den Titel dieser Sammlung nach: “Die Spurbreite des schmalen Grats«, das trifft den Balanceakt des widerständigen Denkens in unserer schwierigen, drängenden Lage.
Zwischenzeitlich schien mir “Auf der anderen Seite des Flusses” besser zu passen, der Hilflosigkeit wegen: hat sich doch ohne unser Zutun ein Riß in unserem Volke aufgetan, eine deutsche Teilung im Kopfe. Doch nein, wir sind nicht hilflos: Wir sind Akteure, tragen Verantwortung und sind auf schmalem Grat unterwegs.
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Auf der ersten Seite der “Reflexionen über Fleck und Linie” von Botho Strauß, 1992 erschienen unter dem Titel Beginnlosigkeit, findet sich eine prekäre Positionsbestimmung, die natürlich nicht für uns gedacht und notiert wurde. Aber wir können sie als an uns gerichtete Warnung wahrnehmen, und sie ist wahrnehmbar nur, wenn unser für die ganz andere Sicht auf die Lage so bedeutsames, rechtsintellektuelles publizistisches Milieu in seinem Galopp durch die günstige Stunde innehält und horcht:
In der Ferne tuten die kleinen Signalhörner und melden, daß eine Sprengung in der Schlucht bevorsteht. (Beginnlosigkeit, S. 7)
In der Tat: Es steht eine Sprengung bevor. Das Altparteien-Kartell könnte beispielsweise nicht ergänzt, sondern geradezu auseinandergejagt
werden, die Selbstsicherheit des Establishments könnte implodieren, oder das Lügengebäude, das die Mainstream-Medien errichtet haben und durch das es längst zieht und pfeift, weil es vielleicht doch eher ein Lückengebäude ist.
Aber es könnte auch uns selbst erwischen, und deshalb müssen wir nachdenken über eine Sprengung, die uns erledigen könnte, uns und damit das über lange Jahre aufgebaute, nun durch einen politischen Arm komplettierte Widerstandsmilieu aus Zeitungen, Zeitschriften, Verlagen, Initiativen und einer Partei. Gehen wir also davon aus, daß die Signalhörner uns nicht ein Halali blasen, sondern daß sie uns warnen sollen.
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Wie ist die Lage? Jedes einzelne Element im Widerstandsmilieu Deutschlands hat in den vergangenen drei bis fünf Jahren Ausdehnungsmöglichkeiten vorgefunden und genutzt (in seltenen Fällen auch nicht), die zuvor nicht denkbar waren.
Das Tor geöffnet für diesen Einzug konservativer, neurechter, nationaler Projekte in den Wahrnehmungsbereich der Masse hat zweifelsohne Thilo Sarrazin mit seinem unerreichten Bestseller Deutschland schafft sich ab, der nur so funktionieren konnte, wie Sarrazin ihn anlegte: wissenschaftlich und trotzdem gut lesbar, konstruktiv und doch schockierend, bei einem großen Publikumsverlag angesiedelt, vorgetragen von einem SPD- Mitglied in parteiunabhängiger Spitzenposition, der habituell nicht gefährlich, sondern penetrant wirkt, uneitel und dabei mutig, und der seinem Buch als großem Tabubruch durch mehrere skandalisierte Äußerungen eine zuträgliche Erwartungsspannung verschaffte.
Hinzu kam nach der beinahe vernichtenden Medienkampagne gegen das Buch
die Wirkung der virtuellen Selbstanzeige des Lesepublikums: kein Kommentarbereich deutschlandweit, in dem nicht die Leser gegen die Denunziationen durch die Redakteure Sturm gelaufen wären.
Sarrazin brachte ein Faß zum Überlaufen, das lange schon randvoll war und ermutigte implizit die vorhandenen oder in den Köpfen erst keimenden Widerstandsstrukturen, ihre Chance zu nutzen und das lange Gereifte auf dem Markt feilzubieten.
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Was hat sich seither im publizistischen Bereich getan? Die Wochenzeitung Junge Freiheit, sich selbst als Keimzelle, Professionalisierungsvorbild und Maß aller Dinge innerhalb des Milieus begreifend, hat in diesem Zeitraum ihre Leserschaft verdoppelt (Stand derzeit: rund 25000 Abonnenten) und durch die angegliederte »Bibliothek des Konservatismus« als seriöser Veranstalter gepunktet. Zur JF-eigenen Mischung aus Understatement und Zähigkeit paßt, daß sich aus der Riege der Redakteure und Stammautoren nur wenige Köpfe (Hinz, Paulwitz) plastisch herausschälen, und daß Reibungsflächen vermieden werden.
