Notizen zu einem Interview mit Armin Nassehi (Fundstücke 22)

Heute bekam ich von einem Freund ein älteres Interview mit dem bekannten Soziologen Armin Nassehi zugeschickt,...

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

geführt im Jah­re 2012 von Christ und Welt. Anlaß war das “Schreib­ver­bot”, das der Bischof von Augs­burg dem Pfar­rer Georg Alo­is Oblin­ger erteil­te, weil die­ser regel­mä­ßig in der Jun­gen Frei­heit publi­ziert hatte.

Damals stand wie üblich nicht der Inhalt von Oblin­gers Kolum­nen zur Debat­te, son­dern es wur­de ledig­lich der Publi­ka­ti­ons­ort skan­da­li­siert, als wäre die Mei­nung des Autors allein schon dadurch dis­kre­di­tiert. Schüt­zen­hil­fe bekam Oblin­ger damals von gewich­ti­gen und hoch­respek­tier­ten Köp­fen des katho­li­schen Lagers wie Robert Spae­mann, Wolf­gang Ocken­fels und Wal­ter Hoe­res; genützt hat es frei­lich nichts.

Christ & Welt ließ zwei ehe­ma­li­ge Mit­ar­bei­ter des Rhei­ni­schen Mer­kur pro & con­tra “Schreib­ver­bot” zu Wort kom­men: Micha­el Rutz woll­te “kla­re Schnit­te” sehen, Peter Mei­er-Berg­feld dage­gen plädierte:

Der Ver­stand und die Ver­nunft gebie­ten, alle Mei­nun­gen zu hören, weil es denk­mög­lich ist, daß sie etwas rich­ti­ges enthalten.

Nas­sehis Ein­wurf fand ich in vie­ler Hin­sicht etwas selt­sam. Ein paar Punk­te (bei wei­tem nicht alle, die mir auf­ge­fal­len sind), will ich hier her­aus­grei­fen.  Wenn man dar­aus etwas ler­nen kann, dann, daß es offen­bar auch Sozio­lo­gen schwer­fällt, sich in eine ande­re Posi­ti­on und Per­spek­ti­ve hin­ein­zu­ver­set­zen. Wie vie­le Libe­ra­le spricht auch Nas­sehi von einem “Fan­tas­ma eines ‘poli­tisch kor­rek­ten’ Kes­sel­trei­bens”, von dem die Betrof­fe­nen, etwa die Jun­ge Frei­heit, am Ende nur “pro­fi­tie­ren” wür­den, da es ihnen die Gele­gen­heit gäbe, sich als “Hel­den” oder “Opfer” zu prä­sen­tie­ren. Er ver­steigt sich sogar zu der Behaup­tung, die Jun­ge Frei­heit “nut­ze” die­se Zen­sur, denn nun kön­ne sie sagen: “Seht her, die­se Din­ge dür­fen nicht aus­ge­spro­chen werden.”

Man hört die­sen Ein­wand oft von libe­ra­ler Sei­te. Er klingt zwar als Ein­fall zunächst ganz wit­zig und hat gewiß auch ein Körn­chen Wahr­heit für sich – denn auch mit dem Ruf des “poli­tisch Unkor­rek­ten”, des­sen hel­den­haf­ter Ruf nach Wahr­heit unter­drückt wird, kann man sich pro­fi­lie­ren, inter­es­sant machen und ein Publi­kum von einem gewis­sen Umfang gewin­nen. Aber die­je­ni­gen, die das “Kes­sel­trei­ben” und sei­ne grö­ße­ren und klei­ne­ren Abar­ten am eige­nen Leib erlebt haben, wis­sen nur zu gut, daß es sich hier­bei um alles ande­res als um ein “Fan­tas­ma” han­delt, und daß die nega­ti­ven Effek­te bei wei­tem überwiegen.

Das gilt im Per­sön­li­chen eben­so wie im Schöp­fe­ri­schen und Sach­li­chen: denn mit wach­sen­dem Druck, der auch das Pri­va­te affi­ziert und ins Mate­ri­el­le wirkt, wird es natür­lich auch schwie­ri­ger, eine anspruchs­vol­le, qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Publi­zis­tik zu schaf­fen: es fehlt dann an Geld, an Zeit, an Per­so­nal, an stüt­zen­den Struk­tu­ren, an Talen­ten, die sich zu den “wil­den Ker­len” wagen, aber auch an dem not­wen­di­gen Reso­nanz­raum, an Publi­kum und pro­duk­ti­ver Aus­ein­an­der­set­zung und einem bele­ben­den (nicht belie­bi­gen) Pluralismus.

Ein gro­ßer Teil der noto­ri­schen Nei­gung des rech­ten bzw. “kon­ser­va­ti­ven” Lagers, sich selbst für nichts und wie­der nichts zu zer­le­gen und gegen­sei­tig die Bei­ne zu stel­len, hat mit die­sem Außen­druck zu tun, der sich psy­cho­lo­gisch viel­fäl­tig aus­wir­ken kann, und dem Wil­len zur Wahr­heit und zur Qua­li­tät und der all­ge­mei­nen Red­lich­keit äußerst abträg­lich wer­den kann. Trotz all ihrer inne­ren Zer­strit­ten­heit hat es die Lin­ke in ihrer Geschich­te dage­gen immer wie­der fer­tig­ge­bracht, im Zwei­fels­fall nach außen­hin “zusam­men­zu­hal­ten”, und das fällt ihr heu­te, da sie kul­tu­rell und meta­po­li­tisch abso­lut domi­nant ist, umso leichter.

