Kleine-Hartlage beschreibt in dem Büchlein seinen eigenen Weg von links nach rechts und erklärt, woran die Linke glaubt und warum sie unbelehrbar ist.
SEZESSION: Gleich am Anfang Ihres neuen Buches Warum ich kein Linker mehr bin schreiben Sie: „Wer nie links war, kann es nur als eine Art unheilbarer Geisteskrankheit betrachten. Nun, eine Geisteskrankheit mag es sein; aber unheilbar ist sie nicht.“ Es geht Ihnen mit dieser Zuspitzung darum, wie sich „Linkssein von innen“ anfühlt. Was wissen also nur Linke über Linke? Und was bleibt den anderen verborgen?
MANFRED KLEINE-HARTLAGE: Linke wissen über sich selbst eigentlich überhaupt nichts. Linkssein heißt, sich in einem geschlossenen Gedankenuniversum zu befinden, das sich stets ausweglos in sich selbst zurückkrümmt. Im Zentrum dieses Universums steht die Utopie, deren Wahrheit und absolute Geltung axiomatisch angenommen wird, und die damit das Äquivalent einer Gottheit ist. Dies gilt entgegen dem Anschein nicht nur für Extremisten, sondern auch für sogenannte gemäßigte Linke, für die sogar noch mehr: Während Extremisten von der konkreten Utopie ausgehen, d.h. ihre Gottheit in einem Bild – etwa dem Sozialismus – konkretisieren und dieses anbeten, gilt für die sogenannten Gemäßigten das Bilderverbot: Die Gottheit wird transzendent und unsichtbar (und damit, anders als eine Götzenstatue, auch unzerstörbar), aber sie bleibt das Absolutum, auf das sich die gesamte linke Weltauffassung ausrichtet, einschließlich ihres Politikverständnisses, ihrer Moral, ihres Menschenbildes, ihrer politischen Projekte usw., die allesamt dem Dienst an der Gottheit verpflichtet sind. Die ganze Wirklichkeit wird von der Utopie her und zum Zwecke ihrer Bestätigung interpretiert.
Es handelt sich mithin um ein autistisches Wahnsystem, und es liegt in der Natur der Sache, daß man dieses autistische System als solches nicht durchschauen kann, solange man in ihm lebt (weswegen ich gesagt habe, daß die Linken über sich selbst nichts wissen); aber genausowenig, wenn man nie in ihm gelebt hat. Konservative neigen dazu, schon aufgrund ihres ausgeprägten Sinns für Ritterlichkeit und Fairneß, die moralischen Motive anzuerkennen, die die Linke für sich in Anspruch nimmt, und ihr nur ein zu optimistisches Menschenbild zu bescheinigen; sie tendieren dazu, den instrumentellen Charakter dieser Moral und dieses Menschenbildes zu verkennen. Sie sehen, daß die meisten Linken persönlich keineswegs bösartig sind und sind deshalb immer wieder erschüttert über das Ausmaß an Skrupellosigkeit und Bösartigkeit der Linken als Bewegung. Sie wären weniger überrascht, wenn sie sich klarmachten, daß sie es mit gläubigen Anhängern einer theologisch in sich geschlossenen heidnischen Religion zu tun haben, einer Großsekte von gehirngewaschenen Jüngern.
SEZESSION: Warum gelingt es der deutschen Linken, ihre kulturelle Hegemonie über Jahrzehnte hinweg zu behaupten? Sie sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Korruption des Geistes“ …
MANFRED KLEINE-HARTLAGE: Die Linken haben nach 1968 die Zentren der gesellschaftlichen Ideologieproduktion besetzt (Schulen, Universitäten, Medien, Kirchen, Parteien), und dies nicht durch Leistung, sondern durch Personalpolitik, und definieren von dort aus, wer Elite ist (natürlich sie selbst) und wer Plebs (natürlich wir), welche Themen und Perspektiven „seriös“ sind und welche „Stammtisch“, wer zu Wort kommen soll und wem man „kein Forum bieten darf“.
