und gescheiterte Versuche voraus, an die sich heute kaum jemand erinnert. Wenn überhaupt, kennen sie nur die jeweiligen Spartenhistoriker: die abgebrochenen Besetzungen, die versandeten Aufmärsche, die aufgelösten Vorgängerorganisationen und die gescheiterten Führungsfiguren.
Sie alle verschwinden hinter dem Erfolg, in dessen Licht sie erst als Vorbereitung erscheinen. Doch sie haben auch einen wichtigen Anteil daran. Denn es liegt etwas ewig Unplanbares im politischen Geschehen. Das ist mein Fazit nach Monaten der Lektüre über politische Strategie, Machterhalt und Regime-Changes. Vieles Geschichtliche zeigt sich so auch, wie Heidegger sagte, als „Geschick“. Es ist etwas „Zugeworfenes“, dessen Eintreten weniger durch die umfassende Planung herbeigeführt, als durch die tägliche, stündliche Wachsamkeit und Bereitschaft zugelassen werden kann.
Diese Haltung darf aber nicht zur Routine werden. Die Kunst ist, einen Modus der gelassenen Entschlossenheit zu finden. Das will sagen: jederzeit zur entscheidenden Tat bereit zu sein, in jedem Aufbäumen des Volks und jedem Haarriß des Machtgefüges die eine Chance zur Wende zu sehen.
Gleichzeitig bedeutet es aber, niemals alles aufs Spiel zu setzen, niemals die eigene, wachsende Basis zu gefährden. Kein endgültiges Überschreiten des Rubikon und ebenso kein Verharren in der Rolle des erfolglosen Belagerers. Eher nächtliche Vorstöße auf das gegnerische Ufer, Geplänkel, Herauslocken des Gegners, und immer wieder: taktische Rückzüge in das sichere Schilf des eigenen Lagers. Diese – zugegeben etwas widersprüchliche – Haltung erfordert einerseits die absolute Begeisterungsfähigkeit für jede einzelne Aktion, jede konkrete Kampagne, gleichzeitig aber die strategische Kühle, die sie in das größere Ganze, die „grand strategy“, einfügt.
Und im Großen und Ganzen gesehen, stehen die Chancen nicht schlecht.
Die totale Polarisierung der Gesellschaft, die von vielen bereits letzten Sommer erahnt wurde, ist eingetreten. Die Präsidentschaftswahl in Österreich und die Entwicklung der deutschen Politlandschaft lassen keinen Zweifel:
Es findet eine Flucht in die Ränder statt. Die Spannung steigt, und die „Mitte“ wird zerrieben. Zurecht, denn alles drängt uns heute zu einer klaren Entscheidung. Diese betrifft nicht nur Österreich oder Deutschland. Sie hängt seit Jahrzehnten über der gesamten westlichen Welt, über allen von europäischen Völkern aufgebauten Kulturen und allen post-christlichen Gesellschaften.
Überall ereignen sich seltsame Umbrüche und Stimmungswandel. Wir befinden uns in einer Art identitären Achsenzeit, in der wie auf ein geheimes Zeichen hin in tausend verschiedenen nationalen Ausprägungen eine einzige Frage auftaucht.Das Bewusstsein dieser Frage ermöglicht einerseits voll in den konkreten Aktionen und Kampagnen aufzugehen und beschränkt diese gleichzeitig auf ihre Funktion als Werkzeug. Es handelt sich um die Frage: “Wozu?”.
Es ist die Frage nach unserer Identität und ihren Sinn und der geschichtlichen Aufgabe unserer Völker im 21. Jahrhundert. Diese Frage, die untrennbar mit dem Bewußtsein unserer Existenz und ihrer Erhaltung verbunden ist, wird heute in der gesamten westlichen Welt verdrängt. Die Frager werden unterdrückt. Stattdessen wird uns eine dogmatische Antwort vorgesetzt: die Selbst-Aufgabe in den endlosen Strömen der Masseneinwanderung.
Seit einigen Monaten sehe ich, wenn ich einige Minuten Zeit habe, gerne Videos von konservativen bis libertären Medienmachern aus den USA. Die Professionalität der aparten Infotainement-Clips, die von Comedy und „Pranks“, über tiefe Analysen bis zu kurzen Faktenchecks alles abdecken, fasziniert mich, ebenso wie sie mich ein wenig abstößt. In meiner ganzen Arbeit, im Schreiben, Reden und Tun liegt immer auch etwas Maßloses, Unförmiges und Uferloses, das sich vor diesen konsumierbaren Formen (auch was Blogbeiträge betrifft) sträubt.
