­dern auf Anstren­gung setzen.

Die Fra­ge, ob zudem kör­per­li­che und hand­werk­li­che Arbeit zur Erzie­hung tau­gen möge, wird gar nicht mehr gestellt, scheint sie doch sogleich auf den natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Reichs­ar­beits­dienst und auf Straf­ar­beit zu ver­wei­sen. Die Erin­ne­rung an Arbeits­ein­sät­ze  – von Trüm­mer­frau bis Ern­te­hil­fe und sozia­lis­ti­schem Sub­bot­nik – scheint ver­ges­sen so wie das Wort “Ein­satz” über­haupt all­zu mili­tant klingt. Aller­dings ließ die Elb­flut gera­de erfah­ren, wie sinn­stif­tend der­glei­chen ist. Nicht zuletzt als Erleb­nis der eige­nen Kraft zuguns­ten der Gemein­schaft und zur Auf­rich­tung des Selbst­wert­ge­fühls. Jen­seits der Siche­rung des nur indi­vi­du­el­len Über­le­bens oder bes­ten­falls der eige­nen Kar­rie­re wird der Begriff der Arbeit und des Diens­tes „gesell­schaft­lich“ über­haupt nicht mehr gebraucht, es sei denn in den küm­mer­li­chen Form des deklas­sier­ten „Ein-Euro-Job­bers“ oder unter­be­zahl­ten Dauerpraktikanten.

Wür­den Geist und Kraft als Poten­tia­le der Nati­on und des Vol­kes erkannt, för­der­te man sie, setz­te man auf das Vor­bild der Bes­ten, erle­dig­te sich der „Fach­kräf­te­man­gel“ und es gäbe sogar wie­der Inge­nieu­re, jene Tat­sa­chen­menschen, denen das Land einst den Sta­tus einer Groß­macht tech­ni­scher Intel­li­genz ver­dank­te. Es gäbe ver­mut­lich über­haupt wie­der Ideen vom eige­nen Selbst, ver­bun­den mit der Grund­kom­pe­tenz, mor­gens tat­kräf­tig auf­zu­ste­hen – ein Ver­mö­gen, das all­tags­kul­tu­rell weit­ge­hend ver­lo­ren ging. Die hohe Zif­fer der Schul­ab­bre­cher ist näm­lich längst nicht mehr har­ten Prü­fun­gen geschul­det – Dar­auf wird zuguns­ten ein­fachs­ter “Berufs­qua­li­fi­zie­rung” längst ver­zich­tet! –, son­dern ein­fach der gras­sie­ren­den Unfä­hig­keit, für das, was von der Schu­le übrig blieb, rein phy­sisch prä­sent zu sein. – Kräf­te­man­gel – die­ses Wort bringt den gegen­wär­ti­gen gesell­schaft­li­chen Zustand auf einen bered­ten Begriff! Er ver­langt nach: Erkraftung!

Das alles ist ohne einen Akt der Erhe­bung, zunächst der Selbst­er­he­bung, nicht zu haben. Da Staat und Gesell­schaft ihre Wer­te und Nor­men an Schwä­che und Mit­tel­maß aus­rich­ten, bedarf es dazu nicht viel, nur einer kon­sum­kri­ti­sche Bewe­gung, die statt nur oral fixiert Min­der­wer­ti­ges zu ver­brau­chen, Qua­li­tät pro­du­zie­ren und auf­wa­chen will. Im Sin­ne des gro­ßen Wil­lens. Ja, im wei­tes­ten Sin­ne zur Macht!

Schon der augen­fäl­li­ge Hang zum exo­ti­schen Tat­too, also das Bedürf­nis, im gro­ßen Schwin­den mögen über­haupt Zei­chen blei­ben, für die man inves­tiert, was nir­gend­wo mehr nötig ist, näm­lich den Schmerz, deu­tet auf die kol­lek­ti­ve Sehn­sucht nach einem Sym­bol von Erha­ben­heit hin, auf den unbe­wuß­ten Wunsch nach Iden­ti­fi­ka­ti­on mit einem neu­en unver­wech­sel­ba­ren Stand, nach kraft­vol­ler Umkehr, die immer zuerst Abkehr bedeu­tet, als Absa­ge an die Men­ta­li­tät des trä­gen Ver­brau­chens, des bloß repro­du­zie­ren­den, sich selbst unter­hal­ten­den Stoff­wech­sels. – Woher rührt fer­ner die seit ca. zwei Jahr­zehn­ten anhal­ten­de Vor­lie­be für tri­via­le „Fan­ta­sy-Lite­ra­tur“? Suchen die Leu­te die Ursprün­ge, den Kampf, die Bewäh­rung? Bis­lang nur in ihrer Phan­ta­sie, viel­leicht aber doch mobilisierbar.

Wer heu­te nur auf das Seri­en­fern­se­hen ver­zich­tet, in dem sich die neu­en Spie­ßer und Flach­den­ker selbst bespie­geln, wer wie­der nach Grün­den und Ent­wick­lung fragt, wer nicht nur geist­los auf­nimmt und ver­daut, der ver­sam­melt sich wie von selbst im kul­tu­rel­len Wider­stand. Wer zunächst nur zwei­er­lei ver­mei­det – Ver­fet­tung und Ver­blö­dung –, ist schon Teil einer Bewe­gung, die die Kon­sens­de­mo­kra­tie des hedo­nis­ti­schen Kal­küls vom Ran­de her sehr schöp­fe­risch belebt.

Selbst die “Mit­te” – in der Zeit des Kon­vents wäh­rend der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on die Ebe­ne oder der Sumpf genannt – gerie­te in wal­len­de Kon­vul­sio­nen, wenn man ihr mit Ver­ve, mit Lei­den­schaft, mit neu­em Vita­lis­mus Paro­li böte. Wie all die poli­ti­schen Ver­laut­ba­rungs­rhe­to­ri­ker in Rage gerie­ten, wo sie sich doch jetzt bereits gegen­über der real exis­tie­ren­den NPD hoch­emp­find­lich gerie­ren. Was wäre die NPD gegen eine Front­stel­lung von Akti­vis­ten, die sich genau auf das besän­nen, was als ursprüng­lich auf­klä­re­ri­scher abend­län­disch-euro­päi­scher Wer­te­ka­non von beschau­li­chen Red­nern nur mehr for­mel­haft ven­ti­liert wird.

Und die Lin­ke? Sie gibt sich damit zufrie­den, in einem Kapi­ta­lis­mus mit mensch­li­chem Ant­litz satu­riert ein­ge­rich­tet zu sein, indem ihr die Mini­mal­ver­sor­gung ihrer Par­tei­gän­ger ver­spro­chen wur­de, jener Hier!-Schreier mit Buf­fet-Men­ta­li­tät, die mitt­ler­wei­le die eige­nen Bedürf­nis­se nicht ein­mal mehr arti­ku­lie­ren, son­dern nur noch mit der roten Gewerk­schafts­pfei­fe aus bil­li­gem Plas­tik her­aus­träl­lern können.

End­lich wie­der Aus­ein­an­der­set­zung, gro­ße Dif­fe­ren­zie­rung, Her­stel­lung von Unter­schei­dun­gen. – Eine Bewe­gung, die nur in sich sofort han­del­te, sich von der schlaf­fen Mehr­heit absetz­te, hät­te, wag­te sie die Tat, schon gesiegt. Sie müß­te sich als­bald nur noch der Über­zahl der Kon­ver­ti­ten und Wen­de­häl­se, der Anpas­ser und Oppor­tu­nis­ten erweh­ren, die sogleich die fes­ten Rei­hen der Gar­de auf­schwem­men woll­ten, weil all die Mit­läu­fer, nach wie vor in bis­he­ri­ger Erfah­rungs­lo­gik han­delnd, sogleich Auf­stieg und Pfrün­den witterten.

Der Feh­ler von Eli­ten, Gar­dis­ten und Par­tei­en neu­en Typs lag gera­de dar­in, mit der Auf­nah­me der “Viel-zu-vie­len” (F. Nietz­sche) die Skle­ro­se der Bewe­gung zu ris­kie­ren. Nein! Bit­te kei­ne Gna­de! Nicht mal gegen­über den eige­nen Leu­ten. Kein neu­er Erb­adel, kei­ne Nomen­kla­tu­ra, kei­ne Zen­tral­ko­mi­tees von Geblüt, kei­ne Seil­schaf­ten, son­dern Aner­ken­nung in der Trup­pe der Ver­schwo­re­nen nur durch Ver­dienst und Kom­pro­miß­lo­sig­keit in der Haltung.

