Aber im Gegensatz zu der Mehrzahl der „Drecks-Kartoffelfresser“ ließ er sich dies nicht ewig gefallen. Zwei Jahre lang hartes Training mit seinen Freunden und dann zeigte der junge Kerl aus der Bielefelder „Bronx“, „wer zukünftig Angst vor dem Schulweg haben sollte“.
Diese Szene schildert Stefan Schubert in seinem jüngst bei riva erschienenen Buch über sein Doppelleben als Polizist und Hooligan. Gewaltbereit wurde er, als es Mitte der 80er Jahre in einem Bielefelder Stadtviertel um die Beendigung der Vorherrschaft türkischer Cliquen ging. Schubert und seine Freunde wehrten sich und entschieden den Straßenkampf für sich. Die Bewunderung vieler Deutscher hatten sie damit sicher. Nur die Alt-68er-Lehrer waren entsetzt:
Daß die jungen Türken einfach nur Spaß daran hatten, uns zu schikanieren, überstieg das Heile-Welt-Denken unseres Lehrerkollegiums.
Nach der Schlägerei wurde umgehend der Lehrplan geändert. Die verbleibenden zwei Jahre unserer Schulzeit gab es in den Fächern Deutsch, Geschichte und Politik nur noch ein Thema: „Das dritte Reich“. Unsere Fragen, warum diese Jungs sich derart aggressiv und gewalttätig verhalten durften, wurden mit nur einem Begriff beantwortet: Auschwitz.
In der Auseinandersetzung mit den Türken habe Schubert das erste Mal erlebt, daß Gewalt eine Lösung sei. Dies sollte fortan rund zehn Jahre sein Leben bestimmen. 1988 kam er zum Bundesgrenzschutz und erlebte dort einen Korpsgeist, den er auch in Gemeinschaft mit seinen Hooligan-Freunden empfand. Die Einstellungen der Ausbilder beschreibt Schubert als rechtskonservativ. Die Grenztruppen der DDR und Linksautonome habe man den jungen Anwärtern als vorrangige Feindbilder präsentiert und bei einer simulierten Bundestagswahl stimmten 50 Prozent für die Republikaner, 40 für die CDU und jeweils fünf für SPD bzw. Grüne.
Politik hat jedoch für den Ordnungshüter und „Gewalttäter Sport“ niemals eine bedeutende Rolle gespielt. Für ihn zählte der Adrenalinkick beim Kampf Mann gegen Mann. Als Hooligan erlebte er ihn Anfang der 90er fast jedes Wochenende. Gewöhnlich herrschten bei den Schlägereien strenge Regeln und ein fester Ehrenkodex, an den sich alle hielten, weil die Hierarchien innerhalb der Hooligan-Szene funktionierten. Zwar gingen Unmengen an Nasenbeinen zu Bruch, aber alle Beteiligten willigten in diese Körperverletzungen ein und berauschten sich an dem Nervenkitzel.
Seinen eigenen Beschreibungen zufolge hatte Schubert nie ein Problem damit, auf die Regeln der Polizei umzuschalten, wenn er wieder in die Uniform schlüpfte. Er bezeichnet sich selbst als guten Polizisten und wäre beinahe sogar beim SEK gelandet. In seinem Buch kann man nicht nur viel über die Strukturen, Intentionen und Gefühle der Hooligans lernen, sondern auch über Mißstände bei der Polizei.
Besonders deutlich wird dies in einem Kapitel über die Ausschreitungen am Rande der Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit in Bremen 1994. Linksextremisten verwandelten die Stadt damals in ein Schlachtfeld. Mittendrin: Stefan Schubert unter Steinbeschuß. Er beschreibt, wie viel Angst seine Kollegen vor Verletzungen hatten und sich nicht trauten, im Straßenkampf durchzugreifen, wie dies eigentlich nötig gewesen wäre. In diesem Straßenkampf hätte die Polizei mehr gewalterfahrene Einsatzkräfte wie Schubert benötigt, die wirklich gegenhalten wollen.
Bezeichnend für den Zustand der Polizei war damals auch Schuberts Abgang. In Polizeikreisen wußte man schon jahrelang von seinem Hobby, aber erst als der WDR und ein Lokalreporter auf den Fall aufmerksam machten, versuchte die Polizeiführung mit allen Mitteln ihren hauseigenen Hooligan loszuwerden. Letztendlich mit Erfolg. Heute betreibt Schubert ein Fitneßstudio.
Timotheus
Meine Rede... Man bräuchte wieder eine Polizei, bei der es auch einen gewissen Anteil von Männern gibt, die sich durch kräftige Arme, und etwa durch ein Abitur in Deutsch und Religion für den Dienst qualifizieren. Stattdessen werden Frauen und Migrantinnen/Migranten nachdrücklich zur Bewerbung aufgefordert, sofern sie die Grundlagen der Textverarbeitung nachweisen können...