Gewalt in Schnellroda – ein Bericht über die Winterakademie

Es gibt da so ein Sandsteinviadukt, eine für die Gegend ausgesprochen untypische Brücke, wenn man über die kleinen Ortschaften der Gegend nach Schnellroda hineinfährt.

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

Und, gemes­sen an den Häus­chen und nied­ri­gen Hal­len und klei­nen Betrie­ben, schrei­en­de Werbeschilder.

Das Rit­ter­gut Schnell­ro­da ver­mit­telt kaum den Ein­druck, als thro­ne im tiefs­ten Osten der „dunk­le Rit­ter“ per­sön­lich und hal­te gehei­me Zir­kel ab. Eine gute Mischung aus Deme­ter­bau­ern­hof, Bil­dungs­bür­ger­haus­halt und pro­fes­sio­nel­lem Ver­lags­la­ger erwar­tet die Besu­cher. Nimmt man den Ort der Aka­de­mie hin­zu (knapp 160 Teil­neh­mer pas­sen ja nicht in Kubit­scheks und Kositz­as Biblio­thek), darf man den Ein­druck um die Erin­ne­rung ans ört­li­che „Kul­tur­haus“ ergän­zen. Viel­leicht kommt die­se aber auch durch die gute Haus­manns­kost und vor allem durch den bestän­di­gen Braun­koh­le­ge­ruch des dicken Kachel­ofens ins Gemüt gezogen.

Am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de zog es jun­ge Leu­te in ihre geis­ti­ge Hei­mat. Es eint sie eine poli­ti­sche Stim­mung, eine inne­re Hal­tung, ein gemein­sa­mer Lese­ka­non aus Tra­di­ti­on und Antai­os-Büchern. Fana­tisch, spin­nert, agi­ta­to­risch, sek­tie­re­risch, ver­klemmt rück­wärts­ge­wandt ist da kei­ner. Die Leu­te kom­men, weil sie melan­cho­lisch Zusam­men­hän­ge durch­schau­en und san­gui­nisch stän­dig neue Zusam­men­hän­ge suchen.

Wie in einer Fami­lie gibt es Fami­li­en­ähn­lich­kei­ten: Bur­schen­schaft­ler und Liber­tä­re haben das Geschnie­gel­te gemein­sam, hoch­be­gab­te Nerds und Aus­stei­ger haben das Unmo­der­ne gemein­sam, Kampf­sport­ler und Schwu­le haben das Kör­per­be­ton­te gemein­sam, blond­be­zopf­te Müt­ter und Gedien­te haben das Tra­di­tio­na­le gemein­sam, die Gitar­re eint You­Tuber und Jugend­be­weg­te, Gepierc­te und Lang­bär­ti­ge haben das Frea­ki­ge gemein­sam, Alt­Righ­ter und IBs­ter das Inter­net­af­fi­ne, Nokia­han­dy­be­sit­zer das Gegen­teil. Wenn man das nicht diver­si­ty nen­nen soll­te, was dann?

„Gewalt“ war das The­ma, vor­her sprach man grin­send von der „Gewalt­aka­de­mie“. Wie unter­schied­lich die Zugän­ge sind, mögen zwei Vor­tra­gen­de bezeu­gen: Marc Jon­gen, äthe­ri­scher Par­tei­phi­lo­soph der AfD und bald auch deren baden-würt­tem­ber­gi­scher Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter, und Jack Dono­van, Ame­ri­ka­ner, Tri­ba­list, „uncu­cked as fuck“, Autor von „Der Weg der Män­ner“.

