Wer dies geschrieben hat, steht noch nicht fest. In Frage kommen also zuerst einmal sowohl deutschenfeindliche Ausländer als auch Antifaschisten. Eins ist aber klar: Die Öffentlichkeit muß sich endlich von einigen lieb gewonnenen Lügen verabschieden.
Letzte Woche stand in der ZEIT ein wichtiger Beitrag der Justizreporterin Sabine Rückert über Falschaussagen. Diese würden in Deutschland besonders gut ankommen, wenn sie die gegenwärtige Moral bestätigen. Das heißt: Ein ertränktes Ausländerkind im Freibad Sebnitz ist für Ermittler und Öffentlichkeit wahrscheinlicher als ein Badeunfall. Ein mächtiger IWF-Chef vergewaltigt eher eine dunkelhäutige Asylantin, die noch dazu alleinerziehende Mutter ist, als daß diese sich öffentlichkeitswirksam eine Geschichte zurechtlegt. Rückert betont:
Die Political Correctness gebietet es, dem vermeintlichen Opfer – eines NS-Verbrechens oder einer Vergewaltigung – bedingungslos zu glauben. Unbequeme Nachfragen und Recherchen unterbleiben. Zweifler laufen Gefahr, selbst im Reich des Bösen verortet zu werden. Unkritisches Hofieren von Personen, die sich selbst als Opfer vorstellen, ist ein stabiles Fundament für den erfolgreichen Lügner. Kriminalbeamte, Staatsanwälte – ja sogar der Wahrheitsfindung verpflichtete Richter – fallen ihrer eigenen Denksperre zum Opfer.
Die ZEIT-Reporterin müßte nun noch einen Schritt weitergehen: Nach der moralischen Logik unserer Tage gibt es keine Deutschenfeindlichkeit und keine ausländischen Täter, weil die Deutschen das Tätervolk sind und die Unbelehrbaren hin und wieder in alte Muster zurückverfallen. Man kann diese Logik nur aufbrechen, indem man bei den „vermeintlichen Opfern“ (in unserem Fall Ausländer) das „unkritische Hofieren“ beendet und mit „unbequemen Nachfragen und Recherchen“ beginnt.
Die Christuskirche Bochum hat einen anderen Weg eingeschlagen. Auf ihrer Internetseite hat sie einen Beitrag eingestellt, über den jetzt diskutiert werden kann. Es geht um Fragen wie: Gibt es Deutsche überhaupt noch? Und ist es „ein alter Trick von Vertreterinnen und Vertretern einer rassistischen Mehrheitsgesellschaft, der Minorität, die sie ausgrenzen, einen eigenen Rassismus zu unterstellen“? Für Pfarrer Thomas Wessel steht fest:
Es steht kein Koranvers an der Kirchenwand.
Hiermit bestreite ich, dass es menschliche Rassen gibt. Auch aus Ihnen kann noch ein prima Chinese werden. Das zu akzeptieren, hat mit keiner Schere im Kopf, sondern mit dem Kopf zu tun. Ist aber auch, das gebe ich zu, irgendwie belanglos, das biologische Zeugs. Wer liebt schon Gene.
Wessel und seine Mitdiskutanten glauben, diesen Fall von Deutschen-Haß jetzt schon einmal kommunikativ vorverhandeln zu müssen, um die schlimmsten Befürchtungen diskursiv zu entschärfen. Deshalb betont Wessel auch gegenüber dem Hellweger Anzeiger: „Wir mussten reagieren, sonst tun es die Rechten.“ Die Logik dahinter: Selbst wenn nun, wie Wessel selbst vermutet, Ausländer die Parolen geschrieben haben, dann ist das kein ethnisches Problem, weil es keine Ethnien bzw. Rassen gibt, und es ist kein religiöses Problem, weil „kein Koranvers an der Kirchenwand“ steht.
Wenn die Ermittler auch so denken würden, könnten sie den Täterkreis in keinster Weise einschränken. Letztendlich kommen alle und niemand in Frage, wenn das Motiv geleugnet oder verschleiert wird. In anderen Fällen hat sich genauso gezeigt, wie wenig plausibel die These von der angeblichen sozialen Benachteiligung der Täter und der deshalb notwendigen Integration ist: Wer als Ausländer auf einem kunterbunten „Konzert gegen rechts“ Schlägereien anfängt (wie an diesem Wochenende in Kamen), dem kann es nur um die deutschen Opfer gehen. Wer als Ausländer einen stadtbekannten Pfarrer angreift, der sogar Geld für eine Großmoschee sammelte (wie in Köln 2008), dem kann es nur um das deutsche Opfer gehen. Wenn 20 Ausländer einen linksalternativen Club auseinandernehmen (wie 2009 in Neu-Isenburg), dann kann es nur um die deutschen Opfer gehen.
Das Motiv ist auch im neuesten Fall der Bochumer Christuskirche mehr als offensichtlich: Wer „Tötet die Deutschen“ schreibt, ist deutschenfeindlich und das muß endlich juristische und politische Konsequenzen haben.
Martin Lichtmesz
Ehrlich gesagt, kann ich mir schwer vorstellen, daß das wirklich Ausländer gemacht haben. Es waren wahrscheinlich entweder Antifanten oder rechte Provokateure.