Noch der wüs­tes­te links­ra­di­ka­le Auto­no­me weiß, daß er heu­te Freun­de in der Pres­se, in den eta­blier­ten Par­tei­en, in den Kir­chen und in diver­sen huma­ni­tä­ren Stif­tun­gen hat, ein Rie­sen­ap­pa­rat, der ihm Sym­pa­thie, Unter­stüt­zung, Helden‑, Opfer- und Mär­ty­rer­sta­tus ver­schafft, auch wenn er nur ein stink­nor­ma­ler, ran­da­lie­ren­der Tropf ist wie “Josef S.”. In einer sol­chen Lage hat man kei­nen gro­ßen Bedarf, sich zu “distan­zie­ren” oder die eige­ne Posi­ti­on und sei­ne Bünd­nis­part­ner all­zu skru­pu­lös zu überdenken.

Auch letz­te­res mag aus geis­ti­ger Sicht ein Nach­teil sein, ver­lei­tet es doch zur Faul­heit, Selbst­ge­rech­tig­keit, Lager­blind­heit, intel­lek­tu­el­ler Sta­gna­ti­on. Aber qua­li­ta­ti­ve Fra­gen spie­len umso weni­ger eine Rol­le, je weni­ger sie nötig sind, um sich Auf­merk­sam­keit, Macht und Sta­tus zu ver­schaf­fen. Heu­te reicht dafür oft schon eine blo­ße lin­ke oder sonst­wie “kor­rek­te” Gesin­nung aus, um die Prä­mie zu bekommen.

Und das­sel­be gilt natür­lich auch umge­kehrt: wer die “fal­sche” Gesin­nung hat, hat schon von vorn­her­ein ver­lo­ren, egal, was er sonst noch zu sagen hat. Raoul Thal­heim hat die­ses Dilem­ma in sei­nem Roman “Hirn­hun­de” gran­di­os dar­ge­stellt. Nas­sehi soll­te nicht glau­ben, daß es einen so wahn­sin­nig gro­ßen Spaß macht, den “Hel­den” oder das “Opfer” zu spie­len, wenn dafür kein aus­rei­chend gro­ßer Lohn winkt und der all­ge­mei­ne Applaus aus­blei­ben wird.

Apro­pos Robert Spae­mann spricht Nas­sehi von einer “klas­sisch rechts­kon­ser­va­ti­ven Pole­mik”, die in fol­gen­der Denk­fi­gur besteht:

Man unter­stellt einen Zwang, der ver­hin­de­re, die Wahr­heit zu sagen.

Unab­hän­gig davon, ob man von der Wahr­heit die­ser Wahr­heit über­zeugt ist: der Ver­hin­de­rungs­zwang besteht real, ob nun sach­lich fest­ge­stellt oder “pole­misch” ange­pran­gert. Und das weiß Nas­sehi in Wirk­lich­keit sel­ber. Auf die Fra­ge, ob er einer “rechts­kon­ser­va­ti­ven Zei­tung” ein Inter­view geben wür­de, ant­wor­te­te er:

Ich hat­te schon Anfra­gen, aber ich habe sie abge­lehnt. Das ist viel­leicht fei­ge, aber man müß­te zuviel erklä­ren, und das war mir dann doch zu kompliziert.

Womit Nas­sehi bestä­tigt hät­te, daß an dem “Fan­tas­ma” eben doch etwas dran sein muß, denn ansons­ten hät­te er ja kei­nen Grund, “fei­ge” zu sein oder müß­te er kei­ne Sor­ge haben, in Erklä­rungs­not zu kom­men. Schi­zo­phre­ni­en die­ser Art sind unter libe­ra­len Köp­fen oft anzu­tref­fen. Mich erin­nern sie ein wenig an Zen-Koans: “Wie klingt das Klat­schen der einen Hand?” Es ist ja nicht die Schuld der Jun­gen Frei­heit, daß “sol­che Din­ge nicht aus­ge­spro­chen wer­den dür­fen” ohne Sank­tio­nen, und wenn sie die­se Tat­sa­che nach­her anklagt, dann eben des­we­gen, weil es, ähm, eine Tat­sa­che ist, und weil sie das Recht hat, die­se Tat­sa­che anzuklagen.

Aber Nas­sehi tut so, als ob es hier um eine letz­ten Endes dem Busi­ness “nütz­li­che” self-ful­fil­ling pro­phe­cy sei­tens der JF gin­ge, als ob es dar­auf ankä­me, sich in die­ser Nische und die­sem Mar­ken­zei­chen des unver­stan­de­nen Kämp­fers gegen den Maul­korb gemüt­lich ein­zu­rich­ten. Nur daß es dort nicht gemüt­lich ist, und das es letz­ten Endes eben doch um das Ziel des “Aus­spre­chen­dür­fens” des­sen, was man für wahr hält, geht – und nicht um die Per­p­etu­ie­rung eines auf die Dau­er zer­mür­ben­den Zustandes.

Die Betrof­fe­nen dürf­ten sich ange­sichts sol­cher Argu­men­ta­ti­ons­schlei­fen mit­un­ter in einen Kaf­ka-Roman ver­setzt füh­len. Ein Oblin­ger wird mund­tot gemacht, muß sich recht­fer­ti­gen, muß um sei­nen Ruf fürch­ten, und plötz­lich ist er, in den Wor­ten Nas­sehis, “ein Mar­ke­ting­fach­mann”, der alles “rich­tig gemacht” hat. Viel­leicht hat­te Oblin­ger aber auch gar kei­ne Lust, ein “Held” oder “Opfer” zu wer­den, viel­leicht hat er ein­fach gesagt und geschrie­ben, was ihm sein Gewis­sen ein­ge­ben hat, und dar­un­ter fand sich nichts, womit die Kir­che ein Pro­blem haben sollte.

