so unfair wie nur möglich die islamkritische Netzszene als geistige Brandstifter anzuprangern. Da hat es Politically Incorrect nicht nur nicht geholfen, daß sie schon mal präventiv Asche auf ihr Haupt gestreut und sich in die Mea-Culpa-Pose geworfen haben, obwohl sie nun wirklich am wenigsten für die Untat können. Der Spiegel hat diese Geste im Gegenteil gleich freudig aufgegriffen, um die Seite umso mehr plattzumachen, nach dem Motto “Sie sagen es ja selber.”
(“Wir dürfen uns vor lauter Auf-andere-mit-dem Finger-Zeigen nicht unserer Eigenverantwortung entziehen. Wir stehen in der Verantwortung für unser Handeln und Denken”, heißt es auf PI. Schön, Genossen, ihr hättet zum Beispiel längst daran arbeiten können, euren berüchtigten Kommentarbereich von krassen Entgleisungen reinzuhalten.)
Immerhin hat es der Spiegel geschafft, den bisher nur wenigen Menschen bekannten “Counterjihad”-Blogger “Fjordman” als Autor “elegant formulierter langer Essays” vorzustellen. Das über 1500 Seiten dicke “Manifest” Breiviks dürfte in erster Linie ein “paste & copy”-Konvolut von Texten sein, die er über Jahre im Netz gesammelt hat, darunter offenbar sehr vieles von Fjordman, aber auch von unzähligen anderen Autoren (sogar Henryk Broder taucht via Fjordman-Zitat darin auf).
Berichten zufolge wurde das Konvolut zusätzlich mit strategischen Entwürfen und autobiographischen Aufzeichnungen angereichert, die von einem krassen, pathologischen Narzißmus zeugen. Ich selber habe noch keinen Blick hineingeworfen, und werde das auch in absehbarer Zeit nicht tun, und gedenke auch sonst, mich nicht mehr als notwendig mit dieser Horrorgestalt und seiner widerlichen Fotostudio-Gorgonenfresse zu beschäftigen.
Der Spiegel mußte allerdings einräumen, daß es keine Beweise für eine direkte Verbindung von Fjordman (“der intellektuelle Stichwortgeber”) zu Breivik gibt, und der Mißbrauch seiner Texte “möglicherweise ohne sein Einverständnis” stattgefunden hat.
Von letzterem kann man mit Sicherheit ausgehen. Nun hat sich Fjordman selbst zu Wort gemeldet. Seine erste längere Antwort sei hier auf Deutsch dokumentiert, das englische und norwegische Original kann man hier einsehen.
***
Offensichtlich hat die Person, die momentan unter Verdacht steht, diese Gräueltaten begangen und beinah 100 Menschen kaltblütig ermordet zu haben, Anders Behring Breivik, mich und diese Netzseite (“Gates of Vienna”) in einem Buch zitiert.
Es ist also nur angemessen, wenn ich in dieser Situation ein paar Gedanken über dieses entsetzliche Wochenende niederschreibe, eines der schlimmsten, das meine kleine Nation seit langer Zeit erlebt hat. Ich weiß, daß zur Zeit eine Menge Journalisten versuchen, mit mir Kontakt aufzunehmen, aber ich kann nicht allen antworten, und will das auch nicht. Ich werde möglicherweise nächste Woche noch mehr Texte publizieren, möchte aber erstmal mit diesem hier beginnen.
Nein, ich habe Anders Behring Breivik niemals in meinem Leben getroffen. Er weiß nicht einmal, wie ich aussehe.
Nein, ich habe nicht das Geringste mit den Massakern zu tun, die sich am Freitag im Zentrum von Oslo und auf Utøya ereigneten. Ich war nicht einmal in der Nähe. Ich wollte mir mit einem Familienmitglied einen Film in einem örtlichen Kino ansehen, als ich die Nachricht von einer massiven Explosion bekam, die das Zentrum von Oslo erschüttert haben soll. Von diesem Augenblick an, bloggte ich zusammen mit einem Dutzend verschiedener Leute auf „Gates of Vienna“, bis der mutmaßliche Täter in Utøya verhaftet wurde.
Wie habe ich auf die Ereignisse dieses Nachmittags reagiert? Wie jedermann, mit absolutem Entsetzen und Abscheu. Zugegebenermaßen dachte ich zunächst, wir hätten es mit einem dschihadistischen Angriff zu tun, was Bekenntnisse von einigen islamischen Organisationen zu bestätigen schienen. Die Anschläge von Utøya paßten allerdings nicht in das übliche dschihadistische Schema, und im Laufe des Abends wurde langsam klar, daß wir es mit etwas anderem zu tun hatten, etwas, das möglicherweise noch viel schrecklicher war. Wer diese unfaßbaren Gräueltaten begangen hat, ist ein Ungeheuer und verdient genausowenig Mitleid, wie er für seine unschuldigen, unbewaffneten Opfer übrig hatte.