Jon­gen ent­fal­te­te sei­ne bekann­te The­se von der „Thy­mos­re­gu­lie­rung“ anhand der Migra­ti­ons­pro­ble­ma­tik. Der Thy­mos galt den alten Grie­chen neben dem Logos (Ver­stan­des­ver­mö­gen) und dem Eros (Begeh­rungs­ver­mö­gen) als drit­te See­len­kraft, die Zorn, Stolz, Eifer und Mut ent­hält (bei Pla­ton heißt er der „mut­haf­te Sinn“). Uns – in der Moder­ne ohne­hin, aber nach 1945 den Deut­schen noch ein­mal mehr – ist ein tief­ge­hen­des Ver­harm­lo­sungs­trai­ning zuge­mu­tet wor­den. Die Fol­ge: Abfall der Thy­mos­span­nung. Nun aber: „Inva­si­on der Stres­so­ren“  aus der hoch­t­hy­mo­ti­schen Kul­tur des Islam. Soviel Zäh­mung der „Bes­tie Mensch“ kann man sich, so Jon­gen, nicht mehr leis­ten, es gel­te, ein kul­tu­rel­les For­mie­rungs­le­vel wie­der­zu­er­lan­gen, eine zivi­le Wehr­haf­tig­keit. Jon­gens Gewalt­kon­zept ist sel­ber aus­ge­spro­chen kul­ti­viert, ohne Form­ge­bung ist Gewalt für ihn see­lisch nicht zu bewältigen.

Dono­van brüll­te sei­nen Vor­trags­ti­tel in die ver­schüch­ter­te Zuhö­rer­schar: „Vio­lence Is Gol­den!“. Mus­ku­lö­ser Nietz­schea­ner und Anfüh­rer einer Hor­de „Wol­ves of Vin­land“, ver­kör­pert er im wahrs­ten Sin­ne sei­ne The­se: „Don’t let the slaves’ nar­ra­ti­ve influence our nar­ra­ti­ve!“ for­der­te er, und nahm das Publi­kum mit in die gute alte Her­ren­mo­ral hin­ein, das sich dar­in etwa Hälf­te, Hälf­te end­lich mal zutiefst ver­stan­den, oder gänz­lich abge­sto­ßen fühl­te – und die Hälf­ten­tei­lung ver­lief bei­lei­be nicht allein zwi­schen Mann und Frau. Gewalt sei eine har­te, gol­de­ne Wäh­rung, jede noch so insti­tu­tio­na­li­sier­te, rechts­för­mi­ge oder päd­ago­gi­sche Regel lau­fe am Ende dar­auf hin­aus, daß phy­si­sche Gewalt ihre ulti­ma ratio sei. Und die ist bei aller poli­ti­schen Kor­rekt­heit nie ganz ver­schwun­den, weg­kul­ti­viert, aberzo­gen, son­dern schlum­mert im Man­ne, bereit, her­aus­ge­las­sen zu werden.

Zu bemer­ken ist: es gibt Frau­en in Schnell­ro­da! Das ist ein rela­tiv neu­es Phä­no­men, letz­tes Jahr waren auch schon Frau­en da, aber noch deut­lich weni­ger. Die Anwe­sen­heit von Frau­en erzeugt per se eine sub­ti­le Span­nung. Ein rei­ner Män­ner­bund ist auf Dau­er uner­quick­lich, außer die Hor­de durch­streift die Wäl­der. Lus­tig ist das “Frau­en­the­ma” dann, wenn Dono­van vor­trägt, und nach­her sich eine jun­ge Dame mel­det und fragt, er habe ja jetzt für Män­ner vie­les gesagt, aber was er denn für Frau­en zu sagen hät­te. Na gar nichts, ist doch logisch!

Aber wei­ter:

Mar­tin Sell­ners Gewalt­lo­sig­keits­vor­trag wur­de abso­lut begeis­tert auf­ge­nom­men, und zwar, wie mir schien, eines­teils der unwi­der­leg­ba­ren The­se wegen (es gibt argu­men­ta­tiv ein­fach kei­ne funk­tio­nie­ren­de Begrün­dung für gewalt­sa­men Aktio­nis­mus), andern­teils weil die Aka­de­mie­teil­neh­mer wirk­lich inner­lich so drauf sind. Der „gewalt­be­rei­te Nazi“ ist ein Stroh­mann, der „Haß“ ein Phan­tom, die Spie­gel­bild­lich­keit mit der Anti­fa eben das, was Spie­gel­bil­der sind: Projektion.