Milo Yiannopoulos, Gavin McInnes, Steven Crowder, Lauren Southern, Stephen Molyneux und viele andere vereint heute ein für die USA einzigartiges Phänomen: der Trump-Train.
Der furiose Wahlkampf von Donald Trump, den Martin Lichtmesz und ich seit seinem Beginn amüsiert und fasziniert verfolgen, hat das gesamte republikanische Establishment über den Haufen geworfen. Und er hat alle geistig agilen und rebellischen Kräfte des konservativen Lagers in einer Front vereint, die den „cultural war“ gegen die Linksliberalen gewinnen könnte. Ihre Hegemonie kippt. Das merkt man vor allem daran, daß sie zunehmend lächerlich werden.
Paradiesvögel wie der Parade-Homosexuelle Yiannopolous bringen es in genialen Mischungen von Comedy und Politik, wie etwa seiner „dangerous faggot“-Tour auf den Punkt. “SJWs”, Social Justice Warriors haben einfach keinen Humor und sind selbst unfaßbar lächerlich. Sie zu ärgern, zu „triggern“, ist im englischsprachigen Raum bereits ein Volkssport geworden, über den auch die bis dato unpolitische Internet-Szene in den „cultural war“ eingetreten ist.
Aus tausenden threads und image boards, auf 4chan, reddit und twitter sammelte sich eine Masse an gelangweilten, gleichgültigen Internet-Existenzen, die sich über die Jahre erfolgreich gegenseitig desensibilisierte. Diesen digitalen Nihilisten geht es vor allem um Provokation und Emotion, sie lieben es zu trollen. Der „Shitstorm“ ist ihr Element. Politisiert im „gamer-gate“-Skandal (bitte selbst nachgooglen), reiht sich diese Szene nun in den Trump-Train ein und wird zu seiner digitalen Geheimwaffe.
Politische Gegner werden gnadenlos persifliert und, wie etwa „Carl the Cuck“ und „Aids-Skrillex“, als Memes zu unsterblichen, digitalen Icons der Lächerlichkeit. In unzähligen viralen Videos wird Trump zum Heros, Action-Held und Spartaner stilisiert. Alles ist dabei in Ironie getränkt und damit „undissbar“. Ein digitaler Sturm der Übertreibung und Provokation, der die politisch korrekten Barrikaden, Sprachbarrieren und Denkverbote wegfegt.
Das Phänomen Trump hat eine befreiende Wirkung auf die gesamte US-amerikanische Metapolitik, die gerade aus
seiner Übertreibung und Zuspitzung, seiner offensichtlichen Unkorrektheit herrührt.
Ich will das mit einem kleinen Bild beschreiben. Wir alle kennen es: Wenn in einer Straßenbahn auf einmal ein angeheiterter Fahrgast anhebt, ein Lied zu singen oder ein bierseliges Kunststück aufzuführen, führt dieser Bruch des sozial erwünschten Verhaltens zu einer gelösten, aufgelockerten Stimmung, in der man sich vielleicht sogar traut, der hübschen Mitreisenden pikiert-amüsiert zuzulächeln.
Ebenso sind Trump und seine Memebrigade eine Infusion des Mutes für die „silent majority“ in den USA, arbeitende, konservative, meist weiße kritische Masse, die weder den Universalismus und Imperialismus der Neocons, noch den Kulturrelativismus und Ethnomasochismus der Liberalen teilt.
In Trump erwachen das Bewußtsein und der Stolz einer ganzen Population, die jahrzehntelang zum Schweigen, Zahlen und Erdulden verurteilt war. Millionen frustrierte Politikverdrossene, die Unsichtbaren, die Sprachlosen, die immer nur Objekt der linksliberalen Berichterstattung waren, treten aus dem Schatten und sammeln sich hinter Trump.
Ihre Hoffnung formuliert sich in einem Satz, der in den sozialen Medien wie ein Mantra wiederholt wird: „Make America great again. #MAGA“. Der „Trump-Wall“, den Donald seinen Wählern verspricht, wirkt bereits jetzt wie ein mystisches Symbol der Selbsterhaltung und des Überlebens einer Kultur. Trump tritt dabei in die Fußstapfen von z.B. Charles Lindbergh.
