In erster Linie handelt es sich aber doch um Ritter und Knappe, Edelfräulein und Magd, Turnier und höfische Minne, Spanferkel am offenen Feuer und Bier aus Humpen. Die Deutung dieses Phänomens ist nicht schwierig: Es handelt sich im Kern um die Sehnsucht nach dem Außergewöhnlichen, den Wunsch nach einem bunteren Leben als es die prosaische Gegenwart bietet. Begleitet wird das ganze längst von einer eigenen Industrie, die demjenigen, der nicht selbst schneidern oder schmieden kann, die Utensilien zur Verfügung stellt, entsprechende Zeitschriften druckt, die Flut der historischen Romane nicht abreißen läßt, Computerspiele auf den Markt wirft und für die convention mit der richtigen Atmosphäre sorgt.
Eine Tiefendimension wird man vergeblich suchen. Es gibt keine Theoretiker dieser Bewegung, es handelt sich nicht um Mittelalter, sondern um ein ganz modernes Konzept von Selbstverwirklichung, das sich nur eine etwas ungewöhnliche Art von Simulation ausgesucht hat. Das unterscheidet sie von der Romantik genauso wie von der „Neuromantik”. Die Romantik trat an der Wende vom achtzehnten zum neunzehnten, die Neuromantik an der Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert auf. Auch dabei ging es um die Sehnsucht nach dem Vergangenen, aber doch in einem ernsthafteren Sinn. Man sah im Mittelalter ein Zeitalter der Ganzheit, des harmonischen Ausgleichs von Gott und Natur, Gefühl und Verstand, Gemeinschaft und Individuum. Das hat im Fall der Romantik zu wunderbaren Hervorbringungen in Dichtung, Komposition und Malerei geführt, aber auch zu Impulsen, die direkt auf die Gestaltung des Politischen und Sozialen ausgriffen. Gemeint sind damit nicht die theaterhaften Inszenierungen Friedrich Wilhelms IV. von Preußen, aber sehr wohl die von ihm veranlaßte Vollendung des Kölner Doms als Nationaldenkmal. Und in diesen Zusammenhang gehört auch der Aufbau der Inneren Mission und damit der karitativen Betreuung des gerade entstandenen Industrieproletariats.
Der Gründer der Inneren Mission, Johann Hinrich Wichern, war ein hochkonservativer Mann, der mit vielen Theoretikern seiner Zeit die Auffassung teilte, daß die Moderne samt Kapitalismus, Mechanisierung und Atomisierung korrigiert werden müsse durch die Schaffung neuer Bindungen. Die sollten auch religiöser Natur sein, aber in erster Linie dem Zweck dienen, den weiteren Zerfall der Gesellschaft in immer andere und immer kleinteiligere Formen zu verhindern. Die Vorstellung, die altständische Ordnung durch eine neue – berufsständische – zu ersetzen oder zu ergänzen, hat die Konservativen sehr lange Zeit beschäftigt, wobei die katholischen noch entschiedener diesem Ansatz folgten als die evangelischen. Die Wirkungen gingen rasch über die Grenzen des politischen Lagers hinaus, man könnte auch in der Genossenschaftsbewegung oder der Historischen Rechtsschule die Folgen der Impulse nachweisen.
In Deutschland sind die romantischen Strömungen besonders stark gewesen und niemals ganz verschwunden, so wenig wie die Verklärung des Mittelalters, das gerade in der Zeit des nationalen Erwachens als Epoche deutscher Größe galt, an die wiederanzuknüpfen sei. Eine Intensivierung erlebten solche Strömungen in den beiden Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg. Was eingangs als Neuromantik apostrophiert wurde, war eine Chiffre für heterogene Strömungen von Literatur und bildender Kunst über die Lebensreform bis zum Wandervogel. Vergleichbare Entwicklungen gab es auch in Skandinavien und England, man denke an die nationalromantische Architektur Schwedens oder die Arts-and-Crafts-Bewegung sowie die Präraffaeliten Großbritanniens. Aber der Schwerpunkt lag doch in Deutschland.
