Da kannte ich ihn noch nicht und wußte nichts von seinem (erfolglosen) Kampf, das Angebot der universitären Frauenbibiliothek zu nutzen. Kennengelernt habe ich Hoffmann erst über eines seiner mittlerweile etwa 30 Bücher, das Mammutwerk Sind Frauen die besseren Menschen? Der Mann ist als Autor ein wahres Phänomen, seine Belletristik, Ratgeber und Sachbücher zu wahrhaft “extrem” unterschiedlichen Themen veröffentlicht er abwechselnd in Kleinst- wie in renommierten Großverlagen.
Nun ist bei der Piper-Tochter Pendo sein jüngstes Werk erschienen, es heißt Rettet unsere Söhne und widmet sich der gemutmaßten gesellschaftlichen und schulischen Diskriminierung von Jungen. Ein trotz mancher Plakativität (auf dem Titel: Mit 10-Punkte Sofortprogramm) lobenswertes, ja, notwendiges Buch.
Hoffmann, der zahlreiche blogs betreibt, ist ein ausgewiesener News-Junkie. Daß er immer auf der Höhe der Zeit und der aktuellen Diskussion argumentiert, ist eine seiner Stärken. Für zwei Begebenheiten kam sein Buch ein paar Wochen zu früh: Einmal für die causa Tim K., den Amoklauf in Winnenden.
Hoffmann schreibt, daß nur 4% solcher Amoktaten aufs Konto von jungen Frauen gingen. Und – das ist das Bedeutsame -, daß die Häufung solcher Blutbäder zeitlich zusammenfällt mit der radikalen Feminisierung der Erziehungskultur, die er in seinem Buch detailliert beschreibt.
Im blog unseres technischen Administrators Harki kann man ein paar haargenau treffende (wenngleich im leicht zynischen Blog-Ton gehaltene) Anmerkungen zur mangelnden Satisfaktionsmöglichkeit von männlichen Schülern nachlesen. Darunter den Hinweis, daß Amokläufe vorzugsweise in sedierten (ruhiggestellten) Gesellschaften stattfinden.
Ebenfalls keinen Platz in Hoffmanns Jungs-Buch konnte jener Daniel V. finden, der vor einigen Tagen gestanden hatte, für den Mord an dem Leipziger Mädchen Michelle verantwortlich zu sein. Daß jener Daniel stark gestört sein muß, steht außer Frage. Was hat ihn verstört? In der Leipziger Volkszeitung ereiferte sich nun eine Mutter, der Daniel schon nicht ganz koscher erschien, als er ein Praktikum im örtlichen Kindergarten absolvierte (vermutlich im Rahmen des Neue-Wege-für Jungs-Projekts des Familienministeriums). Denn: Der Junge sei, oh Schande, “ungewöhnlich fürsorglich” mit den Kindern umgegangen, habe ihnen sogar “beispielsweise beim Treppensteigen” geholfen. Daniel sei deswegen auch getadelt worden.
Ob ihm seine auffällige Hilfsbereitschaft im Prozeß wohl zu Lasten oder zu seinen Gunsten ausgelegt wird? Fällt eigentlich jemandem dieses rollentechnische Verwirrspiel auf, dem auch der spätere Mörder ausgesetzt war? Ist ein Bub wild, wird seine Aggressivität beklagt, ist er fürsorglich, wird er unter Verdacht gestellt. Wie hätten wir ihn den gern, den passablen Jungen und Mann? Als eierlegende Wollmilchsau, so ähnlich wird’s sein.