ihrem Kern um die Bewertung eines “Feinbilds Islam”, wurde auf gutem Niveau innerhalb einer Podiumsdiskussion zwischen Karlheinz Weißmann und Michael Stürzenberger geführt und ist mittlerweile zu einem im Ton unschönen Gefecht zwischen Stürzenberger auf der einen und Martin Lichtmesz auf der anderen Seite verkommen.
Dies ist nicht in meinem oder in Karlheinz Weißmanns Sinn. Die Debatte muß entweder beendet oder auf ein Niveau zurückgehoben werden, das uns angemessen ist. Hierzu einige Punkte:
1. Die Positionen Stürzenbergers und Weißmanns (resp. Lichtmesz’) sind nicht vermittelbar: Ihr Ansatz ist je so unterschiedlich, daß es den Kreuzungspunkt nur in einer grundsätzlichen Überzeugung gibt: Die Hyper-Identität islamischer Zuwanderer bedroht den inneren Frieden und die Rest-Substanz unserer “offenen Gesellschaft”, die so recht keine kollektive Identität mehr kennt und fremden kollektiven Ansprüchen recht hilflos gegenübersteht.
2. Die Positionen Stürzenbergers und Weißmanns sind vor allem dort nicht vermittelbar, wo es um ein Bündnis mit dem amerikanischen und israelischen Weg aus grundsätzlicher Überzeugung geht: Weißmann sieht NICHT in jedem Menschen einen kleinen Amerikaner, der rausgeholt werden will; er verspürt keinerlei Neigung, jemanden von seiner Kultur zu befreien. Er versteht Integration als Assimilation, die wiederum das Gastvolk nicht unverwandelt lassen wird. Dies aber ist historisches Lehre im besten Sinne: Anverwandlung des Fremden in eine im Kern unerschütterliche eigene Identität hinein. Daß dies aufgrund unserer eigenen identitären Schwäche und angesichts millionenfacher Einwanderung nicht gelingen kann, würde Weißmann nicht bestreiten.
3. Stürzenberger hat – um es undifferenzieert auszudrücken – Ernst Noltes Buch über den Islamismus als einer Dritten radikalen Widerstandsbewegung gegen die Moderne heruntergebrochen auf ein paar sehr klare Botschaften (vielleicht ohne dieses Buch zu kennen). Wo Nolte beschreibend arbeitet und den Antimodernismus des radikalen Islam als ebenso notwendige wie nachvollziehbare Bewegung vorstellt und als Wissenschaftler natürlich keine politischen Schlüsse zieht, argumentiert Stürzenberger bereits im Stile eines Agitators, eines Politikers, der Massen überzeugen und in Bewegung setzen will. Das ist sein gutes Recht, das ist nachvollziehbar, und vor allem spielt es sich jenseits der Ebene ab, die von uns Publizisten und Wissenschaftlern berührt und bespielt wird. Hier Meta-Politik, dort Eintritt in die Praxis.
4. Nicht nachvollziehen kann ich den Vorwurf der Feigheit von dort nach hier und den der Dummheit von hier nach dort. Weißmann steht mit Klarnamen seit bald drei Jahrzehnten im Schuldienst und hat Kampagnen durchgestanden, von denen 98 Prozent jener anonymen Kommentierer im Netz noch nicht einmal zu träumen wagten; auf der anderen Seite geht Stürzenberger den Weg seiner Überzeugung und argumentiert konsequent. Gut ist, daß er uns liest – das ist so oder so für jeden gut …
5. Ich bin nicht damit einverstanden, daß die zwischentag-Debatte ohne meine Erlaubnis in sechs Teilen bei youtube.de veröffentlicht worden ist. Davon wußten die Kontrahenten nichts, auch hätte ich anders moderiert, wenn ich an eine Veröffentlichung gedacht hätte. Mir zeigt dies wieder, wie unschön und unfruchtbar es ist, daß jede Situationsaufnahme, jeder erste Austausch kurze Zeit später als etwas Fertiges und nicht mehr Korrigierbares im Netz abgespeichert ist. Ich bin mir sicher, daß Stürzenberger die eminenten Kenntnisse Weißmanns nicht bloß als Störung, sondern durchaus als bedenkenswerte, von einer geistigen Autorität vorgetragene Differenzierung wahrgenommen hat. Auf der anderen Seite weiß ich, daß Weißmann die Wucht Stürzenbergers als eine mögliche Reaktion auf den Zustand unseres Landes nachvollziehen kann.
6. Dieses “Nachvollziehen-Können” ist etwas anderes als Zustimmung. Es ist der Beweis für geistigen Spielraum und die Bereitschaft, die Vielfalt möglicher Lebensreaktionen anzuerkennen: die Verzweiflung, den Charakter, den Mut, den Irrweg, den Tatendrang, den politischen Instinkt eines anderen. Dieser andere soll ausreden dürfen, Zwischenrufe seien aufgespart für jene, von denen wir sicher wissen, daß sie sich an der täglichen Abschaffung des Deutschen Volkes beteiligen.