Ein spon­ta­nes Zwie­ge­spräch zwi­schen Götz Kubit­schek und Mar­tin Sell­ner, das spä­ter statt­fand, an Bene­dikt Kai­sers klu­gen Sor­el-Vor­trag ange­schlos­sen, zeig­te aber auch ein thy­mo­ti­sches Pro­blem der Gewalt­lo­sig­keit. Es ist das Pro­blem des rech­ten Selbst­ver­ständ­nis­ses. Das darf ein­fach nicht in poli­ti­scher Stra­te­gie, argu­men­ta­ti­ver Absi­che­rung und „Selbst­ver­harm­lo­sung“ (Kubit­schek) auf­ge­löst wer­den. Eine men­schen­freund­li­che Uto­pie von rechts zu stri­cken, wie es Sell­ner manch­mal vor­zu­schwe­ben scheint, stößt hart mit dem zusam­men, was die Antai­os­le­ser­schaft genau­so im Her­zen trägt: die­sen grund­sätz­li­chen „Man­gel an Ver­söh­nung“ (Gott­fried Benn).

Wie bringt man René Girard und Kubricks „ A Clock­work Oran­ge“ zusam­men? Bei­de The­men sind weiß Gott kei­ne rech­ten Bestän­de, mit denen die Zuhö­rer rech­nen konn­ten, außer sie ken­nen Mar­tin Licht­mesz. Girards Über­le­gun­gen zum Sün­den­bock rüh­ren an tie­fe Schich­ten mensch­li­cher Gewalt­ab­wehr. Alex’ beha­vio­ris­ti­sche Zurich­tung zum „guten Chris­ten“ im Film ver­läuft ungleich aggres­si­ver als die christ­li­che Erzäh­lung vom Opfer Chris­ti. Die Opfer­per­spek­ti­ve hat kul­tu­rell Raum gegrif­fen, die Täter­per­spek­ti­ve der Gewalt bleibt in der unter­drück­ten Phan­ta­sie, herr­lich zu sehen im per­ver­sen Mie­nen­spiel des Gefäng­nis­wär­ters und in der fröh­li­chen Bes­tie Alex.

Um in der gegen­wär­ti­gen poli­ti­schen Lage eben­falls eine Sün­den­bock­stra­te­gie am Wer­ke zu sehen, braucht man für wei­te­re Details nur in Licht­mesz’ aktu­el­les Kapla­ken­bänd­chen zu schau­en. Dar­auf, daß der Opfer­my­thos nur all­zu­leicht zum Iden­ti­fi­zie­ren taugt (jeder fühlt sich gern als Opfer der Ver­hält­nis­se),  sind die Teil­neh­mer vor Ort nicht her­ein­ge­fal­len. Offen­sicht­lich hat Licht­mesz es geschafft, ihnen zu ver­mit­teln, daß das „Hei­li­ge der Gewalt“ nicht zum Jam­mern paßt.

So vie­le rich­tig klu­ge jun­ge Zuhö­rer auf einem Hau­fen sind sel­ten. Ver­gli­chen mit phi­lo­so­phi­schen Fach­ta­gun­gen, da ist eben­falls reich­lich Intel­li­genz im Rau­me, und Stu­di­en­stif­tungs­aka­de­mien, da kommt zur Intel­li­genz auch noch sozia­le Fit­neß hin­zu, hat­ten wir es in Schnell­ro­da mit Klug­heit zu tun. Man muß schon ganz schön anders sein und anders sein wol­len als die ande­ren, um über­haupt dort hin­zu­fah­ren. Es erfor­dert  Bli­cke unter den Ver­blen­dungs­zu­sam­men­hang, dann Bekennt­nis, dann den Ver­such, eine Hal­tung zu errin­gen und zu hal­ten. „Den leich­ten und beque­men Weg zu ver­las­sen zuguns­ten der Ent­beh­run­gen“ hel­fe dem Thy­mos auf, erklär­te Marc Jon­gen in sei­nem Vortrag.

