oder von jenem 3‑Uhr-morgens-Denken, das Armin Mohler in seinem von uns neu aufgelegten Essay Gegen die Liberalen beschrieben hat – warnend natürlich, “denn es fällt – wie gerade Soldaten wissen – dem Menschen schwer, in der grauen Frühe etwas Hartes zu tun.” Also: Beißen wir heute in eine saure Lesefrucht, um wieder richtig wach zu werden:
Im tagesspiegel ist der Bericht über eine der wenigen verbliebenen deutschen Drei-Generationen-Familien aus dem Berliner Wedding abgedruckt: Man liest von der nicht nur gefühlten, sondern manifesten Fremdheit im eigenen Land, von der Verluderung der Wohnquartiere und von der eigenen Wohnung als letztem ordentlichem Raum. Man liest davon, daß die deutschen Nachbarn nach und nach weggezogen sind und daß es sich Familie Seifert nicht leisten kann, auch zu verschwinden, denn eigentlich will sie woanders hin, dorthin, wo man auf Deutsche trifft, wenn man das Haus verläßt:
“Wir sind Gast im eigenen Land”, sagt Volker Seifert.
Aber: Wohin soll er mit den Großeltern? Wie weit kommt er überhaupt mit dem Gehalt eines Altenpflegers? Denn auch dies sind Folgekosten der ungebremsten Einwanderung und die Überfremdung von Stadtteilen hin zu Wohnquartieren, in denen kaum ein Deutscher mehr leben will:
+ die Aufgabe von Wohnungen und Häusern, der Notverkauf solcher Immobilien, die aufgrund der “Neuen Nachbarn” die Hälfte ihres Werts eingebüßt haben;
+ die Kosten für den Umzug (ein paar tausend Euro), gar nicht zu sprechen von dem Skandal, daß wir seit Jahrzehnten einer Politik zusehen, deren Ergebnis es unter anderem ist, daß Deutsche die Flucht ergreifen;
+ die Kosten für vielfältige Ausweichbewegungen: Ob zum Arzt oder zum Friseur, zur Schule oder zum Vereinstraining – längst legen vor allem Familien der Kinder wegen weite Distanzen zurück, um jene Qualität in Dienstleistung, meditinischer Behandlung, Bildung zu erhalten, die früher “um die Ecke” angeboten war.
“Falsche Normalität” nennen Michael Paulwitz und ich solche Phänomene in unserem Buch Deutsche Opfer, fremde Täter: Man weicht aus, investiert mehr Zeit und Geld in eigentlich banale Alltagshandlungen, um der alltäglichen Konfrontation mit “dem Fremden” zu entgehen. Man entlastet sich mittels Ausweichbewegungen, man meidet die Begegnung, aus schlechter Erfahrung heraus: Die Tochter der im tagespiegel portraitierten Familie Seifert geht mit Abwehrhaltung durch den Schulalltag – nicht dem Lernstoff gegenüber, sondern der latent oder offen deutschenfeindlichen Atmosphäre wegen (“Deutsche Schlampe!”):
In ihrem Jahrgang gibt es drei deutschstämmige Jugendliche. Die meisten anderen kommen aus türkischen und arabischen Familien. Jeden Tag geht es darum, wer die Regeln bestimmt: die Mehrheit oder die Minderheit, zu der auch die Lehrer gehören. Schule ist für Shari-Lee deshalb nicht nur ein Ort, wo man lernt und Freundschaften schließt. Schule ist immer auch Kampfzone. Sie muss auf Angriffe gefasst sein. Vor allem die arabischen Jungs setzen ihr zu.
Wer solches liest, wundert sich darüber, daß dieses beinahe schutzlose Ausgesetztsein deutscher Jugendlicher im eigenen Land nicht Tag für Tag Thema in den Medien ist. In Kapitel 5 unseres Buches haben Paulwitz und ich “15 Thesen für den Beginn der Debatte” notiert. These 10 lautet:
10. Den unter den Attacken leidenden Deutschen bleiben zwei Wege: Flucht oder Anpassung. Flucht ist nur für diejenigen möglich, die sich einen Ortswechsel leisten können. Dieses Wegziehen wird in der Fachliteratur zu selten als das bezeichnet, was es ist: eine Binnenvertreibung.
