Wir selbst in Europa (2) – Einheit und Souveränität

„Die Idee einer europäischen Nation ist einfach zu verstehen. Wenn man ein Kind fragt, was eine Nation ist, dann wird es wahrscheinlich antworten,...

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

daß eine Nati­on eine Regie­rung hat. Und das ist in der Tat die rich­ti­ge Ant­wort, denn das ers­te, was einem an einer Nati­on auf­fällt, ist die Tat­sa­che, daß sie aus einem Volk mit einer eige­nen Regie­rung besteht.

Hier­an schlie­ßen natür­lich tief­ge­hen­de­re Über­le­gun­gen:  Fra­gen der Geo­gra­phie, Ras­se, Geschich­te, die alle zur Ent­wick­lung einer Nati­on, eines Vol­kes mit einer Regie­rung, bei­tru­gen. Des­halb ist die ent­schei­den­de Fra­ge des moder­nen Euro­pas, ob wir uns eine euro­päi­sche Regie­rung wün­schen oder nicht. … Etwas der­art Gro­ßes kann nicht ohne eine ech­te Ein­heit bewerk­stel­ligt wer­den. Und eine ech­te Ein­heit bedeu­tet eine euro­päi­sche Regie­rung für eine euro­päi­sche Nati­on. Wir müs­sen jetzt als Euro­pä­er den­ken, füh­len und handeln.“

Wer hat das geschrie­ben? Es mag über­ra­schen: die­se Wor­te stam­men aus Oswald Mos­leys Schrift The Alter­na­ti­ve aus dem Jahr 1947. Mos­ley war der poli­tisch glück­lo­se Füh­rer der bri­ti­schen Faschis­ten, der aller­dings nicht sel­ten ein pro­phe­ti­sches Gespür bewies. Auf der Ver­lie­rer­sei­te des Welt­bür­ger­kriegs gelan­det, begriff er schon früh, daß womög­lich Euro­pa als Gan­zes den Krieg ver­lo­ren hat­te. Tat­säch­lich war auch sei­ne Spiel­art des Faschis­mus aus der Erfah­rung des 1. Welt­krie­ges gebo­ren: nie mehr soll­ten die euro­päi­schen Brü­der­völ­ker über­ein­an­der herfallen.

Und doch war das Schreck­li­che ein zwei­tes Mal pas­siert, um ein Viel­fa­ches gestei­gert. Die domi­nie­ren­den Welt­mäch­te waren nun die USA und die Sowjet­uni­on, die den Kon­ti­nent unter sich auf­teil­ten; in den fol­gen­den Jahr­zehn­ten ver­lor das bri­ti­sche König­reich rapi­de an Macht und Aus­deh­nung. Mos­ley argu­men­tier­te, daß Euro­pa in künf­ti­gen glo­ba­len Ent­wick­lun­gen nur dann kon­kur­renz­fä­hig blei­ben kön­ne, wenn es sich zu einer über­grei­fen­den Nati­on zusam­men­schlie­ße. Mehr noch: die Res­sour­cen­fra­ge woll­te er durch die Bil­dung eines euro-afri­ka­ni­schen Blocks lösen.

Das war für 1947 recht küh­ne Zukunfts­mu­sik. Heu­te sind ähn­li­che Ideen in greif­ba­re Nähe gerückt. Statt „Eura­fri­ka“ wird die Bil­dung eines „Eura­bia“ ange­steu­ert, und schon tau­chen die ers­ten Schat­ten eines euro­päi­schen Zen­tral­staa­tes am Hori­zont auf. Mos­ley schweb­te aller­dings mehr ein Euro­pa der Völ­ker als ein Euro­pa der Kon­zer­ne und Kom­mis­sa­re vor. Die­se “Nati­on Euro­pa” zu schaf­fen wäre aber ver­mut­lich eine unlös­ba­re Auf­ga­be gewe­sen: denn natür­lich reicht die Instal­lie­rung einer Regie­rung allein nicht aus, um eine Nati­on zu begründen.

Da scheint es um eini­ges ein­fa­cher zu sein, die Natio­nen Euro­pas in eine Art Sowjet-Uni­on zu zwän­gen, wie es eben in Brüs­sel geschieht. In einem Inter­view mit der öster­rei­chi­schen Pres­se mein­te Sar­ra­zin, daß ein sol­ches Sys­tem, so mise­ra­bel es auch sei, durch­aus jahr­zehn­te­lang bestehen kön­ne. Ande­re sehen die lau­fen­den Ent­wick­lun­gen wohl eher wie Ste­fan Geor­ge, der vor der Apo­ka­lyp­se von 1914 dichtete:

Ihr baut ver­bre­chen­de an maass und grenze:
“Was hoch ist kann auch höher!” doch kein fund
Kein stütz und flick mehr dient .. es wankt der bau.
Und an der weis­heit end ruft ihr zum himmel:
“Was tun eh wir im eig­nen schutt ersticken
Eh eig­nes spuk­ge­bild das hirn uns zehrt?”
Der lacht: zu spät für still­stand und arznei!
Zehn­tau­send muss der hei­li­ge wahn­sinn schlagen
Zehn­tau­send muss die hei­li­ge seu­che raffen
Zehn­tau­sen­de der hei­li­ge krieg.

Wie auch immer es kom­men mag: opti­mis­tisch ver­mag nie­mand so recht zu sein, und vor allem fehlt eine wahr­haft posi­ti­ve Vor­stel­lung, wie die­ses künf­ti­ge Euro­pa denn aus­se­hen sol­le. Nun kom­men viel­mehr sei­ne Toten­grä­ber mit dem orwel­lia­ni­schen Sprach­ge­brauch zum Zug. Nicht alle sind dabei so deut­lich wie der UN-Migra­ti­ons­be­auf­tra­ge Peter Sut­her­land, der „die Hüte von UN, Gold­man Sachs, Bil­der­ber­gern, BP, Lon­don School of Eco­no­mics, GATT, WTO, EU-Kom­mis­si­on, Tri­la­te­ra­ler Kom­mis­si­on und Euro­pean Round Table“ trägt, als er unlängst die EU offen auf­for­der­te, die „natio­na­le Homo­ge­ni­tät“ der Mit­glieds­län­der „zu untergraben“.

