… also für Musik, Bekleidung, Schmuck und Devotionalien. Darin wurde die Verbindung dieses Ladens zur Szene der „autonomen Antifa“ hervorgehoben. So bietet der aus der Politband S.I.K. hervorgegangene „Nix Gut“-Versand, dies sei nur als ein Beispiel genannt, ganz offen Kapuzenpullis und Hosen der recht eindeutigen Serie „autonom streetsports“ an.
Der Shop mag aber nur exemplarisch für Teile des gegenwärtigen rockkulturellen Marketings gelten. „Antifaschistisch“ ausgerichtete „Symbolik“ auf niedrigstem Niveau ist dort oft noch unverzichtbarer Bestandteil. Dabei geht es immer wieder darum, über eine dubios-nebulöse Personengruppe zu höhnen (diese dann zu konkretisieren, überläßt man anderen), sie ständig verächtlich zu machen, um dadurch offenbar eigene Überlegenheit oder Pfiffigkeit zu demonstrieren, sowie unausgegorene Aggression abzuleiten.
Besagter „Nix Gut“-Versand etwa liefert T‑Shirts, Aufnäher und Aufkleber mit Stellungnahmen wie diesen: „Nazis nehmen uns die Arbeitsplätze weg“, „Nazis ham ‘ne Scheißfrisur“, „Nazis. Eure Eltern sind Geschwister“ und so weiter und sofort. Zusätzlich gibt es auch bekannte „Halteverbots“-Schilder mit durchgestrichenen Hakenkreuzen, ökonomische Aufrufe in eigener Sache wie „Deutsche. Kauft nicht bei Nazis“, und ein wenig Gutmenschen-Kram im Stile von „Kein Mensch ist illegal.“
Doch dabei soll an dieser Stelle nicht nochmals verharrt werden. Da sich der Versand ja primär als Punk- und Musikladen versteht, lohnt der Blick darüber hinaus. Was macht eigentlich heute das Punker-Leben aus? mag man sich fragen. Und man kann es vielleicht anhand der bei „Nix Gut“ angebotenen Produkte herausfiltern.
Da sind zum einen Politsymbole, natürlich die traditionellen für „Sozialismus“ oder „Anarchie“. Unter letzterem wird primär wohl verstanden, daß man sich selber völlig nach eigenem Gutdünken benehmen möchte, das eigene Tier möglichst hemmungslos zur Schau stellen möchte, ohne daß dagegen andere Personen auch nur Einwände erheben. „Anarcho“-„A“s also aller Orten. „Viva la Revolucion“ prangt einem zudem über zwei alten Musketen entgegen. Immer noch ganz beliebt ist auch der stark angestaubte rote Stern. Man findet ihn auf T‑Shirts der Gruppen „Atemnot“, „Freibeuter“, „SIK“, „tut das not“, „WIZO“, „ZSK“ und so weiter und sofort. „Nichts neues im Westen“, mag man gähnen.
Das ganze geht einher mit postpubertärer Kraftmeierei. Zum Beispiel der kecke T‑Shirt-Spruch „Platzverweis für Polizisten“. Oder, etwas deftiger, ein T‑Shirt, auf dem „Bulle“ steht, das zugleich mit angedeuteten Einschußlöchern übersät ist. Für Möchtegern-Terroristen gibt´s auch ein Maschinengewehr als T‑Shirt-Motiv, dazu der Spruch „Fight the System“. Oder man steckt sich einfach den Button „Chaot“ ans Revers, falls es die anderen Bürger am Ende noch gar nicht mitbekommen haben.
Um diesen Trend aufzunehmen, finden sich auch Produkte mit steter Gewaltverherrlichung. Produkte von Gruppen mit dem Namen „Popperklopper“, „Anarchy Terror Crew“, „Terrorgruppe“ oder „Ohne Gnade“ werden feilgeboten, Pistolenläufe oder Zwickeln auf den Betrachter gerichtet.