Bezeichnend, daß der Franzose Georges Sorel während des Ersten Weltkriegs ein neues Mittelalter zwar für eine notwendige, aber in jedem Fall desaströse Perspektive hielt: „Wir brauchen eine Katastrophe, die uns in ein Mittelalter wirft … Durch die Mitschuld des Sozialismus kann der Krieg ein neues Mittelalter, Barbaren, Kirchen, die Verfinsterung der Freiheit und der Individualität, der Kultur mit einem Wort, herbeiführen.”
Wie anders lesen sich demgegenüber die Vorstellungen deutscher Autoren der Zwischenkriegszeit, die so oder so ihre Hoffnung auf die Erneuerung Deutschlands und Europas mit dem Gedanken eines neuen Mittelalters verknüpften. Der wichtigste Stichwortgeber kam allerdings von außen. 1923 veröffentlichte der emigrierte russische Philosoph Nikolai Berdjajew in Berlin ein Buch unter dem Titel Das neue Mittelalter. Es handelte sich im Grunde um einen Essay, in dem Berdjajew den Ersten Weltkrieg als Gericht über die Neuzeit interpretierte. Es sei aus mit dem „Fortschritt”, mit der Idee, daß Rationalisierung und Technisierung die Humanisierung verbürgten. Der Krieg habe gezeigt, wie gering man die Macht der Vernunft einzuschätzen habe, wozu der Mensch im Bösen fähig sei, was er seinesgleichen antue und welche Kräfte der Vernichtung kaum gebändigt im Untergrund schwelten. Berdjajews Vorstellung eines neuen Mittelalters war also keine Idylle: „Charakteristisch für das neue Mittelalter ist die Verbreitung theosophischer Lehren, die Neigung zu okkulten Wissenschaften und die Auferstehung der Magie. Selbst die Wissenschaft kehrt zu ihren magischen Urquellen zurück, und bald wird sich auch die magische Natur der Technik endgültig offenbaren. Von neuem berühren sich Religion und Wissenschaft, und es entsteht das Bedürfnis nach einer religiösen Gnosis. Wir treten wieder ein in die Atmosphäre des Wunders, die der Neuzeit so fremd geworden ist, wieder wird weiße und schwarze Magie möglich. Wieder werden leidenschaftliche Dispute über die Geheimnisse des göttlichen Seins aufflammen können. Wir glauben nicht an das unbewegte und notwendige Kommen einer freudevollen, hellen und erwünschten Zukunft. Die Illusionen eines irdischen Glücks haben keine Gewalt mehr über uns. Die Empfindung für das Böse wird im neuen Mittelalter stärker und schärfer werden. Die Kraft des Bösen wird erstarken, wird neue Formen annehmen und uns neue Leiden bringen. Doch steht dem Menschen die Freiheit des Willens, die Freiheit der Wahl seines Weges offen. Die Christen müssen ihren Willen auf die Begründung einer christlichen Gemeinschaft und einer christlichen Kultur richten und vor allem das Reich Gottes und seine Wahrheit suchen. Vieles hängt von unserer Freiheit und von den schöpferischen Bemühungen des Menschen ab. Deshalb sind zwei Wege möglich. Ich ahne das Wachsen der bösen Kräfte voraus, wollte aber… die möglichen positiven Züge der kommenden Gesellschaft aufzeigen… In der Vorahnung der Nacht kann man sich für den Kampf mit dem Bösen wappnen, kann man das Auge für die Erkenntnis des Bösen schärfen und die Wege zu einem neuen Rittertum suchen.”
Berdjajews Buch wurde in vierzehn Sprachen übersetzt und übte erheblichen Einfluß aus, vor allem soweit es die Möglichkeit eines positiven Auffangens der postmodernen Entwicklung betraf: Personalismus, ständische Neuordnung, religiöse Rückbesinnung, Rittertum. Genannt seien von den Bewunderern nur Julius Evola, Leopold Ziegler und Edgar J. Jung; vielleicht ist auch René Guénon durch Berdjajew beeinflußt worden in bezug auf seine Analyse der „Krisis der Neuzeit”. Von dieser Gruppe ergibt sich jedenfalls die Verbindung zu einer zweiten, in manchem ähnlichen Tendenz, die der Wiener Philosoph und Nationalökonom Othmar Spann repräsentierte.
