Tilman Nagel: Angst vor Allah? Auseinandersetzungen mit dem Islam, Berlin: Duncker & Humblot 2014. 422 S., 29.90 €
Kritiker des Islam mit fundierten Kenntnissen über diese Religion und ihre politischen Implikationen gibt es nicht wenige im In- und Ausland. Die Reihe reicht von Udo Ulfkotte über Henryk M. Broder bis Hamed Abdel-Samad. Keiner dieser verdienstvollen Publizisten kann es jedoch an Kenntnissen mit einem über Jahrzehnte ausgewiesenen Gelehrten wie Tilman Nagel aufnehmen.
Nagels neueste Studie vereinigt etliche bereits an anderer Stelle veröffentlichte Arbeiten. Erfreulich ist das klare politische Bekenntnis des Verfassers, das viele Angehörige der islamwissenschaftlichen Zunft aus dem vorgeschobenen Motiv der Wertfreiheit, tatsächlich aber aus Feigheit, vermeiden: die Benennung von Gefahren, die Islam und Islamismus für die westliche Kultur bedeuten. Mehr als peinlich mutet es an, daß die politisch-mediale Klasse der Bundesrepublik, von einem früheren Bundespräsidenten über die amtierende Bundeskanzlerin bis hin zum Bundesverfassungsgericht, ihren Kotau vor der (allein schon zahlenmäßig) zunehmenden Macht der Moslems in Deutschland zelebriert.
Davon grenzt sich der Göttinger Emeritus mit einer Fülle von Argumenten ab. Bereits die grundsätzlichen Überlegungen, etwa zum Verständnis von Kosmos und Schöpfung, arbeiten die Herrschaftsansprüche Allahs heraus, ohne dessen Erlaubnis der Mensch nichts wissen könne. Eng damit verbunden ist das Menschenverständnis dieser Religion, das der Arabist hervorhebt. Schon die frühen Gefolgsleute des Propheten aus Mekka haben darauf insistiert, sich vorbehaltlos den politischen und militärischen Zielen des Stifters zur Verfügung zu stellen. Besonders lesenswert sind Abschnitte wie »Der Totalitätsanspruch«, die auch die Unterschiede zum Christentum herausstellen.
Für die ältere der beiden Religionen blieb in beinahe allen Phasen der eigenen Geschichte ein Bewußtsein, daß dem Staat zumindest eine gewisse Eigenständigkeit einzuräumen ist.Interessant auch Nagels Erörterungen über »Islam und säkularer Staat«. Er führt unbekannte Stimmen aus dem islamischen Kulturkreis vor, die die Frage stellten, ob Mohammed tatsächlich auch als politischer Herrscher begriffen werden müsse. Solche bedenkenswerten Stellungnahmen bleiben selten. Der Verfasser präsentiert viele Beispiele, die die tiefe Kluft von Islam und Säkularismus belegen, des weiteren die Unmöglichkeit, zwischen Islamismus und Islam grundsätzlich zu differenzieren, wie es verharmlosende Meinungsäußerungen nicht selten tun.
Erfreulich ist das Engagement Nagels nicht nur als Buchautor, sondern auch als streitbarer Mitwirkender an der Deutschen Islamkonferenz. Seine wissenschaftlich kompetenten Beiträge sind in Zeiten substanzloser, gleichwohl einflußreicher »Der Islam gehört zu Deutschland«-Rhetorik als Rüstzeug für Unangepaßte unverzichtbar.
P. Weber
Das war bestimmt ein aufschlussreicher Abend! An dieser Stelle gestatten Sie mir bitte die Frage, ob derartige Veranstaltungen nicht zukünftig mitgeschnitten werden könnten?