Dann kommt der eigene Humor nicht zu kurz, der primär wohl erst dann in Erscheinung tritt, wenn er mit dem Trinken von Alkohol zu tun hat. „Wie geil ist eigentlich Alkohol?“ steht auf T‑Shirts der Gruppe „Missbrauch“. Oder wie wäre es mit dem Spruch: „Fussball. Ficken. Alkohol“? (Irre lustig, nicht?) Oder „Beer Park, nur die stärksten überleben“? Oder „Ich wünschte Du wärst ein Bier!“? Oder „Der Beweis! Bier macht schön“? Oder „Eisenpimmel“? Oder „Scheißen ist Arbeit“? Oder „Schön. Schöner. Ich!“? Unfaßbar lustig! „Vegetarier sind gut zu Vögeln!“ dürfen zudem junge Tierschützerinnen als T‑Shirt-Spruch erwerben.
Nicht mehr ganz unter die Sparte Humor fallen die Geschmacklosigkeiten für die kleine „antideutsche“ Käuferklientel. Etwa „Ich Scheiss drauf, deutsch zu sein“ oder „Ich war stolz ein Deutscher zu sein“ zum Bild einer verkohlten Leiche, wahrscheinlich ein Bombenopfer.
Dann darf es natürlich nicht fehlen, daß alles, wenn schon nicht rockig-schwarz so doch möglichst grell erscheinen muß. Gerne werden zur Untermalung der Sinnsprüche bunte Comic-Figuren bemüht. Eine gezeichnete Punkerin etwa mit offenem Mund, geweiteten Augen und einem Baseballschläger in der Hand scheint beliebt. Eine andere Figur mit bunten Haaren fletscht grimmig die Zähne. Überhaupt sind betont aggressiv oder wie nach einem Testosteronschock glotzende Comic-Gesichter und Totenköpfe offenbar ein Symbol-„Muß“, um die Reize der Käuferschaft noch irgendwie zu stimulieren. Das Grelle des Punkrockers ist dabei das berechenbare Pendant zur weichgezeichneten Lieblichkeit des Volksmusiksektors. Alles ist eben Marketing. Und jeder bedient seine Klientel nach deren Erwartungshaltung.
Wer es “flippig” will, findet bei dem Versand natürlich auch noch eine Menge Ekel-Klamotten im 80er-Jahre-Retro-Schick. Röcke im Leopardenmuster, pink-schwarz gestreifte Röhrenhosen oder grün-gesprenkelte ¾‑Shorts (brrrr) oder Handtäschen mit kleinen aufgedruckten Kirschen für die neu umworbene Emo-Klientel.
Fazit: In den 80er Jahren haftete dem Punk immerhin noch eine gewisse Originalität an. Man kaufte sich Klamotten bei “Woolworth” und stückelte sie sich irgendwie zusammen, frönte einer damals neuartigen Verweigerungshaltung. Heute hingegen scheint das Punk-Sein eine armselige Veranstaltung. Man darf sich ein bißchen an imaginären „Nazis“ gütlich halten, darf ein wenig mit aufgemalten Waffen kraftmeiern, mit kindischen Sprüchen seine Freude am Biertrinken untermauern oder die ansonsten vielleicht zu wenig geforderte Sexualbereitschaft dokumentieren. Wenn man Pech hat, wird man von Gewaltphantasien angefixt und landet in einer „autonomen“ Kleingruppe. Und all das passende Outfit hierzu bestellt man bei seinem Versandhandel, der ab 75 Euro Warenwert immerhin „eine kleine Überraschung“ verspricht, ab 150 Euro gar „eine CD oder T‑Shirt Eurer Wahl bis 13 Euro“. Per Lastschriftverfahren zahlt man 4 Euro extra, ebenso per Kreditkarte, die natürlich jeder gute Punker mittlerweile sicher unterm Nietengürtel trägt. Lieferzeit ist 7 bis 14 Tage. So lange muß sich schon gedulden, wer heute ein echter Chaot werden will.