Votivkirche in Wien besetzt – Kleiner Pressespiegel

Es ist in Wien vielleicht leichter als in Deutschland, "weltberühmt" zu werden, dennoch sind die Reaktionen...

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

auf die Pro­test­ak­ti­on der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung Öster­reich bemer­kens­wert. Der größ­te Tri­umph ist wohl die Ergat­te­rung der Titel­sei­te der Druck­aus­ga­be der Kro­nen-Zei­tung vom letz­ten Mon­tag:  “Kir­chen­be­set­zung spitzt sich zu – Cari­tas befürch­tet wei­te­re Eska­la­ti­on”, hieß es da, gefolgt von einem Bericht mit gro­ßem Farb­fo­to. Die “Iden­ti­tä­ren” wer­den knapp als “rech­te Grup­pie­rung” geschil­dert, die sich “gegen Mas­sen­ein­wan­de­rung und Isla­mi­sie­rung” enga­gie­ren. Die Kro­nen-Zei­tung hat schät­zungs­wei­se bis zu 3 Mil­lio­nen Leser pro Tag, womit die Zei­tung gemes­sen an der Bevöl­ke­rungs­zahl eine enor­me Reich­wei­te hat. Gut sicht­bar ist im Arti­kel­fo­to das Lamb­da-Logo in den (habs­bur­gi­schen!) Far­ben Schwarz-Gelb, das sich auch in ande­ren Medi­en­be­rich­ten als exzel­len­ter “Eye-Cat­cher” mit Wie­der­erken­nungs­ef­fekt her­aus­ge­stellt hat. So auch im Fern­seh­be­richt “Wien heu­te” des ORF vom 10. 02. Auch hier fällt die Bericht­erstat­tung, unge­wohnt für bun­des­deut­sche Ver­hält­nis­se, recht sach­lich aus; dar­auf, daß es sich bei den “Iden­ti­tä­ren” um eine “rechts­ge­rich­te­te” Grup­pe han­deln soll, wird erst gegen Ende der Repor­ta­ge ver­wie­sen. Auch der links­li­be­ra­le Stan­dard vom 12.02. brach­te in der Druck­aus­ga­be ein gro­ßes Farb­fo­to mit kna­ckig sicht­ba­rem Band­lo­go, sowie einen aus­führ­li­chen Arti­kel mit der Über­schrift “Pro­vo­ka­ti­on bringt Votiv­kir­che unter Druck”: die Akti­on hät­te “alle bis­her Betei­lig­ten unter Druck gebracht”.

Fokus ist die (etwas hys­te­risch anmu­ten­de) Angst der links­ka­tho­li­schen Betreu­ungs­or­ga­ni­sa­ti­on “Cari­tas” um die Sicher­heit der Asy­lan­ten: obwohl kor­rekt betont wird, daß die Akti­vis­ten “gewalt­frei” und “harm­los” agiert haben, wür­de doch die “Sicher­heits­lü­cke” auf die Gefahr hin­wei­sen, daß sich auch “gewalt­be­rei­te Per­so­nen” Zugang ver­schaf­fen könn­ten. Ein Schau­käst­chen “ ‘Iden­ti­tä­re’ gegen Zuwan­de­rung” will einen kur­zen Über­blick geben, der Autor war aber nicht imstan­de, leicht in Erfah­rung zu brin­gen­de Hin­ter­grün­de zu recher­chie­ren: so wird fälsch­li­cher­wei­se behaup­tet, die Wur­zeln der Bewe­gung lägen im Umkreis des “Front Natio­nal”, was natür­lich grund­ver­kehrt ist: der “Bloc Iden­ti­taire” hat nicht nur nichts mit dem FN zu tun, son­dern steht zu die­sem in einem erheb­li­chen Spannungsverhältnis.

Nicht ver­stan­den haben die Autoren offen­bar auch den sati­ri­schen Auf­tritt des “Sepp Unter­rai­ner”. Die­ses Ele­ment muß das nächs­te Mal viel­leicht deut­li­cher aus­ge­spielt wer­den. Im eben­falls eher links­li­be­ral ori­en­tier­ten Bou­le­vard­blatt Kurier, das bereits am Sonn­tag als ers­te grö­ße­re Zei­tung dick von der Akti­on berich­tet hat, ver­sucht man sich unter­des­sen an der Scha­dens­be­gren­zung. Den Feu­er­lö­scher soll wie­der ein­mal ein lin­ker “Rechts­extre­mis­mus­exper­te”, also: Berufs­an­ti­fant eines ein­schlä­gig bekann­ten Insti­tuts, spie­len.

