Viel Spaß in Auschwitz?

Der Lokalpresse meiner alten Heimat entnehme ich, daß vom 2.- 17. 11. die „Offenbacher Tage gegen Rechts“ stattfinden.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Selt­sam das – ich woh­ne doch schon so lan­ge nicht mehr da! Beim Wei­ter­le­sen wird klar: die (VVN-BdA, DGB etc.) mei­nen gar nicht „rechts“, auch nicht „rechts­extrem“, son­dern die olle Hit­le­rei. Gut, daß gera­de Offen­bach dage­gen Wider­stand leistet!

Der schlaue Fron­ar­bei­ter Gun­ter Dem­nig wird an zwölf Orten der Stadt wei­te­re Stol­per­stei­ne ver­le­gen, und an der Rudolf-Koch-Schu­le ist eine Aus­stel­lung zum The­ma Wider­stand zu besich­ti­gen. ( Rudolf Koch war übri­gens jener Schrift­künst­ler, der 1933 jene präch­ti­ge Deutsch­land­kar­te ent­warf, die Teil­neh­mer der IfS-Aka­de­mien gut ken­nen, weil sie im Trep­pen­haus des Rit­ter­guts hängt; Koch ent­warf mit sei­nen Frak­tur­schrif­ten laut Selbst­aus­sa­ge „eines der schöns­ten und ehr­wür­digs­ten Denk­mä­ler des deut­schen Volksgemütes“.)

Zum Beginn der „Tage gegen rechts“ haben „Schü­le­rin­nen und Schü­ler“ des Gym­na­si­ums, so lese ich in der Off­fen­bach-Post, eini­ge Wider­stands-Bio­gra­phien ein­drucks­voll im “Dar­stel­len­den Spiel” umge­setzt, „indem sie sich in die­se Per­so­nen hineinversetzten.“

Inte­gra­ti­ons­tech­nisch ist das bemer­kens­wert. Auf den mit­ab­ge­druck­ten Pho­tos (lei­der nicht online) sehen wir sowohl Sophie Scholl als auch NS-Scher­gen dar­ge­stellt von Schü­le­rin­nen mit (mut­maß­li­chem) Migra­ti­ons­hin­ter­grund. Auf der Netz­sei­te der Schu­le lese ich, zwei Drit­tel der Schu­le sei­en Deut­sche, die übri­gen „Migran­ten­kin­der“. Als ich auf die­ser Schu­le mein Prak­ti­kum als Lehr­amts­stu­den­tin absol­vier­te, habe ich deut­lich weni­ger Deut­sche wahr­ge­nom­men – Päs­se habe ich aller­dings dabei nicht eingesehen.

Gut, nun üben sich also Aus­län­der und Deut­sche aus aller Her­ren Län­der in iden­ti­fi­ka­to­ri­scher Ein­füh­lung in den NS-Wider­stand. Schon klar, rück­bli­ckend hät­ten wir ja alle wie die Scholls agiert, war­um nicht auch jene!

Immer wie­der wird geunkt, daß Inte­gra­ti­ons­be­mü­hun­gen doch bei der Schuld­fra­ge ins Stol­pern gera­ten müß­ten. Wenn der Grün­dungs­my­thos der BRD in Ausch­witz wur­ze­le (Josch­ka Fischer dixit), wie sol­len unse­re Neu­bür­ger und deren Kin­der je dar­an teilhaben?

Oh doch, sie haben! Heu­te berich­te­te der Deutsch­land­funk (lei­der ist auch die­ser Bei­trag online nicht greif­bar) über eine Fahrt (in Wahr­heit war´s ein Flug) jun­ger Mus­li­me nach Ausch­witz. Ob sie an den Schuld­ge­füh­len der Deut­schen par­ti­zi­pie­ren, wur­den die gera­de zurück­ge­kehr­ten Mos­lems gefragt. Ja, hieß es sinn­ge­mäß, sie sei­en ja auch Deut­sche! Ein wei­te­rer Rei­se­gast spe­zi­fi­zier­te oder bes­ser, ver­all­ge­mei­ner­te: Ja, er schä­me sich und füh­le sich schul­dig, als Mit­glied der Mensch­heit, so ging der O‑Ton sinngemäß.

Und wei­ter: Scham und Schuld­be­wußt­sein: ja, aber doch eben­so eine gefühl­te Par­al­le­li­tät mit den Opfern. Nicht, daß man rela­ti­vie­ren wol­le, aber so sei es doch: damals die Syn­ago­gen, heu­te die Moscheen, Dis­kri­mi­nie­rung heu­te wie früher.

Im Netz habe ich auf der Sei­te der Mus­li­mi­schen Jugend in Deutsch­land die Ein­la­dung zur sie­ben­tä­gi­gen Flug- und Besich­ti­gungs­rei­se (120 € inklu­si­ve Über­nach­tung und Früh­stück) gefun­den. Hier wird dann doch deut­lich, daß der Zugang zu den Unta­ten des Drit­ten Reichs ein etwas hei­te­rer ist: Abge­bil­det sind jene Bahn­glei­se, die vor dem Tor­bo­gen des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers enden. Genau dane­ben lesen wir:

„Wer Lust hat sich zu enga­gie­ren, net­te Leu­te ken­nen zu ler­nen und viel Spaß zu haben, kann sich ger­ne bei uns melden.“

Viel Spaß in Ausch­witz? Es kommt anschei­nend auf den Hin­ter­grund an. Und hier ist dann das Flugblatt.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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