Merk­wür­dig ist auch Nas­sehis Behaup­tung, Robert Spae­mann übe eine “extre­me” Deka­denz­kri­tik , die er sogleich mit poli­ti­schem Extre­mis­mus an “bei­den Flü­geln des poli­ti­schen Spek­trums” in Ver­bin­dung bringt. Was für ein Maß­stab! Spae­mann, aus­ge­rech­net der so bedäch­tig for­mu­lie­ren­de Spae­mann, bedie­ne sich einer “extre­men Spra­che”!  Spae­mann, über den Ijo­ma Man­gold geschrie­ben hat:

Wenn Sokra­tes’ Mut­ter­spra­che Deutsch gewe­sen wäre, er hät­te gespro­chen, wie Spae­mann schreibt.

Und war­um erscheint Spae­mann “extrem”?

Es geht hier ja nicht um die bibli­sche Wahr­heit, son­dern die Wahr­heit eines kon­ser­va­ti­ven Dis­kur­ses, der immer schon weiß, was rich­tig ist, und damit weit hin­ter den Stand des reli­giö­sen und theo­lo­gi­schen Den­kens zurückfällt.

Abge­se­hen davon, daß es äußerst unge­recht ist, einem Spae­mann dog­ma­ti­sche Recht­ha­be­rei oder Bes­ser­wis­se­rei oder auch phi­lo­so­phi­sches Hin­ter­wäld­ler­tum vor­zu­wer­fen, fin­de ich die Vor­stel­lung aus­ge­spro­chen zwei­fel­haft (um es gelin­de zu sagen), “reli­giö­ses” oder “theo­lo­gi­sches” Den­ken wäre etwas, das man wie wis­sen­schaft­li­che For­schungs­er­geb­nis­se qua­si auf einen neu­es­ten, ver­bind­li­chen “Stand” brin­gen kön­ne, nach dem sich dann jeder zu rich­ten hätten.

Und von der wohl­tem­pe­rier­ten, jedem “Extre­mis­mus” abhol­den “Deka­denz­kri­tik” der bibli­schen Pro­phe­ten und des Neu­en Tes­ta­ments will ich an die­ser Stel­le schwei­gen. (Kann reli­giö­se Deka­denz­kri­tik denn über­haupt zu “extrem” sein? Wel­chen Maß­stab setzt man hier an?  (Die Höl­le ist viel­leicht nur vom Para­dies aus gese­hen die Hölle.)

Ich will die Betrach­tung an die­ser Stel­le ste­hen las­sen; sie bringt auch gewiß nicht viel Neu­es. Unter kon­ser­va­ti­ven Katho­li­ken kur­siert das auf Kueh­nelt-Led­dihn (oder viel­leicht auch auf Dono­so Cor­tés) zurück­ge­hen­de Bon­mot, die ach­sel­zu­cken­de Fra­ge des Pila­tus “Was ist Wahr­heit?” sei der arche­ty­pi­sche Leit­satz des Libe­ra­len aller Zeit­al­ter (was in die­sem Zusam­men­hang nega­tiv gemeint ist). In die­sem Sin­ne bin ich wohl auch ein Libe­ra­ler. Viel­leicht hat man nicht viel Wahl: Gómez Dávila sag­te ein­mal, es gibt nur zwei mög­li­che Posi­tio­nen: Skep­ti­ker oder Katho­lik zu sein.

Jeden­falls: ich wün­sche mir wei­ter­hin täg­lich, die rech­te Publi­zis­tik hät­te eine sol­che Frei­heit und Elas­ti­zi­tät, wie sie die lin­ke Publi­zis­tik heu­te hat. Da alle Welt heu­te irgend­wie “links” ist oder sein will, kann sie sich einen enor­men Plu­ra­lis­mus leis­ten, und nie­mand, der etwas zu sagen hat, braucht Berüh­rungs­ängs­te zu haben. Nur von den “Rech­ten” wird stän­dig ver­langt, daß sie sich exakt schub­la­di­sie­ren, kate­go­ri­sie­ren, posi­tio­nie­ren, abgren­zen, distan­zie­ren und so wei­ter und so fort sol­len. War­um? Wozu? Das erle­di­gen ja schon die Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung, das DISS, die Anti­fa oder die Rosa-Luxem­burg-Stif­tung für mich, schö­nen Dank.

In einem ande­ren Inter­view sprach Nas­sehi von der “sym­me­tri­schen” Aus­rich­tung der heu­ti­gen Gesellschaft:

In unse­rer Kul­tur ist heu­te fast alles sym­me­trisch gebaut. Jedes Argu­ment, jeder ästhe­ti­sche Gel­tungs­an­spruch, jede Art von ethi­scher Ori­en­tie­rung, von Lebens­form, von Kul­tur fin­det heu­te auf glei­cher Augen­hö­he statt. In die­ser Gesell­schaft gibt es ein gro­ßes Symmetrieversprechen.

Mir ist nicht ganz klar, wie das zu ver­ste­hen sein soll. “Ega­li­tär” scheint mir der pas­sen­de­re Aus­druck zu sein, und einen sol­chen Anspruch kann man leicht erken­nen: theo­re­tisch soll es kei­ne Wert- und Rang­un­ter­schie­de ethi­scher, ästhe­ti­scher, kul­tu­rel­ler Natur mehr geben. Ob ein sol­ches “Ver­spre­chen” erfüll­bar oder über­haupt wün­schens­wert ist, steht auf einem ande­ren Blatt. In unse­rem Zusam­men­hang ist es jeden­falls offen­sicht­lich so, daß zwi­schen “links” und “rechts” kul­tu­rell und poli­tisch eine gera­de­zu kras­se Asym­me­trie herrscht.

