Natürlich kann man das: Ich muß mir ja die Frage stellen, ob den Leuten deutlich geworden ist, was ich am Montag in meiner Pegida-Rede gesagt und gefordert habe.
KUBITSCHEK: Und diese Fragen kann kein anderer stellen? Die Ellen zum Beispiel?
KUBITSCHEK: Doch, die könnte das. Aber sie hat grad keine Zeit, und außerdem ist es wichtig, daß nun in jeder dritten Zeile mein Name fällt. Nur so schafft man es bei Google auf die vorderen Plätze, das hat mir mal ein Computerfreak aus Hannover erklärt: Wenn jemand nach “Götz Kubitschek” sucht, oder nur nach “Kubitschek”, dann wird ihm mein Artikel ganz oben angeboten, wenn es darin vor allem um mich geht.
KUBITSCHEK: Gut, verstanden, zur Sache: Was hast Du am Montag in Dresden von Dir gegeben? In der Welt lese ich, Du riefest zu “Aktionen des zivilen Ungehorsams” auf, der Focus behauptet das auch, und Juliane Nagel von der Linken will, daß der Staat Gesetzesverstöße, über die Du laut nachdenkst, unterbindet – solange es nicht ihre eigene Klientel ist, die sie begeht.
KUBITSCHEK: Du kannst das, was ich gesagt habe, hier in voller Länge nachhören und hier im Manuskript nachlesen. Kurzfassung: Ich stelle die Frage, was wir uns erlauben sollten, wenn es darum geht, dem Bruch geltender Gesetze durch die Staatsgewalt selbst und dem Staatsversagen an sich ein Ende zu setzen. Das klassische Völkerrecht definiert den Staat ja anhand dreier Kriterien: 1. Staatsvolk, 2. Staatsgebiet, 3. Staatsgewalt. Das Staatsvolk (in unserem Fall: wir Deutschen) besitzt für die Verwirklichung seiner Lebensordnung ein Staatsgebiet (die Kurden etwa besitzen keines) und hat das Gewaltmonopol nach außen (zum Schutz vor fremdem Übergriff) und nach innen (zum Schutz vor Kriminalität) an die Staatsgewalt abgetreten. Ich sehe nun zweierlei: Zum einen bedroht unsere Regierung (die Inhaberin der Staatsgewalt) uns, das Staatsvolk, durch die kriterienlose und massenhafte Einwanderung; sie läßt es zu, daß der Staat sein Gewaltmonopol nach außen nicht mehr wahrnimmt (der Wille zur Grenzsicherung und zur Verhinderung illegaler Einwanderung ist nicht mehr vorhanden) und dadurch unser Volk im Innern einer steigenden Gefahr aussetzt.
KUBITSCHEK: Reicht es angesichts dieser offensichtlichen Lage nicht aus, an den Staat zu appellieren, er habe sich an seine Pflicht zu erinnern und seine Staatsaufgaben zu erledigen?
KUBITSCHEK: Diese Appelle verhallen seit Monaten. Ich erinnere daran, daß sich die Pegida genau deswegen gegründet hat, vor fast exakt einem Jahr: um an die Politik zu appellieren, daß der Einwanderung Radikaler ein Ende gesetzt werden müsse. Aber alles Appellieren und Spazieren hat politisch nicht viel ausgetragen – im Gegenteil: aus der geöffneten Schleuse ist ein Dammbruch geworden.
KUBITSCHEK: Und nun? Was soll nun passieren?