Hal­tung ist viel. Sie kom­pen­siert zeit­läu­fi­ge Schwä­che und läßt immer Ent­schei­dun­gen zu. Sie über­win­det das Schei­tern, selbst wenn man objek­tiv längst geschei­tert ist. Wer das Beson­de­re will, muß stets der Mög­lich­keit der eige­nen Kata­stro­phe gewär­tig sein. Von vorn­her­ein zu wis­sen, ja zu erwar­ten, daß man schei­tern und unter­ge­hen kann, ja ver­mut­lich gar wird, ist die Ein­gangs­be­din­gung der Teil­nah­me an einer offen­siv kri­ti­schen Bewe­gung. Durch­kom­men, Aner­ken­nung fin­den, Erfol­ge ver­mel­den, geatzt und ver­sorgt wer­den, das ist das Vor­recht der Phi­lis­ter, des Pen­sio­närs­kon­ser­va­tis­mus und der Ries­ter-Rent­ner. Wer das so will, gehört ohne­dies zu einer kom­for­ta­bel leben­den Mehr­heit und mag auf deren Sei­te blei­ben. – Nur ver­än­dern wird er nichts.

In ihrer von der Natur gesi­cher­ten Über­zahl sind die medio­kren Typen, sind all die im fau­len Kom­pro­miß zusam­men­ge­schlos­se­nen Nul­len eine Macht, die sich not­falls sehr wohl der Guil­lo­ti­ne zu bedie­nen ver­steht, wenn ihr die all­zu wenig Beson­de­ren zu gefähr­lich wären, und das wer­den die­se Erle­se­nen schon, sobald sie sich nicht mehr als käuf­lich und kor­rum­pier­bar erweisen.

Selbst­be­sin­nung, Selbst­ver­ge­wis­se­rung in Klau­sur und in der Sezes­si­on, dann Wider­stand des Wor­tes und der eige­nen Tat. Das wäre der Weg. Es gibt der­zeit kaum einen Geg­ner. Wo der ste­hen müß­te, ist Ödland, das besetzt wer­den soll­te. Ödland? Nein, Neuland!

Es mag ein ris­kan­ter Gedan­ke sein, aber wir bedür­fen ab und an der gro­ßen Erfri­schung – und zwar nicht nur die Enthu­si­as­ten, son­dern eben­so deren Geg­ner, der gleich ihnen wie­der Sinn dar­in fin­det, über­haupt ernst­zu­neh­men­der Geg­ner zu sein. Gedank­lich radi­ka­le Bewe­gun­gen sind geschicht­lich so nor­mal wie not­wen­dig. Will man sich nicht dazu beken­nen, muß man sich aber doch dazu ver­hal­ten, wenn erst die Unter­schei­dung offen­bar ist, und das geschieht zwangs­läu­fig, erhebt eine Bewe­gung erst die Stim­me, der es mehr als um „Inte­gra­ti­on“ um Kon­fron­ta­ti­on zu tun ist:

Das Art­erhal­ten­de. – Die stärks­ten und böses­ten Geis­ter haben bis jetzt die Mensch­heit am meis­ten vor­wärts­ge­bracht: sie ent­zün­de­ten immer wie­der die ein­schla­fen­den Lei­den­schaf­ten – alle geord­ne­te Gesell­schaft schlä­fert die Lei­den­schaf­ten ein – , sie weck­te immer wie­der den Sinn der Ver­glei­chung, des Wider­spruchs, der Lust am Neu­en, Gewag­ten, Uner­prob­ten, sie zwan­gen die Men­schen, Mei­nun­gen gegen Mei­nun­gen, Mus­ter­bil­der gegen Mus­ter­bil­der zu stel­len. Mit den Waf­fen, mit Umsturz der Grenz­stei­ne, durch Ver­let­zung der Pie­tä­ten zumeist: aber auch durch neue Reli­gio­nen und Mora­len! Die­sel­be “Bos­heit” ist in jedem Leh­rer und Pre­di­ger des Neu­en, wel­che einen Erobe­rer ver­ru­fen macht, – wenn sie auch siech fei­ner äußert, nicht sogleich die Mus­keln in Bewe­gung setzt und eben des­halb auch nicht so ver­ru­fen macht! Das Neue ist aber unter allen Umstän­den das Böse, als das, was erobern, die alten Grenz­stei­ne und die alten Pie­tä­ten umwer­fen will; und nur das Alte ist das Gute! Die guten Men­schen jeder Zeit sind die, wel­che die alten Gedan­ken in die Tie­fe gra­ben und mit ihnen Frucht tra­gen, die Acker­bau­ern des Geis­tes. Aber jenes Land wird end­lich aus­ge­nützt, und immer wie­der muß die Pflug­schar des Bösen kom­men. – Es gibt jetzt eine gründ­li­che Irr­leh­re der Moral, wel­che nament­lich in Eng­land sehr gefei­ert wird: nach ihr sind die Urtei­le “gut” und “böse” die Auf­samm­lung der Erfah­run­gen über “Zweck­mä­ßig” und “unzweck­mä­ßig”; nach ihr ist das “gut” Genann­te das Art­erhal­ten­de, das “bös” Genann­te aber das der Art Schäd­li­che. In Wahr­heit sind aber die bösen Trie­be in eben­so hohem Gra­de zweck­mä­ßig, art­erhal­tend und unent­behr­lich wie die guten: – nur ist ihre Funk­ti­on eine ver­schie­de­ne. (Fried­rich Nietz­sche, Die fröh­li­che Wissenschaft)

Die Reak­ti­on der ande­ren: Sie wer­den sol­che Bewe­gung zunächst in dem bereits gewohn­ten Sin­ne patho­lo­gi­sie­ren. Als das unmit­tel­bar Böse, was ange­sichts all der geschichts­di­dak­ti­schen Läu­te­run­gen in Ver­lauf und Ergeb­nis des zwan­zigs­ten Jahr­hun­derts nor­ma­ler­wei­se nicht mehr mög­lich wäre. Tritt es den­noch auf, ist es abnorm und gehört in Qua­ran­tä­ne! Alles Schöp­fe­ri­sche soll­te dar­auf ein­ge­stellt sein, den Sta­gna­teu­ren als böse zu gelten.

Dabei sind nicht etwa ein Auf­stand, eine Revo­lu­ti­on, nicht ein­mal Demons­tra­tio­nen nötig, um die gan­ze Auf­merk­sam­keit zu bekom­men, son­dern nur Reni­tenz und Résis­tance in der Hal­tung. Schon gar kei­ne mobi­li­sier­ten Mas­sen, denn das wäre Aktio­nis­mus eines für Augen­bli­cke wild gewor­de­nen Mit­tel­ma­ßes, kur­ze Besof­fen­heit in Ent­gren­zung, Psy­cho­se, rausch­haf­te For­de­rung gie­ri­ger Ver­brau­cher nach noch bes­se­ren Plät­zen in den gro­ßen Kan­ti­nen unterm Dach der soge­nann­ten Markt­wirt­schaft. Viel­mehr braucht es eine klei­ne Schar, die eine Men­ge schon dadurch ris­kiert, daß sie ihre Exis­tenz aufs Spiel setzt, nach­dem sie ihren Ruf bereits ver­lo­ren hat. Das gilt für die Kunst wie für die Politik.

Mag sein, wir ste­hen in die­ser Kri­se mal wie­der vorm Ende der gro­ßen Lan­ge­wei­le. Man spie­le nach all den Jah­ren „Winds of Chan­ge“ ein – vor ver­än­der­tem Hin­ter­grund, in ganz neu­em Zusammenhang.

Nichts schreibt sich
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Kommentare (40)

albert

8. Juli 2013 09:48

Ein spannender Aufsatz - wie immer. Ich stimme Ihrer Analyse auch zu 95% zu.

Allein - mir fehlt die alltagstaugliche, lebensnahe Ausrichtung: Spannung aushalten - Haltung zeigen - konsequent verweigern - Sezession - alles richtig: Nur, was heißt denn das praktisch? Wie sieht so was im Alltag aus?