Das soll nach dem Wunsch der Nutz­nie­ßer die­ser Ord­nung offen­bar auch so blei­ben, wes­halb jedes “rech­te” oder “kon­ser­va­ti­ve” Ele­ment oder was gera­de dafür gehal­ten wird,  mög­lichst iso­liert, aus­ge­grenzt und die Begriffs­qua­rän­te gesteckt wer­den soll, und dies meis­tens auf eine krampf­haf­te, hys­te­ri­sche, reflex­haf­te, jedes freie Den­ken belei­di­gen­de Weise.

Es ist klar, daß sich an die­ser Stel­le wenig ent­wi­ckeln und erwei­tern kann, wenn stän­dig irgend­ein Wäch­ter und Alarm­kläf­fer dar­auf acht­gibt, wer was bei wem sagt. Oh, ich weiß, das hat auch und vor allem mit Macht und Macht­er­halt zu tun, und die Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die Frei­heit der Publi­zis­tik dre­hen sich immer zuerst um Macht und dann erst viel­leicht um so etwas wie “Wahr­heit”.

Aber manch­mal träu­me ich von einer “Neu­en Rech­ten”, die es noch gar nicht gibt, die heu­te allen­falls von ein paar Pro­to­ty­pen, Test­läu­fern und Ein­zel­gän­gern ver­kör­pert oder vor­weg­ge­nom­men wird, eine “Neue Rech­te”, die sich durch einen undog­ma­ti­schen Plu­ra­lis­mus aus­zeich­net und min­des­tens so elas­tisch in der Bestü­ckung ihrer Foren ist wie die asym­me­trisch über­zäh­li­ge Lin­ke. Daß es dazu einst­wei­len nicht kom­men wird, ist zu einem erheb­lich Teil den poli­ti­schen Macht­ver­hält­nis­sen zu ver­dan­ken, und soll­te nicht all­zu viel den weni­gen ver­blie­be­nen Rechts­in­tel­lek­tu­el­len selbst ange­las­tet werden.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (14)

der demograph

12. August 2014 10:18

das ganze ist einfach nur traurig. Nassehi gehoert doch zu denen die, obwohl etabliert, noch am ehesten dazu in der Lage sein sollte verrueckte Gedanken zu denken, leidenschaftlich zu denken. Oder dieses vermeintliche Dogma des spaeten 20. Jdh einmal in die - denkerische - Tat umzusetzen: anything goes. Er ist Soziologe - wofuer soll es denn Soziologen geben wenn nicht dafuer zumindest in Erwaegung zu ziehen dass eine andere Sichtweise interessant sein koennte als jene die vetreten wird von der Bild Zeitung, der New York Times, der SZ und FAZ, der BBC und CNN, Arte und RTL, Coca Cola und Goldman Sachs, Hollywood und der Schule gegen Rassismus, auf der wir nach 1970 geborenen die Schukbank drueckten.
Fuer mich persoelich ist das auch deshalb traurig weil ich die Systemtheorie fuer ziemlich clever halte, und insgesamt die Soziologie nicht gerne abschreibe.

Nordlaender

12. August 2014 10:40

"Das erledigen ja schon die Bundeszentrale für politische Bildung, das DISS, die Antifa oder die Rosa-Luxemburg-Stiftung für mich, schönen Dank."

"Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung e. V. (Abkürzung DISS) ist eine private interdisziplinäre Forschungseinrichtung. Das Institut erstellt Analysen zur gesellschaftlichen Entwicklung für eine politische, pädagogische und journalistische Praxis. Es wurde 1987 gegründet. Geforscht wird nach eigenen Angaben insbesondere nach den Ursachen von Rechtsextremismus, Rassismus, völkisch-nationalen Tendenzen, Antisemitismus und sozialer Ausgrenzung."
(Wikipedia)

Heureka! So lange gegrübelt, wo der Begriff "DISSen" (Jugendsprache) wohl herkommt und endlich dahintergekommen.

https://de.wiktionary.org/wiki/dissen

Finde ich gut, daß sich das DISS mit sozialer Ausgrenzung befaßt. Gibt es von diesen DISSern eigentlich schon Untersuchungen darüber, wie es den Personen geht, die dank dem mutigen und unermüdlichen Einsatz der Rechtsextremismusexperten, Rassismusforscher und Antisemitismusspezialisten bereits aussortiert worden sind?

Ein Fremder aus Elea

12. August 2014 11:05

Vielleicht hat man nicht viel Wahl: Gómez Dávila sagte einmal, es gibt nur zwei mögliche Positionen: Skeptiker oder Katholik zu sein.

Was er damit wohl meint ist dies: Entweder Sie glauben daran, daß die verborgenen Aktivitäten der Autoritäten gerechtfertigt sind, oder Sie tun es nicht.

Dabei ist es zunächst einmal egal, wer die Autoritäten sind, obwohl es langfristig durchaus einen Unterschied machen dürfte, mit welcher Substanz sich die Form verbindet.

Ich meine, die Kirche, genauer gesagt St. Ansgar, hat damals den Wikingern Gold gegeben dafür, daß sie das Christentum annehmen, mit welchem sie Kämpfer bezahlen konnten, und weitere Beute und Königswürden wurden ihnen versprochen. Das Gold wurde zum Teil gefunden. In Byzanz gefertigte Schmuckstücke im germanischen Stil, etwa Kreuze. Und als die Wikinger eintrafen, um Beute zu machen, erklärte die Kirche den Betroffenen, sie müßten mehr beten und spenden, um Gott milder zu stimmen.

Und mit den Spenden hat die Kirche dann weitere Wikinger bezahlt.

Nun ja, der Zweck heiligt die Mittel. Und materiell betrachtet war es ein niedriger Preis, um Skandinavien zu christianisieren und damit die Grundlage für eine gesamteuropäische Ethik zu legen.

Nur spirituell ist diese Art der Missionierung ungültig.