Ein­mal in Schnell­ro­da ange­kom­men, lie­gen die Ent­beh­run­gen in wei­ter Fer­ne, zu gut sind Vor­trä­ge, Gesprä­che, Wein, Bier, komi­sche Cola und komi­sche grü­ne Brau­se, Essen und ein gewis­ser böser Humor, der immer ein Anzei­chen von Intel­li­genz ist, statt von Gewaltbereitschaft.

Am Sand­stein­via­dukt und den Wer­be­schil­dern (was ist hier noch typisch wofür?) vor­bei geht es wie­der in die Außen­welt. Man nimmt sich Hei­mat mit nach Hau­se. Nach­le­sen kann man die Vor­trä­ge übri­gens im neu­en Sezes­si­on-Heft, The­ma “Gewalt”, just erschie­nen, hier bestell­bar.

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

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Kommentare (24)

Sven Jacobsen

22. Februar 2017 21:29

Man muss gar nicht viel Zeit aufbringen für einen Vergleich der intellektuellen Qualität der Beiträge und Vorträge hier bei der Sezession, der Beiträge beispielsweise in einem beliebig ausgewählten Forum bei Facebook, Google+ oder anderer Internetpräsenzen, um festzustellen, wie gesittet es hier zugeht und wie abstrus die Unterstellungen der Medien oder die der tapferen Antifaschisten vor dem Rittergut  sind. Ich freue mich auch, dass immer mehr Damen die Kreise hier beehren. Daraus kann nur Gutes erwachsen.  

Monika L.

22. Februar 2017 21:29

Schööön geschrieben. Ich wär' gern mitgeflogen...

https://m.youtube.com/watch?v=Cu57mDP75Jo

Nemo Obligatur

22. Februar 2017 21:35

Weiter so! Ihr seid auf dem richtigen Weg.

Der Gehenkte

22. Februar 2017 21:37

 Mir fällt nichts Kluges ein, außer: Danke! Für den Bericht, für Schnellroda und alle, die sich aktiv dort - in welcher Form auch immer - einbringen!

Donald Trump

22. Februar 2017 21:53

Die Akademie wirkte rundum gelungen. Besonders erfreulich war, dass Jongen das ganze Wochenende geblieben ist, mit nicht zu übersehendem Gesprächsinteresse gegenüber jedermann. Als ebenso erfreulich erwies sich die Facettenvielfalt der Standpunkte der Meinungen, die vereint sind in der gemeinsamen Marschrichtung.

Eisriesen am Horizont

23. Februar 2017 00:08

"just erschienen, hier bestellbar."

Erstmals broschiert, was mich in Kombination mit der Haptik des Umschlags an einzelne späte Exemplare der Zeitschrift Zinnober erinnert.

Ohnehin hatte ich die Aufmachnung der Sezession schon früh als dieser Zeitschrift ähnlich empfunden. Zufall?

Igore

23. Februar 2017 00:17

Ihr seid ein Lichtblick! Gute Arbeit! weiter so!

Gert H. Köster

23. Februar 2017 00:54

 Ja! Weiter so! Freude über das  d o c h  vorhandene Reservoir an Jungen und an Frauen für unsere Sache! Jauchz!

ede

23. Februar 2017 01:29

Sehr schön beobachtet, liebe Frau Sommerfeld! Sie haben Feingefühl in Psychologics, hätte der Meister gesagt.

nordlicht

23. Februar 2017 08:32

Angesichts der täglichen Drohkulisse und der Angst vor großer politischer Veränderung wünsche ich  Götz Kubitschek und dem, was sich um Schnellroda auftut, weiterhin viel Mut und  Standhaftigkeit. Schnellroda ist für mich zum Synonym für Hoffnung geworden, um sich diesem drohenden Freiheitsverlust entgegenzustellen.