Heino Bosselmann

8. Juli 2013 10:19

@Albert: Lieber Albert, mir selbst ist mein Gestus etwas zu kraftvoll und zu pastoral. – Zu schreiben ist, wie Sie wissen, leichter als zu handeln. Insofern erscheint mir Ihre Frage mehr als nur legitim. Es geht da um nicht weniger als das große "Wie ist zu leben?" Ein philosophisch-ethischer Ansatz, den Sie da verlangen. Ein Versuch: 1.) Sich möglichst frei zu halten von Korrumpierbarkeit, selbst um den Preis von Einschränkungen im Lebenskomfort, sichert m. E. Beweglichkeit. Mir jedenfalls. Freiheit ist in Karriere nicht möglich, allenfalls danach. – Man kann so die Auseinandersetzung suchen, möglichst ohne die tolle theatralische Geste, sondern mittels Genauigkeit und Offenheit. 2.) Im Akt des Sprechens und Schreibens aufmerksam zu prüfen, ob man verordneten Phrasen folgt oder selbst und kritisch spricht – sich also mündig versteht–, kommt kulturellem Widerstand gleich. Das ist schnell ausprobiert. Weichen Sie nur der Phrase aus, stehen Sie sofort und von selbst mitten im interessantesten Skandal. Im Sinne Wittgensteins: „Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung unseres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache.“ (PU 109)– „Wir führen die Wörter von ihrer metaphysischen auf ihre alltägliche Verwendung zurück“ (PU 116) 3.) Einfach etwas Nebensächliches: Sie erleben allerorten – und gerade in den Medien – ein aggressives, hochinvasives Gut-drauf-Klima. Alles wird durchs Dauergrinsen und die Jagd nach Pointe und Bonmot kaschiert. Dagegen hilft ein ruhiger, nicht sauertöpfischer Lebensernst, meine ich. 4.) Die Begriffe des "Authentischen" und "Identitären", die nicht nur in der Rechten, sondern überhaupt Hochkonjunktur haben, deuten darauf hin, daß vielfach das Elementare vermißt wird, an dem sich das Leben immer maß: echte Erlebnisse – nicht nur "Landlust" –, Bewährung in der Jugend, das Lernen des Scheiterns und Wiederaufstehens, das Wagnis des Trotzdem!, die Überwindung fauler Entropie, der Mumm, Unterschiede herauszustellen, statt ausschließlich Gemeinsamkeiten zu beschwören. Nein, unvernörgelt die Differenz zeigen, also – im Wortsinn – zu "diskriminieren. Luhmann: "Triff eine Unterscheidung!" Ich habe öfter den Eindruck, die Linksalternativen reduzieren all das wieder auf "Verbraucherprobleme", bspw. auf Biokost, "Schrot & Korn". 5.) Ich hielte eine Menge von einem neuen Ethos der Arbeit, in neuen Arbeitsformen vielleicht. (Bloß nicht als "Job". Der Begriff "Jobcenter" sagt alles über den "Wert" der "Arbeitsmarktpolitik".) "Arbeit" erscheint mir fast überall negativ konnotiert, im Sinne von: Weniger Arbeit, aber per se mehr Verdienst. 6.) Bildung ist m. E. dagegen eher im Abseits möglich, in neu entdeckter Muße und Kontemplation. Wohin Vermarktwirtschaftlichung der Bildung führt, sehen Sie an den "dienstleistenden" und "Schnitte" garantierenden Privatschulen und noch mehr am Bologna-Prozeß. Dies als Ansatz …

W.Wagner

8. Juli 2013 11:04

Es wird Zeit, dass Herr Bosselmann mindestens ein Kaplaken-Bändchen bekommt! Wobei auch seine Ideen zu einer Privatschule ... mitzuveröffentlichen wären.

Georg Mogel

8. Juli 2013 11:18

Fast auf den Tag genau vor 29 Jahren ist Hans Sedlmayr, der Autor von "Verlust der Mitte", 88jährig gestorben.
Er war so revolutionär altbacken, daß er die Menschen in edelster Einfalt und lauterster Größe allein mit dem Hinweis auf die Schönheit gewachsener Dinge vom Neuerungswahn zurückbringen wollte.
Seine Kulturkritik einmal wieder zu lesen lohnt sich angesichts der Entwicklung seit 1948, als das Buch erschienen ist, für jeden Zeitgenossen.
"Es gibt Menschen, welche die Katastrophe brauchen." (Christian Morgenstern). Und vielleicht auch Völker, vielleicht auch Kulturen.

Ein Fremder aus Elea

8. Juli 2013 11:27

Nicht alles glauben, was so in die Welt hinausposaunt wird. Es gibt keinen Fachkräftemangel in Deutschland, wohl aber die Notwendigkeit, Studenten für Studiengänge zu motivieren. Das gilt genauso auch für Lehrermangel und sonstige Mängel.

Der deutsche Staat ähnelt einer gut geölten Maschine.

Die Deutschen haben nur wenig von dieser Maschine, weil sie ihre Kraft nicht zu politischen Zwecken einsetzen können oder wollen oder auch nicht wissen, wie sie es anstellen müßten.

Hin und wieder gibt die FAZ Hinweise auf unseren Status, wie letztens wieder, als sie bemerkte, daß die USA das Recht haben, Deutsche auszuhorchen, und die Kanzlerin eigentlich davon wissen sollte. Gauck bezeichnet Snowden als Verräter, obwohl letzterer laut seinem Eid auf die Verfassung zu seinem Verhalten gezwungen war.

The right of the people to be secure in their persons, houses, papers, and effects, against unreasonable searches and seizures, shall not be violated, and no Warrants shall issue, but upon probable cause, supported by Oath or affirmation, and particularly describing the place to be searched, and the persons or things to be seized.

I hereby declare, on oath, [...] that I will support and defend the Constitution and laws of the United States of America against all enemies, foreign and domestic;

Der Unterschied zu früheren bundesrepublikanischen Zeiten besteht darin, daß heute kaum noch jemand Deutschlands realen Status für Realität hält und sich entsprechend initiativ verhält.

Konkret bedeutet das, daß die Einigkeit abnimmt, sich die Gesellschaft radikalisiert, Arm und Reich auseinanderklaffen, soziale Probleme entstehen und nicht mehr gelöst werden können - alles auf längere Sicht.

Und das wissen die deutschen Funktionseliten auch, aber ihre einzige Reaktion darauf ist, Gift zu versprühen, herumzufauchen.

Da will man Italien bestrafen, indem Norditalien in einem Alpenstaat aufgeht, da hält man Türken Vorträge darüber, daß nur das deutsche Modell Wohlstand schafft, aber diese Angriffe zeigen nur, daß man sich gegen die Prozesse, welche einen selber bedrohen, nicht verteidigen kann, egal auf welcher Ebene sie sich abspielen, ob es die EU ist oder die eigene ideologische Impotenz, welche anderen Ideologien Raum gibt.

Das ist meine Einschätzung der gegenwätigen Situation. Ich hatte das auch schon vor längerer Zeit (am 8. März) zumindest teilweise behandelt, ist so kurz, daß ich es hier zitiere.

Wer glaubt, er könne anderen seine Natur anerziehen,
verurteilt sich zum Kampf gegen alles Fremde,
und wer glaubt, er könne den Menschen ihre Natur aberziehen,
verurteilt sich zu lebenslanger Sinnsuche.

Also, was Deutschland gegenwärtig unmittelbar fehlt, ist eine realistische Einschätzung politischer Betätigungsmöglichkeit und -notwendigkeit.

Georg Mogel

8. Juli 2013 11:39

Der Schwund aller starken Gefühle und Affekte durch Verweichlichung, Fortschreiten von Technologie und Pharmakologie fördern eine zunehmende Intoleranz gegen alles im geringsten Unlust Erregende. Damit schwindet die Fähigkeit der Menschen, jene Freude zu erleben, die nur durch herbe Anstrengung beim Überwinden von Hindernissen gewonnen werden kann. Der naturgewollte Wogengang der Kontraste von Freud und Leid verebbt in unmerklichen Oszillationen namenloser Langenweile.

Konrad Lorenz,
Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit
1973

Theosebeios

8. Juli 2013 13:49

Bravo, Herr Bosselmann, eine Eins mit Sternchen -- der Zusatz ist notwendig, da die Eins nicht mehr ist, was sie einst war!
(Mit Nietzsche hab's ich leider nicht, aber das ist eine andere Sache ...)

