Kein Grinsen, wenn auf Beerdigungen amerikanische Pop-Balladen abgespielt werden oder Kinder aus der Trauergemeinde mit Sonnenbrillen ausgestattet werden. Ein Herz, das Trauer trägt, gehört fraglos auf Samt gebettet, punktum. Ausdrücke des Leidens nicht hinterfragen: Das ist Pietät. Dennoch ein Wort zur Fassungslosigkeit, Bestürzung, zum Entsetzen, das unsere politischen Granden angesichts des württembergischen Amoklaufs nun äußern.
Klar ist ohnehin, daß die Entsetzensgeste (jenseits der tatsächlich betroffenen Angehörigen) spätestens übermorgen restlos den üblichen Debatten um Waffengesetze, Killerspiele, Musikrichtungen oder erbarmungslose Lehrer gewichen sein wird. Bedeutsam ist vor allem die Frage: Wann hat Angela Merkel je zuvor öffentlich zum Gebet aufgerufen? Wulf Schmiese hatte in der jüngsten FAS nochmals auf den ARD-Deutschlandtrend hingewiesen, wonach zwei Millionen Stammwähler demnächst der CDU den Rücken kehren dürften, zuvörderst nämlich das dezidiert christlich geprägte Bürgertum. Darunter vor allem solche, die mit der Merkelschen Papstschelte ein Problem hatten und Wähler aus Vertriebenenzusammenhängen – die auch weitgehend konfessionell geprägt sind. Es ist eine nun alte Regel, daß wir negative Eindrücke generell schneller aus unserem Gedächtnis verbannen. Was stärker haften bleibt, ist das, was uns (hier: die potentiellen Abwanderer der CDU) positiv angesprochen hat. Wenn Angela Merkel nun betet (dies zumindest so prominent äußert, daß es keinem Rundfunkteilnehmer entgehen kann), wird das für nachhaltigen Eindruck sorgen. Schmiese berichtete in der FAS weiter, daß der ehemalige Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Werner Münch, nach 37jährigen CDU-Mitgliedschaft aus der Partei ausgetreten sei. Auch deshalb, weil Merkel immer häufiger mit der Abtreibungsfee Alice Schwarzer aufgetreten sei. In der Tat: So viele hundert ganz und gar unschuldig getötete „Menschen in unserem Land” Tag für Tag, für deren Seelenheil zu beten Angela Merkel niemals aufgerufen hat! Nebenbei ist sicher, daß Merkel ihre Frömmigkeit kaum (weil kontraindiziert) ins Spiel gebracht haben dürfte, hätte die Bluttat unter mehrheitlich atheistischen Wahlbürgern in Brandenburg oder Mecklenburg stattgefunden. Dies sei festgehalten – bei aller Pietät.