Maiordomus

23. Februar 2017 09:09

Wie war es eigentlich mit der zugereisten linken Protestmeute? Darüber wurde letztes Mal noch ausführlich mit Fotos berichtet? Mir würden einige wenige Hinweise genügen, was auf diesem Sektor los war, man will es nun mal wissen.

M.L.: Eine klägliche Kabarettnummer... nicht weiter der Rede wert.

Gotlandfahrer

23. Februar 2017 10:35

Zu Gewaltlosigkeit, sehr platt und nicht intellektuell zusammengefasst: Das Leben ist Gewalt. Wir sind umgeben von Gewalt. Es geht gar nicht anders.

Wiki sagt, Gewalt ist das Vermögen zur Durchführung einer Handlung, die den inneren oder wesentlichen Kern einer Angelegenheit oder Struktur (be)trifft

'Gewaltloser Aktionismus' ist also lediglich eine Umschreibung eines vergleichsweise geringen physischen Aggressionsgrades. Der wiederum abhängt von der Notwendigkeit und Möglichkeit desjenigen, der den Kern einer Angelegenheit beeinflußen möchte.

Um ehrlich zu sein: Zur Abwehr der Katastrophe, die über uns im Westen hereinbricht würde ich gerne den Kern des Vorgangs betreffende Handlungen durchführen. Gerne ausschließlich völlig physisch aggressionsfrei. Soweit dies nicht hilft, dann notwendigerweise auch auf physisch höheren Aggressionsniveaus, immer nur soweit erforderlich, nie als Selbstzweck. Obwohl mittlerweile dringend nötig, ist es jedoch gar nicht (sinnvoll) möglich. 

Insofern bekenne ich mich so zu sein wie jeder Mensch, selbst Ghandi hat danach gehandelt: Als Mensch bin ich moralisch berechtigt im notwendigen Mindestmaß Anwender physischer Agression zu sein, soweit es sinnvoll möglich ist. 

Starhemberg

23. Februar 2017 11:20

Ich kann nicht verhehlen, dass dieser schöne Beitrag meine Seele erwärmt und mich mit Hoffnung erfüllt. Dazu noch eine ganz banale Frage - was ist mit alten Säcken wie mir - deutlich über die vierzig - darf ich da auch hin?

Der_Jürgen

23. Februar 2017 12:03

@Gotlandfahrer

Sie scheinen das in Schnellroda hochgehaltene Prinzip der Gewaltlosigkeit missverstanden zu haben. Um eine Anstauung psychischer Aggressionen und dergleichen geht es da nicht.

Unter Gewalt versteht man in Schnellroda sowie unter anderen zurechnungsfähigen Rechten ganz banal, dass man beispielsweise keine verräterischen Systempolitiker umlegt, eine Horde von Antifa-Strolchen nicht mit der MP niedermäht und, eine Stufe tiefer, auch keine gegnerischen Versammlungen mit Steinen und Mollis bewirft, wie es die vom Staat finanzierten Antifanten tun. Basta. Solche Akte würden dem System einen willkommenen Vorwand zum Anziehen der Schrauben liefern und ohnehin nichts bringen, da die Opfer austauschbar wären und an die Stelle eines in die Luft gesprengten Journalisten von der Lügenpresse oder eines erschossenen Antifanten gleich ein anderer Lump vom gleichen Kaliber träte.

Dass Gewaltlosigkeit nicht den Verzicht auf Notwehr bedeutet, hat Sellner ja selber klargestellt.

Wenn Sie mich nun fragen, ob das Prinzip der Gewaltlosigkeit permanent gelten soll, sage ich: Wie jeder von uns kann ich mir natürlich Situationen vorstellen, wo man zur Knarre greifen muss, um sein Land zu retten.  Mit Ghandi-Zitaten würden die syrischen Soldaten bei den IS- und Al-Nusra-Schlächtern nur schallendes Gelächter hervorrufen, und wenn die Volksmilizen im Donbass sich an Ghandi hielten, wären sie von der Kiewer Kriegsmaschinerie längst niedergewalzt worden.