Der 1921 in Bres­lau gebo­re­ne His­to­ri­ker Wal­ter Laqueur ist schon seit lan­gem der Ansicht, daß Euro­pas letz­te Stun­de geschla­gen hat. In sei­nem neu­en Buch „Euro­pa nach dem Fall“ pro­phe­zeit er nun auch das bal­di­ge Ende der „Euro-Zone“ . Von einer ech­ten poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Ein­heit und Stär­ke sei Euro­pa wei­ter ent­fernt denn je – wenn nun Deutsch­land auf­ge­for­dert wird, gro­ße Tei­le sei­ner Sou­ve­rä­ni­täts­rech­te abzu­ge­ben, dann wer­den die­se auf ein kei­nes­wegs sou­ve­rä­nes poli­ti­sches Gebil­de übertragen:

Es steht zwei­fels­frei fest, dass Asi­en bei der neu­en Welt­ord­nung ein bedeu­ten­der Ver­än­de­rungs­fak­tor sein wird. Was wird Euro­pas Rol­le sein? Asia­ti­sche Diplo­ma­ten spre­chen von der EU oft mit einer Mischung aus Her­ab­las­sung und Unglau­ben. Euro­pa ist aus ihrer Sicht aus­ge­brannt, eine Zoll­uni­on, die nie ernst­haf­te Absich­ten hat­te, eine glo­ba­le Macht zu wer­den. Sie fin­den es selt­sam, dass Euro­pa sich sei­ner geschwäch­ten Posi­ti­on auf der Welt­büh­ne nicht bewusst zu sein scheint und sich nicht damit abge­fun­den hat. Von west­li­chen Ermah­nun­gen, den Men­schen­rech­ten grö­ße­re Auf­merk­sam­keit zu wid­men, sind sie nicht ein­mal belei­digt; sie igno­rie­ren sie schlichtweg.

Die Euro­kri­se bestärkt die Asia­ten nicht gera­de dar­in, ihre Hal­tung zu ver­än­dern. Doch auch wenn man sich nicht mit der euro­päi­schen Finanz­po­li­tik beschäf­tigt, so gibt es kaum Argu­men­te, mit deren Hil­fe den Asia­ten wider­spro­chen wer­den könnte.

Solan­ge Euro­pa bei­spiels­wei­se kei­ne gemein­sa­me Ener­gie­po­li­tik hat, wird es nicht Herr sei­nes eige­nen Schick­sals sein und es schwer haben, auf den Welt­märk­ten zu kon­kur­rie­ren. Ohne eine gemein­sa­me Ver­tei­di­gungs­po­li­tik wird Euro­pa noch weni­ger auf der inter­na­tio­na­len Büh­ne zäh­len. Es wird unfä­hig sein, mit regio­na­len Kon­flik­ten zurecht­zu­kom­men, gar nicht zu reden von der dro­hen­den Ver­brei­tung von Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen – und dies gehört zu den expli­zi­ten Auf­ga­ben der euro­päi­schen Sicherheitsstrategie.

Euro­pa mag noch gering­fü­gi­ge “Poli­zei­auf­ga­ben” durch­füh­ren kön­nen, aber kei­nen Krieg. Bis 2020 oder 2030 könn­ten die Ver­brei­tung von Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen und die Exis­tenz von geschei­ter­ten Staa­ten in der Nähe der euro­päi­schen Gren­zen, also in Nord­afri­ka und im Nahen Osten, durch­aus eine ernst­haf­te Bedro­hung dar­stel­len, und Euro­pa wird viel­leicht nicht mehr unbe­grenzt auf die Nato zäh­len. Doch gegen­wär­tig besteht kein poli­ti­scher Wil­le, die not­wen­di­gen Ver­tei­di­gungs­kräf­te für die bevor­ste­hen­den Gefah­ren bereitzustellen.

Für die Zukunft der Euro­päi­schen Uni­on sieht Laqueur „drei mög­li­che Szenarien“:

Sie wird aus­ein­an­der­fal­len, sie wird wie bis­her “wei­ter­wurs­teln” oder sie wird eine viel stär­ke­re Eini­gung und Zen­tra­li­sie­rung erle­ben als in der Ver­gan­gen­heit. (…) Das “Durch­wurs­teln” ist wahr­schein­lich kei­ne ernst­haf­te Opti­on für die wei­te­ren Jah­re, es sei denn, eine Spal­tung wird in Kauf genom­men, wobei eini­ge Staa­ten sich aus der EU ver­ab­schie­den und füh­ren­de Wirt­schafts­mäch­te dar­in ver­blei­ben – oder der Euro wird abge­schafft. Doch eine Euro­päi­sche Uni­on ohne eine gemein­sa­me Wäh­rung wäre kei­ne wirk­li­che Uni­on zu nennen.

Eine „stär­ke­re Eini­gung“ sei aller­dings kaum wahr­schein­lich, auch nicht durch ein fes­te­res Zusam­men­zur­ren der wirt­schaft­li­chen Organisation:

Wenn eine sol­che wirt­schaft­li­che Ver­wal­tung zustan­de kom­men soll­te, wäre dies in gewis­ser Wei­se eine poli­ti­sche Regie­rung. Das wäre ein gro­ßer Schritt nach vorn, aber wie wür­de es funk­tio­nie­ren? Stün­de die­se Regie­rung nicht vor all den Schwie­rig­kei­ten, denen sich eine Koali­ti­ons­re­gie­rung gegen­über­sä­he, die nicht aus zwei oder drei poli­ti­schen Par­tei­en, son­dern aus 27 besteht? Oder wäre sie unab­hän­gig von den ein­zel­nen Natio­nal­staa­ten, was im Augen­blick schwer vor­stell­bar ist?