Heute gibt es analoges Verhalten, Nazis gegenüber, etwa, oder militanten Islamisten.

Wahrscheinlich hat Nassehi auch sowas im Auge, wenn er von einem Marketingerfolg spricht, also daß sich die JF in der Position als Spieler etabliert, obwohl ich mir natürlich nicht sicher sein kann, was er denkt.

Ich meine, am Beispiel des transatlantischen Handelsabkommens kann man schön studieren, wie weit der Einfluß der Puppenspieler auf die AfD, auf PI und so weiter reicht. Und das ist durchaus substantiell. Zwar gibt es Widerstände, aber immerhin wirkt diese Seite, von welcher man an und für sich den entschlossensten Widerstand erwarten sollte, bereits zerstritten.

Auch wenn es einem gegen den Strich geht, am Ende macht man sich, wie die Wikinger, zum Vehikel der einzig wahren Kultur. Es waren schließlich die Normannen, welche einen Ableger des Lateinischen wieder partiell in England einführten.

Nassehi fühlt sich möglicherweise durch die Erweiterung der Spieler und möglichen Spielzüge bedroht. Und ganz falsch ist das ja auch nicht: Im Kasperletheater entscheiden schließlich auch die auftretenden Figuren über die Wendung der Handlung.

Nun ja, so gesehen ist die SPD das Bollwerk des deutschen Nationalismusses. Aber sonderlich günstig gestaltet sich der Kurs, welchen sie fährt, nicht.

Formal könnte man sagen: Alles wie gehabt. Substantiell hingegen liegt eine Inversion vor, deren Folgen wir bald spüren werden.

Christian Bode

12. August 2014 11:08

Der Soziologe war mir bislang unbekannt, scheint ja auch wichtigere Personen zu geben, aber das Aufdecken der linksliberalen, bzw. egalitär liberalen (ist das nicht eigentlich ein Oxymoron?) Schizophrenie ist gewohnt gut und einleuchtend.

Zur kulturellen und politischen Hegemonie, die wiederum die 'Störenfriede' der schönen, neuen Welt unterdrückt, ja unterdrücken muss - und zwar reflexartig, also im Sinne eines automatisierten Selbstschutzes, welcher deutlich schneller und somit effektiver funktioniert, als nachsinnendes Reagieren - möchte ich ein paar Punkte ansprechen, die meiner Meinung nach von rechtsintellektueller Seite stark vernachlässigt werden.

Die Erkenntnis, dass wir in Deutschland nicht mehr in einer wirklichen Demokratie für das Volk (und seine Aufrechterhaltung in der Zukunft) leben, ist ja Konsens. (Die Frage ist, ob man das gut oder schlecht findet.) Auf verlorenem Posten über diese und jene Themen zu sprechen, zu referieren und für sie einzustehen, das alles ist ehrenhaft und das gebietet einem auch einfach die Pflicht, aber die großen Ströme fließen weiter.
Das Wort Design scheint nirgends so rar gesät wie im rechten Umfeld und ich kreide das einfach mal der konservativen Mentalität an, die Kurtragic zurecht kritisiert. Von einem fahrenden Wagen herab den rechten Fuß schleifen zu lassen, das verändert nicht die Richtung und verringert nicht einmal merklich die Geschwindigkeit. Während qualitativ hochwertige Blätter zu vereinzelten Kulturpartisanen in den Busch vordringen, durch den sie sich eitel einzeln durchschlagen, als sei es ein Jünger'sches Gesetz der Mathematik, treffen sich Bilderberger, konsultieren sich Image- und Creative-Agenturen mit Politikern, Parteien und NGOs (Social Design), führen transnationale Multikonzerne mit Hilfe von globalen Marketing-Agenturen eine Werbekampagne nach der anderen, entstehen individuelle Design-Projekte, die mit Hilfe von politisch links-liberal gefärbten Online-Magazinen (spreading) Millionen erreichen.

Einige kurz zusammengesuchte Beispiele:
1) Technologisierung des Alltags (gleichzeitige Vernetzung aka Souveränitätsaufgabe) in einer völlig liberalisierten Individualkulturenfriedefreudeeierkuchenwelt. Ich fühle mich ja immer wieder schlecht dabei, dass ich mich nicht einfach wohlig in diese globale Welt aus kunterbunter Watte zurückfallen lassen kann.
https://www.youtube.com/watch?v=ejaDY8tXCts
https://www.youtube.com/watch?v=_mRF0rBXIeg

2) Social Design und Design Thinking von frogDesign (frog ist übrigens ein Akronym für Federal Republic of Germany, gegründet im Schwarzwald, heute aus USA global agierend). Hier wird Vor- und Nachteil der dem Design zugrunde liegenden Philosophie/Denkweise recht gut sichtbar. Während Innovation auch die Tradition lebendig halten kann, geht es im Social Design oft einfach um Social Change und das meint meistens ökonomisch, aber eben auch kulturell, zumindest subkutan.
https://designmind.frogdesign.com/magazine/

3) Von einzelnen Designern oder kleinen Gruppen initiierte Projekte, welche bei bestimmten Online-Medien positive Resonanz finden und mit Hilfe von Spreading immer wieder das Internet überschwemmen, eben eine Deutungshoheit gewinnen und den reziproken Kulturverlauf Oben-Unten und Unten-Oben verdeutlichen, wobei eben überwiegend die Aufwärtsbewegung von 'oben' gesteuert werden kann und wird. (Hier ein Beispiel, dass es eigentlich gar keine rassischen oder ethnischen Unterschiede gibt, sondern nur individuelle, also Individualfärbungen.)
https://humanae.tumblr.com/
https://www.fastcodesign.com/3027693/whats-your-pantone-color-consult-this-incredible-spectrum-of-human-skin-tones

Gruß,
#c

Der alte Fritz

12. August 2014 11:14

Sehr geehrter Herr Lichtmesz,

ich verfolge Ihre Artikel stets mit großem Interesse; auch wenn ich zugeben muss, dass ich dem belesenen Charakter Ihrer Ausführungen oftmals nicht zu folgen imstande bin-

deshalb möchte ich auch nur kurz versuchen meine eigenen Beobachtungen zur gesamten Assoziierungskette rechts> links> Kultur> Gesellschaft zusammenzufassen.