Solange es in der BRD aber noch ein - wenn auch ständig schrumpfendes - Minimum an Meinungsfreiheit gibt (immer vorausgesetzt natürlich, man tastet die Grosse Lüge nicht an), und solange Caroline Sommerfeld zwar nicht mehr in einer Kantine kochen, aber doch immerhin noch ihre Kolumnen schreiben darf, wäre Gewaltanwendung politisch eine unverzeihliche Torheit. Ob sie vielleicht moralisch gerechtfertigt wäre, darüber mögen Foristen disputieren, die von Moraltheologie und Philosophie mehr verstehen als ich. 

Stil-Blüte

23. Februar 2017 12:46

 @ Liebe Frau Sommerfeld,

danke für ihren herzerfrischenden Beitrag. Sie sind in jeder Hinsicht für eine Überraschung gut. Doch: 

'Ein reiner Männerbund ist auf Dauer unerquicklich, außer die Horde durchstreift die Wälder.'

Dem kann ich nicht zustimmen. Ich denke dabei an folgende Männer-Bünde:

- Männerchor, z. B. Don-Kosaken-Chor

- Knabenchor, z. B. Kreuz-/Thomanerchor

- Stammtisch

- Katholische  Priester

- Klosterbrüder

- Stefan-George-Kreis, 'das Heilige/Geheime Deutschland'

- Sängerwettstreit

- Ingeborg Bachmanns  'Undine geht' (...ihr Ungeheuer mit dem Namen

Hans'..., eine verhohlene Liebeserklärung

Auch Weiberwirtschaft, Hausherrin mit Gesindewirtschaft 

- Spinnstube

- Wochenbett

- Brunnen, Magd, Garten

- Weiberfastnacht

- Walpurgisnacht

- Amdazonenmythos

- Undinenwelt

- Freudenhaus

- KKK

Herr Donovan hat m. E. einen zu engen Begriff von Maskulinität, die mir eher als Muskulinität auftritt . Ausgeblendet bleiben folgende, zur Herrengilde gehörende Eigenschaften:

-Ritterlichkeit, Ver-Ehrung der Frauen

- Handwerk (Frauen: Handarbeit)

- Erziehungspflicht, vor allem gegenüber männlichen Nachkommen, der Jugend  (ohne die in Griechenland  zum Wohl der polis ausgeübte Knabenliebe)

- Zeugungskraft und vor allem Zeugungs w i l l e

Pflege des Erbes, der Ahnen, des Mütterlichen 

Ist Nietzsche Donovans einziger europäischer Säulenheiliger?  Zu viel Vom 'Übermenschen' abgeschaut? Gewundert hat mich, daß nur eine Frau eine Frage bezüglich der Maskulinität gestellt hat. 

All die vielen Männerbünde, einschließlich der Geheimbünde, haben immer auch Beziehungen zur Frauenwelt gehabt. Frauen und Männer sind - das ist ausschlaggebend - nicht in Konkurrenz getreten, haben getrennte Betätigungs- und Bestätigungsfelder beackert. 

Caroline Sommerfeld: Schauen Sie sich mal Donovans Tomatenernte und Eingelegtes auf Instagram an. Das zum Thema "etwas schaffen und nicht bloß mit den Muskeln spielen". Nach seinem Vortrag gingen sofort drei zarte Hände nach oben, von denen ich nur eine aufgegriffen habe. Frauen wollen halt überall mitmischen, so sind sie. Daß dieses ewige Begehr nur bei Sphärentrennung prinzipiell erhalten bleiben kann, liegt in der Natur der Geschlechter.

Nils Wegner

23. Februar 2017 12:56

@ Stilblüte:

So ziemlich all Ihre Einwürfe, Fragen und "vermißten" Themen wären dahin, wenn Sie Donovan denn auch einmal lesen würden. Im Weg der Männer findet sich um Längen mehr an europäischer Geistesgeschichte – sogar Augustinus, womit auch das verletzte Christenherz besänftigt sein dürfte.