Spann hatte wie kein zweiter versucht, die Tradition der politischen Romantik zu erneuern und entwarf eine „organische” Gesellschaftslehre, die darauf abzielte, den „wahren Staat” in der abendländischen Tradition zu verankern. Gleich Berdjajew wollte er die politische Ordnung von einer korporativen Gemeinschaft her erneuern und den christlichen Glauben als entscheidende Norm retablieren. In Deutschland wie in Österreich konnte Spann bis zum Ende der dreißiger Jahre eine Schule bilden, deren Bedeutung man nicht unterschätzen darf und deren praktische Wirkung sich in Reformprojekten des von Dollfuß und Schuschnigg geplanten österreichischen Ständestaats niederschlug.
Darüber hinausgehende Erfolge blieben Spann aber versagt. Sein Einfluß in den Zwischenkriegsjahren hatte eben auch ganz entscheidend zu tun mit den jungkonservativen Vorstellungen einer Neuordnung, für die der Rückgriff auf die Reichsidee maßgeblich war, die Vorstellung, an eine Traditionslinie anknüpfen zu können, die vor dem Zeitalter der Nationalstaaten ansetzte. Chancen für eine Verwirklichung existierten aber nicht oder sie wurden vergeben, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fanden solche Gedankengänge oder die Berdjajews praktisch kein Gehör mehr. Zwar gab es noch eine – stärker theologisch ausgerichtete – Diskussion um das „Ende der Neuzeit”, deren prominenteste Vertreter der Katholik Romano Guardini und der Protestant Friedrich Gogarten waren, aber die Debatte um ihre Bücher blieb auf eine relativ kurze Phase des Wiederaufbaus und der Gewissenserforschung beschränkt. Die erledigte sich seit den fünfziger Jahren rasch im Gefolge des Wirtschaftswunders und einer Liberalisierung, die mit dem Begriff „mittelalterlich” wenn überhaupt etwas, dann nur Negatives assoziierte.
Diese abwehrende Grundeinstellung zum Mittelalter ist für die Moderne typisch, die ihr Selbstverständnis von Anfang an aus dem Bewußtsein speiste, daß im besten Fall der Antike eine gewisse Vorbildlichkeit zukomme, aber daß das dazwischenliegende – also das Mittelalter – nur als „finster” beschrieben werden könne, wie es in der aufgeklärten Geschichtspolemik seit den Zeiten Voltaires regelmäßig geschah.
Der Fortschritt in der Geschichte, den die Linke und die Mitte annehmen, kann in der Bezugnahme auf das Mittelalter nur eine Bedrohung, die Bedrohung durch den „Rückfall”, sehen. In ruhigen Zeiten hält man den für praktisch ausgeschlossen oder nutzt ihn als pädagogisches Zuchtmittel. Nur in der Krise erscheint ein solcher Absturz tatsächlich denkbar, wenngleich er gegen den Sinn der Entwicklung liegt. Der Historiker John Lukacs hat einmal ausgemalt, wie einem Sozialisten oder Liberalen die europäische Situation der Jahre 1940 / 41 erschienen sein muß: als ein neues Mittelalter, dem spanisch-habsburgischen nicht unähnlich, das Reich als Vormacht, die übrigen Länder in größerer oder geringerer Abhängigkeit, nach Völkern gegliedert, korporativ organisiert, mit oder ohne Privilegien, die Juden ausgeschlossen und unter Sonderrecht gestellt.