Für mich lässt sich diese Wirkungskette relativ simpel beschreiben: "Follow the money"!

Anders gesagt: Das Alles, was wir heute erleben (dieser traurige und doch schöne?) Zustand ist -meiner Meinung nach- ein gewollter, der punktgenau genauso gesteuert wird (s. Bill Still, The MoneyMasters <a href="https://www.youtube.com/watch?v=joPoBIaPdZQ" ). Mir ist bewusst, dass ich so impliziere, dass wir (die meisten von uns) nicht mehr Herr über unsere Sinne, über unsere Taten, Gedanken und Wünsche sind, doch leider ist für mich diese Welt anders nicht (mehr) zu begreifen- auf diese Art und Weise allerdings sehr gut. Ich vertrete demzufolge einen offensichtlich kalten, nüchternen und harten Ansatz- es wird keine (Er-) Rettung geben!
Und es liegt einzig an uns selbst allein unser Leben, unsere Umwelt u Umfeld so zu gestalten, dass wir es an unserem Platz aushalten können.

Kafka- "Gib`s auf"?

Ja und Nein! In Bezug auf die alten Grabenkämpfe (a.k.a. Macht) ein klares JA: Die (leider) Verblendeten werden nie begreifen, dass wir eigentlich alle im selben Boot sitzen.
In Bezug auf uns selbst- auf unsere Welt- ein klares NEIN. Hier haben wir alle Möglichkeiten, das was uns schön erscheint auch als solches zu sehen (für mich zB das Marine- Ehrenmal in Laboe oder der weibl. Kleidungsstil in Vertigo); hier haben wir doch auch die Möglichkeit uns selbst zu bestimmen.

Es ist eine Zufriedenheit im Kleinen, im Privaten von der ich behaupte, dass es nie eine andere gegeben hat- aus der Sicht eines anderen Menschen mit anderen Ansprüchen vermag ich selbstverständlich nicht zu sprechen.

Roland

12. August 2014 12:26

Danke Herr Lichtmesz!
Hoffentlich ein Beitrag, der auch zur dringend notwendigen Verständigung beiträgt. Es ist, als formulieren sie meine Gedanken aus. Genau das habe ich nämlich gedacht, als dieser Streit vor kurzem seinen traurigen Höhepunkt erreicht hat. Wir brauchen im konservativen Spektrum mehr Pluralismus. Diejenigen, die zur Realpolitik tendieren, dürfen nur aufgrund ihrer politischen Schwäche, nicht alle eigenen Metapolitik verraten und opfern. Aber diejenigen, die der Metapolitik, damit meine ich jetzt den Prinzipen und Grundsätzen treu bleiben, sollten aber auch nicht jeden realpolitischen Versuch verurteilen. Wenn nur zwei Prozent unserer Positionen durch das parlamentarische System implementiert werden könnten, wären es eben auch zwei Prozent Gewinn im Frontverlauf der Metapolitik, der politischen Debatte und des politischen Specktrums. Aber es gibt eben leider auch diejenigen, die im verzweifelten Kampf um den Anschluss an die politische Debatte, bereit sind, alle Brücken zu den eigenen Wurzeln zu sprengen. Man darf aber nicht aufgrund der realpolitischen Schwäche, alles verraten das im Moment nicht anschlussfähig ist. Das "Interregnum" Mohlers ist ein gutes Beispiel. Dass man sich dann auch noch, gegen mühevoll etablierte Begriffe wie "Neue Rechte" wendet, ist einfach fatal. Diese metapolitischen Frontgewinne können eben nur wirksam werden, wenn man sich im Realpolitischen, nicht völlig von der eigenen Metapolitik distanziert. Die Linken zeigen doch sehr deutlich, wie wichtig es ist, eine geschlossene Front zu bilden: zusammenzuhalten. Aber wenn sich die Prinzipienorientierte in die dunkle Ecke setzen, um darauf zu warten, bis alles zusammenbricht, in der wahrlich utopischen Hoffnung, dann gerufen zu werden, ist das aber ebenso falsch. Auch subversive Aktionen dürfen eben nur eine Ausnahme sein, die zur realpolitischen Umsetzung der eigenen Metapolitik beiträgt. Wir kennen doch unseren Machiavelli und Schmitt; ohne unsere Positionen in der institutionellen Macht zu verankern, ohne einen Zugang zur Herrschaft, wird es keine Frontgewinne geben. Den Satz: "Die haben es doch schon immer gesagt, gebt denen die Macht" wird niemand sprechen. Beide Seiten müssen Hand in Hand gehen und sich nicht untereinander bekämpfen. Auch darf sich die anschlusssuchende Seite, nicht immer der von Außen erzwungenen Distanzierung hingeben, nur weil es eben "leichter" und "bequemer" ist. So verrät man schon auf dem Weg ins Parlament, fast alle eigenen Standpunkte und die eigene Metapolitik.

al-Muschrik

12. August 2014 15:05

Tja, Herr Lichtmesz, das bloße Bekenntnis zum Liberalismus oder zur Nichtexistenz der Wahrheit gilt wohl schon seit langem nicht mehr als zureichender Humanitariernachweis. Und in Zukunft wird man wohl immer mehr beibringen müssen, um vor einem aufmunternden "Kusch! Saunazi!" einigermaßen sicher zu sein.

