“Die liberale Gesellschaft und ihr Ende” – Manfred Kleine-Hartlage über sein neues Buch

In wenigen Tagen wird im Verlag Antaios das neue Buch Manfred Kleine-Hartlages erscheinen.

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

Nach der Abrech­nung mit der “Neu­en Welt­ord­nung” und sei­nem Abschied von der Lin­ken ist Die libe­ra­le Gesell­schaft und ihr Ende  nun eine Ana­ly­se der Selbst­zer­stö­rung des Abend­lan­des. Der Autor berich­tet dar­in Über den Selbst­mord eines Sys­tems.

 

PI-News ver­öf­fent­lich­te ges­tern ein Gespräch mit dem Autor.

PI: Man­fred, in weni­gen Tagen erscheint dein neu­es Buch „Die libe­ra­le Gesell­schaft und ihr Ende. Über den Selbst­mord eines Sys­tems“. Steht es wirk­lich so schlimm um unse­re frei­heit­li­che Gesellschaft?

Klei­ne-Hart­la­ge: Es steht schlimm um die west­li­che Zivi­li­sa­ti­on und damit auch um deren frei­heit­li­che Errun­gen­schaf­ten. Ich ver­glei­che in mei­nem Buch unse­re Zivi­li­sa­ti­on mit einem kühn kon­stru­ier­ten Wol­ken­krat­zer, der immer wei­ter aus­ge­baut wird: immer höher, immer schö­ner, immer luxu­riö­ser. Das Pro­blem ist: Er wird aus­ge­baut mit Mate­ri­al, das den Fun­da­men­ten ent­nom­men ist und wird des­halb ein­stür­zen, wenn das nicht aufhört.

Wel­che Fun­da­men­te meinst du?

Damit mei­ne ich grund­le­gen­de mensch­li­che Soli­dar­ge­mein­schaf­ten, ins­be­son­de­re die Insti­tu­ti­on der Fami­lie und die Exis­tenz von Natio­nen, außer­dem die letzt­lich im Chris­ten­tum ver­an­ker­ten sitt­li­chen Wer­te, deren all­ge­mei­ne – meist unbe­wuss­te – Akzep­tanz die Vor­aus­set­zung dafür ist, dass wir uns unse­re Libe­ra­li­tät über­haupt leis­ten können.

Die west­li­che Gesell­schafts­auf­fas­sung geht ja nicht – wie etwa die isla­mi­sche, aber auch ande­re tra­di­tio­nel­le Auf­fas­sun­gen – davon aus, dass gesell­schaft­li­che Ord­nung und Sta­bi­li­tät obers­te Gebo­te sei­en, und sie fasst dem­ge­mäß Frei­heit nicht als Bedro­hung der Ord­nung auf, son­dern als deren Kom­ple­ment. Der Gedan­ke einer Ord­nung in Frei­heit und durch Frei­heit konn­te nur hier ent­ste­hen und ist eine his­to­risch bei­spiel­lo­se Errun­gen­schaft der euro­päi­schen Zivi­li­sa­ti­on. Unse­re Gesell­schaft beruht nicht auf einem straf­fen auto­ri­tä­ren Kor­sett, aber eben auch nicht ein­fach auf „der Frei­heit“ und sonst nichts. Sie beruht auf einem Gleich­ge­wicht zwi­schen Frei­heit und Bin­dung, Rech­ten und Pflich­ten, dyna­mi­schen und sta­bi­li­sie­ren­den Faktoren.

Und die­ses Gleich­ge­wicht ist gestört?

Frei­heit gibt es nur dort, wo es eine sie ermög­li­chen­de Ord­nung gibt, und damit mei­ne ich nicht nur die Rechts­ord­nung. Die Rechts­ord­nung ist nur der Schluss­stein auf einem sehr kom­pli­zier­ten kul­tu­rel­len Gefü­ge, aber auch die­ser Schluss­stein wird fal­len, wenn das Gefü­ge insta­bil wird.

Das klingt sehr abs­trakt, hast du dafür kon­kre­te Beispiele?

Neh­men wir nur die­sen omi­nö­sen „Kampf gegen Rechts“: Man macht aus einer kul­tu­rell und eth­nisch homo­ge­nen, eine mul­ti­kul­tu­rel­le und mul­ti­eth­ni­sche Gesell­schaft, das heißt man sperrt zusam­men, was nicht zusam­men­ge­hört, erzeugt sys­te­ma­tisch all­täg­li­che Kon­flik­te, macht aus einer rela­tiv har­mo­ni­schen eine zuneh­mend span­nungs­ge­la­de­ne Gesell­schaft und kann der Span­nun­gen dann nur noch mit immer mehr Repres­si­on Herr wer­den. Man zer­stört das kul­tu­rel­le Gefü­ge und erzeugt eine Situa­ti­on, in der der Kampf gegen „Ras­sis­mus und Frem­den­feind­lich­keit“, also gegen Mei­nun­gen und Gefüh­le, und das heißt: der Über­gang vom Staat des Grund­ge­set­zes zu einem tota­li­tä­ren Umer­zie­hungs­staat als „Sach­zwang“ erscheint. „Alter­na­tiv­los“ wür­de die Kanz­le­rin sagen. Aber die­se Alter­na­tiv­lo­sig­keit haben sie und ihre Vor­gän­ger sel­ber herbeigeführt.