Blattlinie ist der Kurs, den der gescheiterte AfD-Gründer Bernd Lucke vorgab und dessen Ansatz man nun trotz alledem innerhalb und außerhalb der Partei fruchtbar zu machen versucht: Westbindung, gesellschaftspolitische Tendenzwende, Wirtschaftsförderung, Eurokritik, Bürgerlichkeit, Beteiligung am Establishment, korrigierendes Mittun.
Im Gegensatz dazu gehört eine Konzentration auf den Macher zum Konzept eines anderen, in Schwung gekommenen Projekts: Geradezu kometenhaft ist das Monatsmagazin COMPACT zu einem publizistischen Einpeitscher vor großem, neu erschlossenem Publikum geworden (rund 45000 verkaufte Hefte pro Monat). Es lebt dabei von der schillernden Leitfigur Jürgen Elsässer.
Dieser ehemalige Antideutsche hält von der Zaghaftigkeit oder dem organischen Heranwachsen typisch konservativer Projekte nicht viel, sondern signalisiert, daß er bereit ist, das Establishment herauszufordern. Inhalt und Ton sind in wesentlichen Punkten der Jungen Freiheit entgegengesetzt: Absage an die Westbindung und die NATO, Freundschaft mit Rußland, Unversöhnlichkeit dem Establishment gegenüber, Forderung nach Abrechnung mit den Verantwortlichen der verheerenden Politik der letzten Jahrzehnte, Förderung revolutionärer Stimmungen.
Bleiben die in Schnellroda angesiedelten oder auf den Geist dieser Schnittstelle ausgerichteten Unternehmungen: Verlag Antaios, Sezession, Institut für Staatspolitik, Ein Prozent.
Sie werden derzeit von allen metapolitischen Projekten innerhalb des Widerstandsmilieus medial am stärksten bearbeitet. Das Interesse der Medien hat drei Gründe:
1. ist da die Plastizität der Chiffre Schnellroda als Versammlungs- und Publikationsort, der Bilder bietet, Authentizität, Überraschungen, Ecken und Kanten, unerschrockene Melancholie und den Mut der Vorreiter, und Köpfe, also herausgeschälte, sprachlich und geistig unverwechselbare Schrittmacher und Federn;
2. ist Schnellroda eine Stimmungsschmiede mit Verbindungen in alle Richtungen: Lehnert, Institut für Staatspolitik, Sezession, Lichtmesz, Kositza, Junge Freiheit, Weißmann, Höcke, AfD, Patriotische Plattform, Tillschneider, Bachmann, Pegida, Elsässer, konservativ-subversive aktion, Sellner, Identitäre Bewegung, EinProzent, zwischentag, Menzel, Blaue Narzisse usf.: ein Knotenpunkt.
3. bietet sich die Chance, Schnellroda als weiße Kugel zu verwenden, mit Hilfe derer auf dem grünen Tisch des Denunzianten-Billards die anderen eingelocht werden können.
Warum Schnellroda? Es gilt dort die Verhaltensregel, sich von keinem zu distanzieren, der gut über das eigene Land denkt, denn es trägt nichts aus, über die vielzuvielen Stöckchen zu springten, die einem der ebenso etablierte wie unberufene Medienvertreter oder Politiker hinhält, und über die zu springen nur vermeintlich Luft für das Eigentliche verschafft.
Schnellroda ist geistig unter anderem das Zugeständnis an jeden, sich politisch geirrt haben zu dürfen, also: von der Resozialisierungsfähigkeit im Politischen auszugehen, vor allem, wenn es um Jugendsünden oder – überzeugungen geht, die noch vor zwanzig Jahren einfach irgendwo in Vergessenheit gerieten, heute aber dank der Merkfähigkeit des weltweiten Netzes an den Leuten kleben bleiben wie Napalm.
Die Denunziationsmaschine, an der sich nach Vorstellung von hypermoralischer Seite jeder Bürger als Schnüffler beteiligen sollte, kennt keine politische Meinungsbildung und ‑entwicklung mehr, sondern überträgt die Gleichzeitigkeit des Internets auf das zu denunzierende Leben.
Wohin führt das?
Im Grunde doch in einen Distanzierungsautomatismus oder sogar in eine Distanzierungspanik bei jenen, die nicht in der Lage sind, den Rechtfertigungsdruck umzulenken auf den, der die Rechtfertigung verlangte.