Das, sagen wir einmal: etwas gespannte Verhältnis des Liberalen zur Wahrheit würdigen beide, der Ritter wie der Marqués.

Erik von Kuehnelt-Leddihn in Freiheit oder Gleichheit, Salzburg 1953 p164:

Unwillkürlich fällt einem da auch die Tragödie des Pilatus ein. In Johannes XVIII, 37–38 lesen wir, wie Christus in dessen Gegenwart bekräftigte, daß er tatsächlich der König der Juden sei, der, um Zeugnis für die Wahrheit zu geben in diese Welt gekommen war. Jeder, so belehrte ihn der Heiland, der in der Wahrheit wiedergeboren ist, wird auf seine Worte hören. Pilatus aber stellt die Verzweiflungsfrage: „τί ἐστιν ἀλήθεια; Was ist Wahrheit?“ Er ist so überzeugt, daß es keine Antwort auf diese Frage gibt, daß er den Menschensohn verläßt und zur tobenden Menschenmenge hinausgeht, wo er diese unangenehme Sache aus dem Bereich des liberal-häretischen Zweifels in den der demokratischen Prozedur verlegt. Die Mehrheit sollte entscheiden … und diese beschloß den Gottesmord.

Und Juan Donoso Cortés in einem Brief an
SEÑOR DIRECTOR DE El Orden.
PARÍS, 10 de Junio de 1851

Mayores cosas verá V., si Dios no se apiada de nosotros. Verá V. á la mentira levantarse serena, y decir á la verdad: Yo soy la verdad, y tú eres la mentira; á los calumniadores decir á los calumniados: Nosotros somos los calumniados, vosotros sois los calumniadores. Nadie distinguirá lo justo de lo injusto, lo honesto de lo deshonesto, la verdad del error, ni la virtud del vicio. Y todos se preguntarán unos á otros, como Pilatos al Señor : ¿Qué cosa es la verdad? ¿Qué significan esos nombres? Y como Pilatos, el mundo no recibirá respuesta hasta que, descendiendo de lo alto un rayo de luz, se ilumine de súbito esta obscurísima noche, y tomen su vuelo hacia el Oriente las palomas, y hacia el Occidente las harpías.

[Mit V. ist wohl Veuillot angesprochen.]

oder in seinem

Ensayo sobre el catolicismo, el liberalismo y el socialismo 1, 8:

De todas las escuelas, ésta es la más estéril, porque es la menos docta y la más egoísta. Como se ve, nada sabe de la naturaleza del mal ni del bien; apenas tiene noticia de Dios, y no tiene noticia ninguna del hombre. Impotente para el bien, porque carece de toda afirmación dogmática, y para el mal, porque le causa horror toda negación intrépida y absoluta, está condenada, sin saberlo, a ir a dar con el bajel que lleva su fortuna al puerto católico o a los escollos socialistas. Esta escuela no domina sino cuando la sociedad desfallece; el período de su dominación es aquel transitorio y fugitivo en que el mundo no sabe si irse con Barrabás o con Jesús y está suspenso entre una afirmación dogmática y una negación suprema. La sociedad entonces se deja gobernar de buen grado por una escuela que nunca dice afirmo ni niego y que a todo dice distingo. El supremo interés de esa escuela está en que no llegue el día de las negaciones radicales o de las afirmaciones soberanas; y para que no llegue, por medio de la discusión confunde todas las nociones y propaga el escepticismo, sabiendo como sabe, que un pueblo que oye perpetua mente en boca de sus sofistas el pro y el contra de todo, acaba por no saber a qué atenerse y por preguntarse a sí propio si la verdad y el error, lo justo y lo injusto, lo torpe y lo honesto, son cosas contrarias entre sí o si son una misma cosa mirada desde puntos de vista diferentes. Este período angustioso, por mucho que dure, es siempre breve; el hombre ha nacido para obrar, y la discusión perpetua contradice a la naturaleza humana, siendo, como es, enemiga de las obras. Apremiados los pueblos por todos sus instintos, llega un día en que se derraman por las plazas y las calles pidiendo a Barrabás o pidiendo a Jesús resueltamente y volcando en el polvo las cátedras de los sofistas.

Nicolás Gómez Dávila allerdings gibt den Skeptikern, jedenfalls gewissen Arten davon, etwas mehr Hoffnung:

— La apologética debe mezclar escepticismo y poesía.
Escepticismo para estrangular ídolos, poesía para seducir almas.
— El escepticismo no mutila la fe, la poda.
— Sólo el escepticismo estorba la incesante entronización de ídolos.
— Entre el escepticismo y la fe hay ciertas connivencias: ambos minan la presunción humana.
— Entre el escepticismo y la fe no hay conflicto sino un pacto contra la imposture
— El escepticismo es la humildad de la inteligencia
— Escéptico o católico: lo demás se pudre con el tiempo
— El escéptico es un filósofo que no ha tenido tiempo de volverse cristiano
— Escuchar a convencidos es interesante, pero sólo se puede dialogar con escépticos
— Contra la soberbia gnóstica sólo inmunizan el escepticismo y la fe.
El que no cree en Dios puede tener la decencia de no creer en sí mismo

Martin Lichtmesz

12. August 2014 16:00

Das trifft es besonders gut:

El escepticismo es la humildad de la inteligencia

Rainer

12. August 2014 17:24

Dieser Nassehi ist mir bereits während der Debatte um Sarrazins Buch " Deutschland schafft sich ab" unangenehm aufgefallen. Während einer Lesung von Sarrazin im Literaturhaus in München vor 4 Jahren wurde er vom Veranstalter als vermeintlicher "Experte" neben anderen Sarrazin-Gegnern eingeladen, um dessen Argumente zu entkräften und zu diffamieren. Es gelang ihm natürlich nicht, stattdessen saß er auf dem Podium, gab arrogante Bemerkungen ab und beschimpfte das Publikum. Zitat: "Ja genau, deshalb bin ich hier: um Ihnen etwas beizubringen und Ihnen zu sagen, was richtig ist." Ein Bericht von dem Abend ist hier zu lesen:

https://www.pi-news.net/2010/09/muenchen-ein-abend-mit-thilo/

In einem Interview in der Süddeutschen fühlte er sich als "Opfer" der Zuschauer dieser Veranstaltung und bezeichnete diese sogar als borniert und selbstgerecht, obwohl diese Eigenschaften offenbar genau auf ihn selbst zutreffen.

