Immerhin: Wie immer hängt alles mit allem zusammen.
Die Tochter, vierte Klasse, hatte im Englischunterricht die Vokabel Dandelion = Löwenzahn zu lernen. Als Aussprache wurde ihr „dendschelin“ beigebracht. Für mich ein klassischer Fall von Grundschullehrern, die nun Englisch ab Klasse 2 unterrichten müssen, dies aber nicht wirklich studiert haben.
Ich schlug „dändelaien“ vor, die Tochter beharrte auf der Maßgabe der Lehrerin. Flugs „im Internet“ nachgeschlagen, in der Hoffnung, auf eine gültige Ausspracheregelung zu stoßen. Mitnichten: „Dandelion ist ein passender Vorname für jedes Mädchen!“ Und: „Wer kann man mir den Namenstag für meinen Sohn Dandelion sagen???“, das waren die ersten Fundstücke. Angeblich rangiert der „passende Vorname“(doppelt cool, da anscheinend für beide Geschlechter empfohlen!) derzeit auf Platz 3761 der bundesdeutschen Vornamencharts, immerhin 79 Neugeborene sollen ihn in letzter Zeit erhalten haben.
Nun ist es ein Gemeinplatz, über neudeutsche Namenmoden herzuziehen. Der gelegentliche Blick auf Brandmarkungsseiten wie chantalismus.de oder chantalismus.tumblr.com (aktuelle Belege lauten etwa „Phibie“ und “Thaisen“) hinterläßt mich nicht schenkelklopfend, sondern erschüttert und traurig. Gibt es solche Seiten oder die Notwendigkeit dazu aus China oder dem Jemen? Nirgends auf der Welt, nicht einmal sonstwo in Resteuropa gibt es solch bunte Vielfalt an Säuglingsnamen.
Darüber, daß in diesem Frühjahr in meiner engen räumlichen Umgebung ein Kind „Odin David“ und ein anderes „Brain“ (sic!) genannt wurde – getauft wäre hier definitiv der falsche Ausdruck – und daß Klassenkameraden meiner Kinder Lennox, Minnesota und Stanley heißen, tröstet mich gelegentlich, daß allgemein (sogar in Ossiland) die Uropa- und ‑omanamen einen Zulauf haben, der vor 30 Jahren kaum vorstellbar war. Emil, Pia und selbst Otto befinden sich in ganz guter Gesellschaft. Das freudige Staunen darüber wäre einem Briten oder Spanier kaum vermittelbar.
Warum gerade jene Eltern unterhalb der deutschen Mittelschicht anders als in anderen Ländern diesen auffälligen Drang nach „Besonderheit“ oder Anlehnung an Comic- und TV- Serienhelden haben, ist schwer zu ergründen. Die sogenannte Re-education und mithin die Abwendung vom Althergebrachten, Traditionellen hat doch nicht vornehmlich in den prekären Klassen gewirkt?
Eines jedenfalls scheint mir sicher: Unter den Neugeborenen der letzten Jahre mit Namen Dandelion ist kein einziges muslimischer Abkunft. Auch Jason, Justin, Joyce und Jayden scheint mir in diesen Kreisen strikt verpönt zu sein. Mir ist überdies von keiner Geburt aus muslimischen, jedoch hier heimischen Familien bekannt, woraus ein Dirk, ein Frederik oder eine Lena resultierte oder ein anderer Name, der deutlich hiesigen Ursprungs wäre. Bei eingewanderten Asiaten gibt es das gelegentlich durchaus.
Wie kommt´s? Umgekehrte Fälle kenne ich zuhauf, deutschstämmige Paare, die in Skandinavien leben und die Namen der Kinder anpaßten; andere, die im Rahmen des braindrain nach USA ausgewanderte (nach nur fünf Jahren mit deutlichem Ami-Akzent deutsch parlierend!), und namensgebungstechnisch die Zügel streckten hin zu einer global assimilierten Wahl, Liza und George anstatt Elisabeth und Georg.
Im Islam, so heißt es, seien einige Namen haram, also schlicht tabu, andre makruh, d.h. unerwünscht, etwa die Namen von „unmoralischen Personen“ wie Sängern und Schauspielern, wodurch die Auswahl natürlich beträchtlich verkleinert wird. Aber auch drüber hinaus: Leonhard Öztürk oder Antje Sulimani: gibt´s nicht, oder?
Martin
Das hat mit Re-education auf den ersten Blick erst einmal recht wenig zu tun, denn das Bestreben, durch die Namensgebung der Kinder eine vermeintliche "Aufwertung" zu betreiben, die dann (aber zumeist) schon mit der Namensgebung aus Sicht aller außerhalb dieser Kreise stehenden missglückt ist, findet man auch in anderen Ländern sehr häufig.
Sehr gute Beispiele dafür kann man u.A. bei den sog. Afro-Amerikanern in den USA finden.
Ich kann aber die Beobachtung hinsichtlich der Namensbeharrlichkeit bei den Orientalen dahingehend bestätigen, dass ich - Einwohner einer Stadt mit sehr hohem Anteil an MiHiGru- Bewohnern - noch keine besonderen Westnamen bei den muslimischen Einwohnern feststellen konnte (auf der anderen Seite weis ich aber auch nicht, ob es nicht ähnliche "Aufwertungsversuche" dort auch gibt, denn ich weis nicht, über welche orientalischen Namen sich die türkische Gentry evtl. totlacht).