Aber genau diese Umlenkung muß stattfinden. Man muß Gegenfragen stellen, muß die Funktion der in die Enge treibenden Frage zum Thema machen: Mit welchem Recht stellt der potentielle Denunziant seine Fragen? Ist seine Frage überhaupt statthaft, hat sie etwas mit dem Thema zu tun, oder soll sie uns gleich ins Hintertreffen bringen?
Wir müssen die Debatte als Verschleierungsmethode beenden, müssen zeigen, auf wessen Seite wir stehen: Ganz sicher nämlich nicht auf Seiten derer, die zwar meist intelligent genug sind, um uns zu verstehen, aber uns darum auf besonders feinsinnige Art zu denunzieren oder zu verleumden.
Unsere Seite ist das Volk, und die Erwartung, die Teile des Volkes in unser Widerstandsmilieu setzen, ist riesig. Man muß sich bewußtmachen, daß Millionen Wähler, Hunderttausende Demonstranten, Dutzende Bürgerbewegungen und Widerstandsprojekte Hoffnung in eine Wende setzen und die Arbeit auf diese Wende hin tatkräftig, finanziell und ideell unterstützen. Es wird nun in diesen Strukturen, Städtchen, Wahl- und Demonstrationssituationen nicht penibel unterschieden, wer von ganz rechtsaußen und wer aus der liberalkonservativen Mitte herübergewechselt ist.
Verbündeter ist (so sieht es der gesunde Menschenverstand), wer für Deutschland ist, wer Sturm läuft für sein Land oder mindestens das offene Wort pflegt.
Der massenhafte Wendewunsch des Volkes trifft allerdings auf Strukturen, die den Ansturm kaum bewältigen können. Woher für jede Demo vernünftige Redner nehmen, woher für jede Versammlung einen Sprecher, der die ärgsten, aus politischen Sackgassen auftauchenden Schwätzer in ihre Sackgassen zurückschickte?
Es sind die AfD und Pegida, COMPACT und die JF, Sezession, PI und unsere Verlage, die den Unmut auffangen und den Hunger nach neuen Begriffen und Wirkmöglichkeiten zu einem Heißhunger auf die großen Bissen machen müssen. Wenn wir’s nicht tun, kommen die Strukturen der Alten Rechten wieder zum Tragen, und diese Strukturen sind fern der Lage unserer Zeit in Sackgassen befangen und haben sich dort eingerichtet. Nun wittern sie Morgenluft und fangen mit ihren Träumereien von einer Neuauflage verlorener Schlachten naive Bürger ein, die vor allem eines haben: die Schnauze voll vom Pfusch der Etablierten und von den Lügen der Medien.
Sackgassen aber sind Sackgassen, und weil das so ist, wurde – von unserem Milieu getragen – die Bürgerinitiative »Ein Prozent für unser Land« gegründet, deren Banner und Slogans mittlerweile von über 50 Gruppen und Initiativen verwendet werden. Denn wir wollen nicht, daß es erneut die rückwärtsgewandten Figuren sind, die zum Gesicht des Widerstands werden. Diese Leute dürfen sich beteiligen, dürfen dazulernen und ihre weltanschaulichen Irrtümer korrigieren. Aber die Leitlinien geben fortan andere – wir – vor.
Ein gelungenes Beispiel? Aus Sorge um das Bindungs‑, Mobilisierungs- und Provokationspotential neonazistischer Gruppierungen ist die Identitäre Bewegung Österreich als unnachahmliches und spektakuläres Aktionsbündnis nach vorn gesprungen und sammelt auch Teile der Jugend ein, die ideologisch nicht verlorengehen sollen, jedoch Gefahr laufen, gerade dies zu tun.
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Das Establishment herausfordern, die Ewiggestrigen in die Schranken weisen, das ist unsere Doppelaufgabe.
Wir dürfen nicht scheitern, weder im Kampf gegen die Zerstörer unserer deutschen Zukunft noch in der gründlichen Abwehr gegen Übernahmeversuche der Sackgassenbewohner von rechtsaußen.
Es ist aber die (nicht unberechtigte) Angst davor der Grund, daß sich das publizistische Schwergewicht unseres Milieus samt seiner Vordenker – verdichtet in der Personalie Dieter Stein – panisch das notwendige und auch zeitlich jetzt und nicht übermorgen gebotene Ausweiten der Denk‑, Sprach- und Handlungsräume verbietet. Ginge es nach diesen Bedenkenträgern, wären Bernd Lucke und Hans- Olaf Henkel noch immer das Maß einer parteipolitischen Alternative von rechts mit establishment-geforderter Distanz nach rechts.