Ein neuer Amerikanischer Isolationismus kündigt sich an und will sich vom “false song of globalism” lossagen. Trumps “antike Ehrlichkeit” (Schmitt) in Amerikas imperialer Außenpolitik ist erfrischend. Er könnte Schrittmacher für eine multipolare Weltordnung sein. „America first“ statt „manifest destiny“, Trump-Wall statt „city on the hill“. „The Donald“ hat mir den Glauben an das andere Amerika zurückgegeben, den ich nie hatte.
Dieses Phänomen, das völlig überraschend und unaufhaltsam Amerikas Politik in wenigen Monaten verändert hat, ist in meinen Augen im Grunde der Lebenswille einer Population und Zivilisation. Es ist ein Notreflex einer untergehenden Hochkultur, deren Assimilations- und Integrationsfähigkeit längst überschritten ist.
Die Verteidigung vor einer Übermacht, und die Abwehr einer anstürmenden Flut, ist ein uralter Archetyp der europäischen Kultur, der auch ihrer Entstehungsbedingung geschuldet ist. Alles was uns ausmacht, war, vielleicht mehr als bei anderen Hochkulturen, immer schon eine bedrohte und fragile Setzung, ein „Elitenprojekt“, das sich gegen Druck von Innen und Außen schützen musste.
Daß Linke solche Aussagen stets zynisch psychologisieren müssen, ändert nichts an ihrer historischen Realität, von den Thermopylen, über Lepanto bis Wien. (Auch viele Migranten, die gerade wegen dieser fragilen Hochkultur eingewandert sind, haben das bereits erkannt und zählen zu lautstarken Gegnern des Großen Austauschs.)
In einem seltsamen Parallelismus zum Trumptrain in den Staaten entwickelt sich auch in Europa eine Bewegung des neuen Patriotismus. Ein bißchen weniger professionell, knallbunt und schreierisch als jenseits des Atlantik, aber dominiert von denselben Themen: Stopp der Masseneinwanderung und der Islamisierung, und Neuergründung der eigenen Identität.
Identität – das entscheidende Thema des 21. Jahrhunderts drängt wie ein jungscher Archetyp im kollektiven Bewußtsein auf und steigert sich in vielen Einzelnen zur Tat. Sie findet verschiedenste Ausdrücke: vom viralen Meme, über HipHop, bis zu politischem Aktivismus.
Und dieses Thema wurde uns regelrecht aufgedrängt. In Amerika durch den Wahnsinn der „Black-lives-matter“ Bewegung, in Europa durch den Irrsinn von „refugees welcome“. Überall wurden die linken, zerstörerischen Kräfte in einer „List der Identität“ Opfer ihres eigenen Fanatismus. Ihr finaler
(Selbst)Zerstörungsschlag legte ihre ethnomasochistische Agenda offen . Er kam einen Hauch zu früh. Etwas ist aufgewacht, und wenn es aufsteht, kann es für einige sehr unbequem werden.
Bei solchen oder ähnlichen Gedanken und Aussagen ertappe ich mich immer wieder, seit ich politisch aktiv bin. Wir alle kennen es, und wer könnte es uns verübeln? Das Ressentiment, der Geist der Rache und die bittere, aber berechtigte Wut über die Heuchelei, die himmelschreiende Ungerechtigkeit und bodenlose Gemeinheit, unserer politische Gegner. Aber diese gärenden Gedanken sind falsch und schlecht. Sie ziehen uns am Ende wieder in den Strudel hinein, der die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts zeitigte.
In den letzten Monaten wurde mir ein großes Geschenk zuteil. Ich wurde mir endgültig darüber klar, was ich als meine „Lebensaufgabe“ bezeichnen kann.
Schlüsselerlebnis war eine der zahlreichen Zugfahrten (ich glaube, es war sogar eine Heimfahrt aus Schnellroda), zu denen mich das Dasein als Aktivist nötigt. Ausgehend von meinem Heidegger-Buch, das ein Fahrgast anerkennend wahrnahm, entwickelte sich ein hochinteressantes Gespräch mit einem Professor, einem Psychologen und einer Sprachwissenschaftlerin.
Ich war etwas müde und milde gestimmt, und ich gestehe: in diesem Gespräch sündigte ich, als es den unweigerlichen Schritt ins Politische machte. Ich unterließ es, mich politisch zu bekennen, beließ es im Diffusen, vorsichtig Kritischen und verließ den Zug, ohne klar und offen die Wahrheit gesagt zu haben. Es war vor allem Müdigkeit und Unlust, aber am Ende eben doch eine Kapitulation vor der Angst vor dem „big other“. Auch ich habe sie internalisiert, auch ich spüre die erstickende Atmosphäre der Meinungsdiktatur und ihren erbarmungslosen sozialen Druck.