Gotlandfahrer

23. Februar 2017 13:56

@Der_Jürgen:

Da habe ich mich wohl überkryptifiziert ausgedrückt, denn nichts anderes als Sie sagen wollte ich ausdrücken: Abgesehen von den moralisch-ethischen und juristischen Hindernissen der Restordnung, die einen echten Rechten von tätlichen Angriffen auf Menschen oder Sachbeschädigung stets abhalten, stünde dem hinzukommend noch die Sinnlosigkeit entgegen, denn auf die Schaffung von Märtyrern und weiteren Freifahrtsscheinen wartet der linke Mainstream nur. 

Ghandi habe ich ins Spiel gebracht, weil bei ihm physische Gewalt eben auch weder notwendig noch sinnvoll möglich gewesen war. Wie er gehandelt hätte, wäre es notwendig und sinnvoll möglich gewesen, lässt sich nur vermuten, wahrscheinlich ist aber, dass er angesichts seiner Intelligenz sein Volk nicht einfach hätte untergehen lassen, ohne es - wenn notwendig und sinnvoll möglich - nicht auch mit Gewalt zu schützen versucht zu haben. In diesem Sinne sind wir in der Ghandi-Phase.

Das Recht auf Notwehr nimmt sich der Mensch wenn er muß und kann, da braucht man keine weiteren Analysen vermute ich.

Sarotti-Mohr

23. Februar 2017 14:07

@Starhemberg, 23. Februar 2017 10:20 AM

Ich kann nicht verhehlen, dass dieser schöne Beitrag meine Seele erwärmt und mich mit Hoffnung erfüllt. Dazu noch eine ganz banale Frage - was ist mit alten Säcken wie mir - deutlich über die vierzig - darf ich da auch hin?

Für die alten Säcke (40+) gab's während der letzten Jahre in Schnellroda je eine Frühjahrs- und eine Herbsttagung.

deutscheridentitärer

23. Februar 2017 14:25

"Ghandi habe ich ins Spiel gebracht, weil bei ihm physische Gewalt eben auch weder notwendig noch sinnvoll möglich gewesen war. Wie er gehandelt hätte, wäre es notwendig und sinnvoll möglich gewesen, lässt sich nur vermuten, wahrscheinlich ist aber, dass er angesichts seiner Intelligenz sein Volk nicht einfach hätte untergehen lassen, ohne es - wenn notwendig und sinnvoll möglich - nicht auch mit Gewalt zu schützen versucht zu haben. In diesem Sinne sind wir in der Ghandi-Phase."

Ghandi hat sich sehr eindeutig für die Überlegenheit des gewalttätigen Widerstands gegenüber gar keines Widerstands geäußert. Er hat an dieser Ansicht gar keinen Zweifel gelassen. Nur schien ihm gewaltfreier Widerstand sowohl ethisch als auch strategisch als die nochmals überlegene Form.

Ein gebürtiger Hesse

23. Februar 2017 17:37

Sehr schöner Bericht des Akademie-Wochenendes, der nur eines ausläßt: die exzellenten Diskussions-Einwürfe, die von der Autorin selbst kamen. Beim nächsten Mal möge sie selbst eine der Vortragenden sein.

Röde Orm

23. Februar 2017 18:14

Schöner, interessanter Bericht. Allein Herrn Donovan kann ich (auch nach Lektüre seines Buches) nicht wirklich etwas abgewinnen. Wahrscheinlich liegt's am Alter. Wär ich nochmal 30... Lassen wir das. Es bleibt zu wünschen, daß die Akademie weiter wachse und gedeihe.

E.

23. Februar 2017 20:23

"(...) Marc Jongen, ätherischer Parteiphilosoph der AfD und bald auch deren baden-württembergischer Bundestagsabgeordneter (...)"