Aber diesen Cordon sanitaire hat die Parteibasis, organisiert von ein paar grundsätzlich gestimmten Anführern, gottlob zugeschaufelt. Dieser in der Parteiengeschichte der Bundesrepublik einmalige Vorgang eines erfolgreichen Aufstands der Basis gegen eine in die falsche Richtung (in die Mitte) steuernde Führung hat die AfD in der Risikozone gehalten, und nichts scheint uns wichtiger zu sein in dieser Zeit:
Ohne Absicherung vorzustoßen und zu sehen, wie grundsätzlich der Wendewunsch der Widerstandsfähigen formuliert und vorgetragen werden kann. Angst ist bei diesem politischen Spähtrupp-Unternehmen der denkbar schlechteste Ratgeber. Kombattanten sind eher Typen wie Akif Pirincci, die der politisch-medialen Klasse mit jenem Mangel an Respekt und Versöhnung gegenübertreten, der angemessen ist und Schockwellen auslöst: Es geht doch nicht alles so reibungslos …
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Wer für Deutschland ist, muß siegen wollen! Die Politiker, die Meinungsmacher, die Köpfe der antideutschen Ideologie müssen selbst ausgetauscht und aus ihren Ämtern gebracht werden. Das ist die Bedeutung der Reconquista und der Revolte gegen den Großen Austausch.
Die wichtigen Kräfte des Widerstandsmilieus vertrauen einander, lehnen die Pflichtübung der Distanzierung ab und sind sich dennoch einig in der Nichtbeachtung der altrechten Restbestände. Nur Dieter Stein scheint hier mit seiner Jungen Freiheit die Lage nicht erkannt zu haben. Wie in der »Causa Lucke« verkennt er die Stimmung, in der sich das deutsche Volk und die Lage, in der sich die Multikulti-Ideologie befindet, fordert Distanzierungen, schulmeistert Spitzenpolitiker, pöbelt auf twitter und whatsApp in der Gegend herum, drängt auf jeden Parteitag, um Strippen zu ziehen und fordert die Beschneidung ganzer Flügel – während Höcke, Gauland, Meuthen, Poggenburg friedlich am Fuße des Kyffhäusers die Bandbreite der Partei ausloteten.
Wir brauchen keine Räsonneure und Taktiker, die mit ihrem ewig defensiven Abwägen, Anpassen und Abschwächen am Ende in dem aufgehen, zu dessen Bekämpfung sie einmal angetreten sind. Denn im entscheidenden Moment wäre ihre bloß taktisch und durch kein einziges handfestes, weltanschauliches Argument begründete Abgrenzung und Nichtbeachtung der grundsätzlichen Kräfte innerhalb des Widerstandsmilieus fast schon ein Verrat. Es wäre der Verrat der intellektuellen Herolde an jener metapolitischen Wende, die sie selbst herbeigeschrieben haben.
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Kurz: Er muß gewagt werden, dieser Gang. Die Signalhörner melden, wo Sprengungen erfolgen sollen. Daran vorbei muß sich die Truppe schlängeln. Und sie hätte die Unterstützung auch und gerade jener verdient, denen Pegida zu verbrannt, COMPACT zu laut, Sezession zu unversöhnlich, die Deutsche Burschenschaft zu völkisch und die mitteldeutsche AfD zu plebejisch ist.
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+ vergleichende Lektüre? Skylla und Charybdis von Dieter Stein.
+ Die Spurbreite des schmalen Grats hingegen: hier bestellen.
Aaron
So ist es!
Hat schonmal jemand bei den Linken, die "Deutschland verrecke" brüllen, selbst von Politikern die vor Ort waren, gehört: "das darf man nicht sagen"o.ä.?
NEIN! Die tuten alle ins gleiche Horn, keine Mißverständnisse, Distanzierungen, Korrekturen. Alle brüllen vereint gegen "Rechts".
Im sogenannten " rechten Lager" jeder entschuldigt sich für jeden.
Abartig!
Mir persönlich, ob die Damen Petry und von Storch, die Herren Höcke, Gauland und andere Damen und Herren,heißen ist noch keine Rede untergekommen, die ich nicht im Großen und Ganzen unterschreiben würde. Natürlich gibt's unterschiedliche Stimmungen und Auffassungen,
aber und da hat Herr Kubitschek natürlich recht, wenn ich es denn richtig verstanden haben: alle müssen ZUSAMMEN stehen.
Ansonsten müßte ich schon wieder den ollen Heine zitieren.