Ellen Kositza - Thomas Vogel/Thomas Kunze (Hrsg): Oh Du mein geliebter Führer! Personenkult im 20. und 21. Jahrhundert, 336 S., 19.90 €. Kein Bildband, aber ein Buch mit reichlicher Bebilderung. Das hier vorgestellte Panoptikum der kultisch verehrten Potentaten reicht von den drei berüchtigsten Diktatoren über Ceausescu, Hodscha und Tito, bis zur nordkoreanischen Kim-Dynastie und, ja, Nelson Mandela. Die zeremoniellen Praktiken gleichen sich seit Jahrtausenden, allein die Mittel und Methoden variieren. „Was verleitet Menschen dazu, sich einem Personenkult hinzugeben oder ihn zu tolerieren?“, fragen die Herausgeber. Heute, dies nebenbei, folgt die Menschheit Persönlichkeiten anderen Schlags (Justin Bieber: 47 000 000, Lady Gaga 41 000 000 „Follower“).
Nils Wegner – Peter Beste: True Norwegian Black Metal (208 Seiten, 36.87 €). Auch, wenn die Szene mittlerweile größtenteils im mainstream angekommen ist: Es findet sich noch immer kaum eine – auch quasi-philosophisch – radikalere Musikrichtung als Black Metal. Wer nicht nur die Klänge, sondern auch die dahinterstehenden Gedanken (soweit vorhanden) rezipiert, findet darin schnell eine ästhetische Fundamentalopposition gegen Bürgerlichkeit und Liberalismus (also das klassische „Spießertum“!). Alex Kurtagic wittert in der Musik gar die postmoderne Variante einer „Konservativen Revolution“. Meine eigene Black Metal-Phase habe ich bereits mit 16, 17 Jahren hinter mich gebracht, doch Peter Bestes Bildband bietet mit seinen schönen Aufnahmen bewußt auf häßlich getrimmter Menschen dennoch Erinnerungen und Ausblicke in zuweilen höchst radikale Formen der Verneinung.
Erik Lehnert - In Berlin Burlesque. Glamour, Kunst, Verführung zeigt uns Paul Green eine Auswahl (118 Seiten, 19.90 €) seiner Bilder aus der Berliner Burlesque-Szene, die seit einigen Jahren für Furore sorgt. Burlesque ist, entgegen manchen Vorurteilen, eine äußerst niveauvolle Art der Unterhaltung, die ihre Grenzen kennt.
Martin Lichtmesz - Andrej Tarkowskij: Die versiegelte Zeit. Neuausgabe der Schriften des legendären russischen Regisseurs (1932–1986) über “Kunst, Ästhetik und Poetik des Films”, mit einem Vorwort von Dominik Graf und vielen Szenen- und Werkfotos. Ein grundlegendes ästhetisches Manifest (nicht nur zum Film!) ebenso wie eine unentbehrliche Einführung und Vertiefung in die mystisch-metaphysischen Bildwelten Tarkowskijs, deren Wucht, einmal erfahren, einen nicht mehr losläßt. (376 Seiten, 24.90 €)
Götz Kubitschek – Hans Becker v. Sothens Bild-Legenden. Fotos machen Politik (272 Seiten, 19.90 €, Ares-Verlag). Ein lehrreiches Buch über Bildfälschungen, Retuschen und Inszenierungen, die allesamt beim Betrachter ein gewünschtes Resultat hervorbringen sollten: Verinnerlichung einer historischen Schlüsselsituation durch ein perfektes Bild.
Benedikt Kaiser – Autorenkollektiv: MYAL – Mein Aleppo – My Aleppo (288 S., 53 €). Der mehrsprachig kommentierte Bildband zur traditions- und kulturreichen syrischen Metropole zeigt die mal quirlige, mal mediterran gemütliche Stadt und ihre Bewohner – Sunniten, Alawiten, Christen usw. – in ihrem alltäglichen Leben. Das fasziniert und weckt die Begierde, das Land und seine Leute kennenzulernen. Allein, der Band ist von 2011 und wenige Wochen nach Drucklegung rissen Regimegegner und islamische Fundamentalisten das autoritär, aber säkular regierte Land in den Strudel des andauernden Bürgerkrieges. Beklemmend daher die präsentierte Vielfalt Aleppos, weil ungewiß ist, was nach Ende der Kämpfe davon übrig bleiben wird.