die auf einer Radtour – gemeinsam mit ihrem Mann – im Zelt übernachtete. In der Nähe eines Dorfes im Bundesstaat Madhya Pradesh. Der Mann, mit Stöcken zusammengeschlagen und dann gefesselt, mußte die Greueltat mit ansehen. Erst vor drei Monaten ging eine andere Gruppenvergewaltigung mit bestialischer Folterung in einem Bus – mitten in Neu Delhi – durch die Medien.
Man liest: Vergewaltigungen sind in Indien keine Ausnahmen. Und naiv denkt man: War es nicht die Hindukultur, in der nicht nur die Kuh heilig ist, sondern wo überhaupt auf jedes Lebewesen mit Blick auf das Karma geachtet wird, wo man das Anmachen von Glühlampen vermeidet, damit Motten nicht verbrennen, wo Feuer nicht entzündet wird, weil Insekten umkommen könnten … – Jetzt das. Wie verhält sich der Hinduismus zur Frau? Liest man nach, erfährt man nicht viel Gutes, jedenfalls gemessen an europäischer Vorstellung.
Offenbar lebt man halbgebildet mit Klischees. Und viele der zahlreicher werdenden Suchenden ersehnen im Exotischsten oder überhaupt im Konvertieren zu irgendeiner fernen Lehre ihr Heil. Pauschalbewunderung des Esoterischen, Sehnsucht nach dem ganz anderen, Aufbrüche zu den Antipoden als Reisen nach Utopia. Ganz zu schweigen von dem religiösen Hunger und der Sehnsucht nach Spiritualität, die junge Menschen auch hier dem Islam, vorzugsweise seinen radikalen Varianten, zutreibt.
Europa? Aufklärung? Säkularismus? Wie prosaisch doch! – “Ungeheuer ist viel, doch nichts ungeheurer als der Mensch”, singt finster der Chor in Sophokles’ „Antigone“. Eine Weisheit, mit der europäische Kultur erst griechisch, dann christlich begann. Von da an ein langer Weg, ein ewiges Ringen um die Idee der Menschlichkeit. Mit grandiosen Ergebnissen, die gegenwärtige Larmoyanz oft übersieht, weil die Grübelei über Haushalte die Entwicklung oder auch nur Würdigung von großen Ideen auszuschließen scheint. – Ein Blick zum Nachbarkontinent Afrika lehrt: Die an den Dreißigjährigen Krieg erinnernden zahlreichen Konflikte gehen nicht nur mit Vergewaltigungen einher, sie sind – in jeder Hinsicht – eine einzige, durchgehende Vergewaltigung.
Das unbedingte Verständnis, die unbedingte Toleranz, die unbedingte Solidarität des Westens mit offenbar doch ethnisch und historisch bestimmten Kulturmustern, die Pietät gegenüber damit hier und da verbundener Unmenschlichkeit, erscheint immer fragwürdiger. Selbstredend sind dem Hinduismus keine Vergewaltigungen anzulasten, im Gegenteil, dem indischen Bild von der Frau aber wohl schon.
Ein anderes Beispiel: Weshalb sind gerade Saudi-Arabien und Katar, absolutistische Reiche mit dem Islam als Staatsreligion, in denen die Rechte der Frau nicht nur in Frage stehen, sondern in denen sie, gelinde gesagt, unterdrückt werden, weshalb sind diese Staaten die ausgemachten Verbündeten des Westens, während die tendenziell laizistische Assad-Regierung zum ausgemachten Feind avancierte? Klar, Politik ist ein pragmatisches Geschäft und erklärt mal mörderische Juntas, mal nationalkommunistische Chinesen, mal Islamisten zu Partnern, aber müßten Prinzipien diesbezüglich nicht mehr zählen? Denn Politik, das ist auch Haltung, auch Tugend!
Weshalb so viel Verständnis dafür, wenn “Würdenträger” festschreiben, die Würde der Frau wäre am ehesten unter der Burka geschützt – und unter der Aufsicht des eigenen Ehemannes, der genau für diese Frau unter Verschluß die Hölle bedeuten kann? Abgesehen davon, daß die finsteren Gewohnheiten des fundamentalistischen Islam sexuelle Belästigung eher fördern als verhindern.
Neben Saudi-Arabien hegten nicht minder Katar, der Sudan sowie Ägypten und Libyen – die Letztgenannten in Ergebnis des „arabischen Frühlings“ vom Westen als vom Unrecht befreite Staaten gefeiert – starke Vorbehalte gegen die Stärkung von Frauenrechten auf der jüngsten UN-Frauenkonferenz. (Daß der Vatikan aus anderen Gründen ebenfalls bremste, macht das Problem nicht besser.)
Selbstverständlich ist Indien kein Land von Vergewaltigern, und selbstverständlich gibt es im modernen Europa schlimmste Sexualdelikte. Aber dem steht hierzulande die gesamte Kultur, das bewehrte Recht, die Abscheu aufgeklärter und couragierter Bürger derart entgegen, daß keine archaische Mentalität geduldet würde, die solcher widerlichen Kriminalität noch Vorschub leistet. Europäisches Sendungsbewußtsein hinsichtlich des Frauenrechts schiene mir absolut am Platze – und konsequente Intoleranz gegenüber Kulturen und Staaten, die Übergriffe zulassen oder erleichtern.
idee
dann fangen Sie bei den Drogen- und Zwangsprostituierten in der Hauptstadt an und enden bei Übergriffen sexualisierter Medien auf unsere Kinder. Achso: "Inder statt Kinder" - thematisch muss man ja Schwerpunkte setzen :) Danke für den Humor.