Uwe Ullrich

8. Juli 2013 14:40

Sehr geehrter Herr Bosselmann,
Ihr Pamphlet birgt antagonistische Widersprüche in sich, referiert über schon Tausendmal beschriebene Befindlichkeiten, garniert mit „bedeutenden“ Zitierungen, und verliert sich im Spekulativen. Erscheinen die Beispiele kennzeichnend, so setzen Sie nicht Ihre Vorstellungen über gesellschaftliche Wandelprozesse entgegen und steigern sie zu der zentralen Frage, wie wir Konservativen Einfluß auf die zukünftige Entwicklung nehmen könnten, welche Mittel und Methoden auf den Weg zu bringen sind und welche Ziele ihnen vorschweben. Was bedeutet eine Anhäufung von Wahrnehmungen gegenüber einer Vision, die Gegenwart und Zukunft zu gestalten, Veränderungen zu erreichen. Solange wir nur „mutig“ Tatsachen in vielfältiger Form repetieren, solange kann sich nichts ändern. Es fehlt, um unseren dekadenten Gesellschaftserscheinungen Paroli zu bieten, kurzweg die Theorie: Wie stellen wir uns später Menschen-, Geschichts- und Weltbild vor?; Was und wie sind die darin formulierten Ziele zu erreichen oder welche auch nicht?; Welchen Traditionen folgen oder verwerfen wir?; Wie ist unsere Stellung zur Nation, zum europäischen Gedanken und welchen Grund haben wir noch, der siechenden Hegemonialmacht USA beflissen untertänig zu sein? Wen definieren wir als Zielgruppe und wie befähigen wir deren aufgeschlossene Mitglieder, gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen? Mit welchen Thesen kann ein „Konservatives Korrektiv“ als Bewegung oder Partei erfolgreich werden und Sympathisanten/Wählerstimmen gewinnen? ….
Es bedarf wesentlicher Argumente, um gesellschaftliche Veränderungen zu beschreiben und um sie umzusetzen. Die Theorie wird sich in der Praxis erweisen, immer wieder notwendige Anpassungen erfordern. Wie der bedächtige Sachse sagt: Versuch macht kluch!
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Ullrich

Hartwig

8. Juli 2013 14:48

Ein Ganztagesmarsch sollte es werden. Über 1600 Höhenmeter waren zu steigen. Und keine Einkehr auf dem Weg. Dem Gejammer der Jungs, 11, 9 und 8 musste etwas entgegen gehalten werden. Expeditionsatmosphäre musste her. Auf 06:00 Uhr sollte der Wecker gestellt werden. Mama konnte weiterschlafen. Am Vorabend schon Check der Ausrüstung; Schuhe, Regensachen, Wanderstöcke, jeder sein eigenes Messer. Absprache über Proviant. Abmarsch in der Frühe. Getue mit Kompass und Karte. Etappenvorgaben. Gemeinsamer Gesang. Picknick. Flaschen am Bach auffüllen. Zum Schluss nur noch den Blick aufs Ziel. 50 steile Schritte und durchatmen, und weitere 50 Schritt. Der Stärkere trägt den Rucksack des Schwächeren. Und oben. Gipfelkreuz. Stille. Schmerzhafter Abstieg. Im Kopf schon, der Mama von der eigenen Größe berichten zu können. Stolz. Ein Tag zum Erinnern.
So geht es. Im Playstation-Zeitalter immer schwerer, aber es geht.

Heino Bosselmann

8. Juli 2013 15:10

@Uwe Ullrich: Sehr geehrter Herr Ullrich, zwar würde ich mich nicht mit dem allzu lapidaren Begriff „Suchender“ beschreiben, im Gegenteil, aber ich kann hier über kritische und skeptische Beobachtungen hinaus keine finale Weltsicht vorstellen oder im Gestus der Leninschen Überschrift „Was tun?“ (1902) ein ideologisches Grundkonzept vorschlagen. Ich habe nämlich keines. Odo Marquard, den ich gern lese, spricht vom „Ende der unheilvoll finalisierenden Geschichtsphilosophie“. Gute Wortlösung, finde ich. – Als Oberschüler einer schon lange untergegangenen Republik mußte ich übrigens mal einen Aufsatz zu folgendem Ulbricht-Zitat schreiben: „Wenn ihr wissen wollt, wie der Weg vorwärts geht, dann lest Goethes ‚Faust’ und Marx’ ‚Kommunistisches Manifest’“. – Es fiel mir verdammt schwer. (Um "antagonistische Widersprüche" ging's damals übrigens auch andauernd. Sie stellten sich dann nicht als solche heraus.) – Mit der Bitte um Verständnis: Sie erwarten von einem Tagebuchschreiber als Person und von einem Text als Essay (= Versuch) zuviel. Oben notierte ich etwas als Antwort auf Alberts Impuls. Aber auch dort: Non multa. – Daß hier einiges steht, was schon so oder ähnlich gesagt wurde, auch von mir: Zugestanden. Leider. Man ringt halt damit. – Immer zur Korrespondenz via Mail bereit. Herzlicher Gruß!

Heinrich Brück

8. Juli 2013 15:42

Absicht und Ergebnis, der Unterschied, das Wollen und das
Sein.
Was will ich, was wollen meine Gegner, und wie setze ich das
Wollen meiner Gegner zu meinem Nutzen ein. Welcher Schritt
muß zuerst getan werden damit das Ergebnis am Ende stimmt?
Wie muß das Wollen des Feindes eingesetzt werden, wenn bekannt
ist was er tun muß um das eigene Wollen nutzbringend zu
unterstützen?
Allein kann niemand zum Ziel kommen, jeder muß von seinen
Gegnern unterstützt werden.
Was will ich? Wichtigste Frage. Wie komme ich zu meinem
Ziel? Zweitwichtigste Frage. Wie können die Feinde am besten
ausgenutzt werden? Letztwichtigste Frage. Alle Fragen müssen
bis ins letzte Detail beantwortet werden.
Gegenkräfte machen das Ergebnis erst möglich. Der Zeitpunkt
ihrer Entstehung und Wirkung ist wichtig, dann können sie optimal
eingesetzt werden. Dabei wird niemand zu irgendetwas verleitet,
am Ende gehen nur beidseitige Wünsche in Erfüllung, es gibt
keine langfristigen Gewinner.
Zwei gleichwertige Könner sind immer ein Alptraum, aber nur
einer kann gewinnen.

Ein Fremder aus Elea

8. Juli 2013 16:14

Herr Brück,

ein Lob Frau Merkels?

Ehrlich gesagt glaube ich nicht, daß Deutschland außenpolitisch seine Gegner dazu bringen kann, etwas zu tun, was im deutschen Interesse ist. Dazu müßte Deutschland nämlich eine Situation schaffen, in welcher deutsche Fähigkeiten gefragt wären, und das kann Deutschland schlicht nicht.

Innenpolitisch sieht es freilich anders aus, innenpolitisch kann Deutschland sehr wohl eine Situation schaffen, in welcher die Fähigkeiten der deutschen Eliten gefragt sind. So müßte man es schon angehen, Druckmittel schaffen. Aber das Gegenteil ist ja der Fall, sehr beflissen wird das Land stromlinienförmig gemacht und geschwächt.

eulenfurz

8. Juli 2013 17:58

Der angebliche Fachkräftemangel hat seine Begründung auch in monetär unattraktiven Berufssparten, für welche kaum ein Jugendlicher ein schweres Studium auf sich nehmen will. Immer wieder kristallisieren sich in Gesprächen mit Studenten die Vorstellungen für die Zeit nach dem Studienabschluß heraus: "Viel verdienen, wenig arbeiten."

Natürlich kommt der Begabungsschwund hinzu. Der Psychologe Engelmayer zitierte bereits in den 1960er Jahren amerikanische Studien, die konstatierten, daß „die durchschnittliche Begabungshöhe der westlichen Kulturvölker im stetigen Abbau begriffen sei.“ Der Verlust würde „mit 2 bis 3 IQ-Punkte pro Generation beziffert“.

Und bereits 1956 diagnostizierte der Sozialpsychologe Albert Huthein bei Jugendlichen körperliche Wachstumsbeschleunigung und geistige Entwicklungsverzögerung. Sie hätten zu viele Wahrnehmungen und zu wenig Anschauungen: „Es dringen so viele Sinneswahrnehmungen auf sie ein, daß nichts wirklich verarbeitet werden kann; alles bleibt flüchtig und ungenau.“

[Begabungsförderung]

Keats

8. Juli 2013 20:15

Eine harmonische Wohlstandsgesellschaft macht die Menschen zufrieden, faul und fett. Das ist bei den Überflüssigen (laut Jeremy Rifkins radikaler Prognose von 1995 bald 80%) gut und richtig, für die Gesellschaft insgesamt aber tödlich. Also brauchen wir Drama, aggressive Konkurrenz international und - durch massive Menschenimporte - auch lokal. Wer schon auf dem Schulhof ständig mit feindseligen Fremden konfrontiert wird, wächst gestählt oder frustriert heran. Beides kann nützlich sein. Die Angst, im späteren Leben keinen Abstand halten zu können, ist ein guter Motivator. Die riesige Umverteilungsmaschinerie stellt nicht nur die Überflüssigen ruhig, sie hält auch die Produktiven fit, die länger und härter in der Tretmühle arbeiten müssen.

Diese Maßnahmen mögen Außenstehenden als "böse" erscheinen, aber sie sind notwendig. Sie bringen genügend Hochleister hervor, um dem Wirtschaftsstandort eine zentrale Rolle in der kommenden postnationalen, postdemokratischen Welt zu sichern. Man darf sich nicht von den 80 Prozent ablenken lassen. Die sind egal. "Deutschland muß sterben, damit wir leben können" - da sind sich Gosse und Paläste wieder einmal einig.

Helikopter-Eltern & Co braucht man wirklich nichts von "Ertüchtigung" zu erzählen. Sie wissen genau, warum und wofür sie sich so anstrengen. Die marginalisierten, längst von allen Autoritäten im Stich gelassenen klassischen Konservativen hingegen ...

