“betont konservativ und auf Edmund Burke gestützt gegen prominente Islamkritiker”. Der Jubel im linken und die scharfe Kritik im “halbrechten” Lager seien womöglich Zeichen einer “verkehrten Welt”. Da hat der Autor wohl gar nicht so unrecht, aber in einem anderen Sinne, als er vielleicht andeuten möchte.
Denn was sind “Linke” und “Rechte”, resp. “Konservative” heute noch? “Linke” richten ihre Aggressionen gegen den Papst und die römisch-katholische Kirche, gegen ein paar minoritäre Häufchen von Abtreibungsgegnern, Denkmalspflegern und “Rechtspopulisten”, setzen sich aber ansonsten rammbockartig dafür ein, daß in ihrem Land eine, wie sie sonst zu urteilen pflegen, “sexistische, patriarchalische, antisemitische, theokratische, homophobe, ethnozentrische” etc. Macht politischen, kulturellen und demographischen (also bevölkerungspolitischen) Raum ergreift.
Während als “Rechte” heute diejenigen gelten, die diese Macht fernhalten wollen, weil sie sich angeblich Sorgen um Frauen, Schwule, Juden, den Laizismus, die Errungenschaften des Feminismus, die Kompatibiliät mit FDGO und GG, sowie das Recht, eine Religion beleidigen zu dürfen, machen. Zwischen diesen hier nur grob skizzierten Stühlen ist Platz für allerlei “querdenkerische” Verwirrung, die mal links, mal rechts schillern kann, aber dennoch nie ihren Mittelpunkt findet, also auf den Boden – und das heißt: ihren eigenen Boden – kommt. Es kommt heute aber alles darauf an, jenseits der Stühle und des Sandkastens, der sie umgibt, zu denken.
Deutschland ist heute wie alle dekadenten Gesellschaften vordringlich ein Fall für den Satiriker und den Feinschmecker des Absurden und des schwarzen Humors. Der einschlägige Connoisseur ist inzwischen allerdings ziemlich einsam mit seinem Genuß, denn bald versteht niemand mehr außer ihm den Witz. Irgendwann wird Michael Klonovsky nur mehr zu seiner alleinigen Unterhaltung die Pointen pflücken, wenn das nicht schon jetzt der Fall ist.
Kaum jemand in Deutschland ist imstande, eine politische Lage zu erkennen, weil kaum jemand mehr imstande ist, sich selbst in einer Lage und als Produkt einer Lage zu begreifen. Um die Lage zu erkennen, muß man aber erst einmal den eigenen Standort und seine Bedingungen erkennen können. Vorgeblich “konservatives” Denken, das nicht verortet ist, ist niemals wirklich “konservativ”. So sind die Deutschen leider: sie streiten leidenschaftlich um Begriffe und Ideen, aber die Bedingungen und das Überleben ihrer Nation scheinen ihnen beinah völlig egal zu sein. Sie begreifen nicht einmal, daß diese Ignoranz langfristig auch den Tod ihrer Kultur, ja gar ihren biologischen Tod bedeutet. Und selbst wenn es ihnen wie Schuppen von den Augen fiele, wäre ich mir nicht mehr so sicher, daß sie dann ihr Verhalten ändern würden.
All dies nur als Vorglosse zu einer Stelle des ef-Interviews mit Bahners, die mich besonders frappiert hat. Angesprochen auf die faktischen Grundlagen des von ihm ins rechtsextreme Eck abgeschobenen Begriffes “Deutschenfeindlichkeit” antwortet Bahners mit einer recht abgeklapperten rhetorischen Denkfigur der Linken:
Bahners: Ich kann mir schon vorstellen, daß der reine Begriff tatsächlich das trifft, womit man es da zu tun hat. Die politische Verwendung des Begriffs sieht aber von Mehrheitsverhältnissen ab und unterstellt eine Symmetrie, die einfach nicht vorhanden ist. Für den Ausländer, der zum Opfer einer ausländerfeindlichen Verbalattacke oder Gewalttat wird, ist das die Zuspitzung einer de facto vorhandenen Übermacht der inländischen Gesellschaft. Gegenüber als Ausländer wahrgenommenen Einzelnen sind die Deutschen nun einmal noch die weit übergroße Mehrheit. Deshalb ist die Ausländerfeindlichkeit etwas besonders Verwerfliches, weil sie als Gewalt der Mehrheit gegen die Minderheit organisiert wird.
Dies zu kontern war leichtes Spiel für den Interviewer Dimitrios Kisoudis:
ef: In vielen Schulen, in denen der deutsche Schüleranteil unter zehn Prozent liegt, sehen wir genau die eindeutigen Mehrheitsverhältnisse, die Sie ansprechen. Mit umgekehrten Vorzeichen.
Worauf Bahners sofort zurückrudert:
Bahners: Sie haben ja völlig recht. Wenn man es moralisch bewertet, kann man keinen Unterschied machen.
Da “verwerflich” eine moralische Kategorie ist, hätte sich die Rede von der “besonderen Verwerflichkeit” erledigt. Was bleibt dann noch als Ausrede?