Es sieht nicht so aus, als ob Euro­pa die­sen grund­le­gen­den Wan­del hin­be­kä­me. Die Loya­li­tät der Euro­pä­er hat jahr­hun­der­te­lang dem Natio­nal­staat gegol­ten, wäh­rend die Idee einer euro­päi­schen Soli­da­ri­tät jün­ge­ren Datums ist. Die Unter­schie­de in Welt­an­schau­ung, Kul­tur und Lebens­art zwi­schen den Län­dern sind beträchtlich.

Es gibt kei­ne gemein­sa­me Spra­che und wenig Ver­trau­en. Nie­mand ist bereit, sou­ve­rä­ne Rech­te an eine Zen­tral­macht abzu­ge­ben, die kein gro­ßes Zutrau­en erweckt und wenig Füh­rungs­qua­li­tä­ten gezeigt hat. Der Nie­der­gang Euro­pas lässt sich vor allem als ein Nie­der­gang des Wil­lens und der Dyna­mik interpretieren.

Das sind Spengler’sche Töne, die Laqueur noch wei­ter konkretisiert:

 In der Geschich­te hat manch­mal der Auf­stieg einer neu­en Gene­ra­ti­on zu einer radi­ka­len Umkehr geführt, da die Jugend nach den Wor­ten des Phi­lo­so­phen Mar­tin Buber die immer­wäh­ren­de Glücks­chan­ce der Mensch­heit ist. Nicht so im Euro­pa der Gegen­wart und Zukunft.

In Euro­pa wird in den kom­men­den Jahr­zehn­ten der Bevöl­ke­rungs­an­teil der jun­gen Leu­te schrump­fen, wes­halb der Kon­ti­nent auf­grund der nied­ri­gen Frucht­bar­keits­ra­te bei gleich­zei­tig höhe­rer Lebens­er­war­tung altern wird. Laut Pro­gno­sen der Euro­päi­schen Uni­on wird nach 2015 in ganz Euro­pa die arbeits­fä­hi­ge Bevöl­ke­rung abneh­men. Gleich­zei­tig wird die Zahl älte­rer Men­schen (über 65) ziem­lich bald dop­pelt so hoch sein wie jetzt.

Schon 2030 wird ein Vier­tel der Bevöl­ke­rung Euro­pas über 65 Jah­re alt sein. Das wird nicht nur den Druck auf die  euro­päi­schen Gesund­heits­sys­te­me und die Ren­ten­kas­sen erhö­hen, son­dern es bedeu­tet auch, dass eine weit­aus klei­ne­re Anzahl jun­ger Men­schen für das Wohl­erge­hen einer weit­aus grö­ße­ren Grup­pe älte­rer Men­schen wird arbei­ten müs­sen, wenn der euro­päi­sche Lebens­stan­dard erhal­ten wer­den oder zumin­dest des­sen rapi­de Absen­kung ver­mie­den wer­den soll.

Somit besteht die düs­te­re Aus­sicht, dass der Gene­ra­tio­nen­ver­trag durch einen Gene­ra­tio­nen­kon­flikt ersetzt wer­den wird, ins­be­son­de­re wenn die jun­ge Gene­ra­ti­on zu einem erheb­li­chen Anteil aus Ein­wan­de­rern oder deren Kin­dern besteht und auch noch die Last des Schul­den­bergs zu tra­gen hat, der durch die Wirt­schafts­po­li­tik der älte­ren Gene­ra­tio­nen ange­häuft wurde.

Ange­sichts des­sen klingt Laqueurs Schluß­wort eher beschwichtigend:

Den­noch hal­te ich es für mög­lich, dass es in Zukunft, viel­leicht sogar in der nahen Zukunft, einen neu­en Anlauf geben wird, um ein geein­tes Euro­pa zu schaf­fen. Die Geschich­te lehrt, dass nur exis­ten­ti­el­le Kri­sen zu einer Bereit­schaft füh­ren, radi­ka­le Ände­run­gen vor­zu­neh­men. Eine Sicher­heit in die­ser Hin­sicht gibt es nicht, aber immer­hin die Mög­lich­keit, den ent­schei­den­den Schritt vom Natio­nal­staat zu den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Euro­pa zu tun.

Das blei­ben erst­mal Spe­ku­la­tio­nen für eine Zukunft, die wahr­schein­lich erst nach dem gro­ßen Zusam­men­bruch begin­nen wird. Frei­lich soll­te man sich schon jetzt dar­über Gedan­ken machen, wie eine neue Euro­pa-Idee aus­se­hen könnte.

Einen Schritt zu schnell ist da aller­dings Kame­rad Felix Men­zel in der Blau­en Nar­zis­se geeilt, der zu einem Zeit­punkt vom „Fetisch Natio­nal­staat“ spricht, an dem die­ser die ein­zi­ge ernst­haf­te Alter­na­ti­ve gegen die Her­auf­däm­me­rung die­ser „EUdSSR“ ist. Dabei begeht er einen Denk­feh­ler, auf den ich irgend­wie schon die gan­ze Zeit gewar­tet habe.  Eine gute Gele­gen­heit, das zu klä­ren. Irgend­ei­ner muß­te also kom­men, und die­ses sagen:

Von einem „Ver­fas­sungs­putsch“ kön­nen sin­ni­ger­wei­se nur Ver­fas­sungs­pa­trio­ten spre­chen, die im Grund­ge­setz das Non­plus­ul­tra sehen und die Bun­des­re­pu­blik der Jah­re 1949–2012 als bes­ten Staat fei­ern, den es je auf deut­schem Boden gab. Die­se Kri­ti­ker der aktu­el­len Euro­pa­po­li­tik sind damit im schlech­tes­ten Sin­ne Kon­ser­va­ti­ve: Sie wol­len etwas auf­le­ben las­sen, was in der Ver­gan­gen­heit schon nicht funk­tio­niert hat, aber im Rück­blick idea­li­siert wer­den kann.

