Sezessionistische Weihnachtsempfehlungen (IV) – Dachboden

tz Kubitschek -  Vor Jahren fragte ich bei Klett Cotta an, ob ich nicht diese lange vergriffene, fast unbekannte Novelle Ernst Jüngers neu auflegen dürfe in meinem Verlag. Ich durfte nicht, und so ist Sturm (72 Seiten, broschiert, 10.95 €) - vielleicht durch meine Frage angeregt - nun bei Klett erschienen: eine expressive Kriegsschilderung, ein Schlüssel zum Verständnis Jüngers.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Ellen Kositza – Horst Lan­ge: Schwar­ze Wei­de (433 S., 18.90 €). Mein Lieb­lings­buch. Düs­ter, magisch, apo­ka­lyp­tisch, schil­lernd. (Nähes­ter) Osten! Wie­der­ge­le­sen, als der Film Poll 2011 ins Kino kam und aber­mals, als Oda Schae­fers (Horst Lan­ges Frau) zwei­bän­di­ge Lebens­er­in­ne­run­gen jüngst bei Arnshaugk erschie­nen. Wer weiß/ ob nicht Leben Ster­ben ist/Atem Erwürgung/Sonne die Nacht? (Albert Ehrenstein).

Nils Weg­ner – Jonas Lie: Rut­land. Ein See­ro­man (240 Sei­ten, 34.90 €). Trotz zahl­rei­cher Umzü­ge und längst ver­gan­ge­ner Kind­heit wird man es als Nord­licht irgend­wie nicht leid, See­fah­rer­ge­schich­ten zu lesen. Die­ser rauh­bei­ni­ge Roman, erst­mals 1880 auf nor­we­gisch erschie­nen und mir von einer lie­ben Freun­din in einer Auf­la­ge von 1970 zum Geschenk gemacht, ver­eint Aben­teu­er, Roman­ze und Fami­li­en­er­zäh­lung auf eine kaum ver­gleich­li­che Wei­se. Nicht nur Zer­streu­ung, son­dern auch ein Stück Identität.

Erik Leh­nert - Geor­ges Ber­na­nos: Das Tage­buch eines Land­pfar­rers (1936) ist die Geschich­te eines rei­nen Her­zens in gewöhn­li­cher Umge­bung, das an sei­nen Mit­men­schen ver­zwei­felt. Der Glau­ben es Pfar­rers trifft in aller Rein­heit auf das graue Leben, das zugleich klug und getrie­ben ist. (334 Sei­ten, 18 €)

Mar­tin Licht­mesz - Homer: Ili­as, Neu über­tra­gen von Raoul Schrott. Gewiß wer­den eini­ge Puris­ten die Nase rümp­fen über die­se stel­len­wei­se all­zu salop­pe und freie Neu­über­set­zung des über zwei­ein­halb Jahr­tau­sen­de alten Klas­si­kers. Schrott hat es aller­dings geschafft, Homer nicht nur aus dem Kor­sett des deut­schen Hexa­me­ters zu befrei­en, son­dern auch gewis­se ein­ge­schlif­fe­ne Wahr­neh­mun­gen auf­zu­bre­chen. Dadurch steht die home­ri­sche Dich­tung wie­der glän­zend, far­big, kon­kret, blu­tig und visu­ell vor uns, leben­dig wie am ers­ten Tag. Macht man sich dazu noch die Mühe einer par­al­le­len Lek­tü­re etwa der Über­set­zun­gen von Voß und Scha­de­waldt, dann berei­tet einem Schrotts Ili­as neue, zum Teil ver­blüf­fen­de Ver­ständ­nis­blit­ze und Zugän­ge zu einem Werk, das zu Recht als eine der ewi­gen geis­ti­gen Säu­len des Abend­lan­des gilt. Auch als exzel­lent pro­du­zier­tes Hör­buch erhält­lich! (672 S., 12, 95 €)

Bene­dikt Kai­ser – Mil­o­van Dji­las: Njegoš oder Dich­ter zwi­schen Kir­che und Staat (496 S., anti­qua­risch). Mehr als nur eine Bio­gra­phie des mon­te­ne­gri­ni­schen Fürst­bi­schofs und Natio­nal­dich­ters Petar II. Petro­vic-Njegoš! Tat­säch­lich ist das im Gefäng­nis nie­der­ge­schrie­be­ne Werk des sicher­lich bedeu­tends­ten süd­ost­eu­ro­päi­schen kom­mu­nis­ti­schen Rene­ga­ten auch eine weit­ver­zweig­te Ana­ly­se der ser­bisch-mon­te­ne­gri­ni­schen Geschich­te im Kon­text des oft­mals blut­ge­tränk­ten Bal­kan-Bodens. Und man lernt viel über Dji­las, des­sen Leben im Mythos frei­lich selbst mit der an poli­ti­schen Stim­mungs­wech­seln rei­chen Lan­des­his­to­rie im extre­men 20. Jahr­hun­dert ver­wo­ben ist. Geschich­te wie ein Roman.