Wie fühle ich mich angesichts der Tatsache, daß der mutmaßliche Täter dieser Gräueltaten mich in seinem vieldiskutierten Buch zitiert hat? Absolut furchtbar. Was soll ich sonst noch sagen? Ich muß festhalten, daß ich sein sehr langes Buch oder Manifest weder gelesen, noch die Zeit und die Nerven habe, dies zu diesem Zeitpunkt zu tun. Ich kann mich nur auf die Bruchstücke beziehen, die in verschiedenen Zeitungen zitiert wurden, und von denen mir andere berichten. Er hat sich offensichtlich aus einer geraumen Anzahl von öffentlich zugänglichen Quellen bedient, darunter eben auch aus meinen Texten. Die Abwesenheit jeglichen Respekts vor dem menschlichen Leben kann er allerdings nicht von mir haben, oder von irgendeinem anderen islamkritischen Autor, den ich kenne, wie Robert Spencer oder Bat Ye’or. In der Tat ist seine Verachtung des menschlichen Lebens ein häufiger, entscheidender Makel der islamischen Kultur, auf den ich immer wieder hingewiesen habe.
Ich habe in meinen Essays nicht ein einziges Mal zur Gewalt aufgerufen, und ich habe schätzungsweise ein bis zwei Millionen Wörter unter meinem Pseudonym im Netz veröffentlicht. Ich weiß selbst nicht mehr genau, wieviele es waren, ich habe schon lange den Überblick verloren. Diese Essays sind kein Geheimnis. Sie sind offen zugänglich und können von jedem gefunden werden, der eine Suchmaschine bedienen kann. Ich habe nichts zu verbergen. Ich schreibe über eine große Anzahl von Themen, von Astrophysik bis zur Geschichte der Schokolade und des Bieres. Ich schreibe aber auch über kontroverse und sensible Themen, und das völlig bewußt. Wir können es uns nicht leisten, nicht über aufgeladene, aber wichtige Themen zu schreiben. Menschen wie ich haben die wachsenden ethnischen Spannungen nicht erzeugt, sondern seit Jahren vor ihnen gewarnt. Sie wurden durch eine zügellose Masseneinwanderung in westliche Länder erzeugt, und solange diese zügellose Einwanderung fortgesetzt wird, fürchte ich, daß diese Spannungen weiterhin anwachsen werden. Ich wünsche mir das nicht; ich warne lediglich davor, daß dies sehr wahrscheinlich passieren wird.
Bin ich ein Extremist? Ich gebe zu, daß ich mich sehr stark der Wahrheit verpflichtet fühle. Das ist meine Schuld. Beispielsweise muß ich feststellen, daß bis vor kurzem praktisch niemand den „gemäßigten Islam“ vom „radikalen Islam“ oder vom „Islamismus“ unterschieden hat. Warum? Und obwohl nahezu alle größeren Zeitungen, Fernsehsender und führenden Politiker der westlichen Welt uns versichern, daß es einen riesigen Unterschied zwischen dem gemäßigten und dem radikalen Islam gibt, scheinen wenige in der Lage zu sein, zu erklären, worin denn nun genau dieser Unterschied besteht. Ich bin nicht der einzige, der das seltsam findet.
Läßt mich diese Feststellung als sehr extrem erscheinen? Vielleicht. Aber wie erklärt man sich dann, daß Recep Tayyip Erdogan, der Ministerpräsident des NATO-Mitgliedsstaates Türkei, öffentlich erklärt hat, daß es so etwas wie einen gemäßigten Islam nicht gäbe? Er ist ist ja schließlich ein sehr, sehr gemäßigter Moslem, der ein sehr, sehr gemäßigtes moslemisches Land regiert, in dem Adolf Hitlers Autobiographie „Mein Kampf“ noch 2005 ein Bestseller war. Ich weiß, wie gemäßigt Erdogan ist, weil die westlichen Regierenden uns ständig an diese Tatsache erinnern. Wenn nun also dieser außergewöhnlich gemäßigte Mann uns sagt, daß es einen gemäßigte Islam nicht gibt, dann wird es sich doch wohl lohnen, ihm zuzuhören?
Das Extremste, was ich dieses Wochenende gemacht habe, war, daß ich zwei Nächte hintereinander kaum ein Auge zugetan habe, nicht nur wegen der entsetzlichen Ereignisse, deren Zeuge ich geworden war, und die mich tief erschüttert haben, sondern auch wegen der falschen Gerüchte, die in mehreren Ländern über mich aufkamen, daß dieser Mann, der fast 100 Menschen massakriert hat, ich gewesen sein soll. Ich bin nun schon seit Jahren in der Bloggerszene und habe schon einige öffentliche Auseinandersetzungen hinter mir, aber noch nie zuvor hat man mich beschuldigt, der schlimmste Massenmörder in der Geschichte Skandinaviens zu sein. Das ist mir zum erstenmal passiert, und ich hoffe inständig, daß es kein zweites Mal passiert. Ich bin ein normaler Mensch und habe all dies alles andere als genossen. Das Zweit-Extremste, das ich dieses Wochenende gemacht habe, war einen alten Film anzusehen, roten Pinot aus Neuseeland zu trinken und ein Buch über mittelalterliche Geschichte zu lesen. Das ist auch sonst das Extremste, das ich an einem durchschnittlichen Wochenende tue.
Fjordman