Bahners: Das Motiv der Schläger könnte ja sein: “Wir haben später eh keine Chance, dann nehmen wir uns jetzt zumindest die kleinen Deutschen vor, die wir alle zusammenschlagen, weil die ja später wieder an den Hebeln sitzen.” Das ist die Logik! Und das muß man mit allen Mitteln unterbinden, bestimmt auch mit robusten Mitteln.
Welche “robusten Mittel” gemeint sind, geht aus dem weiteren Text nicht hervor. Aber was genau soll eigentlich “unterbunden” werden? Der Sozialneid und der Gruppeninstinkt unter den Migrantenkindern? Oder doch eher das angebliche “white privilege” der deutschen Eingeborenen, die ohnehin qua Deutschsein “an den Hebeln sitzen” und dort auch zu bleiben belieben? Nun, tun sie das wirklich?
Das in manchen konservativen Kreisen aus verständlichen Gründen verachtete “Täterverstehen” ist manchmal eine nützliche Übung. Perspektivlosigkeit erzeugt negative Gefühle, vor allem in jungen Menschen, von Frustration, Unsicherheit bis zu Wut und Haß. Nehmen wir einmal an, es träfe tatsächlich zu, daß die Angst einer Minderheit vor einer Mehrheit zu Aggressionen gegen Personen und Gruppen führt, die dieser Mehrheit angehören.
Vor einigen Tagen kursierte in den Medien eine Meldung, der, wenn überhaupt, kaum mehr als eine kleine Spalte im “Ferner liefen”-Bereich eingeräumt wurde. Sie lautete so:
Etwa 50 Prozent der Kinder in deutschen Großstädten verfügen laut dem Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden einen über einen sogenannten „Migrationshintergrund“. Dies geht laut einer Mitteilung der Behörde vom Dienstag aus Ergebnissen des Mikrozensus 2010 hervor. Demnach stieg der Anteil der ausländischstämmigen Minderjährigen seit 2005 um drei auf jetzt 30,9 Prozent.
Während der Anteil der unter 18jährigen mit ausländischen Wurzeln in Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern bei 12,9 Prozent liegt, steigt er mit zunehmender Einwohnerzahl deutlich an. In Städten über 500.000 Einwohnern liegt er bei 46,2 Prozent.
Hinter diesen von den Zeitungen nur beiläufig vorgestellten Zahlen und Sätzen verbirgt sich ein historischer Vorgang von epochaler Wucht. Denn hochgerechnet bedeutet er nichts weniger als den bald bevorstehenden Tod des deutschen Volkes, und damit auch das Ende eines, wie Alexander Kluge einmal sagte, 2000 Jahre alten Lebewesens namens Deutschland. 12,9 % in kleinen Gemeinden ist schon eine vergleichsweise hohe und problematische Zahl. 46,2 % in den Großstädten, dem Hauptschauplatz der “Deutschenfeindlichkeit”, das konstitutiert nun tatsächlich schon jene “Symmetrie”, von der Bahners behauptet, sie existiere nicht. Auch an seiner eigenen “relativierenden” Denkfigur gemessen kracht sein Argument gegen die “politische Botschaft” des Begriffs “Deutschenfeindlichkeit” in sich zusammen.
Diese Zahlen signalisieren eine jetzt schon verspielte Zukunft, ein Game Over, bevor es für viele erst begonnen hat. Das gilt erst recht für die Jungen, die “kleinen Deutschen”, die schon mal präventiv zusammengeschlagen werden. Wieviel “Ausländerfreundlichkeit” sollen diese noch entwickeln, wenn sie sich jetzt schon als die Langstreckenverlierer am kürzeren Ast sehen müssen? Als Opfer einer quasi-kolonialistischen Landnahme und voranschreitenden Enteignung, als degradiertes Staatsvolk sind sie auf weite Sicht noch größere Verlierer als die migrantischen Schläger, für die manche Intellektuelle so viel Verständnis aufbringen, weil an derem sozialen und beruflichen Versagen die repressive Mehrheitsgesellschaft schuld sei (die sie indessen mit massiven Wohlfahrtsleistungen versorgt, wie sie in den Herkunftsländern der Betreffenden nicht existieren).
Daß die Deutschen nun vergleichsweise selten (etwa in Form radikalisierter Randgruppen) mit tätlicher “Ausländerfeindlichkeit” reagieren, hat nicht nur positive Gründe: sie sind nämlich inzwischen sowohl zum Angriff als auch zur Notwehr unfähig. Ihre Passivität resultiert zum Teil aus einem schlichten Mangel an Gruppenrückhalt und physischen und psychischen Abwehrmitteln, sie ist ein Zurückweichen vor latenter Gewaltandrohung, das sich in Flucht, Unterwerfung und Autoaggression äußern kann.
