Peter Bickenbach setzt sich aus christlicher Perspektive mit dem sogenannten Neuheidentum auseinander. Per aspera ad astra: Darum das Bedauerliche an diesem Buch zuerst. Aus christlicher Sicht ist der Neo-Paganismus (der in seinen modischsten Erscheinungsformen sich gern schwarzgewandet präsentiert) ein Obskurantentum, eine düster-magische Geschichte, auch wenn »Lichtgottheiten« dort als Rollenträger (unter anderen) fungieren. Nun kommt das Buch selbst reichlich verschleiert daher:
Der verrätselte Titel an sich (in Lila) verrät wenig, er verschwindet auch optisch im Braun des Untergrunds. Wir finden auch keinen Hinweis zum Autoren – ist er Sozialwissenschaftler, Theologe oder »interessierter Zeitgenosse«? Wir erfahren es nicht; und wenn eine Fußnote besonders interessant erscheint, finden wir über Strecken »Ebenda« und müssen blättern. Da ein Literaturverzeichnis fehlt, bleibt uns, gewissermaßen abgedunkelt zu lesen. Das macht dann nicht viel, wenn man erkennt: Es ist keine Publikation für eine breite Leserschaft, sondern für eine enger gefaßte »Szene«. Wir dürfen diese als jungkonservatives Milieu begreifen. In diesem Rahmen hat Bickenbachs Buch seine Meriten.
Bickenbach wendet sich implizit an ein »anti-modernes« Publikum, an Leser, die mit dem Fortschrittsglauben hadern, die sich auf einem Weg jenseits materialistischer Vorstellungen sehen, die ein Heil jenseits der sichtbaren Welt erahnen. »Anlaß dieses Buches waren Begegnungen und Gespräche mit Menschen, die kein lebendiges Christentum erfuhren und die Kirchengeschichte nur aus zeitgenössischen Darstellungen kennen«, schreibt Bickenbach. Nach seiner Einschätzung orientierten sich »auf der politisch rechten Seite« die meisten Anhänger an einem »Germanentum«, wobei sich esoterische und radikal-biologische Standpunkte unterscheiden ließen. In drei untergliederten Großkapiteln (»Geschichte und Selbstverständnis der Neuheiden«, »Die Deutung von Brauchtum und Überlieferung« und »Postmoderne Religiosität«) sortiert der Autor sein Arsenal gegen jene, die gegen die »orientalische Wüstenreligion«, die »seelische Verknechtung« und den »Identitätsraub« und den vorgeblichen »Völkermord« durch das Christentum polemisieren.
Erst die zeitgenössische verunklarende Verkündigungspraxis, die statt der eigentlichen Offenbarung die angeblichen Ansprüche »moderner Scheinwerte« in den Vordergrund gestellt habe, »konnte die Vorstellung nähren, das Christentum sei eine Religion der Schwachen, Zukurzgekommenen und Lebensuntüchtigen.« Bickenbach entlarvt – und er tut dies auch mit Hilfe »neo-paganer« Nenngrößen wie Julius Evola – das »lyrisch-subjektive Pathos«, das von Naturerscheinungen hervorgerufen werden kann; er hat auch seinen Nietzsche gründlich gelesen, wie er überhaupt neben gebotener Polarisierung eine Synthese anstrebt.
Das Christentum, das er meint, ist streitbar, tüchtig, kulturstiftend und heroisch. Nach Bickenbach verdankt die neuheidnische Kritik am Christentum dem liberalen Protestantismus ihre Beweggründe. Sie argumentiert selbst auf dem Boden einer relativistischen, individualistischen und eigentlich antitraditionellen Religionserfindung – es gibt keine »heidnische Überlieferung«. Der Autor zitiert aus umgedichtetem Liedgut: »O du fröhliche, o du ahnende / lichtverkündende Wintersonnwendzeit«, er verweist auf Parallelen linker und rechter Religionskritik. Die Neuheiden bekämpfen zugleich einen Pappkameraden, nämlich ein von langer Hand umgewertetes, verbogenes, »geupdatetes« Christentum.
Bickenbach begleitet beispielhaft den Glaubensweg des irrlichternden Gorch Fock, der als Sohn frommer Eltern erst Gott gegen Nietzsche verteidigte, dann zum »Germanengläubigen« wurde (»Mein Zion ist Walhall!«) und im Verlauf des Jahres 1915 bei seinen Einsätzen in Rußland, Serbien und Verdun Monate vor seinem Tod ringend zum Glauben seiner Väter zurückfand: »Den größten Segen des Krieges haben die erfahren, die sich von ihm zu Gott führen ließen.«
Ein Fremder aus Elea
Wessen Religiösität ist heute >nicht anachronistisch?