Das kann Men­zel nur in offen­bar völ­li­ger Unkennt­nis der Argu­men­te schrei­ben, denn kein ein­zi­ger der Kon­ser­va­ti­ven, die vom „Ver­fas­sungs­putsch“ spre­chen, ist in irgend­ei­ner Wei­se „Ver­fas­sungs­pa­tri­ot“. „Ver­fas­sungs­putsch“ ist kein pole­mi­scher Begriff, son­dern ein ter­mi­nus tech­ni­cus, der eine nicht nur ille­gi­ti­me son­dern auch ille­ga­le Besei­ti­gung der bis­her gül­ti­gen staat­li­chen Fun­da­men­te beschreibt. Es geht hier nicht mehr dar­um, daß wie bis­her gebeugt, gebro­chen und durch­ge­wun­ken wird, was ein­zel­ne Punk­te betrifft: hier geht es nun wirk­lich ums Ganze.

Wenn nun die Kon­ser­va­ti­ven das Grund­ge­setz ver­tei­di­gen, dann nicht des­we­gen, weil sie die­ses und die Bun­des­re­pu­blik für ein „Non­plus­ul­tra“ hal­ten, das um jeden Preis erhal­ten wer­den muß, son­dern weil es zur Zeit der ein­zi­ge lose in der Wand ste­cken­de Nagel ist, an dem die Sou­ve­rä­ni­tät Deutsch­lands noch hängt. Und wenn vie­le Kon­ser­va­ti­ve bis­her zu den här­tes­ten Kri­ti­kern des GG zähl­ten, bis zu Kali­bern wie dem selbst­er­klär­ten „Ver­fas­sungs­feind“ Gün­ter Maschke, dann geschah das eben des­we­gen, weil man in ihm die Sou­ve­rä­ni­tät Deutsch­lands nicht aus­rei­chend gewähr­leis­tet sah.

Wenn die his­to­ri­schen Umstän­de, unter denen das GG ent­stand, von Fremd­be­stim­mung geprägt waren, dann ist das heu­te erst recht der Fall. Man kann sich leicht aus­ma­len, daß eine zeit­ge­nös­si­sche Neu­fas­sung end­gül­tig den Cha­rak­ter eines blo­ßen Men­schen­rech­te­ka­ta­logs anneh­men wür­de, in dem das „deut­sche Volk“ als Sub­jekt gar nicht mehr vorkommt.

Und zuletzt: es ist falsch,  zu behaup­ten, daß eine scharf-kri­ti­sche Dar­stel­lung der lau­fen­den Pro­zes­se auch nur im Ent­fern­tes­ten etwas damit zu tun hat, daß man den Natio­nal­staat  – und erst recht in sei­ner real­exis­tie­ren­den Form als BRD! –  „idea­li­sie­re“ oder gar “feti­schi­sie­re”. Man kann, darf und soll über eine ande­re Ord­nung als die natio­nal­staat­li­che nach­den­ken. Einst­wei­len ist der Natio­nal­staat aber immer noch eine Tat­sa­che und die wesent­li­che Grund­la­ge für die poli­ti­sche Struk­tur Europas.

Und: nur dadurch, daß sei­ne Reprä­sen­tan­ten ihre Sou­ve­rä­ni­tät abge­ben, ist der Natio­nal­staat als poli­ti­sche Ein­heit ja noch nicht auf­ge­löst. Er hat ledig­lich den Haus­be­sit­zer gewech­selt, der nun die Mie­ten erhöht, den Strom abzapft, die Fas­sa­de neu bemalt und nach Belie­ben und gegen den Wil­len der Alt­mie­ter neue Bewoh­ner ansie­delt, solan­ge, bis nur mehr das Gehäu­se steht, der Inhalt aber ein völ­lig ande­rer ist.

Frei­lich hat Men­zel recht, daß die Nati­on dem Natio­nal­staat vor­an­geht und ihn auch über­dau­ert: „Deutsch­land jedoch hat es vor der Epo­che des Natio­nal­staa­tes gege­ben und wird es auch nach die­ser Epo­che geben.“ Letz­te­res ist aller­dings nach dem Stand der Din­ge nicht mehr gar so sicher, wozu wohl auch Wal­ter Laqueur bei­pflich­ten wür­de. In der jet­zi­gen Lage hat es kei­nen Sinn, vom „Fetisch“ Natio­nal­staat zu spre­chen, wo er doch eher von den Pro­pa­gan­dis­ten der powers that be zum Buh­mann ernannt wird,  damit er als Melk­kuh gefü­gig gemacht werde.

 

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (16)

Inselbauer

11. Juli 2012 07:23

Geschätzter Herr Lichtmesz, es spricht ein wenig unnötige Herablassung aus Ihrer "Analyse" des "Denkfehlers von Kamerad Menzel". Da ich mir vorstelle, dass das nicht persönlich gemeint ist, erscheint mir diese Haltung auch als Versuch, das peinliche Moment des Eintretens für das Grundgesetz abzuwehren; man erwischt sich ja selber immer wieder bei dieser Peinlichkeit! Herr Menzel hat hier etwas getroffen, das man mit Vernünfteln nicht wegbringt.
Vielleicht sollte man daran denken, dass es auch kein Verfassungsputsch ist, was wir erleben, sondern die Überdehnung der alten "Modalität einer Fremdherrschaft". Als Jurist hatte ich in den letzten Tagen immer wieder den Eindruck, dass hier ein Nationalstaat sich selbst auf einer verfassungsjuristischen Ebene selbst um die Ecke bringen soll, er das aber nicht kann, weil er kein Nationalstaat ist und keine Verfassung hat. Zum Selbstmord nicht frei genug, würde man salopp sagen!
Man wird sich am Ende eine echte Verfassung geben müssen und ein Nationalstaat werden müssen, um sich als solcher endgültig auflösen zu können.