Bei dieser Vorstellung spielt das autoritäre Moment des Mittelalterlichen die entscheidende Rolle, das unterscheidet sie von den aktuellen Annahmen, die eher das Anarchische, Fragmentierte als typisch betrachten. Eine Schlüsselbedeutung hat dabei das Buch Das neue Mittelalter des französischen Ökonomen und Publizisten Alain Minc. Der Band erschien zuerst 1993 und gehörte zu jener Konjunkturliteratur, die gegen Francis Fukuyamas Ende der Geschichte auf den Markt kam. Dessen These von der globalen Durchsetzung der Demokratie und des Kapitalismus, verbunden mit einer Erstarrung des kulturellen und politischen Lebens, traf zunehmend auf Widerspruch, nachdem sich vor allem im ehemaligen Sowjetblock und im Nahen Osten neue Konflikte abzeichneten. Autoren wie Zbigniew Brezinski, Samuel Huntington, Paul Kennedy, Robert Kaplan und Martin van Creveld entwickelten Gegenthesen, die bei aller Verschiedenheit in einem Punkt übereinstimmten: Die Welt werde kein Ende der Geschichte, sondern dramatische Veränderungen erleben. Dabei galten drei Faktoren als bestimmend: erstens der Zerfall des Staates mit seinem territorialen Souveräntitätsbezug und Gewaltmonopol, zweitens der Aufstieg neuer Mächte, die sich staatsähnlich organisieren könnten, wie multinationale Konzerne, warlords, Mafia oder Sekten, was drittens schon darauf verweise, daß Fragen religiöser Identität zunehmend an Bedeutung gewönnen.
Stimmten die Analysen in vielem überein, so fielen die Prognosen doch unterschiedlich aus. Den Begriff des „neuen Mittelalters” benutzten sie dabei nicht, das blieb Minc vorbehalten, dem intellektuell schwächsten, der aber das stärkste Gespür für griffige Formeln bewiesen hatte. Deren Erfolg kommt nicht immer dem Schöpfer zugute, und die Chiffre „neues Mittelalter” wird mittlerweile von sehr vielen Autoren benutzt, die keinen Bezug auf Minc nahmen. Das Spektrum reicht von Herfried Münkler über einen Konservativen wie Herbert Kremp bis zu einem Linken wie Ulrich Menzel. Letzterer hat in einem Aufsatz für die taz – „Wenn die Staaten verschwinden” – das Wortfeld abgesteckt, in das auch „neues Mittelalter” gehört: „Failed States, Quasistaaten, neue Terra incognita, die neuen Barbaren, the frontiers of anarchy, das neue Mittelalter”.
Menzels Sorge in bezug auf den sich anbahnenden Prozeß ist typischer als der Optimismus, mit dem der einflußreiche französische Sozialist Jacques Attali ein Zeitalter nahen sieht, das in Folge der Virtualisierung nur noch Nomaden kennt und damit Zuständen ähnelt, die zuletzt die Epoche der Völkerwanderung kennzeichneten. Selbstverständlich werde, so Attali, auch die Zukunft ein Machtgefälle kennen – zwischen den „Hypernomaden”, den sonstigen und den vom Informationsfluß ausgeschlossenen „Infranomaden” – aber zumindest könne man das Ende des Machtstaats und des Kapitalismus älteren Typs erhoffen. Die Entwicklung der technischen Möglichkeiten werde die Netzwerkbildung stärken und informellen Strukturen eine immer größere Bedeutung verleihen. Die mit der New Economy schon begonnene Mobilisierung von Arbeitskräften und insbesondere Spezialisten bereite Zustände vor, die sich von den bodenverhafteten der Neuzeit deutlich unterschieden und anstelle von Staaten zu selbstorganisierten Zusammenschlüssen, ähnlich den Hansen, Gilden und Zünften des Mittelalters führen könnten.