Lesenswerter Beitrag, allerdings bete ich inständig, dass die AfD sich in den kommenden Monaten vor der Bundestagswahl nicht selbst zerlegt und alle AfD-Funktionsträger, gleich welcher Couleur, wirklich diszipliniert und klug auf das gemeinsame Ziel hinwirken: einen zweistelligen Erfolg bei der Bundestagswahl.

Das ist alles andere als ein Selbstläufer und Selbstgewissheit wird nicht reichen! In den letzten Wochen wurde völlig unnötig sehr viel Milch verschüttet.

Stil-Blüte

24. Februar 2017 13:43

@ Caroline Sommerfeld   Danke für den Tip. Damit die Tomaten auf meinen Augen verschwinden, sehe ich mehr gerne auf Instagam Donovans 'Tomatenlese' an.

Ich bin gespannt, ob und wann es losgeht, daß es nach Geschlechtern getrennte Schulen gibt bzw. besser noch - unter einem Dach zwei Gebäudeteile, eine für die Buben, eine für Mädchen. Das wäre was für rechte Gründungsväter, die ihr Geld in sinnvolle Vorhaben einsetzen möchten. Oder gibt es das schon? 

@ Nils Wegner   Habe verstanden, sich mit Donovan ausgiebiger zu beschäftigen, muß wohl doch sein. Der erste Eindruck täuscht eben doch manchmal.

Schneekette

24. Februar 2017 17:03

Eine Anregung, auch hier zum Teil Off Topic, aber zumidest halbwegs passend zu "Gewalt in Schnellroda":

Der Kommentarbereich zum Artiekel von Lichtmesz über Rene' Gerand ist geschlossen. Dort entspann sich eine hochinteressante Diskussion zwischen Raskolnikow und Gustav Grambauer, über das notwendige Ausmaß von Härte.

Ich würde wirklich gerne einen Artikel zu diesem Thema - noch lieber als Diskussion zweier Autoren lesen. Dass Härte zum Leben dazugehört, ist eine rechte Binsenweisheit - eine linke auch, wenn's nur gegen die "richtigen" geht. Es gibt die Position, dass Leben als reine Härte zu sehen - und diese ausdrücklich zu bejahen, ja zu bejubeln. Ein Kommentator anderen Namens bezeichnete diese Position einmal recht sprechend verkürzt als "Bummsfallarismus".

Demgegenüber gibt es die Position, Brutalität als etwas durch Leitplanken einzuhegendes zu sehen. Ich vertrete diese Position.  Eine reine Reduktion des Lebens auf, was unzweifelhaft im Menschen steckt - das Tier -  wäre nichts anderes als die Moral der Pavianhorde. Ich persönlich halte diese Einhegung für den Erfindungsmoment der Zivilisation, die Grundbedingung für das erste Gesetz mit Anspruch auf Gerechtigkeit, für die Erfindung der Monogamie, für das erste Liebesgedicht und für die erste Bachfuge. Nicht zu vergessen Mondraketen, gothische Kathedralen und andere möglichst phallische Sublimtionsleistungen (grunz).

Natürlich, nunquam retrorsum. Natürlich, ultra posse nemo obligatur. Natürlich, Familie, Volk, Nachbarn, Ähnliche und ganz irgendwann vielleicht Menschheit. In dieser Reihenfolge und jegliches nur, sofern die anderen bereits befriedigt sind.

Aber, da halt ich's mit dem Grambauer - das Gegrunze ist meins so gar nicht. Nicht weil das wohlige Grunzen nicht auch in mir steckt und auch situativ herausgelassen werden soll und muss. Aber der explizit geforderte Jubelgrunz bleibt mir dann doch im Halse stecken.

Denn ehrlich gesagt - wer ist denn schon ein Oberpavian? Herrjeh - ich höre Bach!

Also ein wirklich interessierter und ehrlicher Artikelwunsch zum Thema: "Wie brutal hätten's denn gern?"

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.