Punk durch Bestellschein

von Claus Wolfschlag

Auf der „Zeitgeist“-Seite der „Jungen Freiheit“ vom 11. Dezember 2009 erschien eine kleine Notiz aus meiner Feder zu einem Versandshop für „Punk“-Utensilien, ...

… also für Musik, Beklei­dung, Schmuck und Devo­tio­na­li­en. Dar­in wur­de die Ver­bin­dung die­ses Ladens zur Sze­ne der „auto­no­men Anti­fa“ her­vor­ge­ho­ben. So bie­tet der aus der Polit­band S.I.K. her­vor­ge­gan­ge­ne „Nix Gut“-Versand, dies sei nur als ein Bei­spiel genannt, ganz offen Kapu­zen­pul­lis und Hosen der recht ein­deu­ti­gen Serie „auto­nom streetsports“ an.

Der Shop mag aber nur exem­pla­risch für Tei­le des gegen­wär­ti­gen rock­kul­tu­rel­len Mar­ke­tings gel­ten. „Anti­fa­schis­tisch“ aus­ge­rich­te­te „Sym­bo­lik“ auf nied­rigs­tem Niveau ist dort oft noch unver­zicht­ba­rer Bestand­teil. Dabei geht es immer wie­der dar­um, über eine dubi­os-nebu­lö­se Per­so­nen­grup­pe zu höh­nen (die­se dann zu kon­kre­ti­sie­ren, über­läßt man ande­ren), sie stän­dig ver­ächt­lich zu machen, um dadurch offen­bar eige­ne Über­le­gen­heit oder Pfif­fig­keit zu demons­trie­ren, sowie unaus­ge­go­re­ne Aggres­si­on abzuleiten.

Besag­ter „Nix Gut“-Versand etwa lie­fert T‑Shirts, Auf­nä­her und Auf­kle­ber mit Stel­lung­nah­men wie die­sen: „Nazis neh­men uns die Arbeits­plät­ze weg“, „Nazis ham ‘ne Scheiß­fri­sur“, „Nazis. Eure Eltern sind Geschwis­ter“ und so wei­ter und sofort. Zusätz­lich gibt es auch bekann­te „Halteverbots“-Schilder mit durch­ge­stri­che­nen Haken­kreu­zen, öko­no­mi­sche Auf­ru­fe in eige­ner Sache wie „Deut­sche. Kauft nicht bei Nazis“, und ein wenig Gut­men­schen-Kram im Sti­le von „Kein Mensch ist illegal.“

Doch dabei soll an die­ser Stel­le nicht noch­mals ver­harrt wer­den. Da sich der Ver­sand ja pri­mär als Punk- und Musik­la­den ver­steht, lohnt der Blick dar­über hin­aus. Was macht eigent­lich heu­te das Pun­ker-Leben aus? mag man sich fra­gen. Und man kann es viel­leicht anhand der bei „Nix Gut“ ange­bo­te­nen Pro­duk­te herausfiltern.

Da sind zum einen Polit­sym­bo­le, natür­lich die tra­di­tio­nel­len für „Sozia­lis­mus“ oder „Anar­chie“. Unter letz­te­rem wird pri­mär wohl ver­stan­den, daß man sich sel­ber völ­lig nach eige­nem Gut­dün­ken beneh­men möch­te, das eige­ne Tier mög­lichst hem­mungs­los zur Schau stel­len möch­te, ohne daß dage­gen ande­re Per­so­nen auch nur Ein­wän­de erhe­ben. „Anarcho“-„A“s also aller Orten. „Viva la Revo­lu­ci­on“ prangt einem zudem über zwei alten Mus­ke­ten ent­ge­gen. Immer noch ganz beliebt ist auch der stark ange­staub­te rote Stern. Man fin­det ihn auf T‑Shirts der Grup­pen „Atem­not“, „Frei­beu­ter“, „SIK“, „tut das not“, „WIZO“, „ZSK“ und so wei­ter und sofort. „Nichts neu­es im Wes­ten“, mag man gähnen.

Das gan­ze geht ein­her mit post­pu­ber­tä­rer Kraft­meie­rei. Zum Bei­spiel der kecke T‑Shirt-Spruch „Platz­ver­weis für Poli­zis­ten“. Oder, etwas def­ti­ger, ein T‑Shirt, auf dem „Bul­le“ steht, das zugleich mit ange­deu­te­ten Ein­schuß­lö­chern über­sät ist. Für Möch­te­gern-Ter­ro­ris­ten gibt´s auch ein Maschi­nen­ge­wehr als T‑Shirt-Motiv, dazu der Spruch „Fight the Sys­tem“. Oder man steckt sich ein­fach den But­ton „Cha­ot“ ans Revers, falls es die ande­ren Bür­ger am Ende noch gar nicht mit­be­kom­men haben.

Um die­sen Trend auf­zu­neh­men, fin­den sich auch Pro­duk­te mit ste­ter Gewalt­ver­herr­li­chung. Pro­duk­te von Grup­pen mit dem Namen „Pop­per­klop­per“, „Anar­chy Ter­ror Crew“, „Ter­ror­grup­pe“ oder „Ohne Gna­de“ wer­den feil­ge­bo­ten, Pis­to­len­läu­fe oder Zwi­ckeln auf den Betrach­ter gerichtet.