Dieses Bild läßt sich natürlich auch in weniger hellen Farben malen. So hat Stefan Dietrich unlängst einen Leitartikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter den Titel „Vorwärts ins Mittelalter” gestellt. Dietrich betont darin vor allem die Zerstörung des liberalen Rechtsstaats, der seinen Ausgangspunkt beim Individuum nahm; an seine Stelle tritt jetzt – etwa durch das Antidiskriminierungsgesetz – ein Gesamt von Gruppen mit ganz unterschiedlichen Rechten und Freiheiten. Solche „Minderheiten” agieren faktisch wie mittelalterliche Korporationen, nehmen Privilegien in Anspruch (wenn auch im Namen der Gleichheit) und leiten einen Prozeß ein, in dem die Gesellschaft in Gruppen zerfällt, die immer weniger an das größere Ganze bindet. Ob Verbands- oder Gewerkschaftsmitgliedschaft, spezielle sexuelle oder weltanschauliche Orientierung, rassische Herkunft oder körperlicher Defekt, all das wirkt identitätsstiftender als Staatsangehörigkeit oder Bürgerrecht, weil hier Interessenvertretung garantiert und Schutz gewährt wird.
Es gibt natürlich manchen, der noch solche Vorgänge mit Wohlwollen beobachtet. Umberto Eco etwa, hat schon in den achtziger Jahren einen Essay mit dem Titel „Auf dem Weg in ein neues Mittelalter” geschrieben, in dem er zwar die problematischen Züge eines solchen Rück-Wegs erwähnt – Auflösung der Homogenität, unkontrollierbare Wanderungen, Anwachsen der Zahl der „Unsicheren” – aber die positiven besonders hervorhebt – Zunahme der kulturellen Alternativen, cross over, intellektuelle Fruchtbarkeit. Das war zu einer Zeit, als die Bestände an Modernität noch relativ sicher schienen und man sich derartige Gedankengänge als Spielerei erlauben konnte. Sobald der Unernst schwindet, fühlt man sich an schwarze Utopien erinnert.
Daß deren Verwirklichung näherrückt, ist an den Rändern der westlichen Welt deutlich erkennbar. Exemplarisch hat John Rapley die Entwicklung in Foreign Affairs am Beispiel der karibischen Staaten dargestellt. Er verweist auf den wachsenden Kontrollverlust von Polizei und Justiz in ganzen Regionen, die von Banden beherrscht werden und „statelets” bilden, die nur noch in einem prekären Verhältnis zur legitimen Obrigkeit stehen. Vergleichbare Lagen gebe es in zahlreichen lateinamerikanischen, afrikanischen und asiatischen Gebieten, wo der Staat eigentlich nur da sei, wenn er bewaffnet da sei. Die Globalisierung steuere diesen Prozeß nicht durch „Entwicklung”, sondern fördere ihn durch den ungeheuren Anpassungsdruck, der auf die noch kaum gefestigten Strukturen der „Dritten Welt” ausgeübt werde, und durch die unkontrollierbaren Außenwirkungen, denen heute jedes Land wegen des Menschen‑, Waren- und Informationsflusses ausgesetzt sei. Es überlappten sich auf diese Weise vormoderne und postmoderne Strukturen und führten zu einer Anarchisierung, die der Entstehung eines „neuen Adels” förderlich sei, der durch „Sezession der Erfolgreichen” und brutale Unterdrückung der übrigen entstehe und zum wichtigsten Machtfaktor der kommenden Welt aufsteigen werde.
Rapley betrachtet das, was kommt, als „Interregnum” und insofern dem Mittelalter ähnlich, das auch ein „Interregnum” gewesen sei. Eine chaotische Phase der Geschichte nach dem Ende des römischen Imperiums und vor der Entstehung des modernen Staates, gekennzeichnet durch Anomie. Ob man so dem Mittelalter ganz gerecht wird, bleibt dahingestellt. Wichtiger ist der Entwurf der Zukunft, die jedenfalls von der Überschaubarkeit und Kalkulierbarkeit des Politischen in der Moderne nichts mehr wissen wird. Sollte noch Platz für Nostalgien bleiben, werden die sich jenen zweihundert Jahren zuwenden, in denen es gelungen war, die europäischen Nationen im Inneren zu pazifizieren und ein Maß an kultureller und sozialer Verdichtung zu erreichen, das zwar nicht ohne Zwang zu haben war, aber doch die Perspektive auf eine echte Fortentwicklung bot.