Im Gegen­satz zu der über­wie­gend sach­li­chen Bericht­erstat­tung der öster­rei­chi­schen Leit­me­di­en, spricht der aus kom­mu­nis­ti­schem Umfeld stam­men­de Andre­as Peham (vul­go “Dr. Heri­bert Schie­del”), natür­lich von “Neo­na­zis mit Lati­num”, und gibt sich auch sonst alle Mühe, die “Iden­ti­tä­ren” als “untrue” und uncool hin­zu­stel­len, damit nur ja kein Jugend­li­cher auf die Idee kommt, sich der Trup­pe anzuschließen:

KURIER: Unbe­kann­te in Schwei­ne- und Affen­mas­ken tan­zen am „Tanz der Tole­ranz“ der Cari­tas. Was war da Ihr ers­ter Gedan­ke? Andre­as Peham: Ich war pein­lich berührt. Ein miss­lun­ge­ner Ver­such, pop­pig zu sein und jugend­kul­tu­rel­le Authen­ti­zi­tät aus­zu­strah­len. (…) Wen will man anspre­chen? Selbst die elek­tro­ni­sche Musik ist apo­li­tisch. Das ist eher Pro­lo-Tech­no, ohne Arbei­ter abwer­ten zu wol­len. In der Sze­ne lehnt man das total ab.

“Pro­lo-Tech­no”, mit dem raschen Bei­satz “ohne Arbei­ter abwer­ten zu wol­len” ist natür­lich ulkig – gespro­chen wie ein wasch­ech­ter Bol­scho-Bour­geois! Der Applaus des Kurier-Kom­men­ta­ri­ats hält sich indes­sen in Gren­zen, fällt sogar, wenn ich mei­ner Stich­pro­be trau­en kann, über­wie­gend kri­tisch aus. Um die Akti­on lächer­lich zu machen, hat sich auch mehr­fach die Ente ver­brei­tet, die Iden­ti­tä­ren hät­ten es vor Käl­te nicht mehr in der Kir­che aus­ge­hal­ten, und hät­ten dar­um schon so früh die Segel gestri­chen. Wie die Akti­vis­ten im Gespräch mit Kubit­schek und auf ihrer eige­nen Netz­sei­te berich­te­ten, ent­spra­chen sie viel­mehr einer Auf­for­de­rung des ver­ant­wort­li­chen Pfar­rers: die eigent­li­che Tat der Pro­vo­ka­ti­on der PC-Kli­en­tel war ohne­hin schon erfolg­reich vollbracht.

Als wir aber mit dem Pfar­rer näher ins Gespräch kamen, wur­de uns sei­ne Auf­for­de­rung ver­ständ­li­cher. Sei­ne ehr­li­che Sor­ge dar­um, dass es zu Zusam­men­stö­ßen kom­men könn­te (die Asy­lan­ten wur­den immer unru­hi­ger, weil sie wegen der Sper­re die Kir­che unter ande­rem zum Ziga­ret­ten­kauf nicht ver­las­sen konn­ten) und dass ein sol­cher Vor­fall den sakra­len Ort noch wei­ter ent­wei­hen wür­de, war ver­ständ­lich. Wir waren zwar bereit uns zu weh­ren, aber der Gedan­ke an eine Rau­fe­rei in der Kir­che und eines Matrat­zen­la­gers vor einem Altar, war auch für uns nicht sehr erstre­bens­wert. Vor allem aber wur­de uns klar, wie sehr der sym­pa­thi­sche Pfar­rer unter der Beset­zung litt (er muss­te u.a. die Met­te unter Poli­zei­schutz abhal­ten, von finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten ganz zu schwei­gen!) und er ver­si­cher­te uns, dass unse­re Akti­on kei­ne Räu­mung der Kir­che bewir­ken kön­ne. Wir hat­ten also die Wahl uns ein­ver­nehm­lich sei­ner Bit­te die Kir­che zu ver­las­sen zu fügen, oder als Haus­frie­dens­bre­cher einen Poli­zei­ein­satz vor dem Taber­na­kel zu provozieren.