M.L.: Der Denkfehler bleibt aber ein Denkfehler, weil kein einziger derjenigen Konservativen, die vom "Verfassungsputsch" sprechen, ein "Verfassungspatriot" ist oder gar idealisierende Gefühle gegenüber der BRD hegt. Der "Verfassungsputsch" ist ein terminus technicus, es ist herzlich egal, was für eine Meinung man sonst noch zum GG hat. Ich weiß nicht, wie oft ich es noch wiederholen muß: es geht nicht um das GG an sich, es geht um den Nagel, an dem die Souveränität hängt; außerdem um die Offenlegung der Heuchelei der herrschenden Klasse, die bisher so emsig "Verfassungsfeinde" verfolgt hat.

rautenklause

11. Juli 2012 10:17

Ich glaube mich dunkel zu erinnern - kann aber gerade nicht auf meine Bibliothek zurückgreifen - daß Maschke in einem früheren Interview auch gesagt hat, es sei eine verzwickte Lage: einerseits müsse man aus bekannten Gründen gegen das GG sein, andererseits würde wohl das, was als Ersatz kommen würde - eingedenk der "neuen Befindlichkeit der maßgeblichen Kräfte" - noch um Potenzen übler und "gerechter", als der gegenwärtige Zustand.

M.L.: Ja, an das kann ich mich auch erinnern. Das bringt das Dilemma auf den Punkt.

Diejenigen Rechten, die den Anti-GG-Affekt verinnerlicht haben, und daß es ein "Gefängnis" (Maschke) sei etc., haben offenbar schon wieder vergessen, warum sie eigentlich dagegen sind. Und nun klicken sie automatisch: GG = schlecht daher abschaffen = gut, egal, wer es tut und wozu.

Außerdem sollte man sich die herrliche Chance nicht entgehen lassen, nun endlich den Spieß umzudrehen, und die wahren "Verfassungsfeinde" zu benennen. Wer sich dieser Waffe begibt, ist wirklich selber schuld...

Martin

11. Juli 2012 10:47

... erscheint mir diese Haltung auch als Versuch, das peinliche Moment des Eintretens für das Grundgesetz abzuwehren; man erwischt sich ja selber immer wieder bei dieser Peinlichkeit! Herr Menzel hat hier etwas getroffen, das man mit Vernünfteln nicht wegbringt.

Was ist bitte schön daran peinlich, wenn man in diesen Tagen mit Recht für das Grundgesetz eintritt?

Peinlich kann es einem doch nur sein, wenn man aus seiner Peergroup keinen (in der Sache nutzlosen!) Beifall dafür bekommt, dass man "versehentlich" "natürlich" nicht gegen das "Besatzerregiment" gebetsmühlenartig Einspruch erhoben hat. Damit beweist man aber, dass einem die eigene "Peergroup" wichtiger ist, als das "große Ganze". Man dreht sich also nur in der eigenen Sch ... und kann damit bestimmt nicht sauber werden, geschweige denn, dass etwas geändert wird.

Es ist Blödsinn, wenn man in einem Spiel, dass man noch lange nicht gewonnen hat und bei dem man nicht mal die besten Karten hat (doch wohl eher die schlechtesten), ständig die Spielregeln in Frage stellt. Die Spielregeln sind das einzige, was der Machtlose überhaupt hat und was er demjenigen, der ständig am Zug ist und der die besseren Karten hat, vorhalten kann (Verzweiflungsgewalttaten bleiben außen vor).

Wer ständig die "Systemfrage" stellt, der muss auch ein echtes, ausgearbeitetes Konzept haben. Bei einem bewusst "metapolitischen" Blatt oder Autorenteam kann es dies per definitionem "Metapolitik" nicht ausgearbeitet geben oder wenn, dann liegt es in irgendwelchen Schubladen und wird nicht veröffentlicht.

Und schauen wir uns doch einmal unsere "peinliche" Bundesrepublik, die zu einer mehrheitlich dicken (nicht nur körperlich, sondern auch finanziell) autochthonen Bevölkerung geführt hat, einmal genauer an und wir werden feststellen, dass man hier grundsätzlich ein sehr durchdachtes und ausgewogenes Grundgesetz vorfindet.

Vergleicht man historische Vorläufer in Deutschland unter dem Gesichtspunkt der Verfasstheit eines Nationalstaates (das Reich schließe ich daher aus), so stellt man fest, dass das "peinliche" Grundgesetz ziemlich großen Erfolg hatte.

Werter Inselbauer,

wenn Sie Jurist sind und in den rechtspflegenden Berufen (dazu gehört auch der RA) unterwegs sind, dann erinnern Sie sich doch bitte auch einmal an Ihre Vereidigung, die bei allen rechtspflegenden Berufen vorgeschrieben ist - Das GG dürfte Ihnen für diesen Fall dann eigentlich gar nicht peinlich sein, da es dann der Teich (= Rechtsordnung) ist, in dem Sie fischen.

Um es ganz allgemein abzuschließen:

Es ist absolut richtig, in der Euro- und ESM- Diskussion auch mit den Begriffen von Putsch gegen das Grundgesetz zu argumentieren und daran ist gar nichts peinlich, denn das ist doch z.B. das, was in der öffentlichen Diskussion bspw. so gerne der "Linken" vorgeworfen wird:

"Was, ausgerechnet ihr, die ihr gegen die BRD seit, ihr wollt sie jetzt verteidigen?"

Damit wird klar, dass es trotz der Stichhaltigkeit des Einwandes dem Erwidernden gar nicht um die Stichhaltigkeit geht, sondern um das Herunterziehen auf Begriffe wie "Peinlichkeit", "Dass Sie sich nicht schämen" etc., um sich nicht mit der Stichhaltigkeit auseinandersetzen zu müssen.

Wenn sich also auch die sog. "Rechte" diesen Schuh freiwillig anziehen will, bitte ...

