Nils Wegner – Iris Hanika: Das Eigentliche (176 Seiten, 19 €). Nicht unbedingt „schöne Literatur“, aber nichtsdestoweniger ein Buch, das man immer wieder lesen kann. Wenn individuelle und kollektive Psyche ineinander übergehen, sind die Konsequenzen unabsehbar – gleichsam wird man nicht so einfach eine ähnlich feinfühlige Beschreibung dieses Vorgangs finden, wie sie bei Hanika vorliegt. Und: Man muß das Buch und seine impliziten Schlußfolgerungen nicht einmal mögen, um seinem Reiz zu erliegen.
Raskolnikow – Theophile Gautier: Romane und Erzählungen. Als sich Baudelaire, Balzac, Delacroix, Dumas und andere im Hotel Pimodan einfanden, arabische Gewänder und Dolche trugen; und den Offenbarungen des Dr. Moreau auf den Spuren waren … Kurzweilig, berückend, zauberhaft! Einer der besten Erzähler der Literaturgeschichte. 1351 S., 19.90 €.
Benedikt Kaiser – Antonio Pennacchi: Canale Mussolini (448 S., 9.99 €). Der fein übersetzte Roman verrät vielleicht mehr über das Leben im italienischen Faschismus als eine Regalreihe von akademischen Arbeiten über Einzelaspekte des autoritären Italiens. Nebenbei fühlt man sich bei der Lektüre mitten in die Bauernfamilie der Peruzzis hineinversetzt, in der alle politischen wie menschlichen Konfliktlinien zutage treten, die in der Mussolini-Ära den Alltag prägten
Ellen Kositza - Jenny Erpenbeck: Aller Tage Abend (288 S, 19.99 €), gut abgehangen, da bereits vom Vorjahr. Gestorben wird am Ende immer: Hier ist es jedem Kapitel dieselbe Frau; einmal endet sie als Säugling, dann als Backfisch, als Enddreißigerin in einem stalinistischen Arbeitslager, als ältere Frau, zuletzt als Greisin. „Schön wäre es“, denkt die junge Mutter des winzigen Leichnams, „wenn der Zufall regieren würde, und nicht ein Gott.“ Nichts für Freunde leichter Kost, nichts auch für Melancholiker mit manifester Depression. Letzteren könnte ein Schub drohen. Jenny Erpenbeck ist eine unserer Größten!