Und da der Mensch Konformist ist, will er – wenigstens durch ideologische Teilhabe – zu den seriösen Eliten gehören und schaltet zu diesem Zweck auch gerne den gesunden Menschenverstand ab. Die Angehörigen der meinungsmachenden Eliten selbst wiederum wissen, daß sie dies nur so lange bleiben, wie sie als zuverlässige Ideologieproduzenten agieren. Was dem geschieht, der sich dieser Rolle verweigert, hat zum Beispiel Eva Herman erfahren müssen. Am Zuverlässigsten ist der, der an das, was er verkünden soll, auch selber glaubt, also wird er sich das Zweifeln ganz von alleine verbieten.
Hinzu kommt die psychologische Bestechung durch das Gutmenschentum, d.h. das befriedigende Gefühl, bereits deshalb ein guter Mensch zu sein, weil man bestimmte politische Ansichten hat. Das alles zusammen ergibt das, was ich mit „geistiger Korruption“ meine. Sie steht am Ende einer Kette von wesentlich handfesteren Formen der Korruption, die von der Spitze der Pyramide abwärts eine abnehmende Rolle spielen.
SEZESSION: Wie könnte die Rechte der Linken den Rang ablaufen?
MANFRED KLEINE-HARTLAGE: Die Linken konnten die Ideologiefabriken nur deshalb besetzen, weil ihre Agenda der Zerstörung der Bindungen, die die Gesellschaft zusammenhalten, ideal den Zielen eines globalisierten Kapitalismus dient, der das atomisierte Individuum, den gedanken- und geschichtslosen Hedonisten benötigt. Die Globalisierung geschieht nicht von allein, sie geschieht, weil die Geld- und Machteliten aller westlichen Länder – bestehend durchaus nicht aus Linken – entschlossen sind, sie voranzutreiben, und zwar gegen den Willen der Völker, mit denen sie nicht mehr gemeinsam haben als den Paß.
Die Linken sind nur die politische, ideologische und oft genug auch ganz handgreiflich physische Speerspitze dieser Eliten. Sie erfüllen damit eine unentbehrliche Funktion in ihrem Herrschaftssystem und müssen schon deshalb bekämpft werden. Es wäre aber eine Halbheit, sie zu bekämpfen, ohne die zu bekämpfen, in deren Dienst sie stehen. Am Anfang jeder Politik steht die illusionslose Feindbestimmung. Machen wir uns also nichts vor: Wir haben innerhalb des herrschenden Kartells keine Verbündeten, und wir müssen dieses Kartell als Ganzes bekämpfen, nicht nur seine linke Fraktion. „Bekämpfen“ heißt, mindestens seinen Bewegungsspielraum so empfindlich zu beschneiden, daß es zu Zügen gezwungen ist, die es von sich aus nicht machen würde, zurückweichen muß, wo es lieber voranschreiten würde, Regeln einhalten muß, über die es sich lieber hinwegsetzen würde.
Unterwanderungsstrategien nach Art der Achtundsechziger sind aufgrund der völlig andersgearteten Voraussetzungen zum Scheitern verurteilt, und jeder Versuch, etwa die Grünen mithilfe der CDU zu bekämpfen, gehen an dem Sachverhalt vorbei, daß hier ein Spiel mit verteilten Rollen gespielt wird. Letztlich treibt man nur den Teufel mit Beelzebub aus.
Da wir die linken Ideologiefabriken nicht lahmlegen können, müssen wir ihnen die Kunden abspenstig machen, das heißt das Vertrauen des Publikums erschüttern; sichtbar machen, daß diese Machtzentren das Gegenteil von dem tun, was sie zu tun vorgeben. Daß also weder die Medien noch die Wissenschaft dort, wo es politisch relevant ist, irgend etwas mit Wahrheit zu tun haben, und daß die etablierte Politik einer volks‑, staats- und verfassungsfeindlichen, verräterischen Agenda folgt.
Wer immer sich über die Elaborate dieser Machtzentren äußert, muß zwei Botschaften senden: Erstens: Sie sind der Feind. Zweitens: Glaubt ihnen nichts! Wir sollten uns zum Beispiel angewöhnen, jeweils bis zum Beweis des Gegenteils von folgenden Vermutungen auszugehen: Wann immer unsere Meinungsgouvernanten sich über eine Behauptung einig sind, ist diese Behauptung gelogen. Und wo sie sich nicht einig sind, ist das Thema, über daß sie sich streiten, ein unwichtiges Thema.