Man muss sich daher auch einmal entscheiden, was man will:

Nur den Beifall, den man ohnehin bekommt (so wie die Linken) oder auch das Überzeugen von Menschen, die einen noch nicht kennen oder einem bislang keinen Beifall gezollt haben.

Bei einen legalistischen Ansatz hält man sich an die Regeln zumindest so lange, so lange man sie nicht selber bestimmen kann. Revolutionäre brauchen das nicht, diese brauchen aber auch nicht mehr diskutieren, diese sind zum Handeln aufgerufen, wenn sie sich nicht des Vorwurfs des Maulheldentums aussetzen wollen.

Und jetzt kommt mein eigenes Schwenken mit der "Flagge":

Ja, ich sehe mich auf dem Boden des "peinlichen" Grundgesetzes stehen und wenn ich etwas für einen Staat als Verfassung zu entwerfen hätte, dann würde ich immer das GG als eines (!) der Vorbilder heranziehen.

Uwe Wiedemann

11. Juli 2012 11:16

Während hier wieder und wieder theoretisiert wird und ein ums andere Mal die Nation als Hort einer indigen Mono-Ethnie beschworen wird ( ich kann auch geschwollen, ja!) , hat sich draußen längst der Wandel vom "deutschen Adenaueräravolk" zur multiethnischen Bevölkerung unwiderruflich vollzogen. Da die Vorgänge Europas ex-indigene Völker insgesamt betreffen und quasi von der Noch-Weltmacht USA protegiert und forciert werden, kann man die Vorgänge durchaus mit der Endphase des Römischen reiches und dessen Untergangs in der Völkerwanderung vergleichen.
Jetzt wie damals steht ein multikultureller "Staatskörper" einigen monoethnischen oder durch eine Glaubensrichtung geprägten Volkschaften gegenüber, die sich nicht integrieren lassen (wollen), sondern bereit sind, das Erbe dieses maroden Staatskörpers anzutreten.
Damals das Röm. Reich und die Germanen , heute das "europäische Reich" und die Orientalen/Muslime.

Frei nach Oswald Spengler steht der Ausgang dieses Treffens nicht in Frage. Die Frage ist nur, wie lange noch dauert es bis zur "feindl. Übernahme"? Denn wir befinden uns bereits mitten im Ringen um die zukünftige Bevölkerungsstruktur Europas. Der Klimawandel mit Abertausenden Flüchtlingen aus Schwarzafrika wird eine weitere Belastung werden.

"Das deutsche Volk" und die anderen Völker werden sich neu strukturieren müssen, wenn sie überleben wollen. Vielleicht geht das auch nur über die Auflösung aller herkömmlichen nationalen Strukturen und über die EU-Regionen als Zwischenstation , um zu einer neuen Organisation der dann wieder raummäßig geschlossenen Ethnien zu kommen. Vielleicht zerfällt Europa aber auch in Clans und "Konzern-Nationen"?
Sehr wahrscheinlich wird aber in den kommenden Jahrzehnten für uns hier gelten: "Durch die Nacht zum Licht!"....hoffentlich dann im Lichte einer neuerlichen Renaissance Europas und seiner indigenen Völker.

Inselbauer

11. Juli 2012 11:46

Einen ganz grundätzlichen Denkfehler könnte man darin sehen, dass das Grundgesetz auch nur irgendwie als ein Notnagel der Souveränität gilt. Es ist der Garant für die eigenständige Handlungsunfähigkeit des Deutschen Volkes. Es ist auch keine Verfassung, es ist ein juristisches Provisorium, das einem als Deutscher ruhig peinlich sein kann. Das aus formaler Sicht.
Ich bin bloß Diplomjurist und nicht auf das Grundgesetz vereidigt.

M.L.: Ich bin auch kein Experte, aber das müßte sich doch klar bestimmen lassen, ob es nicht eh schon "aa scho wuascht" ist, wie man in Wien sagt. Nicht nur Karlsruhe ist offenbar der Ansicht, daß es GG-widrig sei, per ESM die Budgethoheit abzugeben, auch Schäuble & Co sind der Meinung, daß da immer noch ein gravierender Riegel für weitere EU-Superstaat-Pläne davorsteht, sonst würden sie ja nicht streuen, daß eine Abstimmung es umzuschreiben/aus dem Weg zu räumen (Art. 146) eine prima Idee wäre.

Inselbauer

11. Juli 2012 12:16

Die Crux ist, dass dieses GG eben keine "Sperre" ist, sondern quasi ein Übergangsgesetz, eine juristische Formulierung der Fremdbestimmtheit eines Volkes. Das ist ganz klarer Konsens, jeder kann die Aufsätze von Carlo Schmidt dazu lesen. Das Gesetz impliziert seine eigene Abschaffung und die endliche Ersetzung durch eine Verfassung. Die Regelung der Übergangs von der Fremdbestimmtheit in etwas anderes ist der Rechtsgedanke hinter dem Popanz, fast wörtlich nach Carlo Schmidt!
Die Abschaffung des GG ist also vorgesehen, ja gewollt. Sie wird dann nötig, wenn laut GG das deutsche Volk dazu in der Lage ist. Genau diese Situation haben wir jetzt!

M.L.: Ja, aber Carlo Schmid hat sich das doch eher so vorgestellt, daß eines Tages das Notlagenkonstrukt GG zugunsten einer weniger fremdbestimmten Verfassung aufgelöst wird, womöglich gar einer, "die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."

Faschist

11. Juli 2012 12:18

Während hier wieder und wieder theoretisiert wird und ein ums andere Mal die Nation als Hort einer indigen Mono-Ethnie beschworen wird , hat sich draußen längst der Wandel vom „deutschen Adenaueräravolk“ zur multiethnischen Bevölkerung unwiderruflich vollzogen.

Uniwderruflich ist hier erstmal grundsätzlich nichts.

Da die Vorgänge Europas ex-indigene Völker insgesamt betreffen und quasi von der Noch-Weltmacht USA protegiert und forciert werden, kann man die Vorgänge durchaus mit der Endphase des Römischen reiches und dessen Untergangs in der Völkerwanderung vergleichen.