Ras­kol­ni­kow – August Strind­berg: Tschand­ala. Ein psy­cho­lo­gi­sches Meis­ter­werk, das für einen unge­trüb­ten und uner­bitt­li­chen Blick auf “uns” hilf­rei­cher ist, als die ober­fläch­li­chen und selbst­ge­fäl­li­gen Bezich­ti­gun­gen “war­um Kon­ser­va­ti­ve immer ver­lie­ren”. 172 S., 6.99 €

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (9)

Revolte

12. Dezember 2013 13:40

Hat hier jemand "Der Wanderer zwischen beiden Welten" von Walter Flex gelesen und könnte mir dazu einen kurzen Überblick geben? Klingt eigentlich sehr interessant, die Amazon-Rezensionen sind allerdings nicht sehr vielsagend, außer den bekannten Anschuldigungen der Kriegsverherrlichung; aber das kennt man ja von den Stahlgewittern.

Gruß und Dank.

S. Pella

12. Dezember 2013 15:10

Lieber Baron Sternberg,

angesichts Ihrer Empathie für genannte Autoren sei Ihnen auch Vonderachs "Sozialbiologie" empfohlen: https://antaios.de/buecher-anderer-verlage/institut-fuer-staatspolitik-/berliner-schriften-zur-ideologienkunde/1088/sozialbiologie.-geschichte-und-ergebnisse

Gruß!
S. Pella

Richard

12. Dezember 2013 17:45

Zum Flex:
Ich hab ihn mit großem Gewinn gelesen.
Die Sprache ist sehr emotional, vlt nicht ganz so geschliffen wie in den "Stahlgewittern", auch geht es nicht so sehr um den "Krieg als inneres Erlebnis".
Viel mehr ist es ein Hohelied auf die Kameradschaft.

Eigentlich ein Buch, das man gelesen haben muss, vlt. sogar mehr als Jünger.

Heinrich Brück

12. Dezember 2013 18:23

@Revolte

https://www.dhm.de/lemo/html/wk1/kunst/flex/index.html

Rezensionen sind für die Katz. Es geht um den Sprachduktus,
der Inhalt ist austauschbar. Wenn Ihnen die Sprache gefällt:

https://www.matriarchat-patriarchat.de/Texte/Zitate/Der%20Wanderer%20zwischen%20beiden%20Welten.pdf

The Sleepwalkers

12. Dezember 2013 20:30

Gibt es bereits Meinungen / hauseigene Rezensionen zu H. Münkler, Der große Krieg. Die Welt 1914-1918, Berlin 2013? Ist das Buch gabentischgeeignet?

Ein Fremder aus Elea

12. Dezember 2013 22:23

Sie könnten mir dann eventuell einen Gefallen tun, Herr Kubitschek, und bei Klett Cotta mal anfragen, ob sie Besuch auf Godenholm verlegen dürften.

Ich hab's auf Französisch. Aber das ist die reinste Quälerei. Und auch wenn die Gesamtausgabe vielleicht gar nicht so schlecht wäre, einstweilen steht sie nicht auf dem Programm.

Hesperiolus

13. Dezember 2013 10:59

Wirkliche Desiderata wären eine Neuausgabe von Däublers Nordlicht zum Drittel der gängigen Antiquariatspreises, wären aus dem George-Kreis eher als das massenhaft in die Antiquariate geschwemmte Goethe-Buch von Gundolf die Jahrbücher für die geistige Bewegung nebst einigen Opuscula und Miszellen nationaler Georgianer, wäre eine vernünftige Übertragung des hierzulande kaum gelesenen René Guénon, besonders La crise du monde moderne, wäre etwas wie die Bornholmer Hymne von Wilhelm Niemeyer.

Rainer

13. Dezember 2013 18:24

Mein Dachbodenfund: Jack Londons "In den Wäldern des Nordens". Mir ist es unverständlich, warum solche Bücher heute verramscht werden. Dieses Buch gibt es auch als kostenloses E-Book hier:

https://sternchenland.com/erzaehlungen-sagen/jack-london/in-den-waeldern-des-nordens

Alle zehn Erzählungen und Kurzgeschichten handeln vom Zusammentreffen des weißen Mannes mit den letzten Indianern der Arktis, fast alle sind aus der Sicht der Indianer beschrieben, in die sich Jack London in genialer Weise hineinversetzt. Sie handeln von der Eroberung ihrer Stammesgebiete und dem Zusammenbruch ihrer alten Kulturwelt und ihrer Lebensweisen. Parallen vom damaligen Goldrausch und der Einwanderung weißer Männer und dem heutigen "Goldrausch", der weite Teile Afrikas und des nahen Osten heute scheinbar ebenso erfasst hat und zu Einwandererströmen nach Europa führt, sind augenscheinlich.

Meine Lieblingsgeschichten daraus sind: "Der Bund der Alten", eine Geschichte über alte Indianer eines Stammes, die ihr Territorium verteidigen, "Das Gesetz des Lebens" und "Der Herr der Geheimnisse".

Jens

14. Dezember 2013 19:01

Kennt hier eigentlich noch jemand Friedrich Franz von Unruh? Scheint mir auch sehr in Vergessenheit geraten zu sein, bin selbst vor ca. einem Jahr durch Zufal auf ihn gestoßen, als ein Freund einen Buchbestand auflöste und mir zwei Werke schenkte ('Klage um Deutschland' und 'Ehe die Stunde schlug'). Flex steht bei mir auch noch auf dem Wunschzettel, zieht sich aber wohl noch etwas hin. Ansonsten würden mich in antiquarischer Hinsicht ja Franzosen wie Drieu La Rochelle und Montherlant reizen. Schade, dass vieles nicht mehr als Neuware auf deutsch erhältlich ist.

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