Dann kommt der eige­ne Humor nicht zu kurz, der pri­mär wohl erst dann in Erschei­nung tritt, wenn er mit dem Trin­ken von Alko­hol zu tun hat. „Wie geil ist eigent­lich Alko­hol?“ steht auf T‑Shirts der Grup­pe „Miss­brauch“. Oder wie wäre es mit dem Spruch: „Fuss­ball. Ficken. Alko­hol“? (Irre lus­tig, nicht?) Oder „Beer Park, nur die stärks­ten über­le­ben“? Oder „Ich wünsch­te Du wärst ein Bier!“? Oder „Der Beweis! Bier macht schön“? Oder „Eisen­pim­mel“? Oder „Schei­ßen ist Arbeit“? Oder „Schön. Schö­ner. Ich!“? Unfaß­bar lus­tig! „Vege­ta­ri­er sind gut zu Vögeln!“ dür­fen zudem jun­ge Tier­schüt­ze­rin­nen als T‑Shirt-Spruch erwerben.

Nicht mehr ganz unter die Spar­te Humor fal­len die Geschmack­lo­sig­kei­ten für die klei­ne „anti­deut­sche“ Käu­fer­kli­en­tel. Etwa „Ich Scheiss drauf, deutsch zu sein“ oder „Ich war stolz ein Deut­scher zu sein“ zum Bild einer ver­kohl­ten Lei­che, wahr­schein­lich ein Bombenopfer.

Dann darf es natür­lich nicht feh­len, daß alles, wenn schon nicht rockig-schwarz so doch mög­lichst grell erschei­nen muß. Ger­ne wer­den zur Unter­ma­lung der Sinn­sprü­che bun­te Comic-Figu­ren bemüht. Eine gezeich­ne­te Pun­ke­rin etwa mit offe­nem Mund, gewei­te­ten Augen und einem Base­ball­schlä­ger in der Hand scheint beliebt. Eine ande­re Figur mit bun­ten Haa­ren fletscht grim­mig die Zäh­ne. Über­haupt sind betont aggres­siv oder wie nach einem Tes­to­ste­ron­schock glot­zen­de Comic-Gesich­ter und Toten­köp­fe offen­bar ein Symbol-„Muß“, um die Rei­ze der Käu­fer­schaft noch irgend­wie zu sti­mu­lie­ren. Das Grel­le des Punk­ro­ckers ist dabei das bere­chen­ba­re Pen­dant zur weich­ge­zeich­ne­ten Lieb­lich­keit des Volks­mu­sik­sek­tors. Alles ist eben Mar­ke­ting. Und jeder bedient sei­ne Kli­en­tel nach deren Erwartungshaltung.

Wer es “flip­pig” will, fin­det bei dem Ver­sand natür­lich auch noch eine Men­ge Ekel-Kla­mot­ten im 80er-Jah­re-Retro-Schick. Röcke im Leo­par­den­mus­ter, pink-schwarz gestreif­te Röh­ren­ho­sen oder grün-gespren­kel­te ¾‑Shorts (brrrr) oder Hand­täschen mit klei­nen auf­ge­druck­ten Kir­schen für die neu umwor­be­ne Emo-Klientel.

Fazit: In den 80er Jah­ren haf­te­te dem Punk immer­hin noch eine gewis­se Ori­gi­na­li­tät an. Man kauf­te sich Kla­mot­ten bei “Wool­worth” und stü­ckel­te sie sich irgend­wie zusam­men, frön­te einer damals neu­ar­ti­gen Ver­wei­ge­rungs­hal­tung. Heu­te hin­ge­gen scheint das Punk-Sein eine arm­se­li­ge Ver­an­stal­tung. Man darf sich ein biß­chen an ima­gi­nä­ren „Nazis“ güt­lich hal­ten, darf ein wenig mit auf­ge­mal­ten Waf­fen kraft­mei­ern, mit kin­di­schen Sprü­chen sei­ne Freu­de am Bier­trin­ken unter­mau­ern oder die ansons­ten viel­leicht zu wenig gefor­der­te Sexu­al­be­reit­schaft doku­men­tie­ren. Wenn man Pech hat, wird man von Gewalt­phan­ta­sien ange­fixt und lan­det in einer „auto­no­men“ Klein­grup­pe. Und all das pas­sen­de Out­fit hier­zu bestellt man bei sei­nem Ver­sand­han­del, der ab 75 Euro Waren­wert immer­hin „eine klei­ne Über­ra­schung“ ver­spricht, ab 150 Euro gar „eine CD oder T‑Shirt Eurer Wahl bis 13 Euro“. Per Last­schrift­ver­fah­ren zahlt man 4 Euro extra, eben­so per Kre­dit­kar­te, die natür­lich jeder gute Pun­ker mitt­ler­wei­le sicher unterm Nie­ten­gür­tel trägt. Lie­fer­zeit ist 7 bis 14 Tage. So lan­ge muß sich schon gedul­den, wer heu­te ein ech­ter Cha­ot wer­den will.

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