richtig eklig machen. Man positioniert sich nicht, man wartet ab und hängt mit riesigen Lauschern an den Türen der Kollegen, um ja den richtigen Zeitpunkt des Einstimmens nicht zu verpassen
Vielleicht lese ich den Roman irgendwann, vielleicht auch nicht. Ich gehöre nämlich zu den Lesern, die zuletzt immer auf zehn unverzichtbare Romane zurückfallen:
Zerlesene Ausgaben, die ein Koordinatensystem mit geheimen inneren Verbindungen bilden. Zu jedem dieser Bücher gehören nämlich ein Ort, ein Ton, manchmal auch eine Person. Die Werke dieser Liste sind Teil meines Handgepäcks, wenn ich über die Möglichkeit einer Insel nachdenke. Alphabetisch:
1. Werner Bergengruen: Der Großtyrann und das Gericht
(über die Mißachtung des Maßes)
2. Ernst Jünger: In Stahlgewittern
(Mensch oder Material? Suche ohne Fund und Verhaltenslehre der Kälte)
3. Jochen Klepper: Der Vater
(Urbilder von Dienst, Demut und preußischem Geist)
4. Christian Kracht: 1979
(postmoderne Sinnlosigkeit, Ekel vor der eigenen Dekadenz)
5. Horst Lange: Schwarze Weide
(Verhängnis: So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen)
6. Wolf von Niebelschütz: Die Kinder der Finsternis
(ordnende Entschlossenheit, der starke Einzelne)
7. Christoph Ransmayr: Morbus Kitahara
(Zeit- und Ortlosigkeit nach der historischen Katastrophe)
8. Ernst von Salomon: Die Geächteten
(Temperaturerhöhung, Laufschritt, Rücksichtslosigkeit)
9. Botho Strauß: Der junge Mann
(rechte Denkmöglichkeiten in dürftiger Zeit)
10. Franz Werfel: Die vierzig Tage des Musa Dagh
(die Gnade, handeln zu dürfen; die Gnade der Aufopferung)
Alles 20. Jahrhundert und deutscher Sprachraum. Wer auch eine Liste vorlegen will, macht das ebenso knapp kommentierend wie ich. Ziel ist nicht Originalität auf Teufel komm raus (da wären wir wieder bei den Kritikastern, die ja ohne mit der Wimper zu zucken ihre Redlichkeit einer im Feuilleton wohl lebensnotwendigen Originalität zu opfern bereit sind). Ziel sind Gültigkeit und Ernsthaftigkeit – und Genauigkeit: 20. Jahrhundert, deutscher Sprachraum, anderes findet später in weiteren Listen Platz.
jona
Ernst von Salomon: Die Geächteten
(Unbedingtheit)
Siegfried von Vegesack: Die Baltische Tragödie.
(das Gefühl von Heimat und Fragilität derselben)
Hans Fallada: Bauern, Bonzen und Bomben
(vom Entschluß, durch verschlossene Türen zu gehen)
Hermann Hesse: Steppenwolf
(hinter der bürgerlichen Maske)
Felix Dahn: Ein Kampf um Rom
(Größe und Untergang)
Ernst Jünger: Auf den Marmorklippen
(zum gelegentlichen Nachdenken über die eigenen Koordinaten)
Uwe Tellkamp: Der Turm
(anschaulich, warum man selten ein Buch kaufen sollte, das alle loben)
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