von den Medien goutierter Eintracht), um der zehn Opfer einer Mordserie zu gedenken:
Acht Türken (einige davon türkischstämmige, eingebürgerte Deutsche), ein Grieche und eine aus Thüringen stammende Polizistin sollen von einem neonationalsozialistischen Trio (Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Beate Zschäpe) in den Jahren zwischen 2000 und 2007 erschossen worden sein.
Egal, wie es war: Die Opfer hätten gerne noch weitergelebt, und die Hinterbliebenen vermissen sie. Egal, wer es war: Es gibt keinen Grund für Hunderte Abgeordnete, sich deswegen zu erheben und gedenkend innezuhalten, und es gibt für Deutschland keinen Grund, zu schweigen.
Nachdem im Januar 1991 der erste US-Krieg gegen den Irak gestartet worden war, hatte Deutschland den Karneval abgesagt: Nicht in Köln, nicht in Mainz, nicht in Rottweil, nirgends sollte damals gelacht und geschunkelt werden. Als zwei Jahre später der Ex-Jugoslawien-Krieg auf seinen grausamen Höhepunkt zulief (nicht weit vor der deutschen Haustüre sozusagen) und selbst in Oberschwaben Flüchtlingsmädchen einquartiert wurden, die das Schrecklichste in sich begraben mußten, debattierte man kurz über ein erneutes Einfrieren allen Humors, entschied sich aber dagegen (und wand sich dabei, denn wieso sollte nicht mehr angemessen sein, was 1991 noch als Maßnahme eingeleuchtet hatte?).
Wäre er konsequent, müßte sich der Bundestag längst erhoben haben für die im Mutterleib getöteten Opfer individualistischer Lebensplanung oder für die Opfer deutschenfeindlicher Gewalt von Ausländern, um nur zwei Beispiele zu nennen. Der Bundestag hat dies nicht getan, und wenn er es täte, wäre dadurch nichts besser: Die Meßlatte läge weiterhin zu hoch, man kann sich nicht ständig erheben oder den Karneval ausfallen lassen.
Und hat sich der Bundestag vielleicht überhaupt vor den falschen Opfern verneigt, vielleicht vor Opfern der türkischen Mafia und vor dem weiblichen Opfer einer Beziehungstat oder eines Geheimdienst-Komplotts? Ich kann das nicht weniger doppeldeutig schreiben, es tut mir leid. An dem Fall des Zwickauer Nazi-Trios ist nichts eindeutig. jede Erzählung ist fragwürdig, jede psychologische Deutung unrealistisch, jedes Indiz für ein Ineinander von Neonazis, Verfassungsschutz und Drogenmafia aufs Neue atemberaubend. Mit anderen Worten: Wir können Vieles wissen, wissen aber nichts so Stichhaltiges, daß wir davor bewahrt würden, das zu glauben, was wir glauben wollen. Denn was wissen wir wirklich über die Vorgänge, in die Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe verwickelt waren?