KUBITSCHEK: Ich habe am Montag über drei Widerstandsformen gesprochen und dabei die Kernform der Pegida ganz nach oben gerückt: Natürlich muß überall demonstriert werden, das geschieht ja auch, und die Leute kommen in Scharen. Aber gleichzeitig kommen Tag für Tag in Scharen auch diejenigen, die in unserem Land nichts verloren haben und die noch nicht einmal einen Asylgrund vorbringen können. Sie kommen aus sicheren Drittländern, sie haben die Außengrenzen der EU überwunden, sie nutzen die Grenzenlosigkeit Europas schamlos aus, sie dringen illegal in unser Land ein, zu Hunderttausenden, und nun stellt sich folgende Frage: Wenn der Staat unsere Grenzen nicht mehr sichern will oder kann, ist es dann nicht legitim, ihm dabei zu helfen oder seinen Unwillen zur Kenntnis zu nehmen und ihn zu ersetzen? Das ist die Argumentation hinter meinem Aufruf, die kleine Ordnung zu stören (also beispielsweise einen Grenzübergang zu blockieren), um die große Ordnung zu schützen (unsere Staatlichkeit und die Grundpfeiler unserer Rechtsordnung). Eine Ordnungswidrigkeit erschüttert den Staat nicht, vor allem dann nicht, wenn sie begangen wird, um die wankenden Grundpfeiler des Staates zu stützen.
KUBITSCHEK: Wer entscheidet aber darüber, wann die Legitimitätsgrenze dieses zivilen Widerstands erreicht ist?
KUBITSCHEK: Ich habe in meiner Rede dezidiert mehrere Male und am Ende in zwei ausführlichen Passagen die Friedfertigkeit jeder unserer Widerstandsformen betont, diese Stellen sind auf dem Video ab Minute 15.00 bis etwa 17.00 zu sehen. Die Friedfertigkeit des Protests ist die Grenze. Von Pegida und schon gar nicht von meinen eigenen intellektuellen Projekten ging je Gewalt aus, und am Montag konnte ich das wieder einmal beobachten: Kilometerlang war kein Polizist nötig zur Absicherung des Demonstrationszuges, nur an der Kreuzung regelten ein paar den Verkehr, und als dann doch ein paar Dutzend linke Störer auftauchten, standen die Polizisten – wie immer – mit dem Rücken zu uns, wissend, daß sie von uns nichts zu befürchten hatten. So soll es bleiben, aber der Rahmen muß nun ausgeweitet werden: friedliche Ordnungswidrigkeiten, friedliche Regelverstöße, das wären vielleicht ganz brauchbare Vokabeln.
KUBITSCHEK: Mal konkreter?
KUBITSCHEK: Geduld, Kubitschek, Geduld: Schau mal nach Dresden-Übigau, schau mal nach Chemnitz-Einsiedel, das sieht doch ganz interessant aus, oder? Und in Sebnitz haben schon mal ein paar tausend Leute eine Grenzsicherungsidee ausprobiert, das alles geht in die richtige Richtung.
KUBITSCHEK: Gut, aber meinst Du, der Staat schaut zu, wenn Du zu solchem Verhalten aufrufst?
KUBITSCHEK: Werden wir beide sicher als erste bemerken, wenn’s dem Staat nicht gefällt. Aber das wäre schon ein Ding: wenn der Staat denjenigen die Ohren langzöge, die zu den wenigen gehören, die ihn in seiner Staatlichkeit und Würde noch verteidigen wollen.
Rosenkranz
Wieder eine erbauende Rede Herr Kubitschek. Danke, daß sie noch mal auf die notwendige Friedfertigkeit bei den Ungehorsamsaktionen hingewiesen haben.
Und nun zu Dresden-Übigau. Da stehen sie, die Tapferen. Nein, sie sehen nicht aus wie die Spartiaten und haben doch einen ersten Sieg errungen. Kein Politiker traut sich, den Weg zur Turnhalle räumen zu lassen und den Blockadeschichtbetrieb zu beenden.
Und dann zieht Einsiedel nach. Nein, die Unterkünfte wurden nicht vorher durch nächtliche Aktionen unbewohnbar gemacht, sondern sind nun einfach auf dem Landweg für die Busse mit den Invasoren nicht mehr zu erreichen. Auch hier traut man sich (noch) nicht zu räumen.
Vielleicht ist auch bei den Polizisten die Grenze erreicht, wo sie sich weigern werden, Anwohner und ihre Familien mit Gewalt von der Straße zu holen. Es zeigt deutlich die ganze Ohnmacht des Staates gegen friedlichen Bürgerprotest. Es bleibt spannend.