Ein wei­te­rer Pro­pa­gan­da-Gag, vor allem vom Kurier ver­brei­tet, ist die Behaup­tung, die Flücht­lin­ge hät­ten “die rechts­extre­men Beset­zer sogar will­kom­men” gehei­ßen, und ihnen Tee und Decken ange­bo­ten: “After all, we are human beings too!” Damit wür­den sie natür­lich in einem mensch­lich sym­pa­thi­schen Licht daste­hen, und hät­ten aus der “Beset­zungs-Beset­zung” noch Kapi­tal für ihre Sache geschla­gen. Aller­dings ist die Sto­ry nicht mehr als ein Rühr­stück. Nach Aus­sa­ge der Akti­vis­ten und einem exte­rio­ren Augen­zeu­gen­be­richt han­del­te es sich hier um einen von lin­ker Sei­te ein­ge­fä­del­ten Schach­zug. Auf­schluß gibt der Bericht auch dar­über, daß das Ver­hält­nis zwi­schen den draht­zie­hen­den “Men­schen­freun­den” und ihren in schi­cker Angli­sie­rung als “refu­gees” titu­lier­ten Spiel­fi­gu­ren in Wahr­heit nicht all­zu kuschel­weich ist:

Dass das Ver­las­sen der Kir­che durch die vom Mob als Nazis bezeich­ne­ten noch andau­ern wür­de, war mitt­ler­wei­le allen klar. Am Hin­ter­ein­gang stan­den immer­noch die Asy­lan­ten, zwi­schen dem Absperr­git­ter und den Kir­chen­tü­ren, davor der Mob, der sich lang­weil­te. Ich stell­te mich knapp zu den Asy­lan­ten, in der Hoff­nung ein paar Gesprächs­fet­zen zu erha­schen, zu erfah­ren, wie sie die Situa­ti­on eigent­lich wirk­lich sehen wür­den, bereits ihr Gesichts­aus­druck zeig­te pure Abnei­gung und Genervt­heit. Lin­ke Anstif­ter teil­ten ihnen der­weil in gebro­che­nem Eng­lisch mit, was sie zu tun hät­ten. Sie müss­ten den „Nazis“ Tee anbie­ten und über­trie­ben gast­freund­lich sein. Man reich­te ihnen 2 Digi­tal­ka­me­ras und diri­gier­te sie nach drin­nen, sie sol­len doch Fotos von den „Nazis“ machen. Zuerst möch­ten sie Ziga­ret­ten haben ent­geg­ne­te einer der Asy­lan­ten, mit der Digi­tal­ka­me­ra in Hän­den, empört. Wie­der auf Deutsch rief man nach hin­ten, man sol­le Ziga­ret­ten nach vor­ne rei­chen, dies wur­de gleich dar­auf getan. Ein wei­te­rer Asy­lant beschwer­te sich, wäh­rend mich die ande­ren der Trup­pe ziem­lich böse anglotz­ten, weil sie mich ja rau­chen sahen und ich nichts der­glei­chen tat: „They shall go! We want to eat and drink and we can’t go out“, und er rüt­tel­te an dem Git­ter. Wie­der ein ande­rer: “We want ciga­ret­tes, we want eat, when do the nazi go?” Ein Lin­ker sag­te, sie sol­len erst ein­mal Fotos machen, dann wür­de man wei­ter­se­hen, eine dun­kel­häu­ti­ge Frau neben mir besänf­tig­te die ande­ren Män­ner, es wür­de alles gut wer­den und sie könn­ten sicher bald wie­der raus­ge­hen um zu Essen. Die bei­den Asy­lan­ten, die jeweils eine Kame­ra inne­hat­ten beweg­ten sich in die Votiv­kir­che. Es wur­de still, man war­te­te. Einer kam zurück, teil­te mit, er hät­te acht oder neun Fotos gemacht, er möch­te nun noch eine Ziga­ret­te haben und gab die Kame­ra wie­der durch das Git­ter durch. Nun kam auch wie­der der ande­re Mann mit der zwei­ten Kame­ra bei der Tür her­aus, ein Lin­ker streck­te bereits den Arm hin­ein, der Asy­lant mein­te, er wür­de ihm die Kame­ra nicht geben. Ver­dutzt gaff­te ihn der Eigen­tü­mer an und nun war ich gespannt, was pas­sie­ren wür­de. Der Eigen­tü­mer mein­te, er wür­de zumin­dest die SD-Kar­te haben wol­len, der Asy­lant gab ihm die­se raus und ging mit der Kame­ra zurück in die Kir­che. Der Lin­ke wirk­te ziem­lich sau­er, sag­te aber nichts und ent­fern­te sich ein wenig vom Mob.

Mehr über die “Beset­zung der Beset­zung, wie sie war” aus der Sicht der Akti­vis­ten gibt es hier nachzulesen.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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