Das kann man in der Tat.

Frei nach Oswald Spengler steht der Ausgang dieses Treffens nicht in Frage.

So einfach ist es dann doch nicht.
Der von Spengler angekuündigte UNtergang des Abendlandes hat sich bereits vollzogen. Weiter reichen seine Vorhersagen nicht. Die Zukunft ist durchaus offen.
Abgesehen davon, ist es natürlich sehr wahrscheinlich, dass die ganze Affäre mit dem totalen Untergang unserer Sache endet, aber für diesen Fall empfiehlt uns Spengler völlig zu Recht den heorischen Fatalismus des römischen Soldaten angesichts des Vesuvausbruchs.

Sehr wahrscheinlich wird aber in den kommenden Jahrzehnten für uns hier gelten: „Durch die Nacht zum Licht!“

Davon ist auszugehen.

Inselbauer

11. Juli 2012 12:27

Ich könnte mir vorstellen, dass Schmidt durchaus an ein Aufgehen in einer europäischen Verfassung gedacht hat. Das ist tragisch, weil sich diese "edle" Facette des GG damals sicher nicht als Schuldenunion dargestellt hat. Fakt ist, dass das GG dazu da ist, einen solchen grässlichen Übergang, wie wir ihn derzeit erleben, zu ermöglichen.

Martin

11. Juli 2012 13:06

Um nur eines klar zustellen:

Als bekennder "old-school-West-BRDler" singe ich das "Hohelied" auf das Grundgesetz eigentlich nur in seiner Fassung bis 1990, denn bei der Schaffung des "Ur"-GG waren aus meiner Sicht echte Patrioten am Werk.

Was danach daraus und auch wie, also auf welchem Weg, gemacht wurde (z.B. Art 23 GG), sehe ich sehr kritisch.

Auch das Außbleiben einer Art von verfassungsgebenden Nationalversammlung mit anschließender entweder Bestätigung des GG als endgültige Verfassung oder eben einer anderen oder geänderten Verfassung, also das, was in Art 146 GG a.F. meiner Meinung nach intendiert wurde, kann man sehr kritisch sehen.

Über die Motive, das warum, wieso das so gekommen ist etc., kann man jetzt natürlich wieder herrlich diskutieren - würde aber m.M.n. zu sehr vom Thema abschweifen.

Fakt ist, in dieser Lage auf das GG pochen, ist richtig.

Landser

11. Juli 2012 13:38

Hinter dem eher negativen Bild, das Menzel vom Nationalstaat malt, und das mit dessem angeblicher Tendenz zu ausufernder Gleichmacherei zu tun hat ("Es war deshalb nur eine Frage der Zeit, bis die auf Dauer uneinhaltbare Forderung nach Gleichheit und Unteilbarkeit des eigenen Volkes aufgeweicht wird und am Ende in der Gleichheit aller Menschen mündet." https://www.blauenarzisse.de/index.php/anstoss/3410-keine-alternativen-zur-eu-in-sicht-oder-fetisch-nationalstaat)
steht der Versuch, unter Rückgriff auf die Idee einer alles überdauernden deutschen Kulturnation, einer Regionalisierung Deutschlands (und Europas) das Wort zu reden. ("Wer sich dieses Dilemmas des Nationalstaates bewußt ist, muß auf die Suche nach echten Alternativen gehen. ... Im Gegensatz zum Nationalstaat bestünde gerade für ein föderalistisches Europa die Möglichkeit, die Vielfalt der „kleinen Traditionen“ genauso wie die gemeinsame „große Tradition“ zu stärken. Heterogenität im Kleinen und ein politischer Wille im Großen!")
Also anstatt eines Europas der Vaterländer ein Europa der Regionen. Besonders deutlich zum Ausdruck kommt diese Hinwendung zum Regionalismus in Menzels Aufsatz " Die andere KR – Die andere Hannah Arendt – Das andere Europa" in der neuen BN.
Dieser sogenannte Dritte Weg eines Europas der Regionen ist nun wahrlich keine neue Idee, es ist allerdings ein politischer Rückschritt!
Es ist eine Art von Salto rückwärts in die frühe Neuzeit, als das Reich (sprich: Deutschland) auf Grund seines Regionalismus -besser bekannt als Kleinstaaterei- politisch ohnmächtig, zerrissen uneins und Spielball fremder Machtinteressen war. Dieser Ohnmacht setzte erst Bismarck ein Ende (gedanklich vorbereitet wurde dies jedoch seit Jahrhunderten)! Und nun also das ganze von vorn. In der Hoffnung, das auch die anderen europ.Staaten diesen Weg der Regionalisierung gehen werden. Doch warum sollten sie eigentlich?
Es ist hier nicht der Raum, darzulegen, warum m.M. nach dieser sog. Dritte Weg der Regionalisierung gerade für uns Deutsche katastrophale Folgen hätte. Aber die Rechte wird an einer diesbezgl. Diskussion wohl nicht vorbeikommen. Und sie wird sich hoffentlich für den Nationalstaat entscheiden, denn nur ein Staat der Deutschen hat überhaupt Aussicht, den Deutschen als Volk einen Überlebens-Raum zu sichern.

Ein Fremder aus Elea

11. Juli 2012 15:09

Landser,

das mit den Regionen ist eine Lachnummer, weiter nichts. Nirgends in Europa werden sie von der lokalen Bevölkerung angenommen.

Das Konzept dabei ist ja auch, den Norden des südlichen Landes mit dem Süden des nördlichen Landes in eine Region zu stecken und entsprechend mit allen anderen möglichen Kombinationen. Und niemand will das.

Deutschlands historische Lage ist nicht direkt vergleichbar. Alleine schon deshalb nicht, weil die Kleinstaaterei ja nicht verordnet wurde, sondern sich ergeben hat.