Was die Zukunft betrifft, so wird sich angesichts der bereits jetzt 30% ausländischstämmigen Minderjährigen die Frage des Mehrheitsverhältnisses noch mehr zu Ungunsten der Stammbevölkerung verschieben. Jedes deutsche Kind, jeder deutsche Jugendliche, der heute aufwächst, hat diese Zukunft wie einen Alpdruck auf sich lasten, der sich gleich einer riesigen dunklen Gewitterwolke über den ganzen Horizont erstreckt. Wie wird man sie erst behandeln, wenn sie in der absoluten Minderheit sind? Dürfen sie dann auf die Milde und Toleranz der neuen Mehrheiten zählen? Überall da, wo sie lokal in der Minderheit sind, haben die deutschen Kinder und Jugendlichen jetzt schon einen bitteren Vorgeschmack auf das Kommende im Mund, in den sich vermehrt Blut mischt. Blickt irgendeiner von ihnen heute noch zuversichtlich nach vorne, in der Gewißheit einmal “an den Hebeln zu sitzen”? Hat irgendeiner noch das Gefühl, daß es so weitergehen wird, wie bisher? Oder daß irgendjemandem sein Deutschsein etwas nützen wird, wenn der nächste Wirtschaftscrash auf das Land herabprasselt?
Und hat denn irgendjemand, der sich diese Dinge näher anssieht, noch das Gefühl, hinter ihm stünde ein strukturelle Macht, eine in der Sache geeinte, solidarische Mehrheit, oder ein Staat, der ihm und seinen Interessen Schutz bietet?
Das Gegenteil ist der Fall. Die lächelnden Tanten an den Hebeln wissen um die demographische Lage Bescheid. Als Konsequenz betreiben sie aktive Bevölkerungspolitik. Nur nicht für das eigene Volk. Jetzt wird erst recht durchgestartet, um seine exponentiell wachsende Erosion noch zu beschleunigen. Es ist nämlich keineswegs so, als würden diese Tanten keine ethnischen Unterscheidungen treffen, und sagen: “Ich kenne keine Deutschen und Ausländer mehr, nur noch Menschen!” Weit gefehlt:
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hat die Bundesländer aufgefordert, mehr ausländischstämmige Lehrer einzustellen. „Wir brauchen mehr Lehrer und Erzieher aus Zuwandererfamilien“, sagte Böhmer der Rheinischen Post.
Angesichts des stark angestiegenen Anteils von Kindern mit sogenanntem „Migrationshintergrund“ in Deutschland müßten die Länder Tempo und Intensität ihrer Anstrengungen in dieser Angelegenheit deutlich steigern. Die am Dienstag vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen belegten laut Böhmer, daß sich „das Gesicht Deutschlands verändert“ habe.
Also: Türkische Lehrer für türkische Kinder! Was denn sonst? Das ist doch völlig verständlich!
Böhmer war zweifellos ungeheuer überrascht, als sie diese Veränderung des deutschen “Gesichts” (das kann man gerne buchstäblich nehmen, und sich daran erinnern, was ein solcher “Gesichtsverlust” für die Identität des Einzelnen bedeutet) aus den Statistiken ablas. Na sowas!, wird sie ausgerufen haben. Grübel, kopfkratz, wie das wohl gekommen sein mag? Diese Entwicklung konnte man ja nun wirklich nicht vorausahnen! Jetzt besteht aber rascher Handlungsbedarf. Da es nun ohnehin zu spät ist und keine Alternative gibt, wollen wir die Abbruchsarbeit auch gründlich machen. Wie spricht der deutsche Philosoph? “Was fällt, das soll man auch noch stoßen!” Und wie lautet das populäre Mem, das wir der Tante verdanken?
Diese Menschen mit ihrer vielfältigen Kultur, ihrer Herzlichkeit und ihrer Lebensfreude sind eine Bereicherung für uns alle.
Raskolnikow
... und die Hoffnung der rechtsintellektuellen Elite (Selbstbezichtigung) ist ein Sozialdemokrat ... der rechts-konservative Che Guevara macht sich mit den Radikalliberalen von PI gemein ... usw.
Es gibt keine Klarheit, keine scharfen Schnitte - und daran sind solche akademisch-ausgewogenen sowohl-als-auch-Plattformen wie "Sezession" nicht unschuldig. Eitler Stolz auf die prominenten Gäste bei Preisverleihungen und die ununterdrückbare Sucht auch irgendwie akzeptiert zu werden von "denen da oben", verhindern jede Klarheit, deren Existenz und Möglichkeit natürlich ganz schlau geleugnet werden muss.
Diese nach oben drängende Bürgerlichkeit können dem geschulten Hobbypsycholgen auch die Ernte- und Schlachtegeschichten aus Schnellroda nicht verhehlen.
Vielleicht ist zuviel Bewußtsein ja tatsächlich hinderlich. Das schafft jene Verwirrung der Standpunkte. Kommt dann noch der kleine Bürger Diederich Hessling in uns zum Vorschein, bilden wir uns die Welt nach unserem Sein und nicht umgekehrt ... naja!
So, jetzt kann ich wieder in mein Kellerloch zurückkrauchen und Quitten einkochen für den Winter - genug gejammert. Und allen Halben kann ich nur den Götz entgegenschleudern - den Berlichinger wohlgemerkt!
R.