Ist das Feh­ler oder Absicht?

Bei­des spielt eine Rol­le: sowohl die Ver­blen­dung durch eine Ideo­lo­gie, deren Ver­fol­gung stets zum Gegen­teil des Beab­sich­tig­ten führt und inso­fern ein „Feh­ler“ ist, als auch bestimm­te mate­ri­el­le und Macht­in­ter­es­sen, die rück­sichts­los – und durch­aus mit Absicht – auf Kos­ten der Völ­ker Euro­pas durch­ge­setzt wer­den. In den Köp­fen der Ent­schei­dungs­trä­ger wird bei­des eine gewis­se Rol­le spie­len, nur das Mischungs­ver­hält­nis unter­schei­det sich von Per­son zu Per­son und von Inter­es­sen­grup­pe zu Inter­es­sen­grup­pe. Auf einer gedach­ten Ska­la zwi­schen den Extre­men der rei­nen nai­ven Ver­blen­dung und der rei­nen Bös­ar­tig­keit gibt es vie­le Abstufungen.

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Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

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Kommentare (9)

Biobrother

18. Juli 2013 17:44

Als Liberaler fand ich den Buchtitel interessant und hab das Buch direkt beim Verlag vorbestellt. Hoffentlich gibt es darin dann mehr an gedanklicher Anregung zu entdecken als die hier formulierten durchsichtigen Taschenspielertricks des Typs "eine liberale Gesellschaft muss konservativ-nationale Züge annehmen, um überleben zu können" (kleines Problem: dann überlebt sie vielleicht wirklich eher, ist nur leider nicht mehr liberal). Wobei allerdings Franz-Josef Strauss zuzustimmen ist, dass ein freiheitlicher Staat gegebenenfalls auch stark und wehrhaft sein muss, um die Freiheit dauerhaft gegen ihre diversen Gegner zu sichern.

Und was multikulturelle Staaten angeht: Es gibt m.E. durchaus Beispiele, die halbwegs gut funktionieren und eine hohe Lebensqualität aufweisen, Kanada zum Beispiel, in dem Fall sicher begünstigt durch wirtschaftliche Prosperität, das Fehlen einer langfristig angestammten Kultur nach weitgehender Verdrängung der Ureinwohner, ein komplexes Bevölkerungsgemisch anstelle einer konfrontativen Situation zwischen zwei rivalisierenden Kulturen/Religionen und einen relativ geringen Bevölkerungsanteil mit traditionell stärker ausgeprägten sozialen und "kriminologischen" Problemen. Die entscheidendere Frage wäre hier vielleicht, ob eine gänzlich multikulturelle Gesellschaft in Europa vor dem Hintergrund alter gewachsener Kulturnationen letztlich (und ganz unabhängig vom Funktionieren) nicht eine deutliche Verarmung darstellen würde.

Franz Schmidt

18. Juli 2013 18:21

@ Biobrother

Kanada ist leider kein gutes Beispiel. Es gibt überhaupt kein gutes Beispiel.

In Kanada wurden die indianischen Ureinwohner von den Weißen verdrängt.

Die Eskimos befinden sich ebenso in einem katastrophalen Zustand, wie die meisten Indianer (Alkohol, Suizid, Arbeitslosigkeit, Transferempfänger).

Über das Schicksal der in der Eiszeit eingewanderten Weißen (Solutrean) wollen wir erst gar nicht spekulieren.

Die Wikinger, die dort eine zeitlang waren, haben auch nichts von den Segnungen der Multikulturellen Gesellschaft gespürt.

In Kanada wird derzeit eine antiweiße Einwanderungspolitik betrieben. Die Weißen geraten auch hier bald in die Minderheit.

Wenn das Ergebnis ist, daß die Weißen zur Minderheit werden oder verschwinden, ist das für Sie erstrebenswert? Ist das etwa gut? Wenn so Multikulti funktioniert, dann ist das für uns Weiße ein Todesweg.

Steffen

18. Juli 2013 19:49

Ich hoffe doch, dass sich PI NEWS weiterentwickelt - und zwar in die richtige Richtung. Der ungezügelte und wertentfremdete Liberalismus ist hierbei schon der richtige Ansatz.

XX03

19. Juli 2013 11:35

Ich hoffe nur, dass Stürzenberger zu spät bemerkt, dass er sich und seine gesamte Neocon-Sekte mit der Veröffentlichung dieser Artikel selbst schlachten wird.

KW

19. Juli 2013 15:03

@ Biobrother
Multikulti kann nicht funktionieren, jedes Volk ist wie jedes Tier anderen Gruppen gegenüber mißtrauisch. Zu den unterschiedlichen kulturellen, religiösen, sprachlichen und bildungstechnischen Unterschiede kommen noch die wirtscaftlichen. Unsere grenzen gingen auf und die Kriminalität stieg. Ich kann an dem organisierten Menschenbrei nichts Positives finden.