Anfänglich war Deutschland ja nur in fünf Teile oder so geteilt, das wuchs sich dann aber aus in Folge langer Vererbungsreihen. So etwas kann sich natürlich jederzeit wieder ergeben, wenn die Verhältnisse danach sind, aber man entscheidet sich jetzt nicht einfach mal dafür.

Martin Lichtmesz

12. Juli 2012 11:29

Klonovsky hat es irgendwann schon gesagt:

Verfassungspatriotismus: Erst stirbt der Patriotismus, dann die Verfassung.

MartinP

12. Juli 2012 21:02

"Wenn man ein Kind fragt, was eine Nation ist, dann wird es wahrscheinlich antworten, daß eine Nation eine Regierung hat. Und das ist in der Tat die richtige Antwort, denn das erste, was einem an einer Nation auffällt, ist die Tatsache, daß sie aus einem Volk mit einer eigenen Regierung besteht."

Komische Argumentation. Ist dann eine Stadt oder ein Bundesland eine "Nation"? Hmmm...
Oder braucht es dazu eine "Volksregierung"? Oder eine "Bundesregierung"?

Dass unsäglich dumme linke Genossen die Nationalstaaten "überwinden" wollen, weil in ihrer kruden Gedankenwelt alle Menschen auf diesem Planeten gleich sind, das gilt es natürlich zu verhindern!
Ihre vermeintliche Gleichheit (und auch die sprichwörtliche "Toleranz") hört schlagartig auf, wenn man sie mit "Rechten" gleichsetzt, oder daruf hinweist, dass rechte Parteien die gleichen Rechte haben müssen wie ihre linken Parteien!
Linke sind doof und primitiv! Mich nervt ihre intellektuelle Pseudo-Überhabenheit!

Agricola

13. Juli 2012 13:46

Mit der Zerstörung des Deutschen Reiches in 2 globalen Kriegen wurde das Herz Europas ausgeschaltet! Letztendlich waren die unüberbrückbaren Antagonismen der Europäer die Eintrittskarte für raumfremde Mächte. Sie haben geerntet, was die Europäer im eignen Blut ersäuften! Das politische Kunstgebilde EU, ein Mittel zur Bändigung des amputierten Restes des Reiches, ist jetzt abbruchreif geworden, weil die opferbereiten neuen Deutschen langsam finanziell verbluten!

Sixty

13. Juli 2012 20:50

"Linke sind doof und primitiv! Mich nervt ihre intellektuelle Pseudo-Überhabenheit!"

Was jetzt: "doof und primitiv" oder "intellektuell"?
Beides zusammen geht nicht ;-)

Außerdem besteht die EU-Bürokratie, die vor allem die Nationalstaaten abschaffen will, mindestens genauso sehr aus "Liberalen" und "Konservativen", auch Herr Schäuble z.B. ... ist der jetzt auch "links"?
Und man kann ja von der "Linkspartei" halten was man will, aber immerhin hat auch sie (neben Gauweiler z.B.) gegen Brüssel Klage eingereicht (daß sie das nur aus "sozialen" Gründen getan hat und selber nicht konsequent für den Nationalstaat eintritt, ist natürlich unbestreitbar).

Dema Goge

14. Juli 2012 22:10

'M.L.: Ja, aber Carlo Schmid hat sich das doch eher so vorgestellt, daß eines Tages das Notlagenkonstrukt GG zugunsten einer weniger fremdbestimmten Verfassung aufgelöst wird, womöglich gar einer, „die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ '

Und das kann aber nunmal auch die freie Entscheidung der Deutschen sein, Teil eines Europa-Staates zu werden. Spekulationen über die politischen Vorlieben des Herrn Schmid helfen da nicht weiter.

Der 'Inselbauer' hat also die Lage ziemlich gut beschrieben wenn er sagt:

'Man wird sich am Ende eine echte Verfassung geben müssen und ein Nationalstaat werden müssen, um sich als solcher endgültig auflösen zu können.'

Noch schärfer vielleicht so: Nocheinmal wird man die 'Menschen draußen im Lande' (also die deutsche Nation) als DEUTSCHES VOLK ansprechen müssen, wenn man auf demokratischem Wege Abschied von einem deutschen Staat nehmen will.

Denn eine 'Nation' ist eben nicht 'das eine Nation eine Regierung hat' (Begriffs-Kauderwelsch), sondern Nation ist die natürliche Gemeinschaft von Menschen gleicher Herkunft (nasci = Geburt; insofern sind auch die Kurden Nation) wogegen 'Volk' (die, die dem fi/ürst-en folgen) die Gemeinschaft von Menschen bezüglich derselben politischen (wenn man so will 'kultürlichen’) Führung meint (weshalb die Kurden kein Volk sind).
Wenn nun die Nation sich unter einer Herrschaft sammelt wird sie zum Volk und es entsteht ein Nationalstaat.
(Deswegen ist auch der Schwab-Buchtitel vom 'Volksstaat' Unsinn weil das ungefähr so ist wie wenn man vom 'Schwarzneger' spräche)

Vielleicht wird man Herrn Schäuble zugestehen müssen tatsächlich von der politischen Notwendigkeit einer europäischen Einigung überzeugt zu sein. (T. Hinz hatte mal geschrieben Herr Schäuble wäre Frankreich-‚Fan’ und also wohl eher nicht ein US-Lakai [man muß sich auch nur vor Augen stellen was deutsche Politiker wahrscheinlich im Ausland fortwährend für Demütigungen ertragen müssen])
Und weil er jetzt die Macht hat kann er jetzt machen was er für richtig hält.

Es wäre daher ein Zug von Größe, wenn es Schäuble ermöglichte, daß die Deutschen ihr Ende als Volk in Würde - selbsbestimmt in einem Volksentscheid - herbeiführen könnten.

(was selbstverständlich auch nicht das Ende der Deutschen als Nation bedeutet)

M.L.: Dann habe ich allerdings gravierend andere Vorstellungen von "Größe", "Würde" und "Selbstbestimmtheit".

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