Auf diesem kleinen Schlachtfeld kapitulierte ich vor ihr. Indem ich es unterließ, klar die Wahrheit zu sagen, wurde ich Teil der gesellschaftliche Lüge, die heute um die Frage unserer Identität aufgebaut ist. Und in diesem Moment, beim Aussteigen wurde es mir bewußt: ich will nicht mit dieser Lüge leben.
Ich ertrage es nicht, mit dieser Lüge aufzustehen, sie den ganzen Tag mit mir herum zu tragen, mit ihr einzuschlafen, mit ihr „eine Karriere“ aufzubauen, alt zu werden und vielleicht sogar in ihr zu sterben.
Ich will keine Rache, keinen Umsturz, keinen Gegenschlag und kein „Helter-Skelter“. Ich will nur – endlich – eine angstfreie Debatte über Themen wie Einwanderung, ethnokulturelle Identität und Islamisierung. Ich will ohne Angst verschiedener Meinung sein können.
Ich will, daß auch ein Theaterintendant, ein Fernsehregisseur und ein Künstler sich zu einer einwanderungskritischen Partei bekennen könnten, ohne den sozialen Tod zu erleiden. Ich will, daß die Stimmung der Angst und Hetze, die hunderttausende Privatinquisitoren in den Arbeitsplatz, die Schule, die Uni und die Familie tragen, endet und dass die schweigende kritische Masse eine Stimme und ein Gesicht bekommt.
Unsere historische Rolle ist die der verfemten „Ketzer“, und mutigen Bekenner.
Dieser Kampf um die Freiheit ist die geschichtliche Aufgabe unserer Generation. Ohne sind wir nichts. Unsere Generation muß sich die Freiheit der politischen Rede von den Jakobinern zurückerobern, die sie uns gestohlen haben. Es ist ein politischer Kampf. Aber nur in der politischen Lichtung des Denkens und Sagens, die sie uns öffnet, kann sich auch philosophisch, künstlerisch und religiös eine Entscheidung über die große Frage ereignen.
Wenn wir über den Atlantik oder auf den die neue patriotische Bewegung hier blicken, dann sehen wir, daß diese Freiheit nur im ständigen Vorstoß, nur in der Aktion und immer nur mit einer Prise Frechheit erobert werden kann. Und so, in taktischem Geplänkel, in begeistertem Aktionismus und kühlen Strategien, in Vorbereitung und Durchführung, einer „rückgebundenen Mobilmachung“ entwickelt sich die Chance auf eine echte Wende.
Die Zukunft wird im Rückblick zeigen, ob die neue patriotische Bewegung in Europa, und der Trumptrain in den USA wirklich Merkmale einer Achsenzeit, oder nur ein letztes Zucken waren. Sollten die Völker Europas jedoch aus ihrem selbstzerstörerischen Kurs aufwachen und sich, inmitten der modernen Ruinenwelt, die sie über den Globus gelegt haben, die Frage nach Sinn und Ziel erneut stellen, wird das entscheidende weltgeschichtliche Konsequenzen haben.
Aber all das liegt in einem Nebel und wird, wenn man es als Normalsterblicher niederschreibt, unweigerlich zu gespreiztem Pathos. Wie gut, dass die konkreten, nötigen Handlungen klar vor uns liegen. Wir müssen einfach aufhören, mit der Lüge zu leben. Im Privaten, im Beruflichen, in der Schule in der Familie – überall. Wir müssen aufhören uns für unsere Meinung zu entschuldigen und die Angst vor dem „big other“ ablegen. „Daddy“ Trump kann darin für viele bundesrepublikanischen „cuckservatives“ ein leuchtendes Vorbild werden.
Monika
Das gefällt mir und erinnert mich an Václav Havels Essay "Versuch in der Wahrheit zu leben".
Eine kleine Kostprobe:
https://www.ekd.de/kirche-und-sport/downloads/sils2012_vaclav_havel.pdf
Und ihren Humor dürfen Sie nicht verlieren:
Wenn de Drump werklich Präsident werd', dann lade mer ihn in die schöne Palz ei. Zu em Schoppe un em Saumage....:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/donald-trump-besuch-in-seiner-heimat-kallstadt-a-1072487.html