Das Zweite, was man sichtbar machen muß, ist, daß der Konsens, auf den sich die linke Vorherrschaft stützt, ein Scheinkonsens ist. Das kann jeder Einzelne tun, in der Öffentlichkeit, im Netz, auf der Alltagsebene. Mit ruhiger Selbstverständlichkeit einfache Tatsachen aussprechen, von denen in Wirklichkeit jeder weiß, daß sie wahr sind, die aber öffentlich tabuisiert werden, z.B. daß Vielvölkerstaaten Staaten im latenten Bürgerkrieg sind und nicht funktionieren können, jedenfalls nicht als Demokratien. Jeder muß Gesicht zeigen gegen links und ein Zeichen setzen für rechts. Wenn wir genug Menschen zusammenbringen, die zu ihrer Auffassung stehen und sich von ihr auch bei Gegenwind nicht mehr abbringen lassen, bricht der auf Konformismus basierende Scheinkonsens in sich zusammen.
Das Internet schafft die Möglichkeit von Gegenöffentlichkeit, die immer noch viel zu wenig und vor allem falsch genutzt wird. Die meisten Leser rechtsalternativer Seiten haben offenbar keine Ahnung, daß sie mit ein paar Mausklicks, einem „Gefällt mir“ bei Facebook, einem „Tweet“ bei Twitter, einem Lesezeichen bei einer Linksammlung zur Verbreitung der Botschaften dieser Seiten beitragen und ihnen zu einem höheren Rang bei den Suchmaschinen verhelfen können. Wenn ich sehe, daß unter manchem PI-Artikel zweihundert Kommentare stehen, aber kaum einer „Gefällt mir“ angeklickt hat, dann sagt das alles über die Internetkompetenz der islamkritischen Szene, und bei den Blogs der Neuen Rechten sieht es eher noch düsterer aus. Weniger reden, mehr machen, weniger kommentieren, mehr verbreiten!
Daß jeder in seinem persönlichen Umfeld und im Netz das Seine tut, die Botschaft zu verbreiten, ist aber nur eine notwendige, keine hinreichende Voraussetzung, das Vertrauen in das Kartell zu untergraben. Man muß Gegenstrukturen schaffen, die auf die Bekämpfung des Gegners spezialisiert sind, und die Vorstellung, dies könne durch Graswurzelnetzwerke von Feierabendaktivisten geschehen, ist politische Sozialromantik!
Warum gibt es, um nur ein paar Beispiele zu nennen, keine Institute, die pseudowissenschaftliche Propagandastudien schnell genug zerpflücken, um damit noch eine öffentliche Wirkung zu erzielen? Wo sind die Institutionen einer Gegenwissenschaft, die mit überzeugenderen Deutungen der sozialen Wirklichkeit aufwarten als die etablierte Ideologieindustrie? (Ja, es gibt sie, aber sie sind zu klein und zu wenige.) Warum gibt es keine Rechtshilfeorganisation, die die rechtlichen Mittel ausschöpft, um gegen die unaufhörlichen Rechtsbrüche vorzugehen, die der Gegner schon gewohnheitsmäßig gegen uns einsetzt? Warum gibt es zwar (und immerhin!) ein rechtes Äquivalent zur Zeit (nämlich die Junge Freiheit), aber keines zur taz? Warum sind wir nicht wenigstens im Netz eine Macht? Warum betreibt die Linke systematische Feindbeobachtung, nicht aber die Rechte?
Weil wir unprofessionell sind! Wer solche Projekte verwirklichen will, braucht drei Dinge: erstens Geld, zweitens Geld, drittens Geld! In konservativen Kreisen scheint aber die Auffassung vorzuherrschen, daß man über Geld nicht spricht. Und daß man es, wenn man es hat, für alles andere lieber ausgibt als dafür, rechte Projekte zu fördern. Die zahlreichen, nicht selten wohlbetuchten, Gesinnungsrechten, die sich meist aus beruflichen Gründen nicht aus dem Fenster lehnen wollen, können wenigstens finanziell ihren Beitrag leisten. Gerade weil wir zahlenmäßig Wenige sind, können wir uns keine Ineffizienz leisten, und Professionalität ist das A und O.
SEZESSION: Herr Kleine-Hartlage, vielen Dank für Ihre Ausführungen.
Manfred Kleine-Hartlage
Warum ich kein Linker mehr bin
Reihe kaplaken, Band 33
96 Seiten, gebunden, 8,50 €
Schnellroda 2012