Nun gibt es aber auch Deutsche, die aufgrund ihrer finanziellen Schwäche gezwungen sind, in einem ethnisch eroberten Stadtteil zu bleiben und somit in einer Umgebung zu leben, die ihre Identität gefährdet. Für diese Deutschen muß jede erdenkliche Hilfe organisiert werden. Eine Lobby muß sich ihrer annehmen, muß auf die oftmals nicht bezifferbaren Kosten der Integration hinweisen und den Schutz der deutschen Identität organisieren.
Ich bin genau auf diesen Punkt und auf die darin formulierte Forderung nach einer Lobby für Restdeutsche in Ausländervierteln oft angesprochen worden: Wie könnte so etwas aussehen? Dazu ein paar ungeordnete Gedanken:
+ Die Forderung impliziert, daß wir uns in einer Auseinandersetzung befinden. Deutsch bleiben oder nicht; Stellungen halten oder nicht; retten, was zu retten ist – oder nicht: Die Sprache dieses Kampfes um Identität ist eine militärische Sprache, sie rührt daher, daß wir die Vorgänge als Stufen eines Vorbürgerkriegs wahrnehmen – eines geistigen und handfesten Vorbürgerkriegs.
+ Wer als Deutscher in solchen Gebieten, Vierteln lebt und nicht weichen will oder kann, sollte Orte vorfinden, in denen er nicht ununterbrochen Anpassungsleistungen erbringen oder Deeskalationsstrategien anwenden muß. Die sogenannten interkulturellen Begegnungsstätten und Jugendtreffs sind diese Orte NICHT, sie sind meist nach kurzer Zeit türkisch, arabisch, kurdisch okkupiert und keineswegs mehr “Begegnungsstätten”.
+ Der Staat kommt seiner Aufgabe, das Wohl des deutschen Volkes zu wahren und zu mehren, nicht nach – zumindest nicht bin dieser Beziehung. Eine Lobby für Restdeutsche in überfremdeten Vieteln ist von seiner Seite aus nicht zu erwarten. Dem steht auch der Geist der Integrationsindustrie entgegen, die aus der gescheiterten Integration nicht das Scheitern ihrer Arbeit oder ihrer Wunschvorstellungen ableitet, sondern vielmehr die Forderung nach noch mehr Anpassungsleistung der Deutschen und noch mehr Geld für ihr utopisches Projekt.
+ Warum also nicht exemplarisch eine privat finanziertes “Haus Raspail” oder “Haus Sarrazin” oder “Haus der Deutschen” einrichten, mittendrin in einem Stadtteil wie dem Wedding: Mit Beratungsstelle, Hausaufgabenbetreuung, auf Identitätsstiftung und ‑wahrung angelegter Volkshochschule? Mit Café und Jugendbibliothek?
Hier der ganze Bericht aus dem tagesspiegel.
Hier das Buch Deutsche Opfer, fremde Täter bei amazon.de
Hier die Seite www.deutscheopfer.de mit neuen Fällen
Toni Roidl
»Haus der Deutschen« - genialer Einfall! Das würde einen Aufschrei geben, der bis Ankara zu hören wäre. Es würde vorhersehbar argumentiert, dass es diskriminierend sei, dass Ausländer dort ausgegrenzt würden und man könnte plausibel antworten, dass es in Wahrheit diskriminierend ist, dass Deutsche im eigenen Land ausgegrenzt werden - das wäre eine Fortsetzung der Sarrazin-Debatte. Das wäre ein Projekt, für das es sich zu spenden lohnt. 3Sat-Kulturzeit würde sicher darüber berichten... ;-)