und damit einer der wenigen, denen es gelang, sich als solcher in den Bestsellerlisten zu behaupten.
Fernau entstammte einer preußischen Familie mit hugenottischen Wurzeln. Prägend waren der frühe Tod des Vaters und die Vertreibung aus der Heimatstadt nach dem Ersten Weltkrieg. In Hirschberg legte Fernau das Abitur ab und ging 1930 nach Berlin, um als Volontär den Journalistenberuf zu ergreifen. Nach 1933 wurde er entlassen und arbeitete als freier Journalist, u. a. als Sonderberichterstatter bei den Olympischen Spielen. Fernau überlegte 1939, seiner jüdischen Freundin nach England zu folgen, wurde aber von der Einberufung überrascht. Zunächst bei einem Polizei-Bataillon in Posen eingesetzt, erfolgte 1940 die Kommandierung zur Waffen-SS, die eine eigene Kriegsberichter-Kompanie aufstellte.
Unterbrochen von einigen Freistellungen, berichtete Fernau zunächst von der Ostfront und war ab Ende 1943 in Paris bei der Feindpropaganda eingesetzt. Im Rahmen dieser Tätigkeit verfaßte Fernau den Text »Das Geheimnis der letzten Kriegsphase«, das den überhandnehmenden Partisanen in Frankreich den bevorstehenden Einsatz von neuartigen Waffen suggerieren sollte. Dieser Text, der entgegen der ursprünglichen Intention auch auf deutsch und im Völkischen Beobachter erschien, bot in den sechziger Jahren Fernaus Gegnern Munition für eine Kampagne.
Bei Kriegsende erfolgte Fernaus »Selbstdemobilisierung«; nach der 1949 erfolgten Entnazifizierung als »nicht belastet« geltend, begann Fernau zunächst als Mitarbeiter bei verschiedenen Zeitschriften sein Geld zu verdienen. 1952 erschien sein erstes Buch, »Deutschland, Deutschland über alles …«, das sich nach schwierigem Anfang bald zu einem »stillen Bestseller« entwickelte. Darin bietet er einen »alternativen« Zugang zur deutschen Geschichte an, die seit 1945 vor allem mit den Augen der Sieger betrachtet wurde. Fernau war nicht der einzige, der diese deutsche Sicht vertrat, aber er war der erfolgreichste. Das Buch ist bis heute lieferbar und dürfte Millionen Lesern dieses Bild vermittelt haben. Der Erfolg liegt in der sprachlichen Gestaltung begründet, die den Leser »an die Hand« nimmt und ihm so, im Stile eines Volksbuches, auf Augenhöhe die deutsche Geschichte nahebringt.
Fernau perfektionierte diesen Stil im Laufe der Jahre und verfaßte ähnlich gelagerte Geschichtsbücher zum klassischen Griechenland, zum Römischen Imperium, zu den Vereinigten Staaten und zu Preußen. Dabei verteilte er seine Sympathien offen, nahm Partei für die Griechen und für Preußen. Bei den Römern sah er eine Blaupause für die Dekadenz seiner Gegenwart, die Amerikaner machte er als die Schuldigen am geistigen Niedergang der Welt aus. Dementsprechend wurden seine Bücher immer pessimistischer. Deutschland blieb aber eines seiner Hauptthemen. Mit Disteln für Hagen (1966) versuchte er am Beispiel der Nibelungensage eine Bestandsaufnahme der deutschen Seele, die er durch den Gedanken der Treue geprägt sah; in den Genies der Deutschen (1953) wollte er die großen Persönlichkeiten der deutschen Geistesgeschichte als Ideenträger des Volkes wiederbeleben.
Auch in seinen belletristischen Werken ging Fernau deutsche Themen an. In Hauptmann Pax (1954) ist dem Schicksal und der Leidensfähigkeit des deutschen Soldaten ein Denkmal gesetzt, in Die jungen Männer (1960) beschreibt Fernau beispielhaft die Wirkung der Machtergreifung von 1933, die für den einzelnen zunächst nicht viel bedeuten mußte und die nicht aus der Zeit gefallen war, sondern einen zunächst wenig bemerkenswerten Vorgang (eine weitere neue Regierung) darstellte. Hier flossen, wie auch in den Roman über seine Mutter, Ein wunderbares Leben (1975), viele persönliche Erfahrungen mit ein.
Neben dem Schreiben widmete sich Fernau der Malerei und der Kunstgeschichte, u. a. als leidenschaftlicher Kunstsammler. Er verfaßte ein Lexikon der Alten Malerei (1958) und eine kurzweilige Stilkunde (1969). Doch tritt dieser Aspekt gegenüber seinen geschichtlichen Bestsellern, zu denen auch seine 1958 erschienene Geschichte der Liebe, Und sie schämeten sich nicht, gehört, zurück. Letztere provozierte in den fünfziger Jahren durch ihre relative Freizügigkeit noch Widerspruch und stand kurz vor der Indizierung. Einen zweiten Skandal gab es, als Fernaus Gegner, darunter vor allem Peter Wapnewski, anläßlich des Erscheinens seines Nibelungen-Buches, den Artikel von 1944 hervorholten und Fernau als Nazi-Autor brandmarken wollten. Das war insofern erfolgreich, als daß Fernau aus den Feuilletons der großen Zeitungen weitgehend verschwand; auf den Absatz seiner Bücher, die sich weiterhin in den Bestsellerlisten fanden, hatte es allerdings keinen Einfluß.
Die subkutane Wirkung der Bücher Fernaus kann aufgrund der großen Verbreitung und leichten Lesbarkeit kaum überschätzt werden. Sie gaben einer Grundhaltung Bestätigung, die sich in der neuen Sicht nach 1945 nicht wiederfinden konnte. Bis heute sind daher insbesondere Fernaus Bücher zu Deutschland ein erster Augenöffner, der allerdings nicht mehr massenhaft wirksam werden kann, weil die folgenden Generationen zunehmend weniger damit anfangen konnten.
Schriften: »Deutschland, Deutschland über alles …« Von Arminius bis Adenauer, Oldenburg 1952; Abschied von den Genies. Die Genies der Deutschen und die Welt von morgen, Oldenburg 1953; Bericht von der Furchtbarkeit und Größe der Männer, Oldenburg 1954; Die jungen Männer, Berlin 1960; Rosen für Apoll. Die Geschichte der Griechen, Berlin 1961; Disteln für Hagen. Bestandsaufnahme der deutschen Seele, Berlin 1966; Cäsar läßt grüßen. Die Geschichte der Römer, München 1971; Halleluja. Die Geschichte der USA, München 1977; Sprechen wir über Preußen. Die Geschichte der armen Leute, München 1981; Tausend Tage. Fragmente eines Soldatenlebens 1939 und 1940, Schnellroda 2009.
Literatur: Gustav René Hocke: Schriftsteller und Maler Joachim Fernau. Sein malerisches Werk, Wiesbaden 1976; Götz Kubitschek/Erik Lehnert (Hrsg.): Joachim Fernau. Leben und Werk in Texten und Bildern, Schnellroda 2009.