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/soziologie-nassehi-muenchen-ist-wie-dritte-zaehne-1.1338507-2

al-Muschrik

12. August 2014 20:47

Mir hat von Gomez' Aphorismen über die Skepsis

— Contra la soberbia gnóstica sólo inmunizan el escepticismo y la fe.
El que no cree en Dios puede tener la decencia de no creer en sí mismo

am besten gefallen, weil er recht gut wiedergibt, was es braucht um sich von linkem Gutmenschentum und pelagianischem Gnostizismus befreien zu können.
Und

— El escéptico es un filósofo que no ha tenido tiempo de volverse cristiano

weil er mir Hoffnung gibt, doch noch zum christlichen Glauben finden zu können.

El escepticismo es la humildad de la inteligencia

ist tatsächlich treffend, aber verweist vielleicht auch am deutlichsten auf ein mögliches großes Problem der Rechten.
Donoso, der christliche Aktivist und Politiker, der Apologet einer dictadura del sable gegen eine dictadura del puñal weiß, daß der Liberalismus
por medio de la discusión confunde todas las nociones y propaga el escepticismo
und

el hombre ha nacido para obrar, y la discusión perpetua contradice a la naturaleza humana, siendo, como es, enemiga de las obras

Von Gomez dagegen, dem Verteidiger der Skepsis und katholischen Quietisten, berichtet Martin Mosebach:

"Ich bin ein demütiger Katholik", sagt Gómez Dávila über sich und kann bei modernen Oberhirten, die gern vom "mündigen Christen" reden, damit nur Verlegenheit auslösen. "Die Kirche stirbt", fährt er mit gesenktem Kopf fort, "wir müssen mit Gott allein sein. Das Gebet ist die einzig intelligente Tat."

Das Problem wären also womöglich:
skeptische, zuweilen sogar demütige, und glaubensschwache Rechte mit denen man interessante Dialoge führen kann
und
von jeglichen Zweifeln freie, fanatisch gläubige Linke, die jede mißliebige Äußerung schon im Keime ersticken können.

Wer wird unter diesen Umständen die Oberhand behalten?

M.L.: Das erinnert mich an Yeats: The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity...

Inselbauer

12. August 2014 22:44

Dort, wo die symbolische Politik des gegenwärtigen Regimes von Rechts in den Grundfesten erschüttert werden könnte (und das wäre ja der Sinn der metapolitischen Auseinandersetzung), hat man schnell die Polizei im Haus. Es bleibt daher ein schöngeistiges Etwas übrig, das im Grunde auch in einem Roman über dieses Milieu stehen könnte.
Deshalb ist "Thalheims" Roman ja auch so gelungen. Er ist besser als die Realität.
Versucht man ernsthaft, z.B. gegen das NSU-Phantom Wühlarbeit zu leisten, ist die rechte metapolitische Publizistik nicht dabei. Ja, es wird schon ein Körnchen Wahrheit in der Unterstellung liegen, dass man auf der Rechten vor nennenswerten Erfolgen die Hosen voll hat.

Carsten

13. August 2014 10:43

Es kommt heute nicht darauf an, WAS gesagt wird, sondern WER es sagt.
Das ist also der "herrschaftsfreie Diskurs" der Linken. Na schönen Dank!

Rumpelstilzchen

13. August 2014 11:45

Ich sage nicht, dass Sie am rechten Rand stehen,
sondern frage Sie, wie Sie sich davon abgrenzen.

Claudia Janssen ( EKD) in einem Interview zu Birgit Kelle

Das beschreibt m. E. ganz gut das Dilemma beim Umgang mit "Linken".
Meine linksgrüne Freundin lässt ganz stolz und scheinbar ungezwungen die TAZ auf ihrem eames chair rumliegen ( sie ist sehr weltoffen).
Ich dagegen drehe manchmal verschämt den Titel der JF in meinem Einkaufskorb nach unten,
Je nachdem wem ich begegne. Dabei steht nun wirklich nichts Schweinisches oder Ehrenrühriges drin.
Diese eingebaute Selbstzensur macht mich betroffen und ich fühle mich ausgegrenzt.
Andererseits besagt dies auch, dass die Soziologie gar keine richtige Wissenschaft ist. Sie ist weder Natur- noch Geisteswissenschaft, sondern ein "Abfallprodukt" der Aufklärung.
Ihr geht es gar nicht um Wahrheit. Nicht einmal um eine diskursive Wahrheit.
Was soll's also.
Während die Linke noch immer in der ewigen Gegenwart lebt und manch ein Rechter oder Konservativer in der ewigen Vergangenheit, scheint es eine lichte Zukunft nicht mehr zu geben. Vielleicht steuern wir auf den Eisberg zu.
Wie schrieb Alexander Blok zum Untergang der Titanic 1912 in sein Tagebuch:
" Den Ozean gibt es also doch !"

Götz Kubitschek

13. August 2014 11:46

und schluß.
gruß! kubitschek

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