Citizen Kane

19. Juli 2013 16:53

@XX03
Da muss mal ein wenig Fleisch an den Knochen.
PI = Neocons?
Ansonsten, Stürzenberger allein ist nicht PI!

Couperinist

19. Juli 2013 18:37

Das war bei PI soweiso immer nur ein Feigenblatt. Weil die Grünsozen auf Amerika und Israel schimpften und weil die Amis in Afghanistan und im Irak Krieg gegen Moslems führten, waren sie halt "proamerikanisch" und westlich-liberal. Sie seien also die eigentlichen Guten, für Freiheit und Menschenrechte, keine pöhsen rechten Finsterlinge.

Zu hoffen bleibt, dass sie überhaupt von diesem verlogenen "Nazi"-Diskurs wegkommen.

Waldgänger

20. Juli 2013 13:10

@ Biobrother

1. Zu ihren grundsätzlichen Zweifeln an Kleine-Hartlages Argumentation.
Schon in den ersten Sätzen des Interviews steht doch der entscheidende Passus: Die liberale Gesellschaft der Gegenwart verzichtet (aus ökonomischen Gründen) auf die Bewahrung und Pflege von Ordnungs- und Stabilitätsmustern und betont stattdessen den permanenten Wandel und die (wirtschaftliche) Freiheit des Einzelnen so sehr, dass die Grundlagen der Gesellschaft an sich (z.B. funktionierende Familien, klare Rollenvorstellungen, Zusammengehörigkeitsgefühl) beschädigt und verringert werden.

Anders gesagt: JEDE Sache, die übersteigert wird, zerstört sich selbst. Das können Sie bei zu intensiver Landwirtschaft, zu starker Bewässerung oder klammernden Liebesbeziehungen ebenso beobachten wie bei anderen Lebensbereichen.

Ein echter Liberaler (wie Sie) müsste diese Regelhaftigkeit erkennen und für die Verlangsamung der destabilisierenden Wandlungsprozesse und das Festigen jener "Ordnungsanker" eintreten, die der menschlichen Natur entsprechen.

Ein unechter Liberaler oder einer, der die Argumentation von Kleine-Hartlage noch nicht genügend verinnerlicht hat, müsste entweder nachzuweisen versuchen, dass inmitten des rasenden Wandels DOCH neue belastbare Ordnungen aufgebaut werden – oder er müsste überzeugend darlegen, dass der zeitgenössische Wirtschaftsliberalismus jene notwendigen Ordnungs- und Stabilitätsmuster eben doch nicht beschädigt.
Beides zu belegen ist angesichts der faktisch gegebenen zunehmenden gesellschaftlichen Zerrüttung (z.B. soziale kulturelle und ethnische Segregation, steigende Kriminalität, sprachlicher Niedergang) nahezu unmöglich.

2. Multikulti gegen eine anders denkende Mehrheit – also z.B. die autochthonen Deutschen oder Franzosen durchsetzen zu wollen ist Rassismus gegen die Einheimischen.
Linke und Liberale, die eine multiethnische und multikulturelle Gesellschaft durchsetzen wollen, sind Rassisten gegen das jeweilige Staatsvolk.

Das Erzwingen von Multikulti ist also wegen der resultierenden Destabilisierung der Gesellschaft nicht bloß ein Fehler, sondern es ist auch ein ethisch-moralisches Vergehen.

3. Kanada ist als Beispiel nicht übertragbar, da es keine kanadische Ethnie gibt – von den unterjochten Indianern und Eskimos abgesehen.
Passende Beispiele sind hingegen Jugoslawien oder die Sowjetunion!

Franz Schmidt

22. Juli 2013 10:09

Wir sollten immer daran denken, daß solche Bücher nicht dazu geschrieben werden, daß sie nur in unseren eigenen Reihen zirkulieren. Sie müssen außerhalb gelesen werden.

Gerade die Bücher von MKH sind geeignet uns (noch) nicht Nahestehende zum Nachdenken zu bringen.

Die besten Erfahrungen habe ich mit einigen der Kaplaken-Bände gemacht, wie "Zurüstung zum Bürgerkrieg", "Warum ich kein Linker mehr bin", "Präventivschlag Barbarossa", "Warum Konservative immer verlieren", "Provokation" und "Das konservative Minimum". Der geringe Seitenumfang bringt auch jene zum Lesen, die wenig Zeit haben oder keine dicken Bücher lesen wollen.

Auf AfD-Versammlungen habe ich immer ein paar Kaplaken dabei, um sie gezielt weiter zu verbreiten.

Wichtig ist auch, auf anderen Internetseiten Links zu guten Büchern zu platzieren und bei Amazon Rezensionen zu schreiben. Viele Menschen lesen zuerst eine Rezension bei Amazon, bevor sie sich zum Kauf eines Buches entscheiden. Hilfreich ist es, kurze Zitate aus Büchern mit Quellenangabe zu posten.

Das ist das Mindeste, was man so nebenbei tun kann.

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