Carsten

8. Juli 2013 20:39

Reden wir doch nicht drumherum: Fast 70 Jahre Frieden sind einfach zu lange. Das hält im Kopp keiner aus. Warum suchen wohl junge Erwachsene den "Kick" von Extremsportarten, Hooligan-Schlägereien oder Kopftreten? Die Abschaffung der Wehrpflicht beschleunigt diese Spirale. Wie hier neulich mal gesagt wurde: Es ist zwar zynisch, aber es wäre gut gewesen, die Hochwasserkatastrophe hätte ganz Deutschland erfasst. Dabei sind wir sehr nahe dran: Ein nationaler Stromausfall für einige Tage würde allen Hedonismus brutal wegfegen.

Schopi

8. Juli 2013 23:55

@keats

"Wir" brauchen keine "massiven Menschenimporte", welche als "Überflüssige" durch die "Umverteilungsmaschine ruhig gehalten werden" und die Produktiven u.A. auch dadurch "fit gehalten und noch länger und härter" in der Tretmühle arbeiten müssen.

Das haben Sie doch sicher nicht ganz ernst gemeint?

Ihr Grundgedanke ist ja allgegenwärtig, weniger witzig für uns Frühaufsteher, dafür aber für alle Profiteure dieses Menschenexperimentes (Bosse und Hartz-Langschläfer gleichermaßen) recht lukrativ.

Ein Fremder aus Elea

9. Juli 2013 00:02

Keats,

ja, so kann man es wohl betrachten. Sie übersehen nur eine Sache.

Eliten versuchen die Umstände, welche sie groß werden ließen, zu erhalten.

Ich glaube aus dem Grunde noch nicht so recht an die postnationale, postdemokratische Welt. Ich vermute eher eine dialektische List.

Ein Fremder aus Elea

9. Juli 2013 00:51

Keats, zum Zweiten,

außerdem überschätzen Sie Deutschlands Wichtigkeit oder – allgemeiner – die Wichtigkeit gut ausgebildeter Menschen.

Wir maneuvrieren uns in eine Situation, in welcher sich technische Macht immer weiter zuspitzt und von immer kleineren Gruppen kontrolliert wird.

In einer solchen Situation gibt man Wissen nicht einfach an jemanden weiter, weil man denkt, daß er intelligent ist und einem helfen könnte. So war es noch vor 60 Jahren, aber die Dinge haben sich sehr verändert.

Nationale Spezialisierungen der Industrie sind zum Zwecke der Erzeugung von Abhängigkeiten gewollt, aber selbstverständlich "nur für die anderen".

Und am Ende steht Kurzweils Anomalie.

Heino Bosselmann

9. Juli 2013 09:11

@Fremder aus Elea: Sie greifen da etwas Wichtiges auf. Offenbar reicht gerade durch die Technisierung und Vereinheitlichung ein prozentual geringes Spezialistentum, um alle wesentlichen Prozesse am Laufen zu halten. Der Rest arbeitet im "Service", in der Dienstleistung, also bspw. im "Call-Center", macht in der dritten Reihe "irgendwas mit Medien" oder verkonsumiert im Dämmerzustand als "User" den ihm zugewiesenen Teil der Transfer-Gesellschaft. Als Lehrer hatte ich den Eindruck, daß in den Neunzigern ca. ein Viertel, in den Nullern bereits ein Drittel der Abiturienten sich gar nicht in der Lage fand, ein akademisches Studium herkömmlicher Art zu absolvieren. Und die wenigen, die es ausgezeichnet vermochten, hätte es in jedem Kapitel deutscher Bildungsgeschichte gebracht – charakterlich, von der Haltung her, kraft Intellekt, Sprachvermögen und sogar stilistischer Nuance.

Theosebeios

9. Juli 2013 12:45

Der ELEAT hat wieder mal recht.

In meinem Arbeitsbereich handhabe ich die Inhalte eines kompletten Informationssystems mit einem Drittel (bis gelegentlich der Hälfte) meiner Arbeitskraft. Das war vor 20 Jahren unmöglich. Die technischen Elemente werden extern kostengünstig gepflegt. Einen Snowdon können wir nicht bezahlen. Er ist auch nicht nötig.

Das System wird durch die Zuarbeit von Studenten und Praktikanten ermöglicht. Man muss die Richtigen auswählen, schulen und einsetzen. Man könnte hier auch stattdessen zwei "Hochintelligenzler" beschäftigen. Von den Kosten einmal abgesehen, wären die womöglich viel weniger effektiv. Erfahrungen in Teams mit "Hochintelligenzlern" in meinem Bereich zeigen stets einen hohen Zeitbedarf und nicht immer gute Resultate bei chronischer Unzufriedenheit der Beteiligten. Manchmal gewann ich den Eindruck, dass ein Minus von 2-3 IQ-Punkten dem einen oder anderen durchaus nicht schädlich und dem Ganzen von Nutzen gewesen wäre.

Die Abiturnoten der Studentinnen werden immer besser, bei den Jungen findet man öfter Mittelmaß, wie sich das gehört. Schlechte Noten sagen schon etwas über die zu erwartende Leistungsfähigkeit (in meinem Bereich), die meist sehr guten Noten der Mädels häufig nicht -- mit Ausnahmen, die dann lange im Gedächtnis bleiben. Ob die Studenten "dümmer" geworden sind? Eher nicht. Mag aber auch daran liegen, dass ich die für meinen Bereich geeigneten Bewerber besser erkenne.

Wenn es einem scheint, als treffe man besonders häufig unter Ärzten, Psychologen, Sozialfuzzis, Verwaltungsmenschen etc. auf eher bescheidene Geistesgrößen, so mag das daran liegen, dass heute so viele Menschen diese Berufe ausüben. Viele wären sicher gute Handwerker geworden. In einer Stadt, in der es von niedergelassenen Psycho-Fritzen nur so wimmelt -- wie soll man da auf Dr. Sigmund Freud stoßen?

Kint

9. Juli 2013 17:05

Danke! Feiner Artikel.
Ob man Keats richtig verstanden hat? Stimmt doch, der Frust wird auf dem Schulhof erfahren, im Klassenzimmer als Tugend gelehrt. Denken wird abgeschafft, anerzogene Ansichten bleiben übrig und nur noch in Schubladen zulässig. Anschließend brauchbar sind die, die das verinnerlicht haben. (Dümmer werden die Menschen natürlich auch.)
Die Masse wird ruhiggestellt, dass so gerade der Magen nicht knurrt. Gosse und Paläste..
Klar: Die oberen 10 % auf der mageren Suppe haben nichts mit diesem Land zu tun. Es geht um ihr globales Funktionieren. Sicher bemühen sich Zyniker, Idioten und Globalzombies auch um Bewahrung des Systems, das sie sich gerade unterm Hintern zerbröseln. Auch zB den sowjetischen Bonzen war das System lieb und teuer. Wohin die Betreiber, und das sind weder 10 noch 1 %, allerdings gelangen wollen, dialektisch hin oder her, ist mir schleierhaft. Langfristig endet das im Kurzschluss. Egal, ob die Menschen den Stecker rausziehen oder ob es systemimmanent kollabiert. Mit der ganzen Welt, und v. a. der Idiotisierung der Menschen, zerschießt man sich letztlich das eigene System. Denn das profitiert nur von dem, was noch richtige Menschen schaffen. Mit dem Kommando über verbliebene Idioten wird es nichts mit der schönen neuen Welt. Sie würden übrig gebliebenes Papiergeld fressen müssen, sogar zu dämlich, es als Dünger zu verwenden. Schlussakt des Grössenwahns. Kann eigentlich nur pathologische Ursachen haben. Die Größe des Psychopathen zeigt sich wohl daran, dass er sein Werk über Generationen betreibt.

Schopi

9. Juli 2013 18:27

Stimmt doch, der Frust wird auf dem Schulhof erfahren, im Klassenzimmer als Tugend gelehrt. Denken wird abgeschafft, anerzogene Ansichten bleiben übrig und nur noch in Schubladen zulässig. Anschließend brauchbar sind die, die das verinnerlicht haben.

Ja nun, ist die etwas Neues? Das war schon immer so!
Unsere Kinder brauchen keine Fremden auf dem Schulhof um Frust oder Wachsamkeit zu erlernen - dazu gäbe es bessere Methoden.

Belsøe

9. Juli 2013 19:01

Der Mann, an den ich nach dieser Lektüre denken muss, wäre vielen Konserativen (die ja nicht selten selber ziemlich satt und bestens versorgt und manchmal auch borniert sind) wohl eher ein Dorn im Auge. Warum er mir in den Sinn kommt? Keine Ahnung.

Ich traf ihn auf einer Wanderung, neben seinem Fahrrad sitzend. Kleidung und Habseligkeiten einfach, nicht abgerissen, aber stark gebraucht. Ein Landstreicher. Kamen trotzdem ins kurze Gespräch. Intelligenz, Interesse und eine gewisse Bildung waren deutlich zu spüren. Ich war kaum Mitte 20 und glaubte noch an den rechten Weg zur gesicherten Existenz. Heute verstehe ich viel besser, was er erzählte, kann es sinngemäß noch heute wiedergeben: Er hätte eigentlich alles gehabt, um nach einem gesellschaftlichen Straucheln wieder aufzustehen. Beruf gelernt, etwas Geld gespart, keine nennenswerten Krankheiten. Was ihn hinderte, war die Unfähigkeit, selbst mitfinanzierte Sozialleistungen als Almosen zu erbetteln. Als Vermittlungsfall den Kotau vor öffentlich angestellten Vollidioten zu vollziehen. In einer kranken Arbeitswelt sich als Ware anzudienen, um als Konsumsklave in engen Wohnungen zu hausen und das alles normal zu finden, kurz: als wacher Mensch unter lauter arrivierten Fressen zu leben. So zog er es vor, von schwarzen Kleinstjobs und mit improvisierter Ausrüstung draußen zu leben, im Sommer nördlich und im Winter weit südlich der Alpen. Sein bißchen Espartes verwahrte seine Schwester für ihn. Er sagte, es gäbe neben den tatsächlich verwahrlosten Pennern eine ganze Subkultur solcher Leute wie ihn, die durchaus handlungsfähig dieses Leben vorzögen.

Ich frage mich, warum er mir in den Sinn kommt. Vielleicht, weil das unbedingte Geradestehen, dass im Artikel eingefordert und vermisst wird, mir am reinsten in diesem Mann begegnet ist? Befinde ich mich also in den falschen Kreisen (ist gut möglich)? Erfolg scheint mir jedenfalls so sehr eine reine Anpassungsleistung geworden zu sein, dass seine Inhaber mir in bestimmten Bereichen schon automatisch verdächtig sind.

Weltversteher

9. Juli 2013 19:25

Da es hier vermutlich noch öfter um Schulfragen gehen wird, reg ich an, für die von Bosselmann inspirierte Schule (im weitesten Sinne) den Begriff Freie Schule zu gebrauchen, der bereits etabliert ist und der Sache näher kommt als das hier öfter gelesene Wort Privatschule, welches einen anderen Schwerpunkt betont.

Sara Tempel

9. Juli 2013 20:17

"Schon der augenfällige Hang zum exotischen Tattoo, also das Bedürfnis, im großen Schwinden mögen überhaupt Zeichen bleiben, für die man investiert, was nirgendwo mehr nötig ist, nämlich den Schmerz, deutet auf die kollektive Sehnsucht nach einem Symbol von Erhabenheit hin, auf den unbewußten Wunsch nach Identifikation mit einem neuen unverwechselbaren Stand, nach kraftvoller Umkehr, die immer zuerst Abkehr bedeutet, als Absage an die Mentalität des trägen Verbrauchens, des bloß reproduzierenden, sich selbst unterhaltenden Stoffwechsels."

Ihre überhöhte Einschätzung der Tattoo-Mode in Ehren, unterstelle ich hier viel eher einen Rückfall zum instinktgesteuerten Stammesverhalten der Steinzeit. Wohl ein primitives Bedürfnis nach Identifikation, wie bei den Hooligans, aber bar jeder Erhabenheit. - Ansonsten, Herr Bosselmann, stimme ich Ihrer Zeitkritik, insbesondere in Bezug auf die Zunahme von "ADHS", zu. In diesen Zusammenhang passt auch der Beitrag von @eulenfurz: "...1956 diagnostizierte der Sozialpsychologe Albert Huthein bei Jugendlichen körperliche Wachstumsbeschleunigung und geistige Entwicklungsverzögerung. Sie hätten zu viele Wahrnehmungen und zu wenig Anschauungen..."
Die - hier angesprochene - Flut wirrer Wahrnehmung wird heute durch die Digitalisierung der Umwelt um ein Vielfaches gesteigert.

ene

9. Juli 2013 21:16

@ Belsoe

Ihre sehr schöne Geschichte erinnert mich an einen aus meiner Klasse, der zu den mathematisch Hochbegabten zählte. Musikalisch war er auch. Sehr schnell war ihm klar, daß sein begonnenes Studium (waren es Ingenieurswissenschaften?) ihn in irgendwelche Büros führen würde, wohin ihn nichts, gar nichts zog. Er gab es auf. Er hatte recht. - Er improvisierte; eine Zeitlang arbeitete er mit einem Tischler zusammen, der alte Kastenfenster restaurierte. Er hatte ihn einfach angesprochen als er ihm bei der Arbeit zusah. Die entsprechenden Fähigkeiten erwarb er schnell. Dann begab er sich auf die Wanderschaft zu einem Instrumentenbauer und stellte schließlich eine bestimmte Art von Flöten in Perfektion her. Er berechnete die Schwingungen, die die Klänge erzeugten und stellte dies graphisch dar. Nach langen Jahren sucht und fand ich ihn im Internet. Er lebt jetzt in einer Wohn- und Lebensgemeinschaft, die in einem der "neuen Bundesländer" ein altes Schloß restauriert hat. Ich bin ziemlich sicher: das paßt zu ihm.

Und auch das ist wahr: die interessanten Vertreter gewisser Disziplinen finden Sie gerade nicht auf den entsprechend höchstdotierten Plätzen. Sondern eher in Randgebieten. Ein unglaublich beleserer Kenner der Literatur der 20er Jahre kommt mir in den Sinn, der in der Ex-DDR mal - - auf dem Bau gelernt hatte. Und ein kleiner Kunsthändler in Berlin (beinahe ein Trödler), der von Malerei mehr verstand und mehr sah als mancher Kunsthistoriker.

Kint

9. Juli 2013 21:21

Schopi, ("war schon immer so"):
Sehe ich wesentlich anders. Aber vllt haben Sie´s nur halb gelesen oder ich hab mich unglücklich ausgedrückt. Aus heutigen Schulen können keine Bildungsschichten mehr entlassen werden, wie es sie mal gab. Aus heutigen Schulen wären Denker nicht gekommen, von denen mich einer an Ihren Namen erinnert. Oder umgekehrt. Die Schule hat die gesunde, natürliche Neugier des Kindes in gute Bahnen zu lenken, den Verstand zu fördern - und das ist, wie die Vergangenheit zeigt, auch geschehen. Dazu gehört nicht nur Vermittlung logischer Grundsätze, sondern auch, Recht von Unrecht zu unterscheiden, und sich und andere zur notwendigen Zeit zu verteidigen. Im klaren Bewusstsein, dass das richtig ist und durch die Gemeinschaft getragen und geschützt wird. Und nicht: Benachteiligungen einzustecken mit dem automatisierten Reflex, es sei gar keine, und schon gar nicht ungerecht, weil ihre Kehrseite ja "gut" (für andere) ist. Dieser automatisiert-anerzogene Reflex frustriert, weil er mit offenbar angeborenen Werten frontal kollidiert. Nennen wir´s mal das (immer)menschliche Unterbewußtsein. Das zunehmende Problem ist, dass immer weniger überhaupt Denkfähige die Schule passieren. Sie wird zur Idiotisierungsanstalt.
Die Reibungen zwischen anerzgoenem, angeblichem Bewusstsein, dh aufgezwungenen Ansichten, und den menschlich-immanenten Werten führen denn auch zunehmend und individuell zu dem, was Freud, IDC10 etc. mit den schönsten Namen versehen und was Irrenärzte und Kneipenwirte am Leben hält: zu Problemen. Auf deutsch: Immer mehr Leute kriegen ne Macke.
Das sagt mir immerhin, dass der Mesnch nicht weder zum "neuen" Menschen noch Idioten oder Schizophrenen taugt, schon gar nicht gemacht ist. Und daraus folgt die Hoffnung, dass irgendwann irgendwie etwas ganz Urmenschliches kollektiv dem verordneten Wahnsinn den Stecker ziehen wird. So wie die Menschen in Schlamassel hineingeraten, weil sie an das Gute im Menschen glauben, so unabänderlich bleibt doch ihr guter Kern bestehen. Glaube ich. Hoffe ich.
Im übrigen mögen Sie ja recht haben, aber: Wem sagen Sie das?

Schopi

9. Juli 2013 22:22

@Kint

den Istzustand haben Sie trefflich formuliert - evtl habe ich mich zu knapp geäussert.

Erziehung ist war immer in erster Linie eine zeitgeistige Angelegenheit, durch und durch primär auf das Funktionieren in der jeweiligen Form der Gesellschaft ausgerichtet - standen Nietzsche oder Schopenhauer in der Bibliothek eines DDR Gymnasiums? wenn ja, wie wurden sie im Unterricht behandelt? Warum hingen in den Klassenzimmern Bildchen eines Dachdeckers aus dem Saarland - oder -etwas früher, das Konterfei eines mittelmäßigen Kunstmalers aus Österreich?

Hier und jetzt kommt man ohne dies aus, gerade deswegen ist es undurchsichtiger, raffinierter, "wir schlagen nicht" steht schon für alle sichtbar an der Eingangstür der Grundschule, welche mein Jüngster besucht - man kann nichts dagegen sagen, ein TotSCHLAG argument - das aber in Wirklichkeit nur auf Indoktrination des Männlichen ausgerichtet ist - andererseits fehlt in der offenen transparenten Welt jede Vergleichsmöglichkeit, oder sie wird schwer zugänglich gemacht, es könnte ja diskriminieren wo wir doch alle gleich sind. Es gibt keinen Notenspiegel mehr und die Einordnung der Leistung wird den Eltern erschwert.

Aber jetzt bin ich doch ganz weg, von dem sehr lesenswerten Beitrag von H. Bosselmann.

Ein Fremder aus Elea

10. Juli 2013 00:28

Kint.

Mit der ganzen Welt, und v. a. der Idiotisierung der Menschen, zerschießt man sich letztlich das eigene System.

Genau darum ginge es bei der dialektischen List, diesen Prozeß zu stoppen, indem man weltweiten Faschismus als Drohkulisse verwendete, getreu dem Motto: Not macht erfinderisch.

Kint

10. Juli 2013 01:20

Guten Abend, Schopi,
merci.
"Erziehung ist war immer in erster Linie eine zeitgeistige Angelegenheit, durch und durch primär auf das Funktionieren in der jeweiligen Form der Gesellschaft ausgerichtet – standen Nietzsche oder Schopenhauer in der Bibliothek eines DDR Gymnasiums? wenn ja, wie wurden sie im Unterricht behandelt?."
1. Klar. Die Frage ist, ob sie auf eine menschlich/e immerhin funktionierende Ges. zielt oder auf was ganz (un)menschlich Abartiges, zB auf ne Verfeindung und Fraktionierung, Zersplitterung udn Zerstörung von Gesellschaften. Die Zerstörung des Menschlichen, der Humanität.
2. weiß ich nicht. Es ist aber ein Unterschied, ob Aristoteles im Keller vllt aufzufinden ist oder ob er gelehrt wird. MaW totschweigen kann auch ne Art der Lehre sein.

Was vor früher nicht zur Aufnahme in die Hochschule genügte, erreicht heute kaum jmd mehr, würde heute jeden Zeitgenossen erstaunen, wäre aus Gründen sonstwelcher Verdrängung aber auch "von gstern". = Bildung heute eben. Das war´s. Zur Bildung, meine ich. Der taktische Zeitgeist empfiehlt: Nicht verbrennen, auch wenn man´s gern würde. Besser in die Ausstellung der - nee, ...

Objektivität, Verstand sind unerwünscht. Schädlich. Na gut. Auf deutsch: nazi. Ist inzwischen ein Adjektiv geworden, hab ich mitgekriegt. Sprachnazi, bildungsnazi. Als wär die längst überkommene Schule ein Kz (gewesen), und das Lernen, die Befriedigung und das sinnvolle, natürliche Ermutigen der Neugier, wie eine Gaskammer. Blanker Horror vor der (Möglichkeit irgendwelcher) Erkenntnis. Entsteht bei Schülern, wird gelehrt, geimpft. wie auch immer: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Anders war´s mal, und heute wird´s dem Menschen nciht überzeugend ausgetrieben. Klappt nciht. Man irrt sich in den Eigenschaften des Objekts.
Der Mensch unterscheidet sich vom Tier durch 1. den Verstand, 2. den Konflikt zwischen Gut und Böse.
Ich vermute mal, wir wissen nicht, wie sozusagen mit dem unausgesprochenen 2.b) so recht, auf menschliche Weise, und ohne unverantwortlichen Schaden anzurichten, umzugehen ist.

Nein, wir schlagen nciht. Selbst wenn´s nötig wär. Ihr Jüngster auch nicht. (Vermutlich - soviel Vorsicht muss sein.)
Andere schon. Er soll es ertragen mit dem Argument, es sei gut.
Ich bin der letzte, der erwartet, dass er seine guten Ansichten bewarht und gesund bleibt. Jedenfalls wenn er nich tZeit seiner Schulzeit sicher ist, dass das Schild die Wahrheit sagt. Bedaure. Und sage, ganz ehrlich - oder auch nicht? - oder mit Bauchschmerzen trotzdem: Genau das stimmt mich für die Menschen insgesamt hoffnungsvoll. Nehme hin, wenn Sie das mehr als ärgert. Schreiben Sie ruhig zurück: "A..L.." Ich rede ja nicht von Ihrem Sohn, sondern von den Menschen.

Auf Leistung und deren Einordnung kommt es nich tmehr an. Benotet wird, was wünschenswert ist. 1. Fehlender Verstand, 2. in diesem Sinne spartenweise brauchbare Begabung. Daran können die Eltern gar nichts ändern, die Lehrer auch nicht. Nicht mal Ihr lokaler Kultusminister.
Die einen sind gleich, die andern eben gleicher. :-)
Liest Ihr sohn die Farm der Tiere (in der Schule)? Kennt er den Zeichentrick-Film (YT)? Was denkt er sich dabei, was wird ihm dazu erklärt? Würden das 20 seiner vermutlich 30 Klassenkameraden überhaupt verstehen?
Und finden Sie ne Wasserquelle wie ein Aborigine, erkennen Sie die Wege der Ahnen? - Ich nicht. Die schon. Werde es kaum rausfinden, auch wenn ich´s wollte. Laufen Ihre Urururenkel so schnell wie Äthiopier, wenn Sie dorthin auswandern? Geht´s auf Ihrem Wochenmarkt so ehrlich zu wie in Eriträa, und wundern die sich nicht, dass Sie nciht mal mehr Ihre Haustür offen stehen können? Was mag sich hier geändert haben, in den letzten TJahren? Werden Ihre Nachkommen jemals so viel schlauer als Sie oder ich sein, wie Asiaten nach heutigen IQ-Tests sind? All das mag interessant sein. Zum Glück benötige ich es nicht.

Na ja, so weit weg ist´s alles ja nicht vom Artikel, find ich.
Gute Nacht. Allerseits, alles Gute. Was immer - das immer.
Ihren Kindern sogar mehr als Ihnen. Nicht bös gemeint, Sie können sich denken, warum. Mir geht´s wenig anders.

Zadok Allen

10. Juli 2013 09:48

Ein Gedanke Felix Dahns hierzu, der seinen Cethegus sagen läßt:

"Gerungen hab' ich und gekämpft um dich, mein Rom, wie Keiner, wie selbst Cäsar nicht, vor mir. Die Schlacht ist aus: geschlagen ist der Feldherr ohne Heer. Ja, ich erkenne es nun: Alles kann der gewaltige Geist des Einzelnen ersetzen, nur nicht ein fehlend Volk. Sich selbst jung erhalten kann der Geist, nicht Andere verjüngen. Ich habe das Unmögliche gewollt. Aber das Mögliche erreichen ist - gewöhnlich."

ene

10. Juli 2013 10:37

Wie Theosebeios so anschaulich darstellt, werden in seinem Bereich die Brauchbaren benötigt und gesucht und geschult, nicht die "Hochintelligenzler".
Dies trifft auf viele Bereiche zu.
Nur: wo landen die Hochintelligenzler dann?
Werden sie nicht vermißt?

Aufschußreich zum Vergleich ist ein Bild zurück ins Kaiserreich, keine beschauliche, sondern eine dynamische Zeit. Schauen Sie sich die Biographien solcher Leute wie Alfred Krupp, Rathenau, Siemens usw. an! Es warten eben keine "Angepassten" und "Brauchbaren", sondern oft Querköpfe im besten Sinne, die ihren Firmen dann Weltgeltung verschafften. Nicht anders im Kulturbereich, die Beispiele sind so zahlreich, man braucht nur kurz zu überlegen. Etwa der Verleger S. Fischer, ein Unternehmer und eine Kulturinstanz.

Und : betrachten Sie Porträtaufnahmen der Genannten. Überhaupt Aufnahmen jener Epoche. Geprägte Gesichter. Bei dem Aussehen bekämen einige heute keinen Job mehr...

Stilbluete

10. Juli 2013 12:55

Lieber Herr Bosselmann,
Ihre Gedankengaenge kommen mir oft wie meine eigenen vor. Das kommt wohl auch daher, dass Sie sich mit Erkenntnis in Ihrem Leben, bevor Sie sie kundtun, davon Kunde geben, in Ihrem Leben dazu Zeit gelassen haben.

Hier in einem anderen Land, zwischen Himmel und Erde, Land und Wasser, am Strand bin ich ein gluecklicher Beobachter von Familienidyllen und den goettlichen Schimmer kindlicher Unschuld beim Spielen, Baden, Buddeln, Steineschleppen. Es beginnt immer wieder schoen von vorn. Hier im Sueden hat man davon ein tiefes Wissen. Im Sueden ist noch Potential, waehrend sich meine deutschen Artgenossen hier gerne stundenlang ueber ´richtige´Ernaehrung auslassen, als wuerde die alles Falsche in der Welt beseitigen. Vier Buechlein sind hier meine Begleiter: Das NT, Goethes Lebensweisheit, Faust, (Feldpostausgabe), Volks- und Wanderlieder. Aus einem moechte ich zum Thema Schule/Lehre zitieren:

Der geringste Mensch kann komplett sein, wenn er sich innerhalb der Grenzen seiner Faehigkeiten und Fertigkeiten bewegt; aber selbst schoene Vorzuege werden verdunkelt, aufgehoben und vernichtet, wenn jenes unerlaesslich geforderte Ebenmass abgeht. Dieses Unheil wird sich in der neuern Zeit noch oefter hervortun; denn wer wird wohl den Forderungen einer durchaus gesteigerten Gegenwart, und zwar in schnellster Bewegung, genugtun koennen?´´ (Goethe)

Erich Kartmann

10. Juli 2013 15:21

Ich halte mich ganz einfach gesund. Ich kaufe kein convenience-Dreck, betreibe Haltungskorrektur (Yoga, Egoscue, Kelly Starrett), übe mich im Dauerlauf und finde Gefallen an neuartigen/ altnewährten Turnübungen (functional fitness). Das Zubehör ist dabei recht preisgünstig:
- Kugelhanteln (diverse Gewichte)
- Eine Gummimatte
- Tennisbälle
- Hartschaumrolle (foam roll)

Mit etwa zwanzig Minuten Training pro Tag konnte ich mein Ausdauer und meine Kraft erheblich verbessern. Außerdem muss ich nicht mir in die grauenhaften verschwitzten Fitnessstudios gehen.

Hartschaumrolle

10. Juli 2013 18:31

Das ist sehr rührend, Herr Erich Kartmann. Niemand "muss"; zwingt Sie, in Fitnessräume! Liegestütze, Klimmzüge und Laufen (-> Bosselmann) sind sofern man will immer möglich. Binsensweisheit.

Kint

10. Juli 2013 23:00

Fremder aus Elea,

falls ich Sie richtig verstanden habe: schon recht. Feindbilder werden aufgebaut und zerstört. Möglicherweise sogar ganze Systeme.
Die These zu verfolgen, wäre ein weites Feld.
Nun kommt mir allerdings ein unangenehmer Gedanke, über die seltsamen Umstände eines von oben aufgelösten, wider ersten Anschein nicht einverleibten, statt dessen wiederauferstandenen Gegenpols. Mir wird gerade etwas ungemütlich. Werde wohl mal wieder nach dem einen oder anderen HG Wells schauen müssen.
Sie sehen: Ich schreibe vor dem Denken... aber Dank für den unangenehmen Anstoß.

Bleibe dabei, dass Wahnsinnige am Werke sind. Die nicht merken, dass sie sich selbst nichts Gutes tun. Haben weder je erfahren noch ne leise Ahnung, was das ist. Ersatzhandlungen, auf hohen Niveau. Seltsame Menschen... (Den Bogen zum Ausgangsartikel mogel ich nicht mehr dazu.)
Schönen Abend.

Ein Fremder aus Elea

11. Juli 2013 11:28

Kint,

es geht letztlich nur um die Frage, wieviel Zentralisation man möchte. Pole und Gegenpole dienen hauptsächlich der Orientierung der Masse. Die einen sagen, der Pol "Faschismus" liege in der einen Richtung und die anderen, er liege in der anderen. Aber das ändert das grundsätzliche Interesse der Eliten einer freien Marktwirtschaft nicht, ihr Biotop zu erhalten. Und zu diesem Zweck erzählen sie Geschichten, wobei die "Faschisten" sowas wie das Krokodil im Kasperletheater sind.

Um auf die konkrete Ebene zu kommen, sicher wurden faschistische Elemente einverleibt, aber diese ziehen das gesamte System auf eine unerwünschte Bahn, und deshalb strebt man eine (partielle) Ausverleibung an. Man will die Wirtschaftspolitik locker halten und muß dazu die Bevölkerung zu größerer Selbständigkeit erziehen. Daher die Betonung der Verfallserscheinungen und die Drohung mit dem Eine-Welt-Staat.

Natürlich kann es auch ganz anders kommen, und beispielsweise die katholische Kirche von diesem Drohszenario profitieren, aber das ändert nichts daran, daß sich die Wirtschaftseliten von dem Namen nach sozialistischen, de facto aber faschistischen ökonomischen Tendenzen bedroht sehen (Anstieg der Staatsquote, im wesentlichen) und sich so zu verteidigen suchen.

Das ist jedenfalls meine Deutung.

Lea

11. Juli 2013 12:14

Die heutige Ideologie möchte den Menschen, entgegen seiner Natur, in das System, welches von der Linken und anderen Kräften "erschaffen" wurde, zwängen. Der Mensch muss sich dafür umkrempeln. Wenn danach Probleme mit dem Menschen auftreten, gibt man ihm die Schuld und denkt nicht über das System nach. Weiter ist die Ideologie gewisser Kreise eine reine Utopie. Wie ist der Mensch in xy Jahren? Anstatt zu schauen, wie er jetzt ist! Realitätsfremd nennt sich das.
Dass diese Ideologie, die alle Brücken zerstört, den Nationalgedanken aufgibt, die fordert, dass per se alle lieb und nett miteinander sein müssen, noch so viele Anhänger hat, ist bereits der reine Wahnsinn. Was für ein verkehrtes Gehirn kommt überhaupt auf solche Ideen? Weiter leiden viele unter ständiger Angst! Angst vor dem Tod, Angst vor dem Älterwerde, Angst vor Krebs etc. Es darf NIE etwas passieren! Sobald ein Kind die Treppe hinunterstürzt, wird ein Schuldiger gesucht (bspw. der Bauherr der Treppe), anstatt zu akzeptieren, dass Unfälle geschehen können und dies zum Menschen gehört.

Ein Fremder aus Elea

11. Juli 2013 13:21

Ich habe mich noch einmal umfassend mit der Frage gesellschaftlicher Gesundheit als Bedingung der Freiheit beschäftigt.

Letztlich ist das alles miteinander verbunden, der Wahnsinn der Zeit, seine nochmals übersteigerte Darstellung, Leistungswille, Totalitarismus, Voraussetzungen einer freien Gesellschaft.

https://bereitschaftsfront.blogspot.com/2013/07/freiheit-unfreiheit-und-der-zykel-der.html

Rumpelstilzchen

12. Juli 2013 11:55

Aber das ABENDLAND ist seelenlos geworden. In der Rangfolge der Nationen, Rassen und Kulturen wie beim einzelnen ist es immer die Seele, welche die entscheidenden Kämpfe gewinnt. Sie und nur sie allein bildet den goldenen und ehernen Grund, aus dem der Schutzschild zur Rettung starker Völker besteht. Bei uns kann ich kaum noch Seele erkennen. Wenn ich zum Beispiel mein eigenes Land Frankreich betrachte, so kommt es mir oft vor, als ob ich aus einem bösen Traum erwache, da heute viele Franzosen träge sind. Sie sind nur noch "Bernharde der Eremit", die in leeren Muscheln leben als Vertreter einer nunmehr verschwundenen Art......Sie begnügen sich damit weiterzuleben. Sie stellen mechanisch von Woche zu Woche ihr Überleben sicher und werden immer weicher.
Unter den Bannern einer trügerischen inneren und beruhigenden Solidarität fühlen sie sich zu nichts mehr verpflichtet und haben auch kein Bewußtsein mehr für das, was das gemeinsame Wesentliche eines Volkes bildet.
Auf der praktischen und materialistischen Ebene, die in ihrem neidischen Blick allein noch einen Schimmer Interesse entzünden kann, sind sie eine Nation von Kleinbürgern, die sich mit Millionen von Bediensteten, den Einwanderen, zufriedengegeben hat und inmitten der Krise noch gibt, und dies im Namen eines ererbten jedoch immer weniger eines verdienten Reichtums.
Ah, wie sie zittern werden!
Die Bediensteten haben diesseits und jenseits des Meeres unzählige Familien, eine ganze ausgehungerte Familie, welche die